Fahrradteil beispielsweise konkret zu erreichende Kilometerzahlen für Schnellradwege wiederfinden, fehlten beispielsweise beim Thema Schulwegsicherheit solche Zielzahlen. Wenige Vorschläge zum Umgang mit Elterntaxis, nichts zu der Frage, wie die vielen neu zu bauenden Schulen, Kitas bei der Frage der Schulwegsicherheit von Anbeginn sinnvoll unterstützt werden können; nichts zu der Frage, wie Fußgängerüberwege endlich schneller entstehen können. Es musste einiges ergänzt und geändert werden: 147 umfangreiche Änderungsanträge, allein 55 aus der Koalition. – Das haben Sie gesagt, Herr Friederici.
Aber Fakt ist auch: Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es eingebracht wurde. Das ist gelebte Demokratie, und das gehört auch zu unserem Job. Dennoch an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Koalition, an meine Kollegen Kristian Ronneburg, Harald Moritz, an die Vereine, an die Verbände, aber auch ein Dankeschön an die FDP-Fraktion, die das Gesetz mit Änderungsvorschlägen ergänzt und diesem im Verkehrsausschuss zugestimmt hat.
Es ist uns gemeinsam gelungen, eine Reihe von wichtigen Punkten nachzubessern, die sich nunmehr im Gesetz wiederfinden. Hierzu gehören beispielsweise, dass die Reaktions- und Gehgeschwindigkeit von Menschen mit Behinderung in geeigneter Weise berücksichtigt wird, dass im Zuge der Verkehrssicherheit Maßnahmen geprüft werden, wie beispielsweise temporäre Sperrungen oder ein Park- und Halteverbot im Umfeld von Schulen, Kitas und weiteren sozialen Einrichtungen; dass jährlich im Rahmen der Schulwegsicherheit mindestens zehn Gefahrenstellen pro Bezirk so verändert werden; dass die Gefahrenstellen möglichst beseitigt werden; dass die Verkehrsverwaltung gemeinsam mit den Bezirken mindestens zwölf Projekte zur Förderung des Fußverkehrs innerhalb von drei Jahren umsetzt oder fertig geplant haben muss; oder dass an Haltestellen des ÖPNV, an denen der Radverkehr entlanggeführt wird, ein- und aussteigende Fahrgäste besser gesichert werden.
Für meine Fraktion haben die Schulwegsicherheit und eine zügige Umsetzung von Zebrastreifen oberste Priorität. Dafür schaffen wir heute die gesetzliche Grundlage, denn 18 Verwaltungsschritte und das bisherige Pingpongspiel zwischen Land und Bezirken um die Zuständigkeiten sind nicht zielführend. Zu Recht ist das öffentliche Ärgernis darüber groß, weshalb wir den Senat fortan befähigen, die Errichtung von Zebrastreifen zu beschleunigen, indem er entsprechende Vorgänge an sich zieht und damit eine Behörde oder einen Dritten beauftragt.
An dieser Stelle eine Erinnerung, Herr Friederici: Diesen Änderungsantrag haben Sie im Ausschuss abgelehnt. Somit sparen wir, wie gesagt, Zeit und Ressourcen, zudem konkurrieren die Bezirke nicht untereinander um
dieselben Tiefbaufirmen, und in der Zwischenzeit schaffen Pop-up-Zebrastreifen vorübergehend Verkehrssicherheit. Wir setzen mit diesem Mobilitätsgesetz den Rechtsrahmen, und nun liegt es am Senat und an den Bezirken, diesen wirksam auszuschöpfen. Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der SPD – Beifall von Sebastian Schlüsselburg (LINKE) – Joschka Langenbrinck (SPD): Sehr gut! Toll!]
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie zu dieser späten Stunde recht herzlich zum zweiten Teil des Dramas „Das Berliner Mobilitätsgesetz“ mit dem Untertitel: Auf den Spuren einer entfesselten Senatorin.
Nach dem bereits gründlich misslungenen Fahrradgesetz versucht die Koalition sich nun am nächsten Baustein: der Förderung des Fußverkehrs.
Ich frage mich, wozu Sie dieses Gesetz überhaupt noch verabschieden wollen; Sie machen doch in dieser Stadt ohnehin, was Sie wollen. Sie pinseln über Nacht Pop-upRadwege, Pop-up-Fußgängerzonen und Pop-up-Spielplätze auf Berlins Straßen,
und das Regelmäßig unter Zuhilfenahme einer abenteuerlichen Interpretation der Straßenverkehrsordnung. Hauptstraßen werden von jetzt auf gleich verengt, Durchgangsstraßen mittendrin mit Pollern gesperrt, und Wohnstraßen werden komplett geschlossen und zu Klimastraßen erklärt.
Auf grüne Punkte und zentnerschwere Felsbrocken, die offenbar nach dem Genuss psychedelisch wirkender Stoffe auf der Bergmannstraße angeordnet wurden, will ich hier nicht weiter eingehen.
[Beifall und Heiterkeit bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zurufe von Kristian Ronneburg (LINKE) und Sebastian Walter (GRÜNE)]
Grundsätzlich ist die Förderung des Fußverkehrs absolut begrüßenswert. Wenn dabei aber der Wirtschaftsverkehr, der Autoverkehr und öffentlicher Verkehr mit Bus, Regionalbahn, S- und U-Bahn völlig und vollkommen auf der Strecke bleiben und nicht einmal ansatzweise Be
rücksichtigung finden, dann wird klar, dass das sogenannte Mobilitätsgesetz in Wirklichkeit nichts als ein durch und durch ideologisches Papier ist, entstanden unter der Federführung zahlreicher außerparlamentarischer Vorfeldorganisationen, für die Berlin am inneren S-Bahn-Ring aufhört.
Aber ohne die Berücksichtigung der Belange von den Menschen, die außerhalb des City-Rings leben, die auf ihr Auto angewiesen sind, weil der öffentliche Verkehr unzureichend ist, ist dieser Gesetzesentwurf komplett unbrauchbar und nichts als ein Gesetzesfragment. Der Großstadt Berlin und den Bewohnern nutzen die schönsten Plätze und Straßen nichts, wenn darüber nichts mehr fahren darf, was vier Räder und einen Motor hat.
Sie ignorieren die Belange Hunderttausender Pendler, die jeden Tag mit dem Auto in die Stadt kommen; Pendler, die Sie wegen Ihrer völlig verpatzten Wohnungsbaupolitik in Berlin selbst aus der Stadt verdrängt haben, hinaus in den Speckgürtel von Berlin.
Sie ignorieren den Wirtschaftsverkehr, Sie ignorieren den Reisebusverkehr, und Sie ignorieren auch Zehntausende Menschen, die aufgrund unterschiedlichster körperlicher Einschränkungen eben nicht nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sein können. Mobilität ist soziale Teilhabe. Das lassen Sie jedoch völlig außen vor, und das verstehen Sie auch nicht. Ihre Pläne für immer neue Gremien und Beiräte auf Landes- und Bezirksebene lehnen wir klar ab; Gremien für den Fußverkehr in jedem Bezirk, Gremien an jeder Schule – Sie blockieren die Verwaltung in ihrer eigenen Arbeit, weil die Vertreter der Verwaltung nur noch in irgendwelchen Gremien herumsitzen sollen. Was ist das für ein Irrsinn?
Sie denken und handeln ausschließlich innerhalb Ihrer ideologischen Scheuklappen, in Ihrem kleinkarierten Denken übersehen Sie völlig, dass moderne Verkehrspolitik keinesfalls nur aus Tretrollern, Fußgängern und Lastenfahrrädern bestehen kann. Was Ihre Politik aus Fahrverboten und gesperrten Straßen letztlich für Ergebnisse liefert, sehen Sie aktuell in der Friedrichstraße: rücksichtslos rasende Kampfradler, Fußgänger, die sich an zwei Händen abzählen lassen, und eine Geschäftsschließung nach der anderen. Trotzdem verlängert Frau Senatorin dieses Autohasser-Experiment nochmals um neun Monate.
Ich bin gespannt, wie die Friedrichstraße zum Jahresende aussehen wird, und damit nicht genug, dem Tauentzien
droht ja dasselbe Schicksal. Auch hier sollen sämtliche motorisierte Fahrzeuge verboten werden, und mit dem Auto bleiben dann auch kaufkräftige Kunden weg.
Völliger Wahnsinn, genau. – Neben den bis hier geschilderten ideologisch verblendeten Aspekten möchte ich außerdem festhalten – das wurde auch schon mehrmals erwähnt –, dass dieses Gesetz auch handwerklich sagenhaft schlecht gemacht ist. Es strotzt nur so vor unspezifischen und schwammigen Begrifflichkeiten wie „grundsätzlich“, „ausreichend“, „in der Regel“, „Soll“- und „Kann“-Bestimmungen. Juristische Auseinandersetzungen sind damit schon vorprogrammiert. Wie zum Beispiel ist das zu verstehen – und ich zitiere hier aus dem Gesetzestext –:
Im Bereich von ÖPNV-Haltestellen soll grundsätzlich ausreichend Fläche für den wartenden und den längslaufenden Fußverkehr im Seitenraum vorhanden sein.
Ausreichende Flächen, grundsätzlich! – Für wen? Für zwei schlanke Fußgänger? Oder ausreichend Fläche für zwei oder drei Nutzer von Liegerollstühlen?
Für die barrierefreie Ausgestaltung von öffentlichen Flächen existiert ein umfangreiches Normenwerk, die DIN 18040. Darin ist alles erfasst. Warum also in Ihrem Gesetzesentwurf dieses stümperhafte Herumgewurschtel mit völlig diffusen Begrifflichkeiten?
Und dann noch der neu eingeführte § 17a – Schulisches Mobilitätsmanagement zur Veränderung des Mobilitätsverhaltens von Schulkindern –: Hier verankern Sie Ihre autofeindliche Gesinnung als Bildungsziel schon bei Grundschülern. Das ist wirklich der Gipfel.
Stattdessen sollten Sie lieber organisieren, dass der ÖPNV in dieser Stadt zuverlässig, pünktlich und vor allem sicher ist. Setzen Sie die bestehenden Straßen, Fuß- und Radwege endlich instand, anstatt schon die jüngsten Verkehrsteilnehmer mit Ihrem Autohass zu impfen! Hören Sie endlich auf, die Stadtgesellschaft immer weiter zu spalten, wie Sie es seit 2016 mit Ihrer Umerziehungspolitik und Ihren immer neuen Schikanen gegen die Autofahrer tun!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe jetzt das Vergnügen, nach meinen Vorrednern, Herrn Moritz und Herrn Schopf, noch weitere Aspekte aus dem Fußverkehrsteil vorzustellen. Aber vorab möchte ich noch mal auf ein paar Dinge eingehen, die hier in der Debatte ja genannt worden sind. Ich muss erst mal feststellen, dass die CDU und die AfD es wieder mal nicht vermocht haben, sich sachlich mit einem Gesetzesentwurf der Koalition auseinanderzusetzen, sondern es stattdessen vorziehen, mit Nebelkerzen zu werfen. Herr Friederici hat beispielsweise seine Redezeit damit vergeudet, hier wieder über die U-Bahn zu reden, wo wir gerade ein ernstes Thema haben, was wir heute im Plenum besprechen, und zwar, wie wir den Fußverkehr in der Stadt sicherer, komfortabler, bequemer für uns alle machen, denn wir alle sind mehr oder weniger zu Fuß Gehende in der Stadt.
Ja, da merkt man wieder mal, wo der Kern des Ganzen liegt: Sie kennen eigentlich den ganzen Verkehr nur aus der Perspektive des Autos und wollen sich aller möglichen Diskussionen, die im Rahmen unserer Mobilitätsdiskussion geführt werden, verweigern. Ich nenne es jetzt bewusst, dass Sie sich dem verweigern.