Ich habe das über viele Jahre auch außerhalb dieses Hauses gemacht. Ich kann Ihnen mit einem Augenzwinkern mal Folgendes erzählen: Ich habe bei mir, in meinem Fraktionsvorstand, einen Mann, der aufgrund seines Nachnamens durchaus diskriminiert werden könnte in dieser Stadt. Ich habe einen, dessen Vater nicht in Deutschland geboren wurde und eine nichtdeutsche Staatsbürgerschaft hat. Ich habe eine nette Frau aus Franken da drin, die aufgrund ihrer Sprache diskriminiert werden könnte, und einen weißen, 44-jährigen, adipösen, heterosexuellen Vater von zwei Kindern, der verheiratet ist. – Das ist also auch ein diverses Team.
Wir können Diversität, glauben Sie uns! Lassen Sie uns gemeinsam schauen, welche Wege es gibt! – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich habe diese Gesetzesvorlage vorab an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales sowie an den Hauptausschuss überwiesen und darf hierzu Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen.
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/3628
In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat Frau Abgeordnete Burkert-Eulitz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit einigen Tagen spricht die breite Öffentlichkeit nicht mehr nur darüber, ob Kitas geöffnet oder geschlossen sein sollen, ob von Kindern Infektionsgefahren ausgehen oder nicht. Es wird nun endlich breit darüber gesprochen, welche negativen Folgen die Pandemie für unsere jüngste Generation hat. Der Bund spendiert 2 Milliarden Euro zum Nachholen. Das ist löblich, aber doch recht spät.
Unsere Berliner Kitas, die Erzieherinnen und Erzieher, die Leitungen und die Familien leisten schon immer viel, aber seit über einem Jahr besonders viel. Sie tun alles, um Kita für unsere Kinder möglich zu machen. Wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet. Auch in den letzten Jahren haben alle Beteiligten sehr viel getan: die Träger beim Platzausbau und bei der Ausbildung der Fachkräfte. Auch Ihnen müssen wir Dank zollen.
Sie wissen alle, dass ich gerne mit der Senatorin streite, aber eines ist klar: Sie hat mit ihrem Amtsantritt 2011 den Kitaausbau im Gegensatz zu ihren Vorgängern zum ersten Mal in den politischen Fokus gerückt. Endlich war klar, es fehlen Plätze und Fachkräfte im großen Stil. In den letzten zwei Legislaturen sind in Berlin mehr als 50 000 Kitaplätze geschaffen worden plus 5 300 Plätze in der Tagespflege. In der Stadt gibt es 2 700 Kitas und inzwischen 1 200 Kitaträger, 169 000 Kitaplätze plus 5 300 Plätze in der Tagespflege. Es arbeiten mehr als 34 000 Fachkräfte in den Einrichtungen. Seit 2015 sind es 6 300 Fachkräfte mehr. Und 10 000 angehende Fachkräfte sind derzeit in der Ausbildung.
Aber es ist keine Zeit zum Ausruhen. Wir brauchen mehr, vor allem mehr Räume und Plätze und Fachpersonal. Vor einem Jahr habe ich mich sehr darüber geärgert, dass die Mittel im Landesprogramm Anfang 2020 nicht ausreichten. Es hatten sich sehr viele Träger beworben, die zunächst leer ausgingen. Ich hätte erwartet, dass von der Hausspitze in den Haushaltsverhandlungen auf die Problemlagen hingewiesen wird. Dann hätten wir für mehr Geld kämpfen können. Aus Bundesmitteln kamen dann noch mal 48 Millionen hinzu. Das ist gut.
Um in Zukunft noch besser zu planen, werden wir mit dem vorliegenden Antrag entsprechend den Senat beauftragen. Es ist keine Zeit, sich auszuruhen. Auch eine nächste Regierung, eine nächste Koalition darf nicht nachlassen, mehr Kitaplätze zu schaffen, damit Berliner Kinder und Eltern dann auch eine Wahlmöglichkeit haben. Die nächste große Aufgabe, die wir als Politik und die Kitas in den nächsten Jahren vorantreiben müssen, ist die Sprachförderung. Wir brauchen mehr Angebote, etwa die Sprachkita, die der Bund mitfinanziert hat und die sich in Berlin sehr gut bewährt hat. Lassen Sie uns in unserer Aktivität für unsere Kleinsten nicht nachlassen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Kind im Kindergarten, normalerweise ziemlich normal, zumal in Berlin, dort nutzen die allermeisten Familien den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, den Rechtsanspruch, den es seit 2006 gibt, der damals von der unionsgeführten Bundesregierung unter der Familienministerin Ursula von der Leyen eingeführt worden ist. Die Berlinerinnen und Berliner wissen aber, dass sie trotz Rechtsanspruch ein Problem haben, falls sie noch keinen Platz haben. Und weil sie das wissen, melden sie sich zum Teil, noch bevor das Kind geboren worden ist, bei Kitas, bei vielen. Bei sehr vielen Kitas versuchen sie es, und sie versuchen es nicht erst seit Anfang 2020. Frau Burkert-Eulitz! Sie versuchen es seit vielen Jahren auf diese Art und Weise. Es ist seit vielen Jahren nicht selbstverständlich, einen Platz zu erhalten. Sie versuchen es, weil sie wissen, dass auch das von Ihnen angesprochene theoretische Wunsch- und Wahlrecht eben das ist, was Sie auch gesagt haben, nämlich blanke Theorie zurzeit in Berlin.
Woran liegt es denn, dass es seit vielen Jahren etwa 10 000 Familien gibt, die für ihre Kinder keinen Platz finden. Sie haben es auch gesagt, es liegt an zwei Dingen. Es liegt an den fehlenden Erzieherinnen und Erziehern, und es liegt daran, dass es zu wenig Räume gibt. Was hat die seit 2016 regierende rot-rot-grüne Koalition getan? – 2017 gab es Tarifverhandlungen. Ihr Finanzsenator von der SPD war dabei, anders als jetzt, in dieser Plenardebatte ist er nicht dabei, aber er war bei den Tarifverhandlungen dabei, er hat aber nicht dafür gesorgt, dass die niedrigeren Vergütungen nach dem Tarifvertrag der Länder, dem TV-L, denen nach dem besser vergütenden Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes angepasst werden. Er hat sich also nicht darum gekümmert, dass es in Berlin, wo nach dem TV-L oder angelehnt an den TV-L vergütet wird, attraktiver wird, den Erzieherberuf zu ergreifen. Die Tarifrunde 2017 verlief enttäuschend. Das war schlecht für die Familien in Berlin.
So viel zur Arbeit Ihres Senats! Aber was haben die Fraktionen getan? Was haben Sie getan, von den Linken, von den Grünen, von der SPD? Haben Sie in den Nachtragshaushalt 2017 genügend Geld für den Bau von Kitas
eingestellt? Haben Sie von den Linken, von den Grünen, von der SPD in den Doppelhaushalt 2018/2019 genügend Geld für den Bau von Kitas eingestellt? Haben Sie von den Linken, von den Grünen, von der SPD in den Doppelhaushalt 2020/2021 genügend Geld für den Bau von Kitas eingestellt? – Nein, nein und nochmals nein! Sie haben die politische Verantwortung dafür, dass die Situation für die Berliner Familien so ist, wie sie ist.
Was tun Sie heute? – Sie bringen einen Antrag ins Parlament ein, in dem Sie fordern, im Doppelhaushalt 2022/23 genügend Geld zur Verfügung zu stellen. Was sagen Sie eigentlich den Tausenden von Familien, die in den letzten Jahren einen Kindergartenplatz gesucht haben? Was sagen Sie den Tausenden von Familien, die in diesen Monaten und in den kommenden Monaten einen Kindergartenplatz suchen?
Was ist denn hier los? Sie regieren seit viereinhalb Jahren, und jetzt fällt Ihnen ein, ach, na ja, vielleicht kann sich ja die nächste Landesregierung um die Lösung des Problems kümmern, ist zwar dann erst 2022, aber egal. Ich rufe den Eltern in Berlin zu: Am 26. September sind Wahlen. Beteiligen Sie sich, und wählen Sie eine Partei, die sich nicht mit dem Verschieben von Problemen in die nächste Wahlperiode vom Acker zu machen versucht!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Simon! Ich muss Sie zunächst einmal korrigieren: Den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz haben wir nicht seit 2006 in Deutschland, sondern seit 2013. Es ist jetzt nicht so, dass wir in Berlin nicht gerade bauen, dass es nicht jede Menge Kitaplätze, Kitabauten in der Umsetzung gibt. Ja, Sie haben recht, es gibt auch eine Liste mit Bauvorhaben, aber auch diese Liste werden wir sukzessive abarbeiten.
Wenn wir etwas in der Vergangenheit bewiesen haben, dann nämlich, dass wir Kitaplätze schaffen können. Seit 2013 gibt es den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, und seitdem sind in unserer Stadt 50 000 Kitaplätze entstanden. Das war ein Kraftakt, aber nicht nur das. Wir haben mit dem Kindertagesförderungsgesetz in dieser Legislaturperiode parallel zum Ausbau des Platzangebots und der Abschaffung der Gebühren in die Qualität der Kinderbetreuung investiert. Nach den Verbesserungen bei der
Personalausstattung wurden mit dem KitaFöG mehr Anleitungsstunden für die fachliche Betreuung von Beschäftigten in der berufsbegleitenden Ausbildung finanziert und die Kitaleitungen entlastet. Beides kommt sowohl den Kindern als auch den Beschäftigten zugute.
Wir haben zudem den Leitungsschlüssel verbessert. Seit August 2019 gilt ein Leitungsschlüssel von eins zu 90. Das bedeutet, dass die Kitaleitung ab 90 Kindern für ihre Tätigkeit freigestellt wird, kleinere Kitas natürlich analog. Da werden die Zuschläge dann anteilig gewährt. Mit der Verbesserung tragen wir den gestiegenen Planungs- und Verwaltungsaufgaben der Kitaleitungen Rechnung. Wir haben aber auch bewiesen, dass wir die Eltern im Blick haben. Seit 2018 haben Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf bis zu sieben Stunden Förderung pro Tag ohne Bedarfsprüfung. Bisher galt der Anspruch für fünf Stunden.
Und weil man es nicht oft genug wiederholen kann: Gucken Sie sich mal in anderen Bundesländern um! Seit inzwischen drei Jahren werden Kitas öffentlich finanziert und sind für alle Kinder gebührenfrei. Wir stehen für Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule.
Dies alles sucht im Bundesvergleich seinesgleichen. Aber Sie haben recht, wir dürfen nicht lockerlassen, aber wir wollen noch gar nicht lockerlassen. Der Ausbau muss weitergehen, damit für jedes Kind auch in Zukunft ein Kitaplatz bereitsteht und damit wir auch in Zukunft Spielraum für Qualitätsverbesserungen haben.
Der Kindertagesstättenentwicklungsplan für die Jahre 2021 bis 2026, also unsere aktualisierte Planung zum künftigen Kitaplatz- und Fachkräftebedarf basiert auf der neuen Bevölkerungsprognose. Marianne Burkert-Eulitz hat dazu schon viel gesagt. Wir gehen davon aus, dass aufgrund steigender Kinderzahlen auch in den kommenden Jahren der Kitaplatz- und der Fachkräftebedarf stetig zunehmen. Die Kindertagesstättenentwicklungsplanung zeigt, welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden und welche künftig erforderlich sind, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz und eine qualitativ hochwertige frühkindliche Förderung weiterhin zu gewährleisten. Wie häufig haben wir hier, oft auch zu Recht, debattiert, dass Eltern trotz des guten Angebots in Berlin nur schwer einen Kitaplatz finden? Wir haben über den KitaNavigator gesprochen, den wir ins Leben gerufen haben, der Eltern bei der Suche unterstützen sollte. Was wurde hier gezetert, aber der Platzausbau der vergangenen Jahre war ein Wettlauf mit den rapide steigenden Kinderzahlen und eine immense Leistung, die gemeinsam mit den Kitaträgern erreicht wurde. Marianne Burkert-Eulitz hat das schon erwähnt. Es ist auch Zeit, hier an dieser Stelle einmal danke zu sagen auch an die vielen freien Träger, an die Kita-Eigenbetriebe, mit denen wir zusammen diese Kitaplätze schaffen konnten.
Ich will aber noch ganz kurz etwas dazu sagen, weil ich es mir an der Stelle nicht verkneifen kann, und ein paar Zahlen für die Haushälter unter uns nennen. Laut Bevölkerungsprognose wird die Zahl der Berliner Kinder im Alter von null bis sieben Jahren in den kommenden Jahren weiter steigen: von rund 264 000 im Jahr 2019 auf rund 280 000 im Jahr 2025. Das ist ein Anstieg von rund 6 Prozent. Mit der Zahl der Kinder steigt auch die Nachfrage nach Kitaplätzen weiter an. Prognostiziert wird, dass der maximale Bedarf am Ende des Kitajahres 2025/26 in Berlin bei 200 000 Plätzen liegen wird. Wir sind jetzt momentan bei 174 000 Plätzen. Durch bereits eingeleitete und neue Maßnahmen sollen daher bis 2026 rund 26 000 weitere Plätze entstehen. Für rund 8 000 Plätze sind weitere Ausbaumaßnahmen insbesondere in den Jahren 2022 bis 2024 erforderlich. Der erwartete Finanzierungsbedarf, das muss man hier vielleicht noch einmal deutlich machen an dieser Stelle, für diese Plätze beläuft sich bis zum Jahr 2026 auf insgesamt rund 160 Millionen Euro.
Die Fachkräftesituation hat sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. Da sehen wir wirklich Licht am Ende des Tunnels. Seit 2015 ist die Zahl der Kitafachkräfte von 22 000 auf 28 300 Beschäftigte in Berlin gestiegen. Im Zuge des künftigen Platzausbaus werden weitere Fachkräfte benötigt. Aber auch da sieht es im Endeffekt gut aus.
Ich will damit schließen. Sie sehen, es ist viel passiert. Aber die Herausforderungen bleiben groß. Kitaplätze zu schaffen ist ein Kraftakt. Es braucht die öffentlichen wie freien Träger an der Seite. Es braucht gut ausgebildetes Personal. Es kostet eben Geld. Das gilt eben auch für die kommenden Haushalte. Deshalb gibt es auch diesen Antrag. Der Kitaentwicklungsplan zeichnet ein Szenario bis 2026. Da sind wir schon weit fortgeschritten in der kommenden Legislaturperiode. Ich hoffe, dass da, was den Kitaplatzausbau angeht, alle an einem Strang ziehen – deshalb dieser Antrag. – Vielen Dank!