ich habe nur 3 Minuten! –, liegen wir bei 657,8 Millionen Euro, Tendenz steigend. Als Bauunterhaltung stehen derzeit jährlich Mittel von 20,9 Millionen Euro zur Verfügung. Wenn also der Sanierungsstau stehen bleiben würde, brauchen wir 33 Jahre und haben ihn dann abgebaut. Der wächst aber weiter. Auch das ist ja eben schon angeklungen. Entsprechend dringend ist also neben der Sanierung auch der Neubau von Gebäuden, damit wir in der Zeit der Sanierung der Haftanstalten, der Teilanstalten 2 und 3, eben die Gefangenen auch vor Ort unterbringen können. Da widerspreche ich dem Kollegen Dörstelmann ausdrücklich. Hier steht der zu Beginn der 18. Wahlperiode eingestellte Neubau der Teilanstalt 1 in der Justizvollzugsanstalt Tegel ganz oben auf dem Programm. Wir unterstützen daher den Antrag der FDP ausdrücklich,
auch wenn ich dem Kollegen Fresdorf vorhin gesagt habe, dass wir hier nicht zustimmen, als Retourkutsche auf seinen doch sehr anbiedernden Wortbeitrag in Richtung der Koalition.
Dabei ist die zügige Wiederaufnahme der eingestellten Arbeiten zur Neuerrichtung der Teilanstalt 1 in der Justizvollzugsanstalt Tegel dringend notwendig aus unserer Sicht. Diese Baumaßnahme darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Die durch den Senat erfolgte Beauftragung eines externen Planungsbüros zur Erstellung einer Entwurfsstudie mit Kostenschätzung als weitere Entscheidungsgrundlage ist nur ein erster Schritt. Ein klares Bekenntnis zum Neubau, wie er im Antrag der FDP gefordert wird, sieht jedoch anders aus. Das ist, glaube ich, unstreitig. Hier fehlt es neben der politischen Absichtserklärung der Koalition im Übrigen auch an jeder Vorsorge im Haushalt. Unseren Antrag für zusätzliche Planungsmittel, um diesen Prozess zu beschleunigen, hat man abgelehnt – so, wie wahrscheinlich auch am Ende diesen Antrag. Der Kollege Dörstelmann hat es ja eben anklingen lassen.
Wir brauchen aber die Vorsorge ferner auch – das ist im Antrag der FDP auch enthalten und ist eben in der Rederunde etwas untergegangen – für die Sanierung der Teilanstalten 2 und 3 mit den im Raum stehenden 89,7 Millionen Euro, davon 83 Millionen Euro jetzt verschoben auf die Jahre 2024 und später. Auch das ist kein Signal in Richtung der Forderung, die der Kollege Dörstelmann
eben aufgemacht hat. Da muss mehr kommen. Die Baumaßnahmen der Teilanstalten 1, 2 und 3 müssen zügig wieder aufgenommen bzw. begonnen werden – im Interesse der Beschäftigten und im Interesse der Gefangenen. Das sollte unser Anspruch sein. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Dr. Vandrey jetzt das Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Präsidentin! Die FDP spricht mit ihrem Antrag unserer Ansicht nach ein durchaus wichtiges Thema an, nämlich den Strafvollzug und insbesondere den Zustand der Gebäude in der JVA Tegel.
Dazu muss man sich zunächst vergegenwärtigen, dass es sich bei der JVA Tegel um eine der größten und ältesten Haftanstalten Deutschlands handelt. Der Gebäudekomplex, vornehmlich Backsteingebäude, stammt zu großen Teilen noch aus der Kaiserzeit. 13 Wachttürme und eine 1,5 Kilometer lange Mauer umschließen ein großes Areal, auf dem rund 1 000 Gefangene leben, und nicht zu vergessen: In der JVA Tegel arbeiten auch Tag für Tag Hunderte von Bediensteten, die einen Superjob machen. Bei den vielen Menschen, die tagtäglich in den Berliner Haftanstalten arbeiten, möchte ich mich an dieser Stelle einmal herzlich bedanken.
Sie machen tagtäglich einen Job, von dem man in der Öffentlichkeit nicht viel hört, sie sind aber immens wichtig für unsere Gesellschaft. Für sie müssen die Arbeitsbedingungen stimmen. Die vielen Bediensteten sollten wir mitdenken, wenn wir über die Berliner Gefängnisse reden.
Aber nun zurück konkret zur JVA Tegel: Die JVA Tegel besteht aus mehreren Teilanstalten – das haben wir schon gehört –, und insbesondere die Teilanstalt 2 – das ist der geschlossene Männervollzug – war immer wieder Gegenstand der Diskussion. Es existiert dort Gewalt unter den Gefangenen, es gibt Druck von Häftlingen auf Mitgefangene, die Hafträume sind zu dunkel, die Bausubstanz ist alt, und die Schadstoffbelastung ist hoch. Diese alten Gebäude in Tegel modernen Standards anzupassen, ist also eine sehr große Herausforderung. Wichtig ist uns Grünen dabei unsere rechtspolitische Grundhaltung. Freiheitsentzug ist die Konsequenz aus der Begehung schwerer Straftaten. Ja, das ist so, aber Freiheitsentzug muss
immer die Ultima Ratio sein, und der Freiheitsentzug selbst, wenn er denn angeordnet ist, reicht als Strafe. Die Haftbedingungen müssen menschenwürdig sein. Das ist meine rechtspolitische Überzeugung.
Herr Heischel aus dem Berliner Vollzugsbeirat, der die Verhältnisse gut kennt, sagte letztens in einem Interview – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
Grundmaß an Achtung vor sich selbst. Wenn jemand von vornherein missachtet wird, hat er überhaupt nicht die Idee, warum soll ich mich ändern?
Dem kann man nur zustimmen, denn dieser Satz spricht das Ziel der Resozialisierung an. Die Gefangenen sollen in der Haft befähigt werden, Kompetenzen zu erwerben, die draußen benötigt werden. Natürlich braucht es für die Herstellung der Sicherheit in den Anstalten auch Mauern und Zäune. Ebenso wichtig ist aber die soziale Sicherheit. Gewalt unter Gefangenen begegnet man nicht durch einsperren, sondern durch vernünftige Haftbedingungen und Arbeit mit den Gefangenen.
Die Situation in der JVA Tegel war bekanntermaßen schon mehrfach Thema im Rechtsausschuss. Die Frage war schon in der letzten Legislatur: Neubau auf der Freifläche der alten Teilanstalt 1 oder Reaktivierung der TA 3 und Sanierung der TA 2? – Die Senatsverwaltung bewertete die Lage damals und hielt im Ergebnis einen Neubau nicht für die geeignete Maßnahme, sondern setzte auf Sanierung im Bestand und vor allem auf die Verbesserung der Personalsituation, denn neben der schwierigen Gebäudesituation, das wissen wir alle, ist der Knackpunkt für die Verbesserung der Haftbedingungen eine gute Personalsituation. Die personelle Situation in den Anstalten war zu Beginn der letzten Legislatur bekanntermaßen denkbar schlecht. Die damalige Justizverwaltung unter Herrn Behrendt hat in der letzten Legislatur daraufhin gehandelt und mit Hochdruck so viel Personal für die Haftanstalten ausgebildet wie nie zuvor. Das war richtig und wichtig.
Festzuhalten bleibt indes, dass Berlins alte, zum Teil aus der Kaiserzeit stammenden Haftanstalten modernen Standards angepasst werden müssen. Das wird jedoch nicht erreicht durch den Ruf nach einem einzelnen Neubau, wie jetzt von der FDP gewollt, sondern durch ein Bündel an Maßnahmen. Ob zu diesem Bündel in dieser Legislatur auch ein Neubau gehört, wird zu prüfen sein. Aus meiner Sicht kann das durchaus diskutiert werden, aber eben innerhalb eines Gesamtpakets, nicht als Einzelmaßnahme, wie der FDP-Antrag es möchte. Dabei sind wir als Grüne davon überzeugt, dass Resozialisierung das wirksamste Mittel ist, neue Straftaten zu verhindern. Daher steht
neben der Unterbringung der Gefangenen für uns im Vordergrund der offene Vollzug als Regelvollzug, die Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen, Projekte wie „Arbeit statt Strafe“, die Verkürzung der Haftstrafen, die Digitalisierung der Hafträume, die Ausbildung der Gefangenen und vor allem Sozialarbeit schon während der Haftzeit. Denn – und mit diesem Satz möchte ich schließen – Resozialisierung ist die beste Prävention. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Punkt aus unserem Wahlprogramm wird aufgenommen,
nämlich dass die Teilanstalt 1 der JVA Tegel weitergebaut werden soll. Das finden wir gut, das begrüßen wir, und deswegen werden wir den Antrag der FDP auch unterstützen. Wir haben auch schon in den Haushaltsberatungen Haushaltsposten beantragt, die den Weiterbau forcieren sollen, aber die Anträge wurden natürlich abgelehnt. Dennoch ist es wichtig, dass das vorankommt.
Kommen wir noch mal zur Genese der ganzen Geschichte: Die Teilanstalt 1 wurde damals noch unter Justizsenator Heilmann abgerissen, weil sie nicht mehr den Standards einer modernen Haftunterbringung entsprach und weil gesagt wurde, dass es nicht mehr der Menschenwürde entsprechen würde, wie die Unterbringung dort war. Es sollte dann ein Neubau passieren, und das wurde auch forciert. Es wurden Haushaltsgelder eingestellt, und dann passierte fünf Jahre unter Justizsenator Behrendt nichts.
Jetzt hat sich am Anfang der Legislatur natürlich die Frage gestellt, ob jetzt fünf Jahre lang wieder nichts passiert. Immerhin hat die Senatorin Kreck im Ausschuss schon einmal die Absicht angekündigt, dass man mal wieder etwas tun möchte, allerdings fängt man jetzt mit neuen Planungen wieder bei null an. Aus unserer Sicht ist das nicht erforderlich. Letztendlich hat man damals schon Planungen gemacht, und in fünf Jahren wird sich nicht so viel verändert haben, dass man eine komplette Neuplanung benötigt.
Das ist das Phänomen, dass wir bei Rot-Grün-Rot in allen Bereichen der Justiz erleben: immer nur Absichtsbekundungen, gerade bei den Liegenschaften. Der einzige Erfolg, den Rot-Grün-Rot vorzuweisen hat, ist die Justizakademie, die tatsächlich schnell geplant und schnell
gebaut wurde, aber beim Rest sieht es schlecht aus. Das Kathreiner-Haus verspätet sich immer weiter; das Verwaltungsgericht kann nicht umziehen. Der Ausbau des Campus Moabit stockt auch. Das Amtsgericht Marzahn ist bisher auch nur eine Ankündigung, der Neubau hat noch nicht stattgefunden. Weitere Neubauten sind geplant, und bei der Teilanstalt I sieht es ähnlich aus. Deswegen bleibt zu befürchten, dass auch nach fünf Jahren immer noch nichts passiert sein wird.
Ja, die Statistiken zeigen, der Bedarf an Hafträumen geht im Moment runter. Das liegt aber auch an Rot-Grün-Rot, denn Rot-Grün-Rot möchte nach Möglichkeit so weit wie möglich die Haftvermeidung einführen.
Das fängt schon bei den Ersatzfreiheitsstrafen an, wo Sie wegen Corona gesagt haben, das gehe jetzt nicht, und dass es keine Ersatzfreiheitsstrafen mehr gibt, würden Sie am liebsten gerne fortführen. Man muss dazu sagen, es handelt sich dabei um Personen, die Geldstrafen nicht gezahlt haben.
Wir haben in Deutschland nun einmal nur zwei Arten von Strafen: Das eine ist die Geldstrafe und das andere ist die Freiheitsstrafe. Strafe muss sein, das gehört dazu.
Deswegen brauchen wir neue Haftplätze. Wenn die Berliner Justiz und die Berliner Polizei weiter ertüchtigt werden und die Straftaten in Berlin, die eine geringe Aufklärungsquote haben, besser verfolgt werden würden, dann hätten wir auch einen großen Bedarf an Haftplätzen.
Deswegen müssen wir uns darauf vorbereiten, wir müssen die Justiz und die Polizei ertüchtigen, mehr Personen Haftplätzen zuzuführen, wenn sie Straftaten begangen haben. Deswegen ist es auch notwendig, dass wir unsere Hafträume erweitern, und deswegen ist auch der Neubau der Teilanstalt I wichtig. Eine nette Nebenerscheinung ist, dass man dem Grundsatz der Resozialisierung, den Sie auch immer hochhalten, gerecht wird, weil eine moderne Haftanstalt sowohl die Gefangen als auch die Bediensteten erfreut. Deswegen lassen Sie uns das verwirklichen. – Vielen herzlichen Dank!