Protokoll der Sitzung vom 09.06.2022

[Ronald Gläser (AfD): Die falschen Wahrheiten wollen wir nicht hören!]

Deswegen müssen wir uns natürlich überlegen, wie Daten angelegt sind. Trotzdem sind wir als Linke – und ich denke, auch mit der ganzen Koalition – dabei, dass wir Bereiche wie Bildung und Wissenschaft nicht aus dem Transparenzanspruch ausnehmen können. Die gehören natürlich hinein. Auch Bereiche unserer Innenbehörden gehören natürlich hinein, soweit die innere Sicherheit davon nicht beeinträchtigt ist.

Wir haben es in den Koalitionsvertrag – das wurde erwähnt – geschrieben. Wir haben fast keine Jahreszahlen für bestimmte Vorhaben im Koalitionsvertrag stehen, aus gutem Grund, weil wir natürlich über die ganze Legislaturperiode hinweg planen.

[Lachen von Sebastian Czaja (FDP)]

Beim Transparenzgesetz steht aber eine Jahreszahl im Koalitionsvertrag, und zwar dieses Jahr, 2022. Das liegt daran, dass wir natürlich schon mit den genannten Vorlagen des Senats, aber auch der Vorlage der Initiative für ein Transparenzgesetz bereits zwei sehr gute und weit gehende Vorlagen haben, aus denen wir jetzt einen Parlamentsentwurf machen werden, der noch in diesem Jahr beschlossen werden soll. Dazu laufen die Vorarbeiten und Gespräche. Nur weil Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, nicht sehen, dass hier was passiert, heißt das nicht, dass nichts passiert. Wenn wir uns als Koalition zusammensetzen und die Details von Gesetzentwürfen besprechen, dann laden wir Sie, sorry, dazu nicht ein.

[Sebastian Czaja (FDP): Da sehen Sie mal, wie wichtig Transparenz ist!]

Tut uns sehr leid! Wird auch so bleiben! Sie laden uns ja auch nicht ein, wenn Sie Ihre Gesetzentwürfe besprechen. Trotzdem tauchen hier dann irgendwann im Plenum welche auf. Exakt genauso wird das mit dem Gesetzentwurf der Koalition auch sein.

[Beifall bei der LINKEN – Zurufe von Karsten Woldeit (AfD) und Sebastian Czaja (FDP)]

Wir haben uns vorgenommen, besser als Hamburg zu werden.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Und besser als Hamburg zu werden, heißt, dass wir unseren hohen Standard bei der Informationsfreiheit, also bei individuellen Anfragen, halten und bei der Transparenz noch besser werden als Hamburg, das heißt also bei den Daten, die proaktiv von den Verwaltungen ins Netz gestellt werden. Dazu brauchen wir, ehrlich gesagt, den FDP-Gesetzentwurf nicht unbedingt, zumal Sie den ja weitgehend von der Initiative übernommen haben, was sehr löblich ist. Wir arbeiten auch gerne mit außerparlamentarischen Initiativen zusammen. Aber Sie haben dabei auch noch Fehler gemacht. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum sie § 3, den Anwendungsbereich des Gesetzes, gestrichen haben. Den hatten Sie noch in Ihrem letzten Gesetzentwurf von 2019, jetzt ist der Anwendungsbereich raus. Den braucht man aber zwingend für die Rechtsförmlichkeit. Wir können uns Ihren Gesetzentwurf leider nicht überall zum Vorbild nehmen und müssen uns den noch mal angucken.

[Paul Fresdorf (FDP): Das kriegen Sie noch reingebaut!]

Interessant ist auch das Thema Gebührenfreiheit. Wir sind ja an vielen Stellen für Gebührenfreiheit, nur waren Sie immer weitestgehend dagegen. Warum Sie gerade jetzt für die Gebührenfreiheit sind, ist überraschend und spannend. Ich hoffe, Sie machen auch gute Gegenfinanzierungsvorschläge dafür.

[Sebastian Czaja (FDP): Sie sind dagegen?]

Das wird dann in den nächsten Haushaltsverhandlungen zu machen sein.

Allerletztes Wort von mir: Die Beauftragte für Datenschutz wird ja auch die Beauftragte für Informationsfreiheit werden. Ich wünsche mir, dass wir auch da an einem Strang ziehen, wenn wir diese Beauftragte gut ausstatten. Wir werden demnächst den Namen dazu präsentieren.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Und wir werden insbesondere den Bereich Informationsfreiheit stärken und hoffen dann natürlich auf Ihre Unterstützung. Und dann freue ich mich auf die Debatten über den Gesetzentwurf im Herbst. Wir werden da etwas Gutes bauen. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Ausschuss für Digitalisierung und Datenschutz. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann können wir so verfahren.

(Tobias Schulze)

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 16

Gesetz über die Verlängerung der Brennpunktzulage nach § 78a des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke Drucksache 19/0373

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung des Gesetzesantrags. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD und hier der Kollege Hopp. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, liegt uns als SPD-Fraktion die Stärkung von Schulen in herausfordernder Lage besonders am Herzen. Es ist unser Bildungsanspruch, dass weder der Kiez, aus dem ein Berliner Kind kommt, noch der Geldbeutel seiner Eltern über den künftigen Bildungs- und Lebensweg entscheiden sollte. Wir kämpfen als Koalition für gleichwertige Bildung für alle Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt. Dieser Anspruch ist nicht nur eine ideelle Überzeugung, sondern – und da spreche ich auch aus meiner Neuköllner Perspektive als ehemaliger Schüler in der Gropiusstadt und die letzten Jahre als Lehrer in Neukölln – hochpolitisch und für Tausende Kinder und Jugendliche lebensentscheidend.

Deutschland ist nach wie vor das Land, in dem die Abhängigkeit zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft die größte ist. Wir in Berlin arbeiten deshalb hart daran, diese Abhängigkeit zu verringern für gute Bildung für alle und für die besten Schulen in den härtesten Kiezen.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Das ist der zentrale Grund, warum wir beispielsweise die Schulsozialarbeit ausgebaut haben, multiprofessionelle Teams ausbauen, die Sprachförderung gestärkt haben, den Ganztag ausgebaut haben, außerunterrichtliche Angebote stärken, die sozialräumliche Öffnung der Schulen vorantreiben oder die Fusion zu Gemeinschaftsschulen fördern. Von diesen Maßnahmen profitieren weit mehr als nur sogenannte Brennpunktschulen, aber insbesondere auch Schulen in herausfordernder Lage werden dadurch entlastet und spürbar unterstützt. Zielgerichtet auf Schulen in herausfordernder Lage sind darüber hinaus das Bonusprogramm, die Berlin-Challenge oder beispielsweise auch die wichtige Arbeit von zum Beispiel Teach First

zu nennen. Auch die Brennpunktzulage ist in dieser Reihung an Instrumenten zu nennen, die wir mit dem vorliegenden Antrag um zwei weitere Jahre verlängern wollen. Ohne diese Verlängerung würde die Brennpunktzulage am Ende dieses Schuljahres auslaufen.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Woldeit?

Nein, danke schön! – Mit der Brennpunktzulage erhalten Lehrkräfte an Schulen in herausfordernden Kiezen, also in Kiezen mit einer Lernmittelbefreiung von mindestens 80 Prozent, eine monatliche Zulage in Höhe von 300 Euro. Davon profitieren über 2 700 Lehrkräfte an 60 Schulen in herausfordernder Lage, und das ist auch weiterhin wichtig. Lehrkräfte an Schulen in herausfordernder Lage arbeiten unter erschwerten Bedingungen. Vor allem auf didaktischer, organisatorischer und pädagogischer Ebene sind sie es, die um einiges belasteter sind und mehr leisten müssen als Kolleginnen und Kollegen an anderen Schulen. Und diese geleistete Mehrarbeit möchten wir in Form der Brennpunktzulage weiter ausgleichen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass wir im Koalitionsvertrag geeint haben, dass wir die Brennpunktzulage schrittweise in Entlastungsstunden für Lehrkräfte umwandeln wollen. Es ist völlig klar, dass diese Zielsetzung unter der aktuellen Personallage nicht umsetzbar ist, da machen wir uns gar keine Illusionen, aber umso wichtiger ist es, dieses perspektivische Ziel auszusprechen und für dieses Ziel weiter politisch hart zu arbeiten. Letztlich brauchen wir in Schulen in herausfordernder Lage eine spürbare Entlastung vor Ort und das auch in Form von Arbeitsreduzierung. Dieses hehre Ziel bleibt unser Anspruch, für den wir weiterarbeiten. Bis dahin wird die Brennpunktzulage in finanzieller Form weiter gebraucht und auch in den Kollegien der betroffenen Schulen mit Dankbarkeit angenommen. Die Brennpunktzulage für Lehrkräfte wirkt also finanziell, aber, und das ist uns besonders wichtig, sie wirkt auch auf politischer und kommunikativer Ebene. Wir drücken den Lehrkräften, die unter dieser besonderen Herausforderung jeden Tag für gleichwertige Bildung für Schülerinnen und Schüler arbeiten, die es sozial schwerer haben, unsere Wertschätzung und Anerkennung aus. Es sind diese pädagogischen Überzeugungstäterinnen und -täter, die wir dringend an diesen Schulen brauchen und von denen wir mehr brauchen. Es sind diese Lehrkräfte mit ihrer unschätzbar wertvollen Arbeit, die jeden Tag im wahrsten Sinne des Wortes lebensentscheidend wirken. Diese Lehrkräfte verdienen unsere besondere Anerkennung, und wir

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

wollen sie mit ihrer wertvollen Arbeit weiter an unseren Schulen halten.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Was beim Thema Brennpunktzulage nicht unerwähnt bleiben darf, ist, mit dieser Verlängerung der Brennpunktzulage für Lehrkräfte wird leider nicht die tarifliche Problematik der Brennpunktzulage für angestellte Erzieherinnen und Erzieher im eFöB-Bereich an Schulen in herausfordernder Lage gelöst. Hier ist die Bildungsverwaltung gefordert, für Erzieherinnen und Erzieher an diesen Schulen eine Möglichkeit einer Wertschätzung und eine spürbare Unterstützung zu erarbeiten, die keine tariflichen Probleme erzeugt und die abseits einer finanziellen Zulage liegen. Selbstverständlich leisten auch die Erzieherinnen und Erzieher an herausfordernden Schulen eine unschätzbar wichtige Arbeit und verdienen die gleiche Wertschätzung wie die Lehrkräfte. Hier braucht es dringend Antworten und eine sinnvolle Lösung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat die Kollegin Günther-Wünsch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Koalition ist schlichtweg aus der Not geboren, eine extrem steigende Schülerschaft in einer stark heterogenen Stadt und Gesellschaft in Verbindung mit einem drastischen Mangel an qualifizierten Pädagogen. Angebot und Nachfrage sind im Berliner Bildungssystem schon lange in Schieflage geraten. Doch ist eine Brennpunktzulage das, was Berlin und unsere Schulen brauchen – wie es der Kollege Hopp sagte –, um gut, verlässlich und chancengerecht zu unterrichten? – Wir sagen ganz klar Nein.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Noch im Wahlkampf – Sie haben es selber gesagt, Herr Kollege – versprach Frau Giffey, dass die Brennpunktzulage in Abmilderungsstunden umgewandelt wird. Sie haben es vollkommen klar gesagt, es ist der ungünstigste Moment momentan, das umzusetzen. Aber statt mit Geld zu winken, dessen Wirkung bis heute auch nicht evaluiert ist, und genau das ist auch in den Haushaltsberatungen im Bildungsausschuss vom Referatsleiter betont worden, denn er sagte, O-Ton, er geht davon aus, dass die Zulage wirksam ist, sollten wir daran arbeiten, bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Was braucht Berlin? – Es braucht endlich Mut zur Steuerung des Lehrerpersonals. Quereinsteiger, aber auch grundständig qualifizierte Pädagogen müssen endlich gleichmäßig in allen Bezirken und an allen Schulformen verteilt sein. Der Senat muss sicherstellen, dass die Pädagogen für die Herausforderung an den Brennpunktschulen gut vorbereitet sind, Stichwort: Lehrerausbildung, gute Betreuung und Unterstützung von Quereinsteigern, aber auch Aus-, Fort- und Weiterbildung. Sie sprachen von multiprofessionellen Teams. Das steht gut auf dem Papier. Wir waren beide lange in Neukölln, auch unsere Senatorin. Von multiprofessionellen Teams ist noch lange nicht die Rede, und sie dürfen nicht statt eines Lehrers kommen, sondern sie müssen on top kommen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Seien wir ehrlich, Sie haben es ganz klar angesprochen, endlich den Aufgabenkatalog von Lehrern, von Pädagogen kritisch zu durchleuchten, wie viele nicht pädagogische Aufgaben übernommen werden, wie viel unnötige Bürokratie vorhanden ist, wie viel gute Arbeitsbedingungen braucht es eigentlich, und das Ganze muss plus Rückhalt in Bezirken und Schulaufsicht sichergestellt werden. – Sie haben die Stärkung der Schulen und gleichwertige Bildung angesprochen. Herr Hopp! Vielleicht können Sie einmal darlegen, wie gleichwertige Bildung durch 300 Euro mehr für einzelne Lehrer zustande kommen soll, wie Chancengerechtigkeit durch 300 Euro mehr für einzelne Lehrer entsteht, wie guter Unterricht in dieser Form entstehen soll. Statt