Protokoll der Sitzung vom 09.06.2022

Seien wir ehrlich, Sie haben es ganz klar angesprochen, endlich den Aufgabenkatalog von Lehrern, von Pädagogen kritisch zu durchleuchten, wie viele nicht pädagogische Aufgaben übernommen werden, wie viel unnötige Bürokratie vorhanden ist, wie viel gute Arbeitsbedingungen braucht es eigentlich, und das Ganze muss plus Rückhalt in Bezirken und Schulaufsicht sichergestellt werden. – Sie haben die Stärkung der Schulen und gleichwertige Bildung angesprochen. Herr Hopp! Vielleicht können Sie einmal darlegen, wie gleichwertige Bildung durch 300 Euro mehr für einzelne Lehrer zustande kommen soll, wie Chancengerechtigkeit durch 300 Euro mehr für einzelne Lehrer entsteht, wie guter Unterricht in dieser Form entstehen soll. Statt

12 Millionen Euro mehr ohne Überprüfung und wissenschaftliche Evaluation in unsere Schulen auszugeben, braucht es Vorbereitung, Qualifizierung, Professionalisierung und endlich Entlastung an unseren Schulen. – Danke!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Burkert-Eulitz das Wort.

Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verschiedene Schulen in schwieriger Lage sind für vollausgebildete Lehrkräfte und weitere Fachkräfte leider nicht sehr attraktiv. Dies führte dazu, dass wir die erste Ergänzung zum Bundesbesoldungsgesetz am 13. Dezember 2018 in diesem Haus beschlossen haben. Seither erhalten Lehrkräfte an diesen Schulen 300 Euro mehr. Ziel war es, Lehrkräfte für die genannten Schulen zu gewinnen und zu halten. Leider hat die Senatsverwaltung für Bildung die Wirksamkeit dieser Zulage bisher nicht evaluiert. Eine Steuerungswirksamkeit konnte leider auch noch nicht nachgewiesen werden. Diese Untersuchung sollte so schnell als möglich nachgeholt werden, um

(Marcel Hopp)

Aussagen tätigen zu können, welche Maßnahmen zur Gewinnung von mehr Personal an belasteten Schulen tatsächlich fruchten. Allerdings ist es jetzt, wo bis zu 1 000 Lehrkräfte an den Schulen fehlen, nicht die Zeit, den engagierten Lehrerinnen und Lehrern das zusätzliche Geld zu streichen. Selbstverständlich dürfen die Erzieherinnen und Erzieher und die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter nicht vergessen werden, die zu einem modernen professionellen Team Schule gehören. Auch für sie müssen weiterhin ähnliche Zahlungen erhalten bleiben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir wissen schon lange, dass dies tarifrechtlich schwierig ist. Es wurde zwar ein Verfahren eingeführt, dass diese Menschen höher gruppiert werden, aber das führte dazu, dass sie zum Teil ihre Erfahrungsstufen verloren haben und finanziell schlechter gestellt waren und sind, als sie ohne diese eigentlich positiv gerichteten Maßnahmen wären. Es wurden Versuche unternommen, um dem abzuhelfen. Allerdings gibt es vonseiten der Senatsverwaltung nach nun vier Jahren noch immer keine überzeugende Alternative. Wie ich aus Briefen der Betroffenen weiß, wird ihnen als Lösung angeboten, entweder auf die Höhergruppierungen zu verzichten oder die Schule zu wechseln – das kann ja nicht die zufriedenstellende Lösung sein.

Wir können die Betroffenen nicht demotivieren mit etwas, was zwar gut gemeint ist, aber nicht gut ausgeführt wird, weil diese engagierten Fachkräfte im Team Schule unverzichtbar sind. In Gesprächen mit Menschen, die sich im Tarifrecht besser auskennen als ich, wurde mir gesagt, dass eine Lösung für dieses Problem zum Beispiel die vorzeitige Gewährung von Erfahrungsstufen ist. Das wäre möglich und sollte nicht nur geprüft, sondern auch umgesetzt werden. Ich erwarte, dass sich die jetzige Senatorin hierzu in Kürze verhält und Abhilfe schafft, denn ich kann davon ausgehen, dass gerade sie weiß, wie miserabel die Situation der betroffenen Fachkräfte ist.

In einer Zeit ständiger Krisen wachsen die Herausforderungen für alle – die Aktuelle Stunde hat das noch einmal klargestellt –, gerade auch für Schulen, an denen viele Kinder und Jugendliche aus armutsbelasteten Familien lernen. Ich bitte die Senatsverwaltung für Bildung, ihre Hausaufgaben, die schon zu lange auf dem Tisch liegen, endlich zu erledigen. Und wir sollten endlich aufhören, von einer „Brennpunktzulage“ zu sprechen, denn dies ist für alle Betroffenen abwertend.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE) und Adrian Grasse (CDU) – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Es handelt sich um eine Zulage für Lehrkräfte an Schulen in schwieriger Lage. Wir werden der Gesetzesänderung selbstverständlich zustimmen. – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Weiß das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es brennt in der Berliner Bildungslandschaft, und für diesen Brand sind die Brennpunktschulen ein ganz wesentlicher Brandbeschleuniger. In diese Schulen pumpt der Senat erneut viel zusätzliches Geld, ohne dass sich etwas Entscheidendes ändert. Trotz der Einführung der Brennpunktzulage, des Bonusprogramms und der BerlinChallenge gibt es keinen Nachweis für einen nachhaltigen positiven Effekt; Frau Günther-Wünsch hat es gerade erwähnt.

Meiner Partei ist es besonders wichtig, dass Kinder aus den unteren Einkommensschichten nicht auf der Strecke bleiben. Ein gesundes Bildungssystem muss Gewähr bieten, dass sich ein jeder entsprechend seiner Begabung und seinem politischen Leistungswillen entwickeln kann. Es ist wichtig, dass für dieses Ziel Geld investiert wird. Meine Fraktion forderte bereits 2018, Anrechnungsstunden für Lehrer an Schulen in schwieriger Lage zu gewähren. An dieser Forderung halten wir auch heute fest. Die Brennpunktzulage aber ist lediglich ein Schmerzensgeld, das die Schulqualität nicht verbessert.

[Beifall bei der AfD]

Das bestätigen auch Schulentwicklungsforscher wie zum Beispiel Professor Holtappels, der mahnt, dass mit Geld allein Brennpunktschulen nicht geholfen sei. Zusätzliche Mittel sollten daher künftig nicht mehr pauschal gezahlt werden, sondern nur bei Vorliegen eines strategischen Konzepts, das eine wirkliche Kehrtwende der jeweiligen Verhältnisse verspricht. Zu solch einem Konzept gehört auch eine einheitliche, klare Linie. Schüler brauchen Konsistenz, Ordnung und Routine. Ebenso ist an Brennpunktschulen eine hohe Kompetenz des Personals erforderlich. Lehrer mit guter Ausbildung und Berufserfahrung statt angelernter Quereinsteiger, dazu Fortbildungen und eine höhere Identifikation des Kollegiums mit der Schule als Ganzes sind dafür unerlässlich.

[Beifall bei der AfD]

Aber schon beim Personal hakt es gewaltig. Dass Lehrer seit Jahren aus Berlin fliehen, liegt unter anderem auch an den Brennpunktschulen. Es reicht eben nicht aus, ein bisschen psychologische Beratung zur Stressbewältigung anzubieten; es muss gezielt für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und für die Lehrergesundheit gesorgt werden, einschließlich der wirksamen Verhinderung von Gewalt gegen das Lehrpersonal, wie es meine Fraktion immer wieder gefordert hat.

Das führt uns jetzt zu einem ganz wesentlichen Problem, welches die Kartellparteien in diesem Hause immer

(Marianne Burkert-Eulitz)

wieder gern unter den Teppich kehren: Als Brennpunktschulen gelten Schulen mit einer hohen BuT-Quote, also mit Kindern aus sozial schwachen Familien, zumeist Migranten. Senatorin Busse hat ja Brennpunkterfahrung. Ihre ehemalige Schule, die Grundschule in der Köllnischen Heide, ist eine berüchtigte Schule für Kinder aus Clanfamilien. Den schleichenden Prozess der Islamisierung und Arabisierung hielt sie damals als Schulleiterin für – Zitat: – „sehr gefährlich“.

Wie grotesk der Umgang nicht nur der politischen Verantwortungsträger, sondern auch ihres ganzen politischen Vorfelds im Umgang mit diesem Problem ist, offenbart doch die rot-grüne Lebenslüge in aller Deutlichkeit: Man genießt das multikulturelle Großstadtflair und kennt bei der Einwanderungsfrage kein Limit – beim Schulbesuch des eigenen Kindes werden dann aber auf einmal ganz andere Standards angelegt. Hier soll das Kind dann lieber nicht auf die ihm zugeordnete Einzugsschule gehen; im Zweifel wird getrickst, geklagt oder die Privatschule gewählt. So viel übrigens zum Stichwort Schuldaten – ich glaube, Ihre eigene Wählerklientel würde die Zurückhaltung dieser Daten entsprechend nicht befürworten.

[Beifall bei der AfD]

Genau das ist die Realität, der Sie sich endlich mal stellen müssen. Solange Sie davor die Augen verschließen, werden die Probleme in diesen Schulen auch nicht verschwinden. Wichtige Punkte eines schlüssigen Gesamtkonzepts wären unserer Meinung nach zum Beispiel die Entlastung der Lehrer durch Schulsozialarbeit und das Andocken von unterstützenden Institutionen wie der Jugendhilfe. Auch schuleigene Konzepte gegen Mobbing wie bereits von meiner Fraktion gefordert würden zur Verbesserung des Schulklimas beitragen.

Lernen bedarf eines positiven Lernumfeldes. Mit einer Wohlfühloase allein ist es eben nicht getan, wenn nicht gleichzeitig der Leistungswille gefördert und das Selbstvertrauen gestärkt wird. Aber genau dieses leistungs- und disziplinorientierte Denken geht der linksgrünen Koalition ab. Dass es anders geht, zeigt das Beispiel der Bergius-Schule; hier wurde ein positives Schulklima geschaffen, und zwar sehr kostengünstig, nämlich durch ein hohes Maß an Disziplin.

[Beifall bei der AfD]

Es bedarf einer grundlegenden Umsteuerung beim Umgang mit den Brennpunktschulen. Die Brennpunktzulage ist nicht mehr als ein Schmerzensgeld, welches die Schulqualität nicht verbessern wird. Der von diesem Senat verwaltete Niedergang des Berliner Bildungssystems wird sich damit jedenfalls nicht aufhalten lassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat Kollegin Brychcy jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe alle! Wir alle wissen, dass die Bildungschancen unserer Schüler und Schülerinnen nicht gerecht verteilt sind, leider auch noch nicht in Berlin. Ein Drittel der Kinder in Berlin ist von Armut betroffen, wenn man den Transferleistungsbezug der Familie zum Maßstab nimmt. An Schulen in schwieriger Lage haben die Schülerinnen und Schüler oft noch einen erhöhten Unterstützungsbedarf, sodass es hier in besonderem Maße auf das Personal und wirklich jeden einzelnen Pädagogen und jede einzelne Pädagogin ankommt. Dass der Senat angekündigt hat, bei der Einstellung ab sofort stärker zu steuern, sodass die besten Lehrkräfte wirklich an die Schulen kommen, die den größten Bedarf haben, begrüßen wir sehr.

Neben dem Bonusprogramm – Herr Hopp sprach es an –, mit dem zum Beispiel Fortbildungen, Schulentwicklung und zusätzliche personelle Unterstützung finanziert werden können, trägt die Brennpunktzulage als ein weiterer Baustein dazu bei, pädagogische Fachkräfte zu halten und den erhöhten Aufwand ihrer wichtigen Tätigkeit anzuerkennen. Es ist eine Herausforderung, mit einer hohen Heterogenität der Schüler- und Schülerinnenschaft umzugehen, und auch, wenn man sehr viele Kinder in der Klasse hat, die einen erhöhten Förderbedarf haben.

Frau Günther-Wünsch! Sie haben kritisiert und haben gesagt, die Brennpunktzulage würde es mit der CDUFraktion jedenfalls nicht geben, aber Sie haben offen gelassen, welche Anreizsysteme Sie hätten, um das Personal in den Brennpunkten an den Schulen zu halten.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE) – Katharina Günther-Wünsch (CDU): Nein! – Stefan Evers (CDU): Sollen wir sie noch mal schicken?]

Sie sprachen auch von der Schwierigkeit, dass wir durch den aktuellen Lehrkräftemangel leider nicht in der Lage sind zu entlasten – was Sie ja auch gefordert haben –, und Sie haben nicht ausgeführt, wie wir dazu kommen, wenn wir nicht auch finanziell verstärken und einen attraktiven Arbeitsplatz auch im Brennpunkt herstellen.

[Stefan Evers (CDU): Wir geben euch das schriftlich!]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Günther-Wünsch?

(Thorsten Weiß)

Ja!

Frau Günther-Wünsch, bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Frau Brychcy! Ich habe ganz klar dargelegt, dass Sie mit einer klaren Steuerung der Personalressourcen und der Verteilung von grundständig qualifizierten Pädagogen und Quereinsteigern eine gerechtere Verteilung erreichen, dass Sie mit einer Ausbildung, einer Fortbildung, so wie es meine Vorredner auch dargelegt haben, auch dazu beitragen könnten, dass die qualifizierten Kollegen vor Ort bleiben, und mit Entlastungen.

[Torsten Schneider (SPD): Ist das eine Frage?]

Jetzt können Sie noch mal sagen, wo die CDU nicht darlegt, welche Mittel sie wählen würde, um an Brennpunktschulen guten Unterricht möglich zu machen. – Vielen Dank!

[Stefan Evers (CDU): Das war jetzt die Frage!– Torsten Schneider (SPD): Das ist ein Imperativ!]

Frau Günther-Wünsch, das habe ich gerade angesprochen: Die Senatorin hat angekündigt, dass bei Einstellungen stärker gesteuert werden soll. Das heißt, das ist klar, in diesem Punkt sind wir uns einig; aber zu Entlastung im Sinne von Entlastungsstunden haben Sie selbst gesagt, dass das nicht möglich ist. Jetzt ist die Frage, warum dieses finanzielle Instrument nicht auch zur Attraktivität des Arbeitsplatzes beitragen soll, um die Bestandskolleginnen und -kollegen in dieser schwierigen Lage zu halten.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und der SPD]

Die Brennpunktzulage ist nicht perfekt – das kann man durchaus zugeben –, denn wenn es die haushälterischen Rahmenbedingungen ermöglichen würden, hätten viel mehr Pädagoginnen und Pädagogen an Schulen in schwieriger Lage diese Wertschätzung genauso verdient, nicht nur an Schulen, die eine Quote von lernmittelbefreiten Schülerinnen und Schülern von mindestens 80 Prozent erreichen, sondern wir haben auch viele Schulen, die das nicht erreichen, wo es trotzdem wichtig wäre. Aber das ist kein Argument, nicht zumindest das zu ermöglichen, was möglich ist.

Neben der Steuerung von Personaleinstellungen – wir sprachen gerade darüber – und der Fortsetzung des Bonusprogramms, brauchen wir die Unterstützung durch multiprofessionelle Teams. Sie haben gesagt, die gibt es

gar nicht. Was ist denn das Landesprogramm Schulsozialarbeit, das an allen Schulen in ganz Berlin umgesetzt ist, sodass mindestens eine Stelle dafür eingestellt wurde? Wir haben das jetzt noch mal verstärkt. Im Ausschuss haben wir gemeinsam diskutiert, dass wir Schulpsychologie, pädagogische Unterrichtshilfen, IT-Administratoren in Form von multiprofessionellen Teams zusätzlich an die Schulen bringen, und das ist zusätzlich, so, wie Sie es gefordert haben. Von daher verstärken wir hier.

Wir als Koalition wollen, dass die Brennpunktzulage für die Lehrkräfte auch im kommenden Schuljahr und auch im Schuljahr darauf möglich ist. Für uns war von Anfang an völlig klar, dass das, was für die Lehrkräfte gilt, diese Anerkennung, gleichsam für die Erzieherinnen und Erzieher gelten muss, bei denen bestehendes Tarifrecht angewendet wird. Wir begrüßen, dass bei Schulen, die den Status neu erwerben, Erzieherinnen und Erzieher nicht mehr höhergruppiert werden, sondern eine Zulage nach § 14 TV-L erhalten. Für uns als Koalition ist auch völlig klar, dass es, wenn eine Schule aus diesem Status herausfallen sollte, nicht sein kann, dass Erzieherinnen und Erzieher durch die Runtergruppierung Einkommensverluste zum Status quo im Vergleich zur Höhergruppierung erleiden. Hier braucht es eine pragmatische Lösung, die die Koalition finden wird, um zumindest das Einkommensniveau, das ihnen ohne Höhergruppierung zugestanden hätte, abzusichern. Das erwarten die Erzieherinnen und Erzieher von uns zu Recht.