Protokoll der Sitzung vom 21.03.2024

Dass Ihnen das ganze Thema nicht so ganz passt, habe ich mir, ehrlich gesagt, schon im Vorfeld gedacht. Die Tatsache, dass wir gestern in der Sprecherrunde im Anschluss an den Mobilitätsausschuss versucht haben, einen Besprechungspunkt zum Thema „Wir fahren zusammen“ anzumelden, der unter anderem von Ihnen vehement torpediert wurde, hat mich schon zum Nachdenken gebracht. Ganz ehrlich, Herr Kraft: Auf öffentlicher Bühne haben Sie vor Herrn Graf und vielen Tausend anderen die Petition der Initiative „Wir fahren zusammen“ unterschrieben. Was denn nun? Haben Sie einen Doppelgänger?

[Lachen bei den GRÜNEN – Anne Helm (LINKE): Das glaube ich ja nicht!]

Sind Sie doppelzüngig, oder erzählen Sie Bürgerinnen und Bürgern einfach die Unwahrheit? Ich finde das, mit Verlaub, ziemlich ungehörig.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn wir gerade dabei sind: Ein bisschen seltsam ist es auch an anderer Stelle, denn immerhin unterstützt auch die SPD-Fraktion dieses Anliegen. Die Initiative war zu Gast bei Herrn Saleh, der seine Unterstützung zum Ausdruck gebracht hat. Das kann Herr Schopf aber gleich noch einmal richtigstellen, denn auch er war gestern in der Sprecherrunde der Meinung, diese Initiative würde den Beschäftigten schaden. Ich frage mich schon, wem Sie an dieser Stelle was erzählen wollen. Eine klare Linie ist das jedenfalls nicht.

Dann kommen wir mal zu der Frage, wer hier für was verantwortlich ist. Sie haben erst gesagt: Eigentlich ist nur die BVG verantwortlich, aber dann haben wir in den Doppelhaushalt doch Dinge für die BVG reingeschrieben. – Deshalb sage ich Ihnen mal, was wir in der Zwischenzeit gemacht haben: Unter grünen Senatoren haben wir Milliarden von Euro für die Nahverkehrsverträge gesichert. Wir haben Hunderte neue Busse bestellt. Wir haben Busspuren angeordnet und nicht, wie Sie, abgeordnet oder, wie viele Ihrer Wahlkreisabgeordneten es getan haben, sogar beklagt, damit diese wegfallen müssen.

Ganz ehrlich: Wenn wir eine Definition von Ausbremsen von öffentlichem Personennahverkehr brauchen, dann haben Ihre Partei und Ihre Fraktion dem ÖPNV in der Vergangenheit systematisch nicht nur einen Bärendienst erwiesen. Das ist nicht nur ein Stopp von Busspuren, sondern das ist schon Sabotage.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Frau Kollegin! Sie müssten zum Schluss kommen.

Ich wollte nur sagen: Sie überprüfen doch so gerne. Überprüfen Sie vielleicht erst einmal Ihre eigene Bilanz, bevor Sie mit dem Finger auf andere zeigen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Dann hat Herr Kollege Kraft um die Erwiderung gebeten und hat dazu das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kapek! Das scheint Sie emotional ja extrem aufzuwühlen.

[Antje Kapek (GRÜNE): Jetzt werden Sie noch sexistisch!]

Jedenfalls vermitteln Sie diesen Eindruck. Dabei finde ich bei diesem wichtigen Thema Stärkung des ÖPNV, Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter der BVG ein bisschen mehr Sachlichkeit angebracht.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn Sie die an den Tag legen würden, dann wäre allen geholfen. Da hilft auch Brüllen und Schreien nicht. Es geht um die Stadt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVG.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich ein deutlich anderes Rechtsverständnis habe als Sie. Wenn ein Bussonderfahrstreifen angeordnet wird, und dieser Bussonderfahrstreifen wird beklagt, und das Gericht entscheidet, dass dieser Bussonderfahrstreifen rechtswidrig angeordnet wurde, dann können wir wohl davon ausgehen, dass dort Rechtswidrigkeit vorlag. Dann hat die Exekutive selbstverständlich diesen Bussonderfahrstreifen, den Ihre Verwaltung rechtswidrig – ich sage es noch einmal – angeordnet hat, wohl auch wieder abzuräumen. Wenn Sie das ignorieren und sagen: Es ist uns egal, was Gerichte entscheiden –, dann habe ich ein anderes Verständnis, was den Rechtsstaat angeht.

[Antje Kapek (GRÜNE): So, wie Sie Falschparken jeden Tag ignorieren! – Werner Graf (GRÜNE): Erklären Sie uns noch, warum Sie die Kampagne unterschrieben haben?]

Noch einmal zum Thema „Spurwechsel“: Frau Kapek, lesen Sie bitte Ihren eigenen Antrag! Da steht dezidiert drin – egal ob es dieses Programm schon gab, egal ob in Potsdam oder Brandenburg, egal ob das eine Bundesratsinitiative ist; das spielt überhaupt keine Rolle –, lesen Sie

(Antje Kapek)

es bitte nach: Abgelehnte Asylbewerber sollen eine Ausbildung bei der BVG erhalten.

[Werner Graf (GRÜNE): Das sind „geduldete“!]

Herr Graf, wenn Sie „geduldete“ meinen, dann schreiben Sie auch „geduldete“ auf und nicht „abgelehnte“.

[Beifall von Roman Simon (CDU) – Werner Graf (GRÜNE): Nur weil Sie sich nicht auskennen!]

Lesen Sie doch bitte Ihren Antrag. Da steht genau das drin.

Ich habe Ihnen gesagt: Es gibt die Initiative des Bundes, und auch unsere Verwaltung hat das unterstützt. Auch Dirk Stettner als Fraktionsvorsitzender hat intensive Gespräche geführt, um die Frage zu beantworten, wie man möglichst viele Menschen, die hier einen Aufenthaltstitel und eine Bleibeperspektive haben, in die Ausbildung bringen kann, um den Fachkräftemangel, gerade was die Busfahrer bei der BVG angeht, zu bewältigen.

Und was haben Sie denn in den letzten Jahren gemacht, wenn es um das Thema Ausbildung ging? – Mir fällt da nichts ein.

[Elke Breitenbach (LINKE): Mir fällt eine ganze Menge ein!]

Wir hingegen – ich sage es noch mal, weil es wichtig ist – haben dezidiert gesagt: 1 Million Euro. – Auf unsere Initiative hin wird mit großer Wahrscheinlichkeit in Kürze ein weiteres Ausbildungszentrum von der BVG gebaut werden. Damit haben wir die Potenziale, die Probleme endlich zu lösen.

[Beifall bei der CDU]

Also bleiben Sie doch mal bitte bei den Tatsachen und, wenn es Ihnen möglich ist, versuchen sich zumindest mal an Gesetze zu halten! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Es folgt dann für die Linksfraktion der Kollege Ronneburg.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn noch mal zwei Dinge zu Herrn Kraft. Zum einen: Bei dem, was Sie jetzt hier anführen bezüglich der rechtlichen Thematik bei der Anordnung von Busspuren, bin ich mit Ihnen so weit einer Meinung: Wenn ein Gericht das urteilt, dann ist das erst mal zu akzeptieren. Etwas anderes ist es, wenn man sich als Vertreter ausgerechnet jener Partei, die dieses Ressort führt, hinstellt und sagt: Applaus! Super, dass wir die Busse hier ausbremsen, super, dass wir hier keine Bus

spuren mehr haben; ein Erfolg für die Bürgerinnen und Bürger! – Das ist Ihre fehlende Glaubwürdigkeit bei der Verkehrswende, Herr Kraft, und auch gerichtet an die CDU-Fraktion. Ich glaube, wir haben an der Stelle nach den letzten Wahlen einfach den Bock zum Gärtner gemacht. Ich finde, Sie haben hier keine Glaubwürdigkeit, wenn es darum geht, wirklich etwas für den Busverkehr, am Ende für die Busfahrerinnen und Busfahrer und für die Fahrgäste zu machen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Das gehört dazu. Und, Herr Kraft, zu Ihrem Ausbildungszentrum gehört natürlich auch die Frage, nicht nur neue Leute zu finden, neue Frauen und Männer, die die Busse lenken, sondern es gehört auch zu Ihrer Aufgabe, die Menschen, die den Bus lenken, auch bei der BVG zu halten. Und auch da ist das Verhalten, das Vertreterinnen und Vertreter Ihrer Partei in den letzten Jahren an den Tag gelegt haben, nicht dazu geeignet zu suggerieren: Wir tun alles für euch, damit ihr weniger Stress habt, damit ihr bessere Arbeitszeiten bekommt, damit ihr einfach eine bessere Balance habt, um bei diesem harten Knochenjob auch durchzukommen und den wirklich bis zum Ende mit Leidenschaft durchzuführen. – Das ist Ihre Aufgabe, und genau deswegen haben wir das auch richtigerweise hier heute mit den Grünen als Thema.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann möchte ich noch einmal etwas dazu sagen, was die Verantwortlichkeiten angeht. Adressiert durch unseren Antrag ist Ihre originäre Verantwortung dafür, dass die Busse schneller an der Oberfläche unterwegs sind. Das ist Ihre grundsätzliche Verantwortung, die Sie an der Stelle gemeinsam mit der BVG teilen. Spätestens seit dem Fahrplanwechsel ist grundsätzlich etwas ins Rutschen geraten. 550 Busfahrerinnen und Busfahrer fehlen. Es gibt hier einen enormen Mangel, und es gibt unzureichende Beschleunigungsmaßnahmen. Der Linientakt ist aktuell um 6 Prozent gekürzt, und bis heute gibt es keinen Zeitplan zur Rückkehr zum eigentlich vereinbarten Fahrplan. Dazu gehört einfach die Rechnung: Schnellere Busse, das bedeutet am Ende einen geringeren Fahrerinnen- und Fahrermangel und weniger Stress.

Ich weiß ja nicht, wann Sie das letzte Mal mit Busfahrerinnen und Busfahrern gesprochen haben; was die Kolleginnen und Kollegen beschreiben. Ich will heute nicht die Zahl in den Mund nehmen, die mir mal einige Kollegen zugeraunt haben, um welchen Prozentsatz die Leistung beim Bus eigentlich reduziert werden müsste, damit mit dem vorhandenen Personal garantiert stabil gefahren werden kann. Wenn das Realität würde, dann müssten am nächsten Tag alle Verantwortlichen ihren Hut nehmen. Die Situation ist nicht lustig, und die Fahrgäste und die Beschäftigten finden die Situation, wie gesagt, dramatisch.

Ich möchte noch mal einen Blick darauf werfen, was eigentlich mit dem letzten Fahrplanwechsel getan worden

(Johannes Kraft)

ist. Ich nennen Ihnen mal ein Beispiel aus meinem Bezirk Marzahn-Hellersdorf: Der X 69 fährt jetzt beispielsweise das Unfallkrankenhaus Berlin und verschiedene Kliniken nicht mehr in dem eigentlichen Takt an. Der Takt wurde gekürzt, obwohl vorher öffentlich versprochen wurde, es gebe keine Einschränkungen bei Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie etwa Krankenhäusern. Das verstehen die Fahrgäste auch überhaupt nicht, und das zeigt auch, dass Sie Ihren Anspruch als Koalition, für die Außenbezirke da zu sein, offenbar selbst überhaupt nicht ernst nehmen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Und die Situation wird jetzt noch verschlimmert, wenn der Senat anfängt, ohne Grund Busspuren abzuordnen. Herr Kraft! Ich bin da nicht Ihrer Meinung, dass es jetzt einfach damit getan ist wie in der Otto-Braun-Straße: Radverkehr statt Busspur, sondern es muss dann eine andere Umverteilung stattfinden. Wir sind der Meinung, wir haben damit schon unsere gesetzlichen Grundlagen geschaffen; das muss dann natürlich auch heißen, zulasten des motorisierten Individualverkehrs. Es tut mir leid, aber Bus hat dann an der Stelle nun mal Vorrang. Wir geben Ihnen den freundlichen Rat, dass Sie wirklich aufhören sollten, Projekte umzusetzen, die, mögen es wenige Hundert Meter sein, aber am Ende vor allem auch den Kolleginnen und Kollegen suggerieren: Eigentlich interessiert uns euer Leid nicht wirklich; eigentlich ist uns das egal. – Ich habe nicht den Eindruck und auch meine Fraktion hat nicht den Eindruck, dass hier der Ernst der Lage vom Senat wirklich erkannt worden ist.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Bettina Jarasch (GRÜNE)]

Das heißt also: Wir erwarten, dass nicht zuletzt als Zeichen des Respekts für die Kolleginnen und Kollegen, die den Bus durch die Stadt lenken, alle Maßnahmen, die sich zum Nachteil des Unternehmens und des Personals auswirken und am Ende natürlich auch der Fahrgäste, unverzüglich eingestellt werden sollten und dass Sie Ihrer Verantwortung für das Unternehmen auch gerecht werden.

Herr Kollege, Sie müssten zum Schluss kommen!

Ich komme dann damit auch zum Schluss, vielen Dank, Herr Präsident! – In diesem Sinne sage ich auch: Viele Grüße an die Kolleginnen und Kollegen von Verdi und Fridays for Future! Viel Kraft für die laufenden Tarifverhandlungen für mehr Entlastung für die Beschäftigten! Wir fahren zusammen! – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Katalin Gennburg (LINKE): Wuuh!]