Protokoll der Sitzung vom 17.10.2024

Sie wollten nur noch Radfahrer und Straßenbahnen und keine Autos mehr in der Stadt haben, und dann stehen Sie doch auch dazu und sagen es deutlich. Die Wählerinnen und Wähler kriegen es sowieso mit. Deshalb ist der Ansatz der Koalition heute richtig, diesen Antrag genau so einzubringen. Und natürlich unterstützen wir die Position von Frau Giffey und von Senatorin Bonde, weil wir davon überzeugt sind, dass das jetzt auf dem richtigen Weg ist. – Und ja, beim Strom muss nachgearbeitet werden. Wir haben das im Nachtragshaushalt übrigens gemacht.

[Antje Kapek (GRÜNE): Ja, erst!]

Ob das im Nachtragshaushalt oder im Haushalt war, ist doch völlig irrelevant.

[Zuruf von Silke Gebel (GRÜNE)]

In der Vergangenheit war es so, liebe Kollegin Kapek: Wenn wir mit euch irgendwelche Absprachen treffen

wollten, dann dauerten die immer mindestens ein Jahr und kamen immer im Nachhinein.

[Zuruf von der CDU: Richtig!]

Da ist diese Koalition sehr schnell, und deshalb bitte ich auch um die Unterstützung der Grünen für unseren Antrag, damit wir am Ende mal sehen, ob Sie tatsächlich die Verkehrswende zur Elektromobilität wollen oder ob Sie weiter auf der Bremse stehen wollen. Wir stehen zu diesem Antrag. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU]

Die Kollegin Kapek erhält die Möglichkeit zu einer Erwiderung.

Herr Stroedter! Selten habe ich mich über eine Kurzintervention so gefreut wie über diese.

[Zuruf von der CDU: Wir auch!]

Sie geben mir die Möglichkeit, es noch einmal zu sagen: Wenn denn alles so toll ist, warum dann dieser Antrag? Es macht keinen Sinn.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Es ist ein einziges Misstrauensvotum gegenüber Ihrer eigenen Senatorin, und das zu Unrecht, denn sie macht es an dieser Stelle richtig. Das sage ich mit vollster Überzeugung aus der Opposition heraus. Wir haben auch in den Koalitionsverhandlungen, die wir noch geführt haben, über dieses Thema diskutiert und gesagt: Der Vorschlag von 100 000 Ladesäulen mit 11 kW, den Jörg Stroedter immer und immer wieder in den Raum stellt, ist veraltet. Wir brauchen ein modernes Konzept. – Herzlichen Glückwunsch, das hat die zuständige Senatorin auf den Weg gebracht, und es ist richtig so.

Deshalb: Warum dieser Antrag? – Den braucht es nicht, und das müsste eigentlich die Regierung sagen. – Für alle Gäste: Das sagt normalerweise nicht die Opposition. – Das macht der Senat schon, deshalb ist dieser Antrag überflüssig. Offensichtlich haben Sie nur noch einmal die Gelegenheit einer Rederunde gebraucht, um Ihre offensichtliche emotionale Belastung aus unserer gemeinsamen Regierungszeit zu verarbeiten. Wir können uns gern mal zu einer Mediations- oder Therapiestunde treffen, wenn es Sie so hart schmerzt. Ansonsten muss ich aber sagen, Herr Stroedter: Mit Verlaub, Sie sind in der Regierung, und irgendwann müssen Sie das Trauma auch mal überwinden und die Verantwortung für diese Stadt übernehmen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie müssen überwinden, dass Sie es nicht mehr sind, Frau Kapek!]

Das habe ich, und ich stehe hier mit vollem Selbstbewusstsein, weil ich es noch einmal sagen kann: Selbst unter Senatorin Regine Günther und Wirtschaftssenatorin Popp, selbst unter Senatorin Jarasch und Wirtschaftssenator Schwarz waren wir im bundesdeutschen Vergleich immer noch vorbildlich. Dass Sie das schlechtreden, gehört sich für eine Opposition, aber nicht für die Regierung. Deshalb sollten Sie, Herr Stroedter, vielleicht noch mal ein bisschen in sich gehen und die Therapie irgendwo privat machen.

[Zuruf von der CDU]

Hier gehört die Politik hin, und da, muss ich sagen, ist Frau Giffey auf dem richtigen Weg. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Kraft das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! – Liebe Frau Kapek! Ich habe jetzt in den letzten Rederunden ganz oft gehört: Wir haben darüber in den letzten Jahren geredet. – Und das haben Sie ja bestimmt auch getan, reden ist ja auch nicht schlecht, aber der Unterschied zwischen Ihrer Regierungsverantwortung und unserer ist, dass wir nicht nur reden, sondern auch machen, und zwar sowohl bei der Baustellenkoordinierung als auch beim Thema Ladeinfrastruktur.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) – Zurufe von den GRÜNEN]

Gestatten Sie da direkt eine Zwischenfrage der Abgeordneten Kapek?

Unbedingt, ja!

Bitte schön!

Wir haben im Dezember 2023 hier einen Doppelhaushalt beschlossen, bei dem Sie schon nach zwei Wochen festgestellt haben, dass dieser so nicht tragfähig ist, weil Sie einen zu großen Schluck aus der Pulle genommen haben.

[Zurufe von der CDU]

Stellen Sie bitte Ihre Frage!

Wir befinden uns bis heute, im Oktober, in der Konsolidierung. Also wo, bitte schön, Herr Kraft, haben Sie hier etwas gemacht?

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU) – Silke Gebel (GRÜNE): Wo haben Sie vor allem was richtig gemacht?]

Ich dachte, wir reden gerade über einen Antrag, in dem es um Elektromobilität und Ladeinfrastruktur geht. Ich glaube, die Haushaltsberatungen werden wir hier an anderer Stelle führen.

[Antje Kapek (GRÜNE): Also sind Sie nicht sprechfähig!]

Glauben Sie eins: Wir führen sehr konstruktive Gespräche, und wir werden in Kürze mit einer Lösung kommen, und diese Lösung wird im Gegensatz zu dem, was Sie in den vergangenen Jahren gemacht haben, tragfähig sein. Das Problem, das wir jetzt haben, die strukturellen Defizite, haben im Wesentlichen, gerade im Verkehrsbereich, damit zu tun, dass da ganz viele grüne Wünsche mit unglaublich hohen Aufwüchsen in einzelnen Titeln verankert wurden, die zu Ausgaben geführt haben, die aber auf der Straße, bei den Menschen nie angekommen sind.

[Beifall bei der CDU]

Jetzt kommen wir mal zum Antrag. Ich glaube, wir sind uns nach dem Geplänkel hier einig, dass die Antriebswende durchaus einen Beitrag dazu leisten kann, die Emissionen von Kraftfahrzeugen zumindest mal lokal zu vermeiden. Ich glaube, wir sind uns auch vergleichsweise einfach einig, dass es dafür, dass es diese Antriebstechnik gibt, sich die Menschen Elektrofahrzeuge, egal ob batterieelektrisch oder Plug-in-Hybride, kaufen, eine vernünftige Ladeinfrastruktur gibt. Dazu gibt es auch viele Studien. Und, der Kollege Stroedter hat es auch schon gesagt, da hat sich die Koalition, und zwar zu Recht, sehr viel vorgenommen.

Jetzt kommt übrigens etwas, das Sie angemahnt haben, hier auf meinem Zettel steht es unter Punkt drei: Die Gesamtstrategie Ladeinfrastruktur wurde vor Kurzem vorgestellt. Das ist ein erster, wirklich guter Schritt. Dafür, Frau Senatorin Giffey, ganz herzlichen Dank von der CDU-Fraktion!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dunja Wolff (SPD)]

Wir haben in dieser Stadt – jetzt muss ich mal ein bisschen Wasser in den Wein gießen, Frau Kapek – 4 700 öffentlich zugängliche Ladepunkte. 4 700! Das sind

(Antje Kapek)

15 Prozent aller Ladepunkte. Nur 15 Prozent sind öffentlich zugänglich, und darauf, dass sie öffentlich zugänglich sind, kommt es in einer Stadt an, denn es gibt doch den einen oder anderen, der nicht die Doppelgarage mit der 22-Kilowatt-Wallbox hat, in der er seine Autos parkt. Und genau diejenigen adressieren wir.

[Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Was man auch zur Kenntnis nehmen muss: Entgegen dem aktuellen Trend in Deutschland werden in Berlin deutlich mehr batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-inHybride zugelassen. Im Moment sind es 74 000. Das sind übrigens nicht mal 5 Prozent der Fahrzeuge. Nicht mal 5 Prozent der Kraftfahrzeuge auf Berliner Straßen sind batterieelektrisch betrieben.

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Verteilung der Ladeinfrastruktur und die Verfügbarkeit sich über die Bezirke sehr stark unterscheidet. Wenn Sie mal in die Gesamtstruktur Ladeinfrastruktur schauen, wenn Sie mal in andere Studien schauen – in unserem Antrag sind auch einige genannt –, dann ist die Prognose, dass sich im Jahr 2030 die Anzahl der batterieelektrisch betriebenen Fahrzeuge auf etwa 400 000 erhöhen wird. Wenn man davon ausgeht, dass diese Prognose stimmt, dann bedeutet das, dass wir 28 000 Ladepunkte in dieser Stadt brauchen – Statistisches Bundesamt, Bundesverkehrsministerium. Man geht davon aus: Öffentlich verfügbar wird ein Ladepunkt von etwa 15 Fahrzeugen genutzt.

Jetzt kommen wir mal zu der Frage – das haben Sie so herausgehoben, Sie haben gesagt, wir müssen unbedingt Schnelllader machen und auf halböffentlichen Plätzen und so weiter –: Liebe Kollegin Kapek! Ich weiß, Sie sind auch elektrisch unterwegs, mit einem Roller, aber diesen Roller laden Sie selten an einem DC-Charger, davon gehe ich mal aus, sondern den laden Sie an einer 230-Volt-Steckdose. Glauben Sie mir – als jemand, der elf Jahre in dieser Stadt batterieelektrisch unterwegs ist und der deshalb ein bisschen Nutzungserfahrung hat, was die Sache betrifft –: Schnelllader sind nicht die Antwort auf die Herausforderungen der Ladeinfrastruktur. Es braucht eine Kombination.

Nicht ohne Grund haben wir deshalb in diesem Antrag sehr dezidiert dargestellt, dass das Projekt Laternenladen von Shell, ubitricity ein ganz wichtiges ist, nicht nur für die Netzstabilität und nicht nur für die Netzkapazität – die haben Sie auch angesprochen –, sondern dass wir selbstverständlich auch weiter AC-Lader mit 3,7 Kilowatt bis 22 Kilowatt brauchen. Ich kann Ihnen eins versichern: Dieser Antrag ist sicherlich ein Herzensanliegen des Kollegen Stroedter, aber wir haben hervorragend zusammengearbeitet, und wir haben diesen Antrag gemeinsam entwickelt.

Jetzt kommen wir mal zu diesem Antrag. Schneller Ausbau der Ladeinfrastruktur – das werden Sie auch im Ber

liner Straßengesetz im Zusammenhang mit dem Schneller-Bauen-Gesetz finden. Wir haben gesagt, wir wollen landeseigene Flächen nutzen, so weit, wie es möglich ist, denn, noch mal: Das Entscheidende ist, dass die Ladeinfrastruktur öffentlich zugänglich ist. Die private Wallbox hinter einem Gartenzaun oder hinter einer Garage nützt demjenigen, der nicht selbst Eigentümer ist, nämlich gar nichts.

Wir haben gesagt – das ist übrigens etwas Neues, und auch das gibt es allerdings schon, zumindest technologisch –, wir wollen dafür sorgen, dass die vorhandene Ladeinfrastruktur, beispielsweise bei Supermärkten oder Discountern, besser ausgenutzt wird. Dafür gibt es technische Lösungen, zum Beispiel Retail4Multi-Use vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, übrigens hier in Berlin entwickelt, mit der Handwerkskammer besprochen, mit der IHK besprochen, aber bislang hat sich darum niemand wirklich gekümmert.

Sie haben die Stromnetz Berlin angesprochen. Frau Kapek! Noch mal aus langjähriger Erfahrung – so ein bisschen kenne ich mich mit Strom und Leitungsquerschnitten auch aus –: Das Problem, was die Ladeinfrastruktur angeht, ist tatsächlich nicht primär, dass wir unbedingt die Netzkapazität verdoppeln wollen. Das Problem aktuell ist, dass die Stromnetz Berlin nicht mit den entsprechenden Übergabepunkten hinterherkommt. Das ist die aktuelle Herausforderung. Deshalb ist auch das Projekt ubitricity, Shell, also Laternenladen, tatsächlich nicht vollständig umgesetzt worden – weil die Stromnetz Berlin dazu nicht in der Lage war. Auch das wird in diesem Antrag adressiert.