Protokoll der Sitzung vom 21.11.2024

[Beifall bei der SPD – Beifall von Lars Bocian (CDU) und Stefan Häntsch (CDU)]

Dann hat für die Linksfraktion der Kollege Ronneburg das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht gleich noch mal in Anknüpfung an Herrn Schopf: Da bin ich sehr gespannt auf die weiteren Debatten, die wir dann im Verkehrsausschuss führen werden, wenn Sie sagen: Sparen ja, aber nicht auf Kosten der Verkehrssicherheit –, denn wir haben ja den Plan von den Koalitionsspitzen bekommen, der explizit vorsieht, dass auch bei der Verkehrssicherheit, beim Fußverkehr,

(Oda Hassepaß)

bei anderen Programmen, auch beim Radverkehr gestrichen wird. Das wären eben konkrete Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit. Also nehmen wir Sie da beim Wort, Herr Schopf, und wir freuen uns auf die weiteren Haushaltsdebatten im Verkehrsausschuss.

Ich komme zum AfD-Antrag, der lediglich fordert, dass der Senat die Einhaltung geltender Verwaltungsvorschriften bei der Instandsetzung von Fahrbahnmarkierungen sicherstellt. Das hat eigentlich schon der Kollege Kraft ausgeführt. Sie beschreiben ein Problem, aber Sie gehen gar nicht wirklich auf die Ursachen ein. Sie gehen auch nicht auf die Fragen ein: Wie lösen wir nun dieses von Ihnen diagnostizierte Problem, und wer ist überhaupt zuständig? – Auch das hat Herr Kraft aufgedröselt.

Ich will mal dabei bemerken: Wir reden hier nicht über irgendetwas, wenn wir auch den Oberbegriff Verkehrssicherheit wählen, sondern wir haben gerade in Berlin eine Haushaltsdebatte, wenn Sie das auch mitbekommen haben sollten. Die Instandsetzung von Fahrbahnmarkierungen, das mag ein Thema sein, aber ich glaube, da spreche ich auch für meine Fraktion, und ich glaube, das wird auch fachlich geteilt: Ein Problem ist dann vor allem, dass wir in Berlin marode Straßen haben, marode Brücken, auf denen die Fahrbahnmarkierungen aufgetragen werden sollen. Ich glaube also, wir als Parlament sollten eher einen Blick auf diesen Investitionsstau im Land Berlin werfen und darauf, was diese Koalition dagegen machen will. Und dann können wir uns vielleicht auch noch mal auf Fahrbahnmarkierungen stürzen. Aber ich glaube, wir sollten uns lieber auf die unterlassenen Investitionen von Schwarz-Rot konzentrieren.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Damit ist eigentlich auch schon alles gesagt zu diesem Antrag – inhaltlich. Wenn wir über Verkehrssicherheit reden, dann sollten wir zuallererst darüber reden, wie dieser Senat die notwendigen Maßnahmen dafür verzögert, stoppt oder sogar aufhebt. Jeder zusätzliche, baulich abgetrennte, sichere Radweg erhöht die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Was macht der Senat? Was macht die Koalition? – Sie haben ja zuallererst einen Radwegestopp verfügt und dann Millionen für eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur gestrichen. Jede Verbreiterung oder Sanierung von Fußwegen, neue Querungsstellen, getrennte Ampelphasen, eine Regulierung von E-Scootern, all das würde die Verkehrssicherheit erhöhen. Was macht der Senat? – Er streicht die Mittel für Maßnahmen zur Fußverkehrssicherheit. Tempo-30-Abschnitte erhöhen die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmerinnen. Was macht der Senat? – Er denkt gar nicht daran, weitere Tempo-30Bereiche anzuordnen. Auch da warten wir auf Godot oder besser gesagt auf eine neue Verwaltungsvorschrift. Das wurde jetzt schon hinlänglich, auch im Ausschuss, thematisiert. Auch da erkennen wir keinerlei Ambitionen, dass der Senat von seinen rechtlichen Mitteln Gebrauch macht, die ihm zur Verfügung stehen. Und jetzt, zuletzt

im Rahmen des Haushaltschaos, streicht er die Mittel für die Verkehrssicherheit zusammen, und das, wo die Anzahl der Verkehrstoten in diesem Jahr – mit Stand von heute 49 Tote – bereits höher liegt als in den letzten Jahren. – Das sind Probleme, die prioritär angegangen werden müssen. Dafür streitet die Linksfraktion. An diesem Problem geht der AfD-Antrag komplett vorbei. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Mobilität und Verkehr. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 36 bis 39 stehen auf der Konsensliste.

Damit rufe ich auf

lfd. Nr. 40:

Leergefallene Shoppingcenter zu Sorgezentren umnutzen!

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 19/1993

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und das mit der Kollegin Gennburg. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Lassen Sie uns leere Shoppingcenter sinnvoll nutzen! Lassen Sie uns Sorgearbeit und Pflegearbeit im Alltag vergesellschaften!

[Beifall bei der LINKEN]

Ja, Solidarität statt „shop till you drop“! Wer kennt nicht diesen Schlachtruf „Shoppen bis zum Umfallen“? Berlin ist voll mit Shoppingcentern. Zeit für einen Wechsel! Wir als Linke kämpfen für die Stadt der Solidarität und der Menschen.

[Zuruf von der AfD]

Stellen wir das gute Leben und die sozialen Beziehungen wieder in den Mittelpunkt unserer Stadt! Bauen wir Sorgezentren als Ankerpunkte in unsere Kieze, denn hier könnten pflegende Angehörige Unterstützung im Alltag, Entlastung bei Rechtsfragen, psychologische Hilfe oder ganz simpel ein paar Massagen bekommen. Ja, träume ich denn? Ich war kürzlich in Santiago de Chile

[Zuruf von der AfD: Mit dem Zug?]

und durfte dort das kommunale Sorgezentrum der Stadt besichtigen. Dort gibt es also, man glaubt es kaum, in Chile in der Hauptstadt ein Sorgezentrum in kommunaler

(Kristian Ronneburg)

Hand mit neun Mitarbeitenden, die 1 200 Klientinnen und Klienten im Jahr betreuen. Dort gibt es sogar ein FabLab, wo in 3-D-Druck Utensilien hergestellt werden, die insbesondere Menschen mit Behinderung im Alltag gut gebrauchen können, um sich zu bewegen, zu betätigen, Türklinken aufzumachen und dergleichen. Das Highlight: Es gibt dort Pflegebrigaden. Klingt jetzt nach Kommunismus,

[Ronald Gläser (AfD): Damit kennen Sie sich ja aus!]

ist aber noch nicht der Fall, sondern diese Pflegebrigaden, wir kennen sie auch aus anderen Ländern, gehen zu den immobilen Menschen nach Hause, helfen ihnen und sind bei der Kommune beschäftigt. In Santiago sind es 14 Angestellte in der Pflegebrigade. Diese helfen konkret im Alltag. Das kennen wir auch aus Graz. Selbst Brandenburg hat jetzt Leute, die zu den Menschen nach Hause gehen, um die Vereinsamung zu stoppen und die Hilfe im Alltag auszubauen. Das wollen wir auch. Lassen Sie uns das machen!

[Beifall bei der LINKEN]

In Berlin-Treptow zum Beispiel kämpft eine Initiative für ein Sorgecenter in meinem Wahlkreis. Im Park Center Treptow herrscht Leerstand ähnlich wie in zig anderen Centern berlinweit, also auch in Marzahn-Hellersdorf. Die Initiative „Sorge ins ParkCenter“ sagt ganz klar: In Zeiten der Infrastrukturkrise holen wir uns die Stadt zurück. Die leeren Shoppingcenter holen wir uns zurück. Wir programmieren die Stadt neu.

[Beifall bei der LINKEN]

Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber Berlin hat ja die höchste Shoppingcenterdichte deutschlandweit. Das ist jetzt eine interessante Information, nicht nur für Stadtbauhistorikerinnen und -historiker wie mich, sondern für alle Menschen in dieser Stadt, denn nach 1990 wurde ja hier nach dem Aldi-Prinzip jede Fläche rausgehauen, die nicht bei drei auf dem Baum war. So wurden insbesondere Infrastrukturflächen der Bahn verscherbelt an große Shoppingcenterbetreiber. Deswegen sieht auch übrigens das Marktplatz Center in Marzahn-Hellersdorf genauso wie das Park Center in Treptow-Köpenick aus. Man kann sich das ganz genau angucken. Die haben sich auch keine Mühe gegeben, sieht alles gleich hässlich aus.

Also diese Shoppingcenter haben hier wirklich Hochkonjunktur in Ostberlin, und wir sehen, wie sie reihenweise leer fallen. Diesen Ausverkauf der Stadt nehmen wir wahr. Jetzt kommen natürlich die Investoren und sagen: Oh, wir haben ganz tolle neue Ideen, wir können jetzt noch mehr Büroflächen da raufsetzen. – Zur Erinnerung: Berlin hat bereits einen Büroflächenleerstand von 1,5 Millionen Quadratmetern in ganz Berlin.

Die Initiative „Sorge ins ParkCenter“ sagt mit ganz vielen anderen Aktiven bundesweit, es gibt viele Städte, die sich dieser Initiative angeschlossen haben, zu all diesen Leer

ständen: Hier könnte ein Sorgezentrum sein. – Deswegen fordern wir als Linke jetzt ein Modellprojekt zum Shoppingcenterumbau für Berlin. Kleine Überraschung: Hatten wir damals schon im Koalitionsvertrag verankert, liebe SPD, geben Sie sich einen Ruck, hatten wir sogar schon haushälterisch untersetzt! Also der Weg ist nicht weit.

Herr Biel und Frau Giffey sind jetzt leider nicht da, aber sie hatten bei dem großen Centergipfel schon gesagt, sie wollen das total geil in die Hand nehmen. Ich sage mal, machen Sie endlich, aber machen Sie vor allem nicht den Weg für Investoren frei, die die nächsten Verwertungsprojekte planen, sondern lassen Sie uns die Sorgearbeit und Pflege in den Mittelpunkt stellen, lassen Sie uns eine soziale Stadt neu programmieren, lassen Sie uns diesen Leerstand nutzen und den Leuten in den Kiezen was zurückgeben, das gute Leben im Alltag, für eine feministische Stadtpolitik! – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Gräff das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man merkt, es ist Bundestagswahlkampf, und Frau Gennburg hat MarzahnHellersdorf entdeckt. Sie hat es in der Rede auch einmal erwähnt. Ich wünsche der künftigen Drei-Prozent-Partei ganz viel Erfolg, ich bin mir nur nicht sicher, ob sie erfolgreich sein wird,

[Beifall bei der CDU]

mit derjenigen ganz vorn in den Wahlkampf zu ziehen, die Die Linke in Berlin zertrümmert hat, aber jeder macht das, was er kann.

[Zurufe von Elif Eralp (LINKE) und Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Zum Thema zurück und nicht zum Grab von Margot Honecker in Santiago de Chile,

[Heiterkeit bei der AfD]

sondern zum Antrag: Ich glaube, wir haben viele Herausforderungen, in der Tat auch die Herausforderung, Einkaufszentren in Berlin im Blick zu haben, die in der Tat wie die Helle Mitte in meinem Bezirk in einem sehr schwierigen Zustand sind, weil wir, und das gehört zur Wahrheit dazu, zu viel Einzelhandelsfläche für die Kaufkraft, die in Berlin vorhanden ist, haben. Insofern ist es eine große Herausforderung, nicht erst seit Corona, aber ich glaube, mit der Corona- und der Energiekrise eine noch größere Herausforderung.

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

(Katalin Gennburg)

Ich glaube, dabei hätten wir jedenfalls als CDU zwei Prioritäten, nämlich das eine ist zu prüfen, wie wir es beispielsweise Kulturprojekten, sozialen Trägern, eine Frage, die wir auch im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen diskutiert haben, zur Verfügung stellen können, weil wir immer wieder feststellen, auch übrigens bei unseren öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, dass wir, und das ist ja ein Thema, das durchaus sehr viele Parteien in diesem Haus interessiert, preiswerte Flächen für beispielsweise Kitas und soziale Träger nicht zur Verfügung haben.

Das Zweite ist, dass wir schauen, wo wir Einkaufszentren umbauen können und auch zum Wohnen nutzen können. Auch das ist mit Sicherheit eine größere Herausforderung, oft technisch, aber eine, die machbar ist.

Ja, ich bin auch dafür, dass wir schauen: Wo können wir das im weitesten Sinne in sozialer Verantwortung zur Verfügung stellen? Da spielen sehr viele Fragen eine Rolle, wenn wir allein über die Frage der Ärzteverteilung und Ärzteausstattung in bestimmten Stadtteilen sprechen, dann gehört auch zur Wahrheit dazu, dass es nicht mal mehr gelingt, Ärzte, Nachwuchs und viele andere Dinge dort zu bekommen. Ich glaube ehrlicherweise, dass das Thema zu ernst ist, um mit den Ideen einer feministischen Stadtpolitik von Frau Gennburg verbunden zu werden. Insofern lassen Sie uns ernsthafte Themen, die möglicherweise in der Überschrift des Antrags stecken, sehr gern im Ausschuss diskutieren! Das können wir gerne tun, aber ich glaube, der Aufschlag hat eigentlich auch schon alles gesagt, wohin Die Linke leider will. – Vielen herzlichen Dank!