Protokoll der Sitzung vom 21.11.2024

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 19/1897

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Wiedenhaupt. – Bitte schön!

(Martin Trefzer)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berliner! Die dunkle Jahreszeit hat begonnen. Das sehen wir jetzt gerade in den letzten Tagen. Regen, Nebel, Dunkelheit prägen den Berliner Berufsverkehr, der sich frühmorgens und in Abendstunden verdichtet und alle Verkehrsteilnehmer vor ganz besondere Herausforderungen stellt. Eine typische Autofahrt durch den Berliner Feierabendverkehr kann sich, glaube ich, jeder von uns gut vorstellen: Blanke Fahrbahnen glitzern wie Eis, die Scheinwerfer flackern im Rückspiegel und die Straßenmarkierungen sind, wenn überhaupt, nur schemenhaft zu erkennen.

[Stephan Schmidt (CDU): Sie brauchen eine neue Brille!]

Eine Situation, die wir alle vermutlich auch schon erlebt haben und uns frustriert hat.

[Zurufe von der LINKEN]

Genau, der Weihnachtsmann hätte da auch Probleme. – Es haben aber vor allem nicht nur Autofahrer Probleme, und das ist eine Frage, die zu lebensgefährlichen Verletzungen führen kann, sondern auch Radfahrer und Fußgänger gleichermaßen.

[Zuruf von den GRÜNEN: Besonders verkehrstüchtig sind Sie nicht mehr!]

Dabei haben wir eigentlich eine klare gesetzliche Regelung, weil die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung klar regelt, dass nicht nur Straßenschilder, sondern auch Fahrbahnmarkierungen jederzeit gut sichtbar sein müssen. Und „jederzeit“ heißt bei Tageslicht, bei Dunkelheit und bei widrigen Witterungsverhältnissen wie Regen. Gute Fahrbahnmarkierungen sind Verkehrszeichen mit essenzieller Bedeutung für die Verkehrsregelung und die Verkehrsführung. Sie dienen der Orientierung und der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, vor allem in komplexen und gefährlichen Verkehrssituationen.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Realität werfen: Verblasste und abgenutzte Fahrbahnmarkierungen sind bei Nässe nahezu unsichtbar und erhöhen das Risiko für allerlei Fehlentscheidungen im Straßenverkehr, insbesondere an stark befahrenen Baustellen, Kreuzungen und engen Straßenabschnitten, wo die Orientierung an sich schon schwierig ist. Klare, gut sichtbare Verkehrsführung kann Leben retten. Wir haben gerade gestern über Verkehrssicherheit im Verkehrsausschuss gesprochen. Das ist ein Thema, wo wir vieles verbessern können, gerade in der dunklen Jahreszeit, und das nicht nur – ich sage das noch mal ausdrücklich auch in Hinblick auf die Grünenfraktion – für Autofahrer, sondern auch für Radfahrer und Fußgänger.

Schauen wir uns mal die Fahrbahnmarkierungen im Großen Stern an, wer da öfter mal vorbeifährt, egal ob als

Fahrradfahrer oder als Fußgänger oder als Autofahrer: Zumindest bei feuchter Oberfläche sind die Fahrbahnmarkierungen gar nicht mehr erkennbar. Sie wissen gar nicht, sind es neue, oder sind es alte, die schlecht weggefräst worden sind, weil sie alle auftauchen, und dementsprechend fahren die Autofahrer kreuz und quer darüber. Der eine oder andere, der im Norden ist, fährt vielleicht mal öfter über die Beusselstraße. Da wird gerade ein Fahrradstreifen gebaut, und diese gelben Ersatzmarkierungen, die den Verkehr leiten sollen, gehen teilweise schräg über die Fahrbahn rüber – eigentlich müsste man auf dem Bürgersteig fahren, wenn man der Fahrbahnmarkierung folgen würde –, oder aber gehen so wellenförmig lang, dass man im Gegenverkehr landen müsste. Der Leitfaden Fahrbahnmarkierung, der betont, dass Fahrbahnmarkierungen nur dann ihre sicherheitsrelevanten Aufgaben erfüllen können, wenn sie regelmäßig überprüft und instand gesetzt werden, wird hier in Berlin sträflich vernachlässigt, und das gefährdet die Verkehrssicherheit.

Natürlich macht sich gerade in einer solchen Situation auch das Alter von Verkehrsteilnehmern bemerkbar. Machen wir uns nichts vor. Es ist ein wichtiger Punkt, den wir ansprechen müssen, denn viele ältere Menschen sind im Straßenverkehr unterwegs. Sie bilden eine stetig wachsende Gruppe. Wenn Sie in den Seniorenvereinigungen sind und mit den Menschen sprechen, dann sprechen die genau dieses Thema an: Ich kann im Winter manchmal gar nicht erkennen, wo ich überhaupt lang soll. – Ich finde, alle diese Menschen haben es verdient, dass wir diese gesetzlichen Regelungen, die bestehen, auch umsetzen, dass wir sie überprüfen.

[Beifall bei der AfD]

Daher fordert unsere Fraktion den Senat auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Hier zu sparen, wäre fatal. Verkehrssicherheit ist keine Option, sondern aus meiner Sicht eine Verpflichtung. Wir müssen sicherstellen, dass Fahrbahnmarkierungen regelmäßig überprüft, instand gesetzt und bei Bedarf erneuert werden. Der Leitfaden Fahrbahnmarkierungen des Deutschen Verkehrssicherheitsrates muss eingehalten werden, weil er klar aufzeigt, wo Sicherheit hergestellt werden kann.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns ein deutliches Zeichen, eine deutliche Markierung für Verkehrssicherheit schaffen und hier Abhilfe und bessere Bedingungen schaffen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Kraft das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Wiedenhaupt, in der Problem

beschreibung sind Sie stark, aber in der Lösungsfindung liegen Sie komplett daneben. Ich sage es Ihnen auch gleich, warum das so ist. Was wollen Sie mit Ihrem Antrag? Was steht da drin? – Der Senat soll dafür sorgen, dass die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung sichergestellt und umgesetzt wird, mit dem Ziel, dass Fahrbahnmarkierungen besser sichtbar sind. Ich habe es gerade gesagt, in Ihrem Antrag steht drin, dass der Senat dafür sorgen soll, dass diese Verwaltungsvorschrift der Straßenverkehrsordnung umgesetzt wird.

Jetzt haben Sie ja offensichtlich die Verwaltungsverordnung zur Straßenverkehrsordnung gelesen, was Sie aber vermutlich nicht gelesen haben, sind der § 45 Absatz 5 StVO, der § 7 BerlStrG und der § 4 Absatz 1 AZG. Denn da ist ganz klar geregelt, wer im Land Berlin für das, was Sie aufschreiben, zuständig ist: Nicht die Senatsverwaltung, sondern die Straßenbaulastträger, und die Straßenbaulastträger sind im Land Berlin nun mal die Bezirke.

[Ronald Gläser (AfD): Da hat der Senat die Rechtsaufsicht!]

Sie können gerne Fragen stellen, aber Sie brauchen nicht dazwischenzubrüllen. – Entgegen dem, was Sie aufschreiben oder was Sie vermuten, hat der Senat auch keinerlei Durchgriffsrecht bei diesen Dingen gegenüber den bezirklichen Straßen- und Grünflächenämtern. Null, gar keine Chance! Ihr Antrag adressiert ein Problem, aber die Lösung geht völlig fehl, weil Sie die falsche Behörde adressieren. Senatorin Bonde und Ihre Verwaltung kann in diesem Zusammenhang nichts tun.

Sie haben Baustellen angesprochen. Da gibt es noch mal eine spezielle Situation: Für die verkehrssichere Herstellung, Unterhaltung und Wartung der Verkehrszeichen – egal ob Fahrbahnmarkierungen oder Verkehrszeichen, Warnbarken, wie auch immer – ist nicht der Straßenbaulastträger zuständig, nicht die Bezirke, auch nicht die Senatsverwaltung, sondern zuständig ist derjenige, der die Baumaßnahme dort durchführt, beziehungsweise der es an die entsprechenden Unternehmen delegiert hat. Also: Problembeschreibung, würde ich sagen, gut, Lösungskompetenz eher mangelhaft.

Jetzt sage ich Ihnen aber mal, wie man das machen kann und was die Koalition tut: Wir haben gerade herausgearbeitet, dass die bezirklichen Straßen- und Grünflächenämter zuständig sind. Ich will noch mal sagen: Verkehrssicherheit – auch das haben wir gestern im Ausschuss diskutiert – ist uns als CDU-Fraktion und der Koalition extrem wichtig. Wir haben gestern ausführlich dargestellt, was wir im Haushalt getan haben. Jetzt klebe ich noch ein paar Sachen mehr an: Finanzsenator Evers – jetzt ist er gerade nicht da – hat vorhin deutlich herausgestellt, dass wir eben nicht an die bezirklichen Haushalte herangegangen sind. Denn da ist das Geld, da sitzt das Personal, das sich im Wesentlichen um das Thema Verkehrssicherheit, zumindest in dem Zusammenhang, den Sie hier ansprechen, kümmert. Wir haben eine grundle

gende Verwaltungsreform in diesem Haus in Arbeit. Das wird auch dazu führen, dass die Bezirke und ihre Mitarbeiter entlastet werden. Und wir werden durch die Digitalisierung, durch die Koordinierung von Baumaßnahmen und durch die Vereinfachung von Abläufen dafür sorgen, dass sich die Bezirke um ihre wichtigen Aufgaben gerade im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit kümmern können.

Sie sehen, die Koalition tut, was Verkehrssicherheit angeht, sehr viel. Sie versuchen es, aber Ihr Versuch ist untauglich. Deshalb kann ich Ihnen nur ans Herz legen: Vielleicht schauen Sie noch mal in die Gesetze, die ich genannt habe. Ich sage es Ihnen nachher auch gern noch einmal bilateral. Vielleicht kommen Sie mit einem überarbeiteten Antrag, der tatsächlich auch der gesetzlichen Grundlage entspricht. Dann können wir im Mobilitätsausschuss noch mal reden, aber auf Basis dessen, was Sie hier aufgeschrieben haben, sehe ich keine Möglichkeit, diesem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Hassepaß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Das Klima auf den Straßen ist rauer geworden, und nein, das liegt nicht am herbstlichen Wetter. Das raue Straßenklima liegt an der mangelnden Verkehrssicherheit. Der Tagesspiegel berichtete: Seit Jahresbeginn sind weit mehr Menschen verunglückt als im gesamten Vorjahr, über 15 000 Verletzte, allein 760 Kinder. Man stelle sich vor, das sind mehr als 28 ganze Schulklassen voller verletzter Kinder. Das ist nicht hinnehmbar. Verkehrssicherheit ist eine Frage der Verantwortung.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Anne Helm (LINKE) und Niklas Schrader (LINKE)]

Ich wiederhole es in jedem Plenum, in jedem Ausschuss, in jedem Interview: Die Verkehrssicherheit kommt derzeit in Berlin viel zu kurz. – Oder wie Herr Dr. Hiby vom Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein gestern im Mobilitätsausschuss sagte: Verkehrssicherheit und sparen, das passt einfach nicht zusammen. – Auch die günstigen Maßnahmen, die es ja gibt, um die Menschen zu schützen, werden vom CDU-Senat nicht genutzt.

[Heiko Melzer (CDU): Jetzt ist es nur noch ein CDU-Senat!]

Effektive Maßnahmen wie Tempo 30 vor Schulen, Kitas und Senioreneinrichtungen werden nicht genutzt, Radwege werden gestoppt, Verkehrsberuhigungen werden

(Johannes Kraft)

blockiert, die Zebrastreifenoffensive kommt nicht in Gang, Kontrollen und Blitzer durch die Fahrradstaffel werden heruntergefahren und nicht ausgeweitet – es ist nicht zu verstehen –, und das, obwohl wir doch alle wissen, wie gefährlich der Autoverkehr in Berlin ist,

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

besonders für die Schwächsten, also für Kinder, Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Behinderung, und das, obwohl wir den drastischen Anstieg der Zahlen von Verletzten und Verkehrstoten doch kennen.

Da wir heute über Fahrbahnmarkierungen reden, möchte ich noch einmal den Fokus auf Tramhaltestellen legen. Hier lauert für die Menschen, die mit der Tram unterwegs sind, eine große Gefahr, ausgehend von den Autos.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Eine Tram hält, die Türen öffnen sich, die Menschen steigen aus, und im gleichen Moment brettern die Autos und Lkw ungebremst noch schnell an den offenen Tramtüren vorbei. Das passiert jeden Tag, zum Beispiel in der Grabbeallee oder in der Schönhauser Allee. Mir stockt jedes Mal der Atem. – Das ist eine bekannte Gefahr, die man durch eindeutige Markierungen auf den Straßen schon mal eindämmen könnte. Markierungen sind übrigens relativ günstig und schnell umsetzbar. Andere Städte machen es vor. Was wir brauchen, ist mehr Verkehrssicherheit, Vision Zero; Null ist die einzige Zahl, die wir akzeptieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

So, dann hat für die SPD-Fraktion der Kollege Schopf das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt schon einiges zum Antrag gehört, und dabei haben wir festgestellt: Ihr Antrag, liebe Kollegen der AfD, beleuchtet genau zwei Punkte; das sind die Fahrbahnmarkierungen, das sind Verkehrszeichen. Oben drüber schreiben Sie „Verkehrssicherheit“, und damit machen Sie es sich ziemlich einfach. Das ist bedauerlich, denn Verkehrssicherheit ist ein Thema, das nicht nur wichtig ist, sondern auch alle am Verkehr Beteiligten einbinden sollte, nicht nur den motorisierten Individualverkehr.

Ja, es gibt Herausforderungen, die wir bei der Steigerung der Verkehrssicherheit überwinden müssen. Aber das müssen wir ganzheitlich betrachten. Zum Gesamtbild gehören auch die rechtssichere Anordnung von Geh-, Rad- und Fußgängerüberwegen, von Bussonderfahrstrei

fen und vor allem Tempo 30. Außerdem zählen angemessene Grünphasen für Zufußgehende sowie ausreichende Mittel für unsere Verkehrsschulen dazu. All diese Maßnahmen zusammen erhöhen in Summe die Verkehrssicherheit.

Klar ist auch: Seit Dienstag ist es scheinbar um einiges schwieriger geworden, solche Maßnahmen umzusetzen, und das ist bitter, auch weil sich dieser Senat im Bundesrat explizit für eine Reform des Straßenverkehrsrechts ausgesprochen hat. Die Kommunen erhalten mehr Handlungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume. Fußgängerüberwege, Bussonderfahrstreifen können leichter angeordnet werden. Tempo 30 kann nun auch an Spielplätzen, Schulwegen, an Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und an Zebrastreifen angeordnet werden. Der finanzielle Rahmen, der uns nun hierfür gegeben wird, fällt derzeit kleiner aus, als wir uns das gewünscht hätten. Aber ich sage Ihnen auch: Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sparen ja, aber nicht auf Kosten der Verkehrssicherheit.

[Beifall von Kristian Ronneburg (LINKE)]

Natürlich sind erkennbare Markierungen und Verkehrszeichen wichtig, das steht außer Frage, aber um das zu gewährleisten, haben wir in den Bezirken die Straßenaufsicht. Die Straßenaufsicht ist zuständig für die Überwachung des baulichen Zustands, die Schadensbeseitigung, die Absicherung von Bau- und Gefahrenstellen sowie die Anordnung von Verkehrszeichen. Sie führt Streckenfahrten durch und überprüft genau das, was Sie in Ihrem Antrag fordern. Das ist das Selbstverständnis der Straßenaufsicht. Gleichwohl festgestellte Defizite sollen und müssen dann natürlich auch zügig behoben werden; das ist überhaupt gar keine Frage. Lassen Sie uns deshalb diesen Antrag, Ihren Antrag im Ausschuss besprechen. Hierbei können wir dann auch gern die Straßenaufsichten aus den Bezirken hinzuziehen und mit ihnen ins Gespräch kommen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Lars Bocian (CDU) und Stefan Häntsch (CDU)]