Protokoll der Sitzung vom 21.11.2024

Sie sprechen davon, dass Sie sich vom Kommerz abwenden wollen. Vom Kommerz abwenden kann sich nur, wer Geld hat, denn ohne Kommerz kein Geld, und ohne Geld keine sozialen Wohltätigkeiten. Haben Sie Geld? – Wenn nein, ist Ihr Antrag hier schon ein Sorgencenter. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sowie an den

(Mathias Schulz)

Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 41:

Der Digitale Euro ist eine Gefahr für Datenschutz und Freiheit – Entscheidung gehört auf nationale Ebene!

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 19/1997

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und das mit dem Abgeordneten Dr. Bronson.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der digitale Euro ist eine Gefahr für unsere Freiheit und für den Schutz unserer Daten. Obwohl der digitale Euro unser Geldwesen fundamental verändern wird, soll er an den nationalen Parlamenten vorbei beschlossen werden. Der Bundestag wird hier gar nicht gefragt. Die AfD verlangt im vorliegenden Entschließungsantrag, dass angesichts der außerordentlichen Tragweite eines E-Euro der Bundestag über diese Einführung bestimmen soll.

[Beifall bei der AfD]

Es geht hier eben nicht darum, ob das Bargeld oder die Kreditkarte zum Einkauf benutzt wird. Vielmehr geht es darum, dass ein elektronisches Zahlungsmittel in die Hand staatlicher Zentralbanken gelegt werden soll. Mit einer digitalen Zentralbankwährung aber bekäme der Staat einen umfassenden Zugriff auf die persönlichen Zahlungsdaten. Es entstünden umfassende Transaktionsprofile der Inhaber. Muss aber der gläserne Bürger am Ende dieser Durchleuchtung stehen? Wir sagen nein, das muss nicht sein.

Noch verstärkt wird dieses Risiko der kompletten Durchschaubarkeit durch die etwaige Zusammenführung der digitalen Konten mit der angestrebten europäischen digitalen Brieftasche. Sie soll alle Ausweis- und Gesundheitsdaten enthalten, womöglich neben Ihrem Punktekonto in Flensburg demnächst auch Ihre Bankverbindungen in alle Richtungen. Die große Koalition unter Angela Merkel ließ im Juli 2018 erklären, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

„Es gilt Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wonach es der Europäischen Union ebenso wie den Mitgliedstaaten verboten ist, für Verbindlichkeiten eines anderen EU-Mitgliedstaats zu haften.“

Zitat Ende.

Sechs Jahre später gibt es für Deutschland Haftungsanteile für Rettungspakete, für Staatsanleihen und für einen

ESM-Vertrag von über 300 Milliarden Euro. Zu dieser Haftungssumme kommt auch noch das Risiko eines TARGET2-Ausfalls von satten 1,06 Billionen Euro hinzu. Trotz aller anders lautenden Versicherungen sind wir komplett über den Tisch gezogen worden. Hier ist es nicht anders. Im Kontext ihrer Aktivitäten zur strategischen Autonomie im geopolitischen Konkurrenzkampf hat die EU seit spätestens 2020 an einem digitalen Zentralbankgeld gearbeitet. Der Orientierungspunkt war ausgerechnet China, das seit 2014 eine digitale Zentralbankwährung entwickelt und diese als erste große Wirtschaftsnation eingeführt hat.

Der E-Yuan gibt nicht einmal vor, die Privatsphäre seiner Verwender zu wahren. Ganz im Gegenteil! In enger Verbindung mit dem Sozialpunktesystem wird er zur Disziplinierung der Bevölkerung eingesetzt. Der E-Yuan ist ein monetäres Instrument zur Überwachung in einem totalitären System.

Digitalisiertes Geld birgt auch die Möglichkeit zu seiner Programmierung. Die EZB könnte zum Beispiel die Verwendungszwecke des Digitalgeldes auf politische Anweisung hin einschränken. Bei bestimmten Verhaltensweisen könnte das Konto auch automatisch gesperrt werden.

Lassen Sie sich nicht täuschen! Mit Unterstützung von Bundesregierung, IWF und EZB wird die Abschaffung des Bargeldes bereits vorbereitet. Damit wird die Rolle des Geldes als gebührenfreiem Wertespeicher eingeschränkt. Im Krisenfall wird auch die Enteignung von Kontoinhabern möglich. Nur das Bargeld ist ein natürliches Bollwerk gegen enteignende Negativzinsen.

Neben dem Vorschlag zum digitalen Euro hat die EUKommission bereits einen Verordnungsvorschlag zum Status des Bargeldes vorgelegt. Dem Entwurf zufolge kann die bestehende Annahmepflicht durch entsprechende einseitige Erklärung von Geschäftsbedingungen aufgehoben werden. Damit wäre die totale Kontrolle über alle Geldströme, über alle Wirtschaftsaktivitäten, über alle Finanztransaktionen und sogar über die Aufenthaltsorte aller Bürger möglich.

Hinzu kommt eine permanente Abhängigkeit von digitaler Technologie, ohne die der E-Euro gar nicht operabel wäre. Was geschieht bei einem totalen Stromausfall, entweder durch technisches Versagen bei Dunkelflaute oder aber durch einen gezielten Hackerangriff? Davor schützt das Bargeld, das abgehoben und dem Bankensystem entnommen werden kann. Bei einem E-Euro geht das nicht. Es sind nur digitale Rechnungseinheiten, die nicht ausgezahlt werden können.

Ich rufe Sie auf, mit uns für den Schutz unserer demokratischen Selbstbestimmung und für den Schutz der Freiheit

(Vizepräsident Dennis Buchner)

zu stimmen. Erlauben Sie dem Bundestag, über die Einführung des E-Euro abzustimmen.

[Beifall bei der AfD]

Mit uns gibt es ein klares Nein zum digitalen Euro. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE): Ja zur D-Mark! – Zuruf von der AfD: Gute Idee!]

Dann folgt für die CDU-Fraktion der Kollege Häntsch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe AfD-Fraktion! Wenn man Ihnen zuhört, hat man manchmal das Gefühl, Sie haben irgendwie eine echt schwere Kindheit durchleben müssen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vor allem haben Sie Angst und irgendwie Sorgen. Der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion zeigt nämlich eine sehr stark verzerrte Sichtweise auf den digitalen Euro, die nicht die Chancen und auch das Potenzial dieses Projektes tatsächlich würdigt.

Lassen Sie uns daher einmal gemeinsam die Fakten und die realen Vorteile des digitalen Euro betrachten. Was den Datenschutz und die technologische Sicherheit angeht, haben die Europäische Zentralbank und die EU bereits höchste Datenschutzstandards für den digitalen Euro zugesichert. Die AfD befürchtet nun Überwachungen und Eingriffe in die Privatsphäre. Doch dies ist eine völlig unbegründete Annahme. Der digitale Euro soll gerade so gestaltet werden, dass die sensiblen Daten geschützt bleiben. Dahinter steht eine umfassende Datenschutzstrategie, die seitens der EU-Behörden auch gewährleistet wird. Hier nun von einem Überwachungsstaat zu sprechen, wie es die AfD in ihrem Antrag tut, ist vollkommen überzogen.

Der digitale Euro ist – und jetzt hören Sie gut zu – gerade kein Ersatz für Bargeld, sondern eine Erweiterung des Zahlungssystems. Bargeld ist und bleibt ein gesetzliches Zahlungsmittel und damit ein Symbol für Privatsphäre und auch für Freiheit.

Die EZB hat klargestellt, dass der digitale Euro das Bargeld ergänzen und nicht verdrängen wird. Diese Rhetorik der Überwachung, wie sie die AfD benutzt, schürt lediglich Ängste, ohne der Realität gerecht zu werden oder ihr wahrscheinlich auch nur gerecht werden zu wollen. Das passt einfach nicht in ihr Konzept.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE)]

Ein weiterer zentraler Punkt ist die strategische Autonomie der Unabhängigkeit Europas. Der digitale Euro stellt eine europäische Alternative zu den dominierenden ausländischen digitalen Zahlungssystemen dar, die oft von großen Technologiekonzern kontrolliert werden. Mit dem digitalen Euro kann Europa eine eigene unabhängige Infrastruktur schaffen und so die Abhängigkeit von internationalen Zahlungsanbietern verringern. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einer stärkeren digitalen Souveränität Europas und stärkt damit auch unsere Position in der globalen Finanzwelt. Darüber hinaus fördert der digitale Euro die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in Europa. Er bietet europäischen Banken und FinanztechUnternehmen die Möglichkeit, moderne, effiziente Zahlungslösungen weiterzuentwickeln.

Anstatt uns daher von außen dominieren zu lassen, können wir durch den digitalen Euro eine starke, zukunftsorientierte europäische Zahlungsinfrastruktur aufbauen und so Europas Finanzsektor wettbewerbsfähiger und auch resilienter gestalten. Gerade die Wahlen in den USA zeigen uns, wie wichtig es ist, dass die Europäische Union und die europäischen Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Union endlich lernen, sich stärker zu emanzipieren und gemeinsame Wege zu beschreiten.

Auch die Behauptung, dass nationale Parlamente ausgehebelt würden, ist vollkommen haltlos. Die Einführung des digitalen Euro ist ein demokratisch abgestimmtes Projekt. Nationale Parlamente haben über die üblichen Mechanismen auch weiterhin Einfluss auf die europäische Ebene, und die demokratischen Mitspracherechte bleiben selbstverständlich gesichert und erhalten.

Lassen Sie sich da von der AfD kein X für ein U vormachen! Die Einführung des digitalen Euro ist eine wichtige Chance für Europa und gerade keine Bedrohung.

Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Es ist nicht so, dass wir uns von Angst oder Misstrauen leiten lassen sollten, sondern von der gemeinsamen Frage, wie wir ein sicheres, datenschutzfreundliches und fortschrittliches Zahlungssystem gestalten können. Ein Projekt dieser Tragweite verdient sachliche, konstruktive Diskussionen und keine haltlosen Spekulationen. Aus diesem Grunde wird meine Fraktion den Antrag der AfD ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Werner Graf (GRÜNE) und Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat dann die Kollegin Schneider das Wort.

(Dr. Hugh Bronson)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nicht der digitale Euro ist die Gefahr für Datenschutz und Freiheit, die AfD ist es.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE) – Lachen von Jeannette Auricht (AfD)]

Was passiert, wenn man die EU hasst, von Geldpolitik wenig versteht und bei dem Wort „Digitalisierung“ an CD-ROM und Nokia 3210 denkt? – Genau, Sie sehen es ja, dabei kommen solche Anträge raus. Statt Populismus hier aber ein paar Fakten, denn eigentlich hat der digitale Euro diese Schmach nicht verdient. Erstens: Das Bargeld wird nicht abgeschafft. Die EU plant, eine zusätzliche Bezahlmöglichkeit einzuführen, digitales Bargeld eben, und das europaweit.

Zweitens: Niemand wird gezwungen, den digitalen Euro zu nutzen. Sie können also auch in Zukunft Ihre rechten Blättchen mit Bargeld zahlen, so wie Sie auch weiterhin Teletext lesen und Overheadprojektoren benutzen können und mit ISDN ins Internet kommen, wenn Sie wollen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Viele Menschen zahlen heute fast ausschließlich online und digital. Ein digitaler Euro erlaubt es ihnen, mit dem Smartphone – oder was auch immer in der Zukunft kommen mag – schnell, digital und sicher am Späti ein Getränk oder im Bürgeramt einen Reisepass zu bezahlen. Ob in bar, mit Karte oder dem digitalen Euro – lassen Sie die Menschen doch einfach selbst entscheiden, wie sie bezahlen wollen!