Protokoll der Sitzung vom 21.11.2024

Viele Menschen zahlen heute fast ausschließlich online und digital. Ein digitaler Euro erlaubt es ihnen, mit dem Smartphone – oder was auch immer in der Zukunft kommen mag – schnell, digital und sicher am Späti ein Getränk oder im Bürgeramt einen Reisepass zu bezahlen. Ob in bar, mit Karte oder dem digitalen Euro – lassen Sie die Menschen doch einfach selbst entscheiden, wie sie bezahlen wollen!

Drittens: Eine digitale Währung stellt eine öffentliche Alternative zu privaten Finanzdienstleistern wie Banken, Visa und PayPal dar. Die Europäische Zentralbank ist dabei ja zu viel mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet als private Banken und Bezahlsysteme. Und weil sie auch kein kommerzielles Interesse hat, verkauft sie unsere privaten Bankdaten nicht an Dritte, anders als private Banken und Bezahlsysteme. Und da möchten Sie lieber unsere Daten sehen?

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Viertens: Eine digitale Währung bietet viele Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher, Händlerinnen und Händler und Verwaltung. Perspektivisch können staatliche Leistungen vom Kindergeld bis zum Inflationsausgleich per Knopfdruck überwiesen werden. Statt von privaten Monopolkonzernen abhängig zu sein, organisiert die Zentralbank die Überweisung, so wie jetzt schon beim Bargeld.

Warum sagt die AfD nicht einfach, worum es Ihnen mit diesem Antrag wirklich geht? Warum sagt sie nicht, dass sie Angst hat vor Innovation, Fortschritt und Digitalisie

rung? Warum sagt sie nicht, dass sie Politik für die großen Banken statt für die kleinen Leute macht? Und haben Sie eigentlich mitbekommen, dass wir hier im Berliner Abgeordnetenhaus, dem Landtag, sitzen? Offensichtlich nicht!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Dann folgt für die SPD-Fraktion Kollege Lehmann.

[Anne Helm (LINKE): Jetzt bin ich gespannt auf die Anrede!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehende! Ich habe heute etwas mitgebracht für die ach so vaterlandsliebenden Rechtsaußenantragsteller: ein Dokument, das Sie erfahrungsgemäß überhaupt nicht auf der Rechnung haben, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. In Artikel 73 steht unter anderem:

„Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über … das Währungs-, Geld- und Münzwesen“.

Das heißt, alles, was mit Währungen wie dem Euro zu tun hat, ist deshalb schon mal Sache des Bundes und eben nicht der Länder, auch nicht Berlins. Das sollte jeder wissen, der hier im Abgeordnetenhaus sitzt und Anträge stellt. Und trotzdem debattieren wir heute mal wieder über etwas, das mit der Berliner Landespolitik nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat. Und wenn man ehrlich ist: Auch die AfD selbst hat mit ernstzunehmender Berliner Landespolitik nichts zu tun.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Aber gut, wenn Sie schon über den digitalen Euro schwadronieren wollen, erkläre ich gern, was wirklich Sache ist, im Anschluss an Frau Schneider und den Kollegen Häntsch. Die EU-Kommission – Sie wissen schon, das Gremium, das sich mit solchen Themen zu befassen hat und befasst – hat einen Gesetzesvorschlag gemacht, und dieser Vorschlag wird dann im Europäischen Rat der Europäischen Union verhandelt, wo Deutschland vom Bundesfinanzminister vertreten ist, der jetzt auch Gott sei Dank wieder das SPD-Parteibuch hat.

[Alexander Bertram (AfD): Aber nicht lange!]

Der hat das ganz lange, das Parteibuch! – Auch das Europäische Parlament ist dabei. Dort sitzen zwar ebenfalls Vertreter der AfD, zum Beispiel Ihr Europa-Spitzenkandidat, der gleich zwei mutmaßlichen russischen und chinesischen Spionen Zugang zum Europäischen Par

lament verschafft hat, oder dessen Sekundant, der offenbar Bargeld direkt aus Russland kassiert.

[Torsten Schneider (SPD): Oh, oh!]

Wenn die AfD von Vaterlandsliebe spricht, dann frage ich mich: Welches Land ist damit gemeint?

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Stefan Häntsch (CDU)]

Also: Es passt ins Bild, dass Sie sich mit einem Antrag, der von Verschwörungstheorien nur so trieft, lieber hier an das Berliner Abgeordnetenhaus wenden als an das zuständige Europäische Parlament. Und noch mal kurz zum Inhalt: Der Antrag basiert auf nichts anderem als haltlosen Unterstellungen und einer gehörigen Portion Angstmacherei.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, den digitalen Euro einzuführen, um den Datenschutz und die Datensicherheit zu verbessern – Herr Häntsch hat es erklärt –, und er soll das Bargeld auch nicht ersetzen, wie Frau Schneider erwähnt hat. Der digitale Euro wird vollständig freiwillig und optional sein und ermöglicht auch anonymisierte Zahlungen. Dabei – und das ist der Unterschied zum Bitcoin – kann man aber auch Kontrolle ausüben über Schwarzmarkt und organisierte Kriminalität.

[Beifall von Dr. Matthias Kollatz (SPD) und Vasili Franco (GRÜNE)]

Niemand in Brüssel oder Berlin plant, das Bargeld abzuschaffen. Tatsächlich sieht das hier vorgeschlagene Gesetz vor, das Bargeld explizit zu schützen. Ich beschäftige mich seit über 20 Jahren mit der EU-Gesetzgebung, und ich kann Ihnen versichern, dass die demokratischen Institutionen in Europa sorgfältig und mit Bedacht arbeiten. Das ist nicht immer schnell, aber gründlich – im Gegensatz zu Ihrem Antrag, der nur ein billiger PR-Gag ist und in diesem Haus absolut nichts zu suchen hat. Also setzen Sie sich, Sechs, und danke!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Dann für die Linksfraktion der Kollege Schatz.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich will zu Beginn meiner Rede noch mal auf einen Gedanken des Kollegen Valgolio verweisen, der hier heute früh schon mal vorgeschlagen hat – und ich glaube, auch dieser Antrag wäre dafür eine Möglichkeit gewesen –, dass, wenn solche Quatschanträge der AfD kommen, es vielleicht eine praktikable Möglichkeit wäre, wenn nur eine Vertreterin, ein Vertreter der demokratischen Fraktionen darauf antwortet. Ich finde, das reicht.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Denkt noch mal nach! – Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE): Beruhige dich mal! – Zurufe von Alexander Bertram (AfD) und Ronald Gläser (AfD)]

Ich muss jetzt gar nicht mehr auf den Inhalt und die Fakten eingehen, das haben die Kolleginnen und Kollegen vor mir schon sehr gut gemacht. Ich will Ihnen aber eine Lektüre ans Herz legen, wenn Sie wirklich an dem Thema interessiert sind. Das ist ja nichts Einmaliges, was die AfD-Fraktion hier im Abgeordnetenhaus macht. Solche Anträge werden gerade durch alle deutschen Landtage gepustet, und den gab es auch schon im Bundestag. Und im Bundestag gab es Anfang dieses Jahres eine sehr interessante Anhörung dazu, die kann man im Internet nachlesen. All das, was die Kolleginnen hier schon ausgeführt haben, ist auch dort von den Sachverständigen der demokratischen Fraktionen bestätigt worden; von der Bundesbank, von Ökonomen, von Menschen, die sich mit Digitalisierung und mit Datenschutz auskennen. Interessant war der Sachverständige der AfD-Fraktion. Der sagte dann nämlich: Ja, ja, der Bundesbanksachverständige hat zwar gesagt, dass das Bargeld nicht abgeschafft werden soll, aber ob man dem glauben kann?

Also wissen Sie, das ist die Art und Weise, Politik zu machen, die in der Tat nur die Sorgen und die Wut der Bürgerinnen und Bürger versucht zu verwerten, anstatt in die Debatte zu gehen und tatsächlich zu schauen: Wie kann man Sorgen aufgreifen und abbauen? – Daran haben Sie überhaupt kein Interesse. Das ist sozusagen die Grundlage Ihrer Politik.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Und dann bin ich über einen Satz in Ihrer Begründung gestolpert – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –, der heißt:

„Unabhängig davon kann digitales Zentralbankgeld die wertvollen Eigenschaften physischen Bargelds letztlich nicht ersetzen, insb. die prinzipielle Anonymität von Zahlungen.“

Da fiel mir dann am Ende wieder die CORRECTIVRecherche ein, von der wir Anfang des Jahres erfahren haben, wo der AfD-Fraktionsvorsitzende aus SachsenAnhalt um Spenden in Höhe von 1 Million Euro, sozusagen vorbei an den Büchern der AfD, geworben hat – also Menschen, die mit Bargeldkoffern hier rechtsextreme Wahlkämpfe unterstützen. Da muss ich mal sagen: Das ist vom Parteiengesetz eigentlich sanktioniert.

[Alexander Bertram (AfD): Wo ist das SED-Vermögen geblieben, Herr Schatz?]

Sie setzen sich immer dafür ein, dass Regeln eingehalten werden. Wenn Sie selbst Regeln einhalten müssen, dann

(Jan Lehmann)

ist das offensichtlich nicht der Fall. Die Regeln gelten nur für andere.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE): Schwarzgeld aus der Schweiz von Frau Weidel, das sind Ihre Regeln!]

Um eine alte Tradition aufzugreifen: Ich bin im Übrigen der Ansicht, dass die Fraktion hier rechts außen dazu beitragen sollte, die dunklen Finanzquellen Ihrer Partei zu erhellen. – Ich danke!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der AfD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 42 war schon unter 3.4. die Priorität der AfD-Fraktion, und die Tagesordnungspunkte 43 und 44 stehen auf der Konsensliste.

Damit rufe ich auf

lfd. Nr. 45:

Das stinkt zum Himmel! Berlin braucht einen rechtskonformen Luftreinhalteplan und eine effektive Luftreinhaltestrategie 2030

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 19/2024

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und das mit der Kollegin Schneider.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Schlechte Luft beeinflusst die Gehirnentwicklung, macht uns dümmer und depressiv. Sie schädigt Pflanzen und Tiere, Gewässer, Wälder, Böden, Grünflächen und damit die gesamte Stadt. Nun haben die Deutschen zwar das „German Lüften“ erfunden, das bringt aber nichts, wenn die Luft draußen auch schlecht ist. Also wir sind uns einig: Wir wollen keine dicke Luft, sondern eine saubere und gesunde Stadt. Und wissen Sie was? – An der Leipziger Straße hätte es fast geklappt. Da sagt selbst der Senat: Mit Tempo 30 bessere Luft – hat geklappt. Dann schaffen wir das wieder ab. – Absurd!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der AfD]