Protokoll der Sitzung vom 21.11.2024

Und ja, es geht natürlich auch um das 9-EuroSozialticket. Bitte erinnert euch, liebe Sozialdemokraten, lieber Raed: Wir haben das angesichts deutlich gestiegener Preise für Lebensmittel und Energie als gezielte Entlastungsmaßnahme für die Ärmsten der Armen in dieser Stadt eingeführt. Sind die Preise seitdem gesunken? – Nein, sind sie nicht. Die 10 Euro, die ihr jetzt mehr verlangt, sind vielleicht die 10 Euro, die die alleinerziehende Mutter über ein halbes Jahr für ein paar neue Turnschuhe für die Kinder beiseitelegen konnte.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Dass Arme das Doppelte für den Nahverkehr bezahlen müssen, aber Parken in Berlin weiter billig ist wie Leitungswasser, deutlicher kann man den Menschen in

dieser Stadt nicht zeigen, dass weder der soziale Zusammenhalt noch die Verkehrswende für Schwarz-Rot irgendeinen Wert hat.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie werden jetzt natürlich sagen: Was hätten denn wir, die Linke, irgendwie anders gemacht? – Ich sage Ihnen mal was: Zunächst mal hätten wir nicht anderthalb Jahre gewartet und Schönwetterpolitik gemacht, bis die Hütte sechs Wochen vor Beginn des Haushaltsjahrs richtig brennt. Das hätten wir nicht gemacht.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Bürgermeister Stefan Evers: Haben wir ja im Haushaltsentwurf gesehen!]

Und wir haben zudem schon im vergangenen Jahr die Steigerung der Einnahmen vorgeschlagen. Bei der CityTax, der Zweitwohnung- und der Vergnügungsteuer sind Sie unseren Vorschlägen jetzt, wenn auch viel zu spät, gefolgt. Aber warum verzichten Sie eigentlich auf den größten Posten, die Grunderwerbsteuer?

[Katalin Gennburg (LINKE): Ja, warum eigentlich?]

Warum verzichten Sie auf Einnahmen in Höhe von 100 Millionen Euro im Jahr?

[Beifall bei der LINKEN]

Der Kulturetat von Herrn Chialo wäre damit schon fast aus dem Schneider. Was ist Ihnen eigentlich wichtiger: die Immobilienlobby oder die Kulturszene dieser Stadt? Antworten Sie mal!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

Obwohl selbst die gültige Schuldenbremse im Jahr 2024 die Aufnahme von über 1 Milliarde Euro

[Zuruf von der LINKEN: Aha!]

und in 2025 von 530 Millionen Euro Krediten zugelassen hätte, kürzen Sie bei den Investitionen. Sie kürzen bei Schulen, bei Straßen, bei Brücken und bei Schienen. Warum lassen Sie eigentlich lieber die Infrastruktur verfallen, anstatt den schuldenbedingt möglichen Kreditrahmen auszuschöpfen? Das ist unverantwortlich.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Apropos Schuldenbremse, lieber Regierender Bürgermeister: Passiert da eigentlich noch was? Oder bleibt es weiter bei den Presseinterviews? Ich zitiere noch mal:

„Machen ist wie Wollen, nur krasser“,

hat Kai Wegner gesagt. Wenn Sie die Kinder und Jugendlichen vor dem Haus fragen, was denen wichtiger ist: dass die Schule saniert wird und der Jugendclub bleibt, oder ob die Schuldenbremse bleibt –, ich glaube, deren Antwort können Sie sich alle denken. Vielleicht gehen wir mal zu der Demonstration gleich runter.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Daher mein Appell an alle in diesem Haus: Schaffen wir die Schuldenbremse gemeinsam ab

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Sven Heinemann (SPD)]

und führen wir eine international absolut normale Vermögensteuer ein, damit die Lasten der Zukunft gerechter verteilt werden können! Abschaffung der Schuldenbremse und ein gerechtes Steuersystem sind zwei Seiten einer Medaille.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Abschließend: Draußen demonstrieren gerade die Jugendträger und Sozialverbände gegen die Kürzungen und gegen den unsäglichen Umgang mit ihnen. Wenn Sie, liebe Koalition, so weitermachen, dann ist das nur der Anfang einer Welle von Sozialprotesten, wie sie diese Stadt seit 20 Jahren nicht gesehen hat. Wir werden die Kultur- und Sozialträger auch in dieses Haus einladen. Wir werden uns mit diesen austauschen. Wir werden das machen, was die Koalition nicht gemacht hat.

Ich kann nur an Sie appellieren: Seien Sie mutig, seien Sie ehrlich! Es ist noch nicht ganz zu spät. Das, was Sie hier abgeliefert haben, war kein Kabinettstück, sondern eine Katastrophe für diese Stadt. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Und für die AfD-Fraktion hat die Abgeordnete Dr. Brinker das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Wir haben jetzt hier schon viel über heiße Luft und über Achterbahnfahrten der Grünen gehört. SPD und Grüne streiten sich noch, wer am besten zündeln kann, und Raed Saleh und Kai Wegner klären noch das Thema, welches Risiko Friedrich Merz tatsächlich im Februar für dieses Land darstellt. Wir müssen hier aber zurück zur Politik des gesunden Menschenverstandes.

[Beifall bei der AfD]

Zurück zum eigentlichen Thema dieser Aktuellen Stunde, nämlich „Finanzen in Berlin neu ausrichten – Ausgaben senken und Einnahmen erhöhen“. – Ja, es ist notwendig und richtig, die Finanzen in Berlin neu auszurichten und vor allen Dingen die Ausgaben zu senken. Aber müssen und können wir tatsächlich die Einnahmen erhöhen, wie es der Titel der Aktuellen Stunde suggeriert?

Öffentliche Einnahmen sind zu einem wesentlichen Teil Steuerzahlungen der Berliner. Wer von Ihnen hier im

(Tobias Schulze)

Haus hat sich denn mal die Einnahmenentwicklung der letzten zehn Jahre angesehen?

[Steffen Zillich (LINKE): Haben wir!]

Wenn Sie das tun, dann werden Sie nämlich Folgendes feststellen: Seit 2015 haben sich die Steuereinnahmen im Land Berlin von circa 13,5 Milliarden Euro auf inzwischen knapp 27 Milliarden Euro verdoppelt.

[Zuruf von der AfD]

In zehn Jahren verdoppelt – nachzulesen auf der Homepage der Senatsfinanzverwaltung. Deutschland ist ein Hochsteuerland: Deutschland belastet seine Bürger überproportional.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Ja, die Einkommen, aber nicht die Vermögen!]

Es muss doch möglich sein, staatliche Einnahmen und Ausgaben so zu gestalten, dass Bürger dieses Landes nicht mehr so extrem geschröpft werden, wie das derzeit zum Beispiel auch mit der wahrscheinlich verfassungswidrigen Grundsteuer passiert.

[Beifall bei der AfD]

Die Frage ist also: Warum tut sich Politik seit Jahren, seit Jahrzehnten so schwer, ausgeglichene Haushalte vorzulegen? Warum werden Bürger immer stärker belastet? Was passiert eigentlich mit dem vielen Steuergeld, das so viele fleißige Hände in unserer Stadt erarbeiten, verdienen, und trotzdem reicht es am Ende nicht? Warum müssen Bürger für fast jede staatliche Dienstleistung zusätzliche Gebühren entrichten? – Jede behördliche Genehmigung, jede öffentliche Dienstleistung, jeder Ausweis kostet inzwischen ordentlich Geld, zusätzlich zu den Steuerzahlungen. Warum ufern öffentliche Bauprojekte regelmäßig aus, werden oft doppelt so teuer wie geplant und dauern erheblich länger als geplant?

In Bezug auf die aktuelle Berliner Spardebatte: Warum hat denn Berlin in den vergangenen Jahren derart über seine Verhältnisse gelebt? – Und dabei sind ja die heutigen Verhältnisse keine Überraschung; die sind nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern diese Situation ist durchaus vorhersehbar.

[Beifall bei der AfD]

Wer erinnert sich denn noch an die Sprüche vom sogenannten grünen Wirtschaftswunder, oder wer kennt denn noch den Satz des Bundeswirtschaftsministers, der meinte, dass Geschäfte bei fehlendem Umsatz nicht insolvent seien, sondern sie würden nur aufhören zu arbeiten? Was ist das für eine Logik?

[Zuruf von Rolf Wiedenhaupt (AfD)]

Rezession, Insolvenzen, Unternehmensabwanderungen, hohe Sozialkosten sind Folge völlig falscher politischer Weichenstellungen – vor allem auf Bundesebene, aber auch hier in Berlin, denn Berlin hat im Bundesrat ja das meiste davon gebilligt und mitgetragen. Die Leidtragen

den sind heute in der Tat die Berliner, die seit Monaten im Unklaren gelassen worden sind, an welchen Sparschrauben denn nun gedreht wird. Und selbst heute ist für viele Betroffene nicht klar, welche Konsequenzen diese Einsparmaßnahmen, die uns vorgelegt worden sind, denn wirklich haben.

Es ist auch nicht klar – und das ist das größte Problem –, wie sich diese schwarz-rote Regierung die Zukunft unserer Stadt vorstellt. Die Streichliste ist ein Sammelsurium ohne erkennbare positive Prioritätensetzung, ohne eine echte Vision für die Zukunft unserer Stadt.

[Beifall bei der AfD]