Protokoll der Sitzung vom 27.02.2025

Schließlich ist Einsicht der erste Schritt zur Besserung. Gleichwohl, und das sollten Sie mir nach so vielen Jahren rot-rot-grüner und leider auch schwarz-roter Politik der wirtschaftlichen und sozialen Verantwortungslosigkeit zugestehen, nagt in mir der Zweifel, ob es Ihnen mit dieser Aufarbeitung wirklich ernst ist. Jedenfalls könnte einem schon der Verdacht kommen, Sie wollten durch die Arbeit der Kommission die Lösung der zumeist offen zutage liegenden Probleme auf die lange Bank schieben.

Zum anderen ist der Arbeitsauftrag bemerkenswert weit gefasst und scheint an einer wirklichen Tiefenanalyse einzelner Punkte kaum interessiert zu sein. Ein deutlich eingegrenzter Auftrag etwa auf die Frage des bröckelnden gesellschaftlichen Zusammenhalts dürfte jedenfalls zu deutlich mehr Erkenntnisgewinn führen. Denn wenn Sie diese Frage einmal genau untersuchen, dann werden Sie erstens feststellen, was Sie, werte politische Mitbewerber, in den vergangenen Jahren so alles falsch gemacht haben, und Sie würden erkennen, wie sehr Sie mit einer erschreckenden Gleichgültigkeit gegenüber den Folgen Ihrer oftmals fatalen Entscheidungen zu Antisemitismus und Rassismus in unserem Land und in Berlin beigetragen haben.

[Beifall bei der AfD]

Ja, das dürfen Sie mir glauben. Diese Zusammenhänge werden wir sehr gerne mit Ihnen gemeinsam aufarbeiten.

(Elif Eralp)

Unter dem Einfluss Ihrer Politik hat sich der Zustand unserer Gesellschaft in den letzten Jahren dramatisch gewandelt. Am schmerzlichsten und gefährlichsten für unsere Demokratie ist dabei wohl das weitverbreitete Gefühl, seine Meinung zu dem, was Sie angerichtet haben, nicht mehr offen sagen zu dürfen.

[Beifall bei der AfD]

Es sollte uns allen eine Warnung sein, dass inzwischen mehr als die Hälfte der Deutschen laut Umfragen von Allensbach nicht mehr an die Meinungsfreiheit in Deutschland glaubt. Die Menschen fürchten gesellschaftliche Ächtung. Sie fürchten um die mögliche Gefährdung des Geschäftsbetriebs. Sie fürchten öffentliche Stigmatisierung, die soziale Isolation. Wir erleben, wie selbst innerhalb von Familien unterschiedliche Meinungen zu Spannungen führen, weil kein gemeinsamer Konsens mehr gefunden werden kann. Die Verunsicherung wird immer größer und das nicht nur bei uns Deutschen, sondern auch bei den vielen Zugewanderten und, was ich besonders fatal finde, auch bei unseren jüdischen Mitbürgern. Erst vor wenigen Tagen mussten wir hier in Berlin erleben, dass ein junger Syrer ausgerechnet am Holocaustmahnmal einen spanischen Touristen mit einem Messer schwer verletzt hat, weil er Juden töten wollte. Dieser Fall ist ein Beispiel für das, was in Deutschland schief läuft. Ich finde es fatal, dass das meine Vorredner nicht einmal angesprochen haben.

[Beifall bei der AfD]

Der junge Mann kam als Minderjähriger aus Syrien zu uns und wurde hier mit allen Mitteln unseres Rechts und Sozialstaats aufgefangen, betreut und versorgt. Trotzdem hat er sich offenbar innerhalb kürzester Zeit radikalisiert. Er trug einen Koran und einen Gebetsteppich bei sich und ein Jagdmesser, mit dem er den Spanier schwer verletzte in dem Glauben, dieser sei ein Jude.

Ich frage Sie deshalb: Wie ist es eigentlich möglich, dass sich ein junger Mann in so kurzer Zeit hier so radikalisieren konnte? Was führt ihn zu islamistischen Terrororganisationen mitten in Deutschland, mitten in Europa? Laut Bundesanwaltschaft soll er sich sogar dem Islamischen Staat angeschlossen haben. Was können, was müssen wir also tun, damit Terrororganisationen wie dieser Islamische Staat hier keinen Einfluss gewinnen und unsere Gesellschaft weiter spalten können? Diese Fragen müssen offen diskutiert werden und vor allem ohne ideologische Narrative.

[Beifall bei der AfD]

Seit dem Massaker am 7. Oktober 2023 in Israel tritt in Berlin ein Judenhass zutage, der verstört. Auf unseren Straßen, auf Demonstrationen, an unseren Universitäten und nicht zuletzt durch die ungebremste Massenmigration haben wir den Hass der Hamas und der Hisbollah auf Israel nach Deutschland importiert. Aber wir können diesen Konflikt weder hier in Deutschland lösen noch austragen. Es ist schlimm genug, dass auf beiden Seiten

der Konfliktparteien viele Menschen sterben. Es ist furchtbar zu sehen, dass die Gewalt selbst vor Frauen und Kindern nicht Halt macht, wie im Fall von Shiri Bibas und ihren beiden kleinen Kindern oder auch den toten Kindern im Gazastreifen.

Antisemitismus ist leider wieder zu einem Thema geworden in unserem Land. Davor dürfen wir unsere Augen nicht verschließen. Wir dürfen aber auch nicht verschweigen, dass ein großer Teil dessen importierter Antisemitismus ist.

[Beifall bei der AfD]

Das muss offen angesprochen und thematisiert werden können, ohne gleich dem Vorwurf der Diskriminierung oder Muslimfeindlichkeit ausgesetzt zu werden. Wer offen sagt, was für jedermann sichtbar ist, darf nicht stigmatisiert werden. Das gilt für alle Themen, die uns bewegen, und ist Grundlage unserer Meinungsfreiheit, wie sie uns das Grundgesetz zusichert.

Die Polizeipräsidentin von Berlin hat eine Problemlage wie folgt formuliert, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: Die Gewalt in Berlin ist „jung, männlich“ und nicht deutsch. Das bedeutet aber nicht, alle jungen männlichen, nicht deutschen Menschen über einen Kamm zu scheren. Aber wenn ich eine Problemlage nicht offen anspreche, werde ich diese nicht lösen können. Natürlich verunsichert die aktuelle Lage in Deutschland nicht nur die Deutschen, sondern auch diejenigen Menschen, die schon seit Langem in Deutschland leben, Deutsche geworden sind, sich hier eine Existenz aufgebaut, sich integriert haben. Wir müssen genau darauf achten, dass gerade diejenigen, die sich als Teil unserer Gesellschaft verstehen und diese auch mitgestalten, nicht pauschal in Mithaftung genommen werden. Die vielen schlimmen Ereignisse der letzten Jahre, die überproportional vielen Messermorde durch Migranten, die Gewalt und fehlende Integrationsbereitschaft bestimmter Gruppen dürfen nicht dazu führen, dass integrierte Bürger hier einem Gruppendruck ausgesetzt werden.

[Beifall bei der AfD]

Sie dürfen nicht unter Druck gesetzt werden. Das wäre nicht nur ungerecht, sondern auch gesellschaftlich brandgefährlich. Vielmehr müssen wir diesen Menschen versichern, dass sie bei uns willkommen sind und auf jeden Fall, selbstverständlich bleiben dürfen und sollen und müssen.

[Beifall bei der AfD – Tobias Schulze (LINKE): Ja, dann macht das mal!]

Auch deshalb ist eine genaue Analyse in der Kommission notwendig, eine ehrliche Analyse, aber auch, warum die gesellschaftlichen Spannungen wachsen, warum die Probleme hier bei Migrationsfragen und Integration immer weiter wachsen und welche Faktoren wirklich den Zusammenhalt gefährden.

Jeder von uns hat Freundschaften mit Menschen, die ihre Wurzeln in der Türkei, im Libanon, in Ägypten, im Iran, in Asien, in Amerika und Afrika haben. Viele dieser Freunde schütteln inzwischen über Deutschland den Kopf. Sie erkennen aus vielerlei Gründen ihre gewählte Heimat nicht wieder.

[Jian Omar (GRÜNE): Wegen Nazis! – Elif Eralp (LINKE): Wegen der AfD! – Tobias Schulze (LINKE): Nach so einem rassistischen Wahlkampf so eine Rede zu halten, ist doch lächerlich!]

Genau diese Menschen sind unsere Freunde, sind unsere Mitglieder, sind unsere Partner, und sie schütteln den Kopf über das, was Sie auf der linken Seite in den letzten Jahren hier in unserem Land fabriziert haben.

[Beifall bei der AfD]

Genau diese Menschen dürfen wir nicht in Mithaftung nehmen für Ihre politischen Fehler auf der linken Seite. Die Enquete-Kommission muss ernsthaft untersuchen, warum viele Bürger inzwischen das Vertrauen in die Politik verloren haben. Sie sollte auch analysieren, warum über die offensichtlichen Probleme in unserer Gesellschaft zu oft verkürzt und ideologisch aufgeladen debattiert wird, und sie sollte die Folgen dieser Entwicklung benennen.

Wir müssen anerkennen, dass es viele Menschen gibt, die das Gefühl haben, aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt zu werden. Das dürfen wir in der Tat nicht ignorieren. Jeder Mensch hat in unserem Land das Recht auf Gleichbehandlung, unabhängig von seiner Herkunft oder seinem Namen oder seinem Aussehen. Diskriminierung muss, wo sie existiert, benannt und bekämpft werden. Das steht außer Frage. Mit derselben Ernsthaftigkeit aber müssen wir, wenn wir unsere freiheitliche Demokratie retten wollen, die Diskriminierung abweichender Meinungen und der vom linken Ideal abweichenden Lebensmodelle beenden.

[Beifall bei der AfD]

Wir brauchen eine Politik, die sich den Tatsachen stellt und realistische Lösungen präsentiert; eine Politik, die die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nimmt, anstatt sie zu diffamieren. Ob diese Enquete-Kommission in der Kürze der Zeit dazu in der Lage sein wird, bleibt abzuwarten. Wir wünschen uns auf jeden Fall von der Kommission eine offene und klare Analyse ohne ideologische Prägung und ohne politische Scheingefechte. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Bevor ich das Wort an den Regierenden Bürgermeister gebe, darf ich herzlich bei uns im Abgeordnetenhaus willkommen heißen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der

Berliner Justizvollzugsanstalten. – Herzlich willkommen und vielen Dank für Ihre Arbeit!

[Allgemeiner Beifall]

Dann spricht der Regierende Bürgermeister von Berlin für den Senat. – Bitte sehr, Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist über 35 Jahre her, dass der ehemalige Regierende Bürgermeister Willy Brandt am Tag nach dem Mauerfall vor dem Schöneberger Rathaus den historischen Satz sagte:

„Jetzt sind wir in einer Situation, in der wieder zusammenwächst, was zusammengehört.“

Dieser Satz prägte eine historische Sternstunde unserer Stadt, ja unseres Landes. Dieser Satz ist tief eingebrannt in das Herz unserer Stadt. Ja, Berlin ist Zusammenhalt.

Zusammenhalt ist aber keine Selbstverständlichkeit. Er ist nichts, was einfach existiert. Er muss aktiv gelebt, verteidigt und gefördert werden, und genau darüber sprechen wir heute. Dabei geht es nicht darum, dass alle derselben Meinung sind. Es geht auch nicht darum, dass alle das Gleiche denken, dass alle gleich leben, und es geht auch nicht darum, dass alle gleich sind. Nein, mir geht es darum, dass wir heute zum Start der Enquete-Kommission darüber sprechen, was eigentlich diesen Zusammenhalt prägt, über den wir oft sprechen, den aber viele Menschen in unserer Stadt mittlerweile vermissen.

Drei Gedanken möchte ich mit Ihnen dazu teilen: Erstens: Zusammenhalt gibt es nur, wenn wirklich alle ernst machen mit Artikel 1 Absatz 1 unseres Grundgesetzes. Dort steht dieser mächtige Satz:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

[Beifall bei der CDU, der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der AfD]

Meine Damen und Herren, was für ein Satz! Was für eine Selbstverständlichkeit! Und gleichzeitig was für ein hoher Anspruch! Die Würde des Menschen erfordert von uns allen Respekt – Respekt vor anderen Meinungen, vor unterschiedlichen Lebensweisen und vor unterschiedlicher Herkunft, Respekt auch vor anderen politischen Vorstellungen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ja, wir brauchen Respekt vor dem Anderen und vor Unterschieden und vor Vielfalt; und zwar nicht vor Vielfalt, wie ich sie mir selbst definiere, sondern vor Vielfalt, wie sie in unserer Stadt tagtäglich gelebt wird.

(Dr. Kristin Brinker)

Aber – und das ist mindestens genauso entscheidend – die Menschenwürde setzt diesem Respekt auch Grenzen, nämlich dort, wo die Menschenwürde anderer eben doch angetastet wird.

[Beifall von Kurt Wansner (CDU)]

Wenn gegen Menschen gehetzt wird allein aufgrund ihrer Herkunft; wenn jüdische Studierende mittlerweile Angst haben, ihre Hochschulen zu betreten; wenn Polizistinnen und Polizisten angegriffen oder angefeindet werden; wenn Schüler in Klassenchats gemobbt werden; wenn Frauen Gewalt erfahren; wenn Obdachlose in unserer Stadt getreten oder angezündet werden – immer dann sind Grenzen des Respekts überschritten. Immer dann wird unser Zusammenhalt angegriffen. Immer dann verliert Berlin, dann verlieren wir alle.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und der AfD]

Genau da, wo diese Grenzen überschritten werden, müssen wir zusammenstehen. Bei allen Unterschieden, da darf es keine Relativierung, da darf es keine Rechtfertigung geben. Eine Demokratie ist nur dann stark, wenn sie ihre eigenen Grundwerte schützt. Deshalb kann und muss sie genau das tun: Sie muss klarstellen, dass es für Antisemitismus, für Rassismus, Hass, Hetze und Menschenfeindlichkeit in unserer Stadt keinen Platz gibt.