Protokoll der Sitzung vom 13.03.2025

Wer so vorgeht, muss sich nicht wundern, dass er Sicherheit, Recht und Ordnung in Berlin nicht in den Griff bekommt. CDU und SPD machen jetzt, was nötig ist, und das geht weit über den vorliegenden Antrag hinaus. Wir werden Sie in Kürze mit der großen ASOG-Novelle befassen, und wenn die beschlossen ist, dann hat die Koalition aus CDU und SPD einen großen Schritt zu mehr Sicherheit in Berlin unternommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dann folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Franco.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dregger hat gerade eine Geschichte erzählt, und die hat ziemlich wenig mit dem zu tun, was Sie hier und heute als Koalition tatsächlich vorlegen.

[Martin Matz (SPD): Dann mach’ es mal besser!]

Dieser Gesetzentwurf ist nämlich in all seinen Facetten ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man als verantwortungsbewusster Gesetzgeber nicht handeln sollte. Der Koalition ist einfach in letzter Sekunde aufgefallen, dass die gesetzliche Regelung zur gefahrenabwehrrechtlichen Telekommunikationsüberwachung ausläuft. Also wird die bestehende Befristung einfach weggestrichen – und die wissenschaftliche Evaluation gleich mit dazu. Da frage ich mich schon: Ist das noch planlos oder schon schamlos?

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Niklas Schrader (LINKE)]

Nun geht es mir im Übrigen auch gar nicht darum, dass die Polizei die Befugnis nicht mehr weiter haben soll. Als der rot-rot-grüne Gesetzgeber diese Möglichkeit für die Polizei eingeführt hat, hat er dem Senat einen gesetzlichen Auftrag mitgegeben, nämlich eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation. Ich erinnere mich noch ganz genau, dass diese in der letzten Koalition sogar schon vorbereitet wurde, doch Schwarz-Rot hat an dieser Stelle einfach nur geschlafen oder diese gesetzliche Verpflichtung schlicht ignoriert. Fakt ist daher: Die Innenverwaltung als Exekutivorgan ist einer gesetzlichen Verpflichtung nicht rechtzeitig nachgekommen. Sie haben sich nicht darum geschert, was bis heute hier noch geltendes Recht ist, und das müssen Sie sich auch vorhalten lassen.

Ich frage Sie als Koalition auch: Woher kommt eigentlich diese Verweigerungshaltung, eine Eingriffsbefugnis auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen? – Gerade, wenn Grundrechte so weit tangiert werden, dass man bereits vor dem Verdacht, eine Straftat zu begehen, abgehört werden kann, ist doch ein scharfer Blick auf die Wirksamkeit dieser Maßnahme geboten. Dieser Gesetzentwurf ist in dieser Hinsicht wirklich peinlich. Da steht einfach drin: Die Regelung hat sich bewährt, weil man sie anwendet. Was hat sie denn gebracht? – Das wurde uns weder in der Begründung noch im Innenausschuss dargelegt. Wer Befugnisse abstrakt mit der Verhinderung von Terrorismus begründet, der muss dann doch spätestens, wenn diese Maßnahme da ist, auch konkret darlegen können, dass diese Maßnahmen Terrorismus verhindert haben. Das ist nicht passiert. Sie bleiben auch heute wieder abstrakt. Sie werden nicht konkret. Wenn das die Entscheidungsgrundlage für diese Koalition ist, hier Gesetze zu beschließen, und Ihnen das dann ausreicht, bitte sehr! Meinem Anspruch an parlamentarischer Arbeit wird das bei Weitem nicht gerecht.

(Burkard Dregger)

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Lassen Sie mich auch noch sagen, dass in innenpolitischen Debatten immer wieder aufs Neue mehr Befugnisse mit mehr Sicherheit gleichgesetzt werden, ist übrigens ein fataler Trugschluss. Mehr staatliche Überwachung, Herr Dregger, gleich mehr Sicherheit, na herzlichen Glückwunsch, Orwell lässt grüßen! Gerade deshalb wäre es doch so wichtig, bei grundrechtsintensiven Maßnahmen die Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit auch zu überprüfen, gern durch die Wissenschaft, weil Wissenschaft schaut sich Dinge auch genauer an als Sie das hier vielleicht tun.

Apropos Wirksamkeit an dieser Stelle, gerade die CDU hat sich doch in dieser Koalition auf die Fahne geschrieben, ganz genau zu prüfen, wofür in diesem Land alles Geld ausgegeben wird. Da wird dann die gesamte Trägerlandschaft in der Demokratieförderung oder der Extremismusprävention per Generalverdacht auf den Prüfstand gestellt. Da wird jeder Cent ganz genau umgedreht, aber wenn es dann um harte Fragen der inneren Sicherheit geht, die Sie in Gesetze gießen wollen, dann braucht es keine Evaluation, dann braucht es keine Belege für die Wirksamkeit, und das ist doch nichts anderes als eine ideologische Innenpolitik, und es ist auch genau das, was Sie hier an vielen Stellen schon bewiesen haben, ein Kulturkampf. Aber vor allem, muss ich als Innenpolitiker sagen, ist das ein gefährliches Spiel mit der Sicherheit. Wenn Sie nicht evaluieren wollen und einfach Maßnahmen schreiben, Herr Dregger, da brauchen Sie doch nicht lachen, das ist doch kein Niveau, zumindest kein parlamentarisches, das ich mir wünschen würde.

Sie haben im Innenausschuss daher auch die Chance vertan, die Regelung einfach zu verlängern, also die Befugnisse der Polizei zu lassen und, wie vorgesehen, zu evaluieren, wie wir es Ihnen als Grüne und Linke gemeinsam vorgeschlagen und vorgelegt haben. Das ist also eine vertane Chance für die Verbesserung der Sicherheitsgesetzgebung und damit auch für die Sicherheit Berlins. – Vielen Dank oder besser gesagt: schade drum!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Niklas Schrader (LINKE) und Damiano Valgolio (LINKE)]

Es folgt nun für die SPD-Fraktion der Kollege Matz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, dass ich jetzt über beide Reden, die wir gerade gehört haben, auch ein bisschen belustigt war, wenn ich das hier mal so offen sagen darf. Ein Redner hat uns gerade seine Fähigkeit demonstriert, die Weitergeltung

einer bereits bestehenden gesetzlichen Regelung derart staatstragend abzufeiern, als ob wir hier einen völlig neuen Durchbruch, einen innenpolitischen Aufbruch zu neuen Ufern heute erleben würden, der seinesgleichen sucht. Dabei gilt einfach nur die Regelung fort, die bisher schon im Gesetz drinsteht. Das war der Teil des Kollegen Dregger.

Dann haben wir vom Kollegen Franco eben gehört, wie uns ein Redner zeigt, wie man den Untergang verantwortlicher Innenpolitik beschwören kann, obwohl nur eine Regelung fortgilt, die vorher schon in Zeiten von RotRot-Grün eingeführt worden war.

[Zurufe von Vasili Franco (GRÜNE), Elke Breitenbach (LINKE) und Niklas Schrader (LINKE)]

Ich bin sonst immer gern mit Ernsthaftigkeit bei unseren innenpolitischen Debatten hier dabei, das ist ja schließlich mein Thema, und da kann ich ja jetzt nicht einfach hier sagen, dass das alles ganz unspektakulär ist, aber heute ist es einfach alles ganz unspektakulär, was wir hier debattieren. Ich kann mich grundsätzlich auch in solche künstlichen emotionalen Zustände hineinversetzen und Ihnen eine tolle Rede hoffentlich irgendwie präsentieren.

[Niklas Schrader (LINKE): Nächstes Mal dann! – Tobias Schulze (LINKE): Haben wir noch nicht erlebt!]

Mache ich dann beim nächsten Mal, wird dann heute nix. Wir müssen ja alle als Profis solche Fähigkeiten abrufen können. – Aber der Beratungsgegenstand, und damit zum Ernst dessen, was hier heute vorliegt, ist völlig unspektakulär. Die im ASOG, in unserem Berliner Polizeigesetz, vorgesehene Regelung für die Telekommunikationsüberwachung im Falle der Abwehr einer dringenden Gefahr schwerer Straftaten gilt einfach weiter, so wie wir sie im Gesetz drin haben. Sie wäre sonst am 1. April 2025 ausgelaufen. Das kann niemand wollen. Deswegen haben wir uns schnell hingesetzt und haben gesagt, wir sorgen für die Fortgeltung dieser Regelung. Insoweit ist erst mal alles unspektakulär.

Jetzt kommt der Kollege Franco und sagt: Ja, aber die Evaluation fällt weg. – Na ja, eine Evaluation kann man natürlich machen, wenn man sie für sinnvoll hält und dafür muss sie auch nicht im Gesetz vorgeschrieben sein. Die kann man auch einfach so machen, wenn man sie für sinnvoll hält. Da wir aber im Zuge der Vorabüberweisung diesen Gesetzentwurf schon im Ausschuss gehabt haben, wissen wir ja schon in etwa, was die einzelnen Fraktionen zu sagen und auch zu fragen hatten. Das Einzige, was ich von den Grünen gehört habe, war die Frage nach Zahlen und Fakten zu dieser Regelung. Da tut es auch eine Schriftliche Anfrage und eine Beantwortung durch den Senat. Dann wissen wir alle Bescheid und können damit umgehen. Deswegen ist auch dieser Teil eigentlich völlig unspektakulär. Man kann evaluieren, wenn man es für nötig hält. Ins Gesetz reinschreiben muss man das jedenfalls nicht. Also von daher ist diese Regelung der Ge

(Vasili Franco)

fahrenabwehr gegen schwere Straftaten eine Fortschreibung geltenden Rechts. Wir sehen uns schon in zwei Wochen hier wieder. Dann können wir die nämlich in letzter Lesung beschließen, weil wir damit schon im Ausschuss gewesen sind.

[Niklas Schrader (LINKE): Können wir nochmal drüber reden!]

Von mir aus ohne Rederunde, würde ich ausdrücklich vorschlagen! – Tatsächliche inhaltliche Änderungen im Gefahrenabwehrrecht in Berlin, die werden wir tatsächlich mit der großen ASOG-Novelle noch in diesem Jahr hier diskutieren, und das werden auch sehr ernsthafte Diskussionen sein, das ist ganz klar. Aber,

Sie müssten bitte zum Ende kommen!

tut mir leid, heute nicht, es war nicht so spektakulär.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Auch wenn es nicht so spektakulär war, der Kollege Franco hat jetzt eine Zwischenbemerkung angemeldet für die Grünenfraktion.

[Tobias Schulze (LINKE): Jetzt kommt der Untergang des Abendlandes! – Burkard Dregger (CDU): Martin, du hast ihn provoziert!]

Ja, lieber Kollege Matz, tut mir leid, dass ich bei meinem fachpolitischen Themenfeld durchaus auch ein Interesse daran zeige und es auch hier gern vertrete. Aber ich halte es auch nicht für unspektakulär, was wir hier einfach machen. Sie haben ja nicht einfach gesagt: Wir machen die Befristung raus. Sie haben eine gesetzliche Regelung für eine Evaluation gestrichen. Natürlich braucht nicht jede Regelung in einem Gesetz eine Evaluation, die kann man freiwillig machen, aber man kann sie eben gesetzlich verpflichtend machen. Wissen Sie was? – Es war Ihre Fraktion, die mit unserer Fraktion und der Fraktion der Linken damals gedacht hatte, das wäre eine gute Idee, bei so einer Maßnahme eine Evaluation reinzuschreiben, damit der Senat das auch macht, denn vielleicht macht er es sonst nicht. Was hat der Senat gemacht? – Er hat es eben nicht gemacht. Tut mir leid, da werde ich ein bisschen fuchsig, wenn wir eine Regelung im Gesetz haben, der Senat sich einfach nicht dran hält und einen Monat vor Auslauf der Regelung kommt: Na, dann streichen wir sie eben weg. – Ich erwarte von einem Senat, dass er sich

an die Gesetze hält, die das Parlament beschlossen hat, nicht mehr und nicht weniger.

[Beifall bei der LINKEN]

An anderer Stelle würde ich ja auch sagen, ich kann Anfragen stellen, das weiß ich zugute, ich glaube, die Innensenatorin und der Staatssekretär wissen es auch, die müssen die ja immer unterzeichnen, wenn ich nette Fragen an den Senat habe. Wissen Sie was? – Ich habe die Anregung aus dem Innenausschuss auch schon aufgenommen, habe diese Woche eine Anfrage eingereicht.

[Beifall von Martin Matz (SPD)]

Das Problem ist, die Antworten werde ich erst haben, wenn dieser Gesetzentwurf von Ihnen schon beschlossen ist, und ich hätte ja einfach schon gern Antworten von Ihnen gehabt. Ich habe doch am Montag im Innenausschuss nachgefragt: Was sind denn die konkreten Erfolge? Herr Dregger, nennen Sie mir einen konkreten Sachverhalt! Herr Matz, nennen Sie mir einen konkreten Sachverhalt! Am besten nicht einen, sondern wenn wir zig Menschen abhören, dann wäre es doch gut zu wissen, was draus geworden ist. Wenn wir das haben, dann ist das doch eine Entscheidungsgrundlage, auf der wir hier als Gesetzgeber auch verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen können. Das fände ich schon, gerade in Fragen der inneren Sicherheit sollten wir nicht so aus dem Bauchgefühl entscheiden, sondern auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, gerade, wenn es um die Sicherheit geht, sollte es gerade Ihnen das doch auch wert sein. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Da der Kollege schon auf dem Weg ist, deute ich das als sicheres Zeichen, dass er antworten möchte. – Der Kollege Matz hat das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sonst würde man mir noch nachsagen, dass ich tatsächlich jetzt den Gegenstand der Beratung nicht ernst nehmen würde. Das sollte es nun wirklich nicht heißen, sondern das ist schon wichtig, dass wir zur Telekommunikationsüberwachung und auch zur Standortermittlung von mobilen Geräten eine gesetzliche Regelung haben. Ich glaube, dass wir inzwischen über den Punkt hinaus sind zu sagen, nur mit einer Evaluierung können wir beurteilen, ob wir das wirklich brauchen. Ich glaube schon, dass klar ist, dass wir das brauchen. Es gibt hier allerdings auch enge Grenzen. Das gehört auch dazu. Die Standortermittlung solcher Geräte darf – das sagt uns auch das Bundesverfassungsgericht – nicht so ausarten, dass quasi alle drei Minuten auf den Knopf gedrückt wird und nachher das Bewegungsprofil eines Bürgers oder einer Bürgerin dieser Stadt entsteht.

Das muss ausgeschlossen sein, und das ist auch ausgeschlossen.

Aber dass wir grundsätzlich zur Abwehr von schweren Gefahren, zur Abwehr von Straftaten eine solche Regelung benötigen – – Ich bin in der Tat dann auch gespannt auf die Antworten, wie oft wir die dann tatsächlich nutzen. Ich glaube, das wird nicht so aussehen, als ob hier die halbe Stadt überwacht wird, sondern sehr viel unspektakulärer. Aber in den Fällen, in denen es um die Abwendung schwerer Straftaten geht, ist es, glaube ich, nicht nur gerechtfertigt, sondern auch notwendig, dass wir eine solche Regelung haben.

Wenn wir jetzt noch zu anderen Erkenntnissen kommen bei der Beratung, bei der großen ASOG-Novelle, kann man im Moment noch alles ändern. Hier ging es jetzt einfach nur darum: Fällt die Regelung zum 1. Januar 2025 weg, oder nehmen wir die Frist aus dem Gesetz raus? Da haben wir nach meiner Einschätzung die richtige Entscheidung hier vorliegen, die wir beschließen können.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Dann folgt jetzt für die Linksfraktion der Kollege Schrader.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Befugnissen zu Grundrechtseingriffen sollte man es sich als Gesetzgeber niemals leicht machen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

So leicht, wie Sie sich das gemacht haben, Herr Matz, hat es sich auch die SPD damals nicht gemacht. Wir haben 2021 in der Koalition nach langer Diskussion an vielen Stellen das ASOG verbessert. Es waren auch Punkte zur Stärkung der Bürgerinnen- und Bürgerrechte dabei. Das ist übrigens etwas, wovon Schwarz-Rot jetzt wirklich weit entfernt ist. Aber auch mit Befugnissen haben wir uns auseinandergesetzt, und am Ende waren wir uns dann auch einig: Der Einsatz von TKÜ und Standortermittlung wird befristet, er wird unabhängig, wissenschaftlich evaluiert, und erst danach entscheiden wir, ob diese Befugnisse wirklich gebraucht werden.