Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war schon etwas erstaunt, diesen Gesetzgebungsantrag zu lesen. Der Kollege Simon hat es gerade gesagt. Der Druck und die Veröffentlichung der letzten Schulgesetznovelle, wo auch der § 55 angefasst wurde, im Gesetzblatt ist noch nicht einmal ganz trocken, mit der erneuten Hoffnung, mehr Gelingen in die Sprachförderung der betroffenen Kinder zu bekommen, denn wenn man sich das mal anguckt, ist das ein Projekt, das schon 2008 ins Schulgesetz Eingang gefunden hat.
Wir haben keine gesetzlichen oder Verordnungsprobleme, sondern wir haben tatsächlich ein Umsetzungsproblem. Die Kollegen haben das gerade schon gesagt. Da wird jetzt der x-te Versuch unternommen. 2008 gab es eine Gesetzesnovelle, 2010, 2014, 2024. Jetzt ist es eben an der Zeit zu gucken, wie das in die Fläche umgesetzt wird. Vorher war es eher ein Problem, dass keine Angebote da waren, dass keine Kitaplätze da waren, um die Familien zu unterstützen. Da kommen Sie mit einem Verordnungsverlangen, dass jetzt mal irgendwelche Bußgelder erteilt werden sollen.
Erst mal muss die neue Sprachstandsfeststellung durchgeführt werden. Da müssen die Familien unterstützt werden. Dann muss geguckt werden, wie sich der Prozess evaluiert. Irgendwann später kann man darüber reden, ob man
irgendwelche Bußgeldvorschriften braucht. Jetzt geht es erst mal darum, dass die Umsetzung erfolgt. Da wünsche ich den Bezirken, der Verwaltung und den anderen Beteiligten gutes Gelingen, damit tatsächlich die 3 000 Kinder, die vorher immer durchs Netz gefallen sind, gute Chancen haben.
Man könnte eigentlich denken, die AfD kümmert sich jetzt um geflüchtete Kinder. Das glaube ich nicht, sondern Sie kommen von hinten rum und sagen: Die Eltern haben alle kein Interesse an der Bildung ihrer Kinder. – Das ist totaler Quatsch,
weil das der normale Durchschnitt von Elternschaft ist, den wir hier in der Stadt haben. Die einen brauchen mehr Unterstützung, die anderen vielleicht noch nicht so ganz. Die müssen wir unterstützen, und da wünsche ich uns allen gutes Gelingen. Das muss passieren. Wir brauchen an der Stelle sicherlich keine Bußgeldbescheide.
In Form und Inhalt möchte ich mich meinen beiden Vorrednern und Vorrednerinnen anschließen. Es ist genau so, wie die beiden es gesagt haben. Ich möchte mich mit dem Inhalt des Antrags noch ein bisschen mehr auseinandersetzen, denn die AfD stellt mit diesem Plan Eltern unter Generalverdacht. Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der AfD, fordern, dass Eltern automatisch gemeldet werden, wenn ihr Kind nicht zur Sprachstandsfeststellung erscheint, nicht weil es dem Kind schlechtgeht, nicht weil eine echte Kindeswohlgefährdung vorliegt, sondern weil ein Test nicht gemacht wurde. Das ist nicht nur absurd, es ist gefährlich.
Was heißt das in der Realität? – Die Jugendämter sind jetzt schon überlastet. Sie kämpfen tagtäglich mit echten Gefährdungen von Kindern. Jetzt soll jede Familie unter Verdacht gestellt werden, nur weil ihr Kind an einem Test nicht teilnimmt. Das ist keine Bildungspolitik, das ist Misstrauen gegen Eltern von Marzahn über Neukölln bis Spandau.
Ja, wir haben so etwas schon einmal erlebt, in zwei deutschen Diktaturen. In der DDR und im Nationalsozialismus
wurden Kinder aus Familien geholt, wenn sie nicht ins System passten. Damals wie heute geht es um eines: Sie und Ihre geistigen Vorgänger misstrauen den Eltern. Wir als Koalition machen das Gegenteil. Wir setzen auf Vertrauen statt Kontrolle. Wir erleichtern den Kitazugang mit dem Kitachancenjahr. Wir sorgen dafür, dass Kinder gern in die Kita gehen, weil die Qualität stimmt.
Wissen Sie, was der eigentliche Skandal ist? – Kinder haben nicht mal ihre eigenen Rechte im Grundgesetz. Hätten Kinderrechte endlich Verfassungsrang, dann ginge es nicht nur um Zwang, sondern um echte Bildungschancen.
Dann wäre der Staat verpflichtet, in gute Kitas zu investieren. Sie von der AfD bauen Drohkulissen auf. Wir bauen Kitas aus. Sie wollen Kontrolle. Wir wollen Chancen. Sie stellen den Staat gegen Familien. Wir wollen, dass Kinder eine echte Zukunft haben.
Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, und Ihre Drohpolitik gehört in den Mülleimer. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich muss es das Ziel sein, dass möglichst alle Kinder mit einem Sprachförderbedarf bereits frühzeitig die Kita besuchen. Unter Rot-Rot wurde, nach unseren Informationen 2006, nicht 2008, die Sprachstandsfeststellung im Schulgesetz verankert. Jetzt unter der schwarzroten Koalition wird der Kitagutschein zum dritten Geburtstag automatisch verschickt. Die Sprachförderung umfasst regelhaft sieben Stunden statt vorher fünf Stunden. Ob der Begriff Kitachancenjahr für diese beiden Maßnahmen nicht etwas übertrieben ist, sei mal dahingestellt. Das haben wir an anderer Stelle schon diskutiert. Aber wir unterstützen dieses Vorgehen.
Ihr Vorgehen seitens der AfD-Fraktion, das Sie hier beantragen, lehnen wir klar ab. Glauben Sie wirklich, dass Sie mit flächendeckenden Bußgeldern und automatischen Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung Familien vom Kitabesuch ihres Kindes überzeugen können? Sie fordern Maßnahmen gegen Zuwiderhandlungen, um die Nichtteilnahme der Kinder am Kitabesuch zu unterbinden. Was wollen Sie denn machen? Wollen Sie die Vorschulkinder polizeilich abholen lassen? Sie haben sich vorhin selbst entlarvt, Herr Tabor, indem Sie gesagt haben: Ohne Sprachkenntnisse keine Einschulung! – Ihnen geht es gar nicht um die Kinder. Ihnen geht es um den Ausschluss von Kindern mit Migrationsgeschichte, und das werden wir nicht zulassen.
Was es wirklich braucht, sind aufsuchende Sozialarbeit und direkte Ansprache etwa durch Stadtteilmütter, die Sie von der AfD abschaffen wollen, obwohl sie so wichtig sind, um niedrigschwellig über den Kitabesuch zu informieren und dafür zu werben. Es braucht deutlich mehr als eine Einladung zur Sprachstandsfeststellung. Es braucht die persönliche Ansprache und die Beziehungsarbeit.
Wir regen zudem an, die Zugangshürden weiter zu senken und den Kitagutschein bereits zum ersten Geburtstag zu versenden, denn ab da gilt auch der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Kita ist Sprachförderung. Daher sollten externe Sprachförderangebote nur nachrangig zum Tragen kommen, wenn es nicht genug Kitaplätze in der Region gibt, weil dieses gemeinsame inklusive Lernen den Kindern die besten Chancen bietet.
Sie von der AfD-Fraktion haben aber mit Ihren Anträgen in der Vergangenheit bereits immer auf Ressentiments, Exklusion und Segregation gesetzt, zum Beispiel zu den Deutschgarantieklassen. Das ist nämlich Ihre Position. Deswegen ist Ihr Antrag heute wenig glaubwürdig.
Ihr Antrag setzt fast ausschließlich auf repressive Maßnahmen wie Bußgelder und Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung, statt die Hürden für den Kitabesuch zu senken, die Familien direkt anzusprechen und den Kitabesuch intrinsisch zu unterstützen, denn das ist die Voraussetzung für gelingende Bildungsbiografien. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Vielen Dank! – Der Abgeordnete Tabor erhält noch mal das Wort für eine Zwischenintervention. – Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Es ist mal wieder völlig absurd, was Sie da hineininterpretieren. Erst mal stellen wir die Familien und Eltern nicht unter Generalverdacht. Das ist völlig absurd.
Hier geht es einzig und allein um den Schutz der Kinder, die guten Unterricht erwarten. Das sind auch die Kinder, die kein altersgerechtes Deutsch sprechen können, wenn sie eingeschult werden. Auch die erwarten einen guten Unterricht, erst recht die Kinder, die bereits altersgerecht vernünftig deutsch sprechen können. Es geht hier nicht um Migranten oder Deutsche, sondern es geht hier um die Kinder. Ich habe das weder in meiner Rede gesagt noch steht das in unserem Antrag, es geht nicht um Migranten oder Deutsche. Es geht um Kinder.
Auch Deutsche sind leider mittlerweile oftmals nicht mehr in der Lage, vernünftig altersgerecht Deutsch zu sprechen. Ich habe vier Kinder. Meine Kinder können das vernünftig, aber es gibt tatsächlich Kinder in ihren Altersgruppen, die das nicht können.
Wir stellen auch nicht den Staat gegen die Familien auf, nur weil wir das verbessern wollen. Sie tun immer so, als wäre alles wunderbar in dieser Stadt. Die Familienpolitik wäre wunderbar. Die Schulpolitik ist wunderbar. Sie paraphrasieren alle Probleme, die wir in dieser Stadt haben, und tun so, als müssten wir nicht wirklich was tun. Wir sind seit 2016 in diesem Abgeordnetenhaus. Seit 2017 bin ich dabei. Wir reden wirklich jedes Jahr über die gleichen Themen, und nichts verbessert sich grundlegend.
Das muss Ihnen doch auch irgendwann mal bewusst werden, dass sich in dieser Stadt nicht wirklich etwas verbessert. Bei allen Vergleichsarbeiten, Vergleichstests, Studien, und wie sie alle heißen, sind wir Schlusslicht oder Vorletzte. Das ist das, was Sie machen. Sie sind so abgrundtiefes Mittelmaß in dieser Stadt; alle, wie Sie hier sitzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
[Zuruf von Kristian Ronneburg (LINKE) – Frank-Christian Hansel (AfD): Uns gibt es doch nur, weil ihr versagt habt!]
Herr Tabor! Sie sagten selbst: Ohne ausreichende Sprachkenntnisse kein Schulbesuch! – Was heißt denn das?
Nein, das heißt, dass Sie nicht möchten, dass die Kinder, die noch nicht ausreichend Deutsch sprechen können, Chancen bekommen, und das ist das, was ich kritisiere und sage: Das werden wir nicht mitmachen. Die Schule muss inklusiv sein.