Protokoll der Sitzung vom 13.03.2025

Tagesordnungspunkt 39

§ 55 Schulgesetz endlich ernst nehmen – Sprachstandsfeststellung und vorschulische Sprachförderung konsequent umsetzen

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 19/2271

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. – Bitte schön, Herr Abgeordneter Tabor, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Berliner! Mit Erlaubnis der Präsidentin beginne ich mit einem Zitat von Johann Gottlieb Fichte:

„unermeßlichen Einfluß auf die ganze menschliche Entwicklung eines Volks“

hat

„die Beschaffenheit seiner Sprache“.

Zitat Ende. – Die deutsche Sprache ist also der Schlüssel zur Bildung, zur Integration und zum sozialen Aufstieg generell. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse ist ein erfolgreicher Bildungsweg in Deutschland kaum möglich.

[Beifall bei der AfD]

Es ist unsere Pflicht als Erwachsene sicherzustellen, dass alle Kinder diese wichtigste Grundlage erhalten. Jedes Jahr werden Tausende Kinder eingeschult, die nicht in der Lage sind, dem Unterricht zu folgen, weil sie die Unterrichtssprache, unsere Landessprache Deutsch nicht beherrschen. Dies ist kein individuelles Versagen, sondern ein strukturelles Problem, das durch eine nachlässige Bildungspolitik verursacht wird.

Wir müssen uns klarmachen, was hier auf dem Spiel steht: Ein Kind, das in der Schule nicht versteht, was die

Lehrkraft sagt, wird auch den Stoff nicht begreifen. Es wird ausgeschlossen, es wird frustriert sein, es wird irgendwann abgehängt sein. Es wird im Zweifelsfall den Unterricht stören oder die Schule schwänzen. Ohne deutsche Sprachkenntnisse gibt es keine Bildung, und ohne Bildung gibt es keine Zukunft. Punkt. So einfach ist es.

[Beifall bei der AfD]

Was macht der Staat? – Er schaut teilweise zu. Trotz bestehender Gesetze, die eine verpflichtende Sprachstandsfeststellung und vorschulische Sprachförderung vorsehen, werden diese Regelungen nicht konsequent umgesetzt. Das Ergebnis: eine teilweise verlorene Generation ohne Chancen auf ausreichend Bildung, Integration und gesellschaftlichen Aufstieg. In unserem Antrag sind wir auf aktuelle Daten der Senatsverwaltung aus unserer Schriftlichen Anfrage eingegangen. Der Prozess der Sprachstandsfeststellung wird stets mit der Einladung rund zwei Jahre vor der Einschulung begonnen. Wird bei den Kindern ein Sprachförderbedarf festgestellt, bleiben also nur knapp eineinhalb Jahre für die gezielte Sprachförderung. Dann kommt nämlich schon die Einschulung. So weit die Theorie!

Schauen wir mal in das wahre Berliner Leben: Von 3 655 eingeladenen Kindern sind nur 1 354 zum Test erschienen, somit schon einmal 2 300 Kinder auf der Strecke geblieben. So weit, so schlimm! Bei vier von fünf getesteten Kindern wurde Sprachförderbedarf festgestellt oder angeschrieben.

[Rolf Wiedenhaupt (AfD): Unglaublich!]

Jetzt wird es noch schlimmer: Nicht einmal die Hälfte dieser ohnehin nur kleinen Anzahl getesteter Kinder hat dann tatsächlich die Auflagen zur Sprachförderung erfüllt. Bei unserer vereinfachten und damit verbildlichten Hochrechnung muss davon ausgegangen werden, dass fast 2 400 Kinder ohne ausreichende altersgerechte Kenntnisse der deutschen Sprache am 1. August 2025 eingeschult werden. Wir finden das indiskutabel.

[Beifall bei der AfD]

Genau an dieser Stelle sollte auch das linksgrüne Schwadronieren von gleichen Bildungschancen verstummen. Sie hatten in der Vergangenheit ausreichend Zeit, dieses Problem zu erkennen, zu analysieren, es anzugehen und es zu verbessern. Sie haben aber hoffnungslos versagt!

[Beifall bei der AfD]

Lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Wer seinem Kind den Erwerb der deutschen Sprache verweigert, nimmt ihm bewusst die Zukunft. Das ist nichts anderes als eine Form von Kindeswohlgefährdung.

[Beifall bei der AfD]

Deshalb fordern wir als AfD: Sprachstandsfeststellungen müssen verpflichtend und konsequent durchgesetzt

(Rolf Wiedenhaupt)

werden. Eltern, die sich weigern, müssen mit Konsequenzen rechnen. Kinder mit Sprachdefiziten müssen verpflichtend an Sprachförderprogrammen teilnehmen. Keine Einschulung ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Punkt!

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Die bewusste Verweigerung der Sprachförderung muss als Kindeswohlgefährdung geahndet werden. Hier darf der Staat ausnahmsweise nicht mehr länger wegschauen.

Wenn wir Chancengleichheit ernst nehmen – Sie reden alle ohne Unterlass davon –, dann müssen wir bei der Sprache beginnen. Bildung beginnt mit Verstehen, und Verstehen beginnt mit der deutschen Sprache. Warum? – Weil wir in Deutschland leben. Punkt!

[Beifall bei der AfD]

Noch einmal zur Fragestunde: Frau Senatorin GüntherWünsch hat Fragen bekommen und hat geantwortet. Der große Anteil derer, die an durchaus lösbaren Aufgaben beim Probeunterricht zur Aufnahme auf ein Gymnasium scheitern, unterstreicht, wie wichtig unser Antrag zur Sprachstandsfeststellung ist. Hier werden die Grundlagen gelegt. Eines ist klar: Ein Deutschland, in dem Kinder nicht mehr richtig Deutsch lernen, ist ein Deutschland ohne Zukunft. Lassen Sie uns das gemeinsam verhindern! Lassen Sie mich mit einem etwas abgewandelten Zitat von Ernst Moritz Arndt zum Schluss kommen: Wer seine Sprache nicht achtet und liebt, achtet auch nicht auf seine Kinder. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Simon das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sprache, Deutsch, ist absolut notwendig für unser gesellschaftliches Zusammenleben, für unser schulisches, für berufliche Chancen, für die Schule. Dafür ist es notwendig, so gut Deutsch zu verstehen und zu sprechen, dass man im Unterricht nicht nur gut folgen kann, sondern sich auch gut beteiligten kann.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Haben wir in Berlin ein Problem? Gibt es Herausforderungen? –

[Rolf Wiedenhaupt (AfD): Ja!]

Ja! Unzweifelhaft und mit ganz großem Nachdruck ja! So ist es, diese Herausforderungen sind da. Sie waren da, sie sind da, und sie werden da sein. Sie sind groß, und sie werden noch größer werden, denn in unserer Stadt leben

Menschen, die nicht mit der deutschen Sprache aufgewachsen sind. Sie leben dauerhaft in unserem Land, und sie dürfen hier leben. Die Allermeisten von ihnen bereichern unsere Heimatstadt, wir heißen sie willkommen und ermutigen sie, wenn notwendig ihre Deutschkenntnisse schnell zu verbessern.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE)]

Besonders hilfreich für Kinder, die nicht mit Eltern aufwachsen, deren Muttersprache Deutsch ist, ist es, viel Zeit mit anderen Kindern und Erwachsenen zu verbringen, deren Muttersprache Deutsch ist. Was tat die CDU? Was tat Rot-Schwarz? – Ja, Sie haben richtig gehört, RotSchwarz! Schon 2011 bis 2016, in unserer Koalition, haben wir nicht nur das Problem gesehen, wir haben gehandelt, gemeinsam gehandelt und entschieden gehandelt. SPD und CDU haben seinerzeit die wöchentliche Förderung von Kindern mit Sprachförderbedarf von 15 auf 25 Stunden erhöht und den Test für die Kinder um sechs Monate nach vorne gezogen, damit eine längere Förderung stattfinden kann.

[Beifall von Lars Bocian (CDU), Heiko Melzer (CDU), Alexander Freier-Winterwerb (SPD) und Melanie Kühnemann-Grunow (SPD)]

CDU und SPD, die jetzige Koalition, können daran nahtlos anknüpfen. Wir können das aber nicht nur, wir tun das auch. Ja, wir tun es! SPD und CDU, wir beide, haben im Koalitionsvertrag im April 2023 vereinbart, das Kitachancenjahr einzuführen. Ein starkes Signal, ein wichtiges Signal für die Eltern, ein wichtiges Signal für die Familien, ein wichtiges und starkes Signal für unsere Berliner Kinder und die Chancen unserer Berliner Kinder.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Was passiert in Berlin? – Erstens: CDU und SPD vereinbaren das Kitachancenjahr im Koalitionsvertrag. Zweitens: Die Berliner Landesregierung unter dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner nimmt das Kitachancenjahr in die Richtlinien der Regierungspolitik auf. Drittens: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie unter Führung der Senatorin Katharina Günther-Wünsch erarbeitet ein Konzept zur Einführung des Kitachancenjahres. Viertens: Die Regierungsmehrheit in diesem Parlament schafft die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Einführung des Kitachancenjahres. Einen Teil davon haben wir schon gemacht; ein Teil kommt noch. Fünftens: Die Verwaltung arbeitet an den notwendigen Schritten in der Verwaltung für die Einführung des Kitachancenjahres.

Was ist seit April 2023 – das habe ich eben schon genannt – zur Einführung des Kitachancenjahres schon geschehen? – Erstens: Das Berliner Schulgesetz ist geändert worden. Zweitens: Die Information zur vorschulischen Sprachförderung, also zum Kitachancenjahr, sind

(Tommy Tabor)

auf www.berlin.de auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch, Russisch, Türkisch, Arabisch und auf Vietnamesisch abrufbar. Drittens: Es gibt wieder freie Plätze in den Kindergärten, in den Tagespflegestellen in Berlin. Die politisch geförderte massive Schaffung von neuen Plätzen in den letzten Jahrzehnten zahlt sich aus. Es gibt also nicht nur einen theoretischen Anspruch auf einen Platz, sondern die konkrete Chance, dass jedes Kind einen Platz erhalten kann.

Ja, es ist noch viel zu tun, um das Kitachancenjahr umzusetzen, denn es sind viele Schritte, viele Teilprojekte, die noch anzugehen sind, die sich in der Umsetzung befinden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kitaträger, die Tagesmütter, die Tagesväter, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Verwaltung und auch wir Parlamentarier sind weiterhin gefordert, und wir werden noch etliche weitere Schritte gehen. Unter anderem wird das Kitafördergesetz noch geändert werden müssen, das KitaFöG. Wir wollen sie gehen, wir werden sie gehen, für unsere Berliner Kinder und ihre Zukunft! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU und der SPD]