Protokoll der Sitzung vom 13.03.2025

so teuer, dass man es sich gut überlegen muss, ob man nicht doch noch den Weg zum nächsten Mülleimer findet oder auch seinen Sperrmüll und alte Matratzen auf legalem Weg entsorgt. Das geht oft sogar kostenlos mit unserer fleißigen BSR, siehe die zahlreichen Kieztage. Besonders dramatisch ist: In der Absicht, viel Gewinn zu erzielen, weil die Entsorgung hier besonders teuer ist, werden alte, giftige Baustoffe und andere Schadstoffe illegal entsorgt, und das oft in Verbindung mit Schwarzarbeit.

Viele andere Länder und Städte machen es uns vor. Da kann die Kippe aus dem Autofenster mal schnell 3 000 Dollar kosten oder eine Entsorgung in der Natur 100 000 Euro und mehr – Bußgelder, die wirklich abschrecken, und das kann man direkt an der Sauberkeit dort messen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Tino Schopf (SPD)]

Die finanziellen Auswirkungen für das Land Berlin sind enorm. Auch wenn die BSR gerade streikt, sammelt sie sonst fleißig den illegalen Müll ein. Der BSR-Streik ist übrigens überhaupt kein Grund, seinen Müll jetzt einfach auf die Straße zu stellen und dort stehen zu lassen. Das ist dann immer noch illegal. Die Kollegen von der BSR werden auch wieder fleißig arbeiten, wenn sie nicht mehr streiken, und den Müll abholen, und dann kann man ihn auch zu den Kieztagen bringen.

Jedes Jahr steigen die Kosten für die Beseitigung dieses illegalen Mülls. Ich habe heute gerade direkt noch mal nachgefragt, allein die Berliner Stadtreinigung schätzt, dass die Ausgaben für das Jahr 2024 bei über 10 Millionen Euro liegen, Tendenz stark steigend. Um das mal in Perspektive zu setzen, wir können mit diesen 10 Millionen Euro jedes Jahr 30 neue Spielplätze bauen – jedes Jahr! – oder den Kürzungsdruck minimieren. Dazu kommen noch weitere Kosten in den Bezirken, den Berliner Forsten, den Pächtern landeseigener Flächen und natürlich auch bei den vielen privaten und ehrenamtlichen Vereinen und Berlinern, die sich immer wieder bei der Beseitigung der Vermüllung engagieren. Wir müssen heute handeln, damit unsere Stadt morgen nicht im Müll versinkt!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

In einem zweiten und wichtigen Schritt müssen die Bezirke in die Lage versetzt werden, illegale Müllentsorgung vernünftig zu verfolgen und Täter auch dingfest zu machen. Dazu arbeiten wir an einer Taskforce Müll nach Wiener Vorbild, und die krassen Müllhotspots sind ja eigentlich auch alle bekannt. Neukölln mit seiner Soko Müll ist da ein sehr gutes Vorbild, dem wir folgen wer

den. Die Bußgelder sollen auch den Bezirken zugutekommen.

Ich appelliere an alle Fraktionen in diesem Haus: Lassen Sie uns gemeinsam handeln! Stimmen Sie unserem Antrag zu!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Eine saubere Hauptstadt ist nicht nur Wohlfühlen, sondern auch Sicherheit und Lebensqualität. Kurz gesagt: Wir alle wollen die saubere Stadt. – Danke!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Und für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Schneider das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Ja, wir sprechen hier über ein wichtiges Thema. Wir sprechen über Müll in Berlin, zu viel Müll in Berlin. Und die Koalition hat jetzt vorgeschlagen, die Bußgelder zu erhöhen, denn dadurch würde der Müll gar nicht mehr so häufig im öffentlichen Raum auftreten.

[Heiko Melzer (CDU): Nicht richtig zugehört!]

Das ist eine nette Idee, wenn die Bußgelder durchgesetzt, wenn die Tatbestände geahndet würden, dann könnte ich mir einen Abschreckungseffekt vorstellen. Aber das ist ja mitnichten der Fall. Ich habe dazu mal eine Schriftliche Anfrage gestellt. Da kam raus: In Friedrichshain-Kreuzberg wird am meisten geahndet, in anderen Bezirken gar nicht. Das Problem liegt auf der Hand: Die Bezirke haben nicht die Mittel, nicht das Personal, um konsequent zu ahnden.

Aber eigentlich sprechen wir ja, wenn wir jetzt über Bußgelder für die Ablagerung von Müll im öffentlichen Raum sprechen, quasi über das Ende der Symptomkette und nicht über den Anfang. Und ja, wir müssen auch das Ende bekämpfen. Wir wollen nicht, dass illegale Müllablagerungen stattfinden. Aber wir müssen gleichzeitig auch darüber sprechen: Wie vermeiden wir eigentlich Müll? Als Land Berlin haben wir das Konzept der ZeroWaste-Stadt. Unser Ziel ist also, Müllproduktion, Müll einzudämmen.

Deswegen haben wir auch hier im Parlament über die Verpackungsteuer auf Einweggeschirr lange diskutiert. Ich will sie an dieser Stelle noch mal nennen. Herr Bocian, Sie hatten es gerade gesagt: Ihnen wurden 10 Millionen Euro als Kosten für die Entsorgung genannt. Ich sage mal: Dagegen gerechnet wären 50 Millionen Euro Einnahmen zu erwarten durch die Ver

(Lars Bocian)

packungsteuer auf Einweggeschirr. Einweggeschirr sind To-go-Becher und solche Essbehältnisse, die man einmal benutzt und dann wegwirft. Leider werden diese Behältnisse oft in Grünanlagen entsorgt, wo sie natürlich nicht entsorgt werden sollen. Dagegen könnte man sehr einfach etwas tun, wenn man wirklich was gegen die Vermüllung in dieser Stadt unternehmen möchte. Da muss ich noch mal das Bedauern ausdrücken, und ich hoffe, dass Sie jetzt nach dem Urteil, das dieser Verpackungsteuer auf Einweggeschirr ja zugestimmt hat, weiterkommen, vielleicht diesen Gesetzesentwurf erneut einbringen und sich darum kümmern, dass wir wirklich weniger Müll in dieser Stadt haben, und zwar nicht durch Schaufensteranträge oder dadurch, Bußgelder zu erhöhen, die niemand durchsetzt, sondern durch wirklich wirksame Maßnahmen, denn die brauchen wir in Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich will aber gleich vorwegnehmen – Sie hatten ja um Zustimmung gebeten, klar, ist ja Ihr Antrag –: Wir werden nicht zustimmen. Wir werden auch nicht ablehnen. Wir werden uns enthalten, da dieser Antrag aus unserer Sicht nicht schädlich ist. In einer anderen Welt, wo es mehr Durchsetzung gäbe, wäre er wahrscheinlich sogar gut. Deswegen haben wir uns auf die Enthaltung geeinigt, nur damit das einmal hier verdeutlicht ist.

Ich will aber noch zwei, drei Punkte machen. Sie sprechen davon, dass vor allem versiegelte Flächen besonders gesäubert werden sollen. In diesem Antrag fehlen die ökologischen Flächen wie Wälder und Parks, und auch das Straßenbegleitgrün kommt aus unserer Sicht deutlich zu kurz. Das sind die Orte, die wir in Berlin sauber brauchen für die Menschen, für die Bürgerinnen und Bürger, die sich hier aufhalten, aber auch für die Biodiversität und für die Tiere, Pflanzen, die dort wohnen. Deswegen: Bitte vergessen Sie das nicht! Die Kollegin von der SPD wird sicherlich darauf eingehen.

Frau Kollegin! Wenn Sie mögen, kann die Kollegin von der SPD auch eine Zwischenfrage stellen.

Oh ja! Es sieht so aus, aber – –

Frau Abgeordnete Vierecke, bitte schön!

Vielen Dank, Frau Schneider! Sie sagen, wir sollen uns mehr um die öffentlichen Grünanlagen und so kümmern. Ist Ihnen bekannt, dass wir mit der Koalition beschlossen haben, dass die BSR auch mehr von diesen reinigt? Zah

lenmäßig sind wir da immerhin jetzt bei 273, glaube ich, und auch weitere Spielplätze. Das ist ja genau der Punkt, den Sie jetzt gemacht haben.

Ja, das ist richtig. Das ist mir bekannt. Wir haben ja sogar zusammen damit angefangen, die Reinigung der BSR auszuweiten. Wie ich aber vorher auch gesagt habe, ist ja der Punkt nicht, immer mehr Reinigung zu haben, sondern dafür zu sorgen, dass es weniger Reinigung braucht. Das meinte ich mit der Symptombekämpfung am Ende, oder mit am Anfang ansetzen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dahin würde ich gern gehen. Ich habe mich konkret zu Ihrem jetzigen Antrag geäußert, zu dem Thema, das im Antrag drinsteht, an welchen Stellen besonders gereinigt werden soll, und da sind mir diese Flächen zu kurz gekommen. Aber insgesamt: Bitte nicht Symptombekämpfung, sondern Ursachenbekämpfung, liebe Koalition! – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Und für die SPD hat nun auch die Kollegin Vierecke das Wort hier am Pult. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn jemand mit dem Auto in den Wald fährt und seinen Bauschutt oder giftigen Müll ablädt, dann ist das eine Straftat, und ich finde, das muss auch teure Konsequenzen haben.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wenn jemand Anpflanzungen in Grünanlagen mutwillig zerstört, dann ist das rechtswidrig, und dafür ist auch ein hohes Bußgeld fällig. Und wenn jemand eine Kippe einfach auf den Gehweg entsorgt, bei jeder Zigarettenfluppe mal eben 60 Liter vergiftet, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass das nicht okay ist und dass das auch mindestens eine Ordnungswidrigkeit ist.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Wer Müll illegal entsorgt, verstößt gegen das Gesetz und schadet Mitmenschen und der Umwelt, und genau deshalb erhöhen wir die Bußgelder für illegale Müllentsorgung. Und das finde ich absolut richtig.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich sage es Ihnen auch ganz klar: Ich habe keine Lust mehr auf eine dreckige Stadt, auf Matratzen, die auf dem Gehweg liegen, auf benutzte Kaffeebecher auf dem Boden – dazu komme ich gleich, Frau Schneider –, auf die

(Julia Schneider)

Zigaretten, die einfach weggeworfen werden, weil der Gang zum nächsten Mülleimer als zu weit empfunden wird.

Frau Kollegin! Würden Sie auch eine Zwischenfrage der Kollegin Schneider erlauben?

Sehr gern eine Zwischenfrage!

Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Frau Kollegin! Was sagen Sie dazu, dass es ja bisher für all die Tatbestände, die hier aufgeführt sind, auch schon Bußgelder gab? Ist Ihnen bekannt, das es ja lediglich um eine Erhöhung der Bußgelder geht? Und wie soll das kassenwirksam werden, wenn es nicht durchgesetzt wird?

Ich komme ja noch in meiner Rede dazu. Die hat ja gerade angefangen. Von daher sage ich Ihnen das auch gern, aber ich glaube, wir müssen bei dem Thema Müll einfach wirklich mit allen Playern vorangehen. In diesem Antrag geht es – und das war uns als SPD-Fraktion total wichtig – eben nicht nur um die Erhöhung der Bußgelder, sondern genau um die Umsetzung. Das ist nämlich der Knackpunkt, wie man die Bußgelder am Ende eintreibt. Ich glaube aber auch, es ist noch mehr. Wir brauchen einen Kulturwandel in dieser Stadt. Es muss sich einfach falsch anfühlen, Müll wegzuschmeißen. Und man darf damit auch nicht einfach so davonkommen.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Wer jetzt sagt: Nein, das schaffen wir nicht in Berlin, Berlin ist halt so –, dem sage ich: Nein! Es gibt ein ganz klares Vorbild: Fahren Sie nach Wien – das machen wir als Ausschüsse ja eigentlich auch ganz gern, nächste Woche zum Beispiel der Digitalisierungsausschuss – und schauen Sie sich die Stadt an, die 2007 mit ihrer Kampagne „Saubere Stadt“ angefangen hat! – Da traut sich heute keiner mehr, seinen Kaffeebecher wegzuschmeißen oder seine Fluppe auf die Erde zu werfen, und wenn doch, dann wird es eben richtig teuer. Der Grund für diesen Wandel ist genau, dass man stärker in die Umsetzung gekommen ist. Da gibt es die sogenannten WasteWatcher. Es ist quasi festgeschrieben, dass sie eintreiben dürfen, dass sie wirklich befugt sind zu bestrafen, wenn sie jemanden beim, wie es so schön heißt, „müllen“ erwischen. Auch Neukölln hat bereits erfolgreich sogenannte Müllsheriffs im Einsatz.

Das genau – und so steht es im Antrag – wollen wir stärken. Das ist ein Modell, das wir ausbauen wollen. Wir möchten, dass die Bußgelder, die bezahlt werden, direkt an die Bezirke gehen. So können diese Gelder weiter für Sauberkeit ausgegeben werden. Es muss also ein Vorteil sein, wenn ich Leute dazu befuge, illegalen Müll zu finden und auch Leute dann letztendlich dingfest zu machen. So tragen sich die Müll-Sheriffs im besten Fall finanziell gleich selbst.

[Beifall bei der SPD und der CDU]