Protokoll der Sitzung vom 27.03.2025

Deswegen ist es schlicht Unsinn zu sagen, dass die Ausbildungsplatzumlage Unternehmen belastet. Das ist Quatsch, denn wenn man auf die Unternehmen und die Betriebe schaut, die ihre Pflicht erfüllen und ausbilden, dann ist die Ausbildungsplatzumlage natürlich eine massive Entlastung der Unternehmen. Wenn wir darüber reden, wie wir Ausbildung stärken wollen, wie wir zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen wollen, dann müssen wir doch die Perspektive der Unternehmen einnehmen, die ausbilden, und nicht die Perspektive der schwarzen Schafe, die nicht ausbilden. Deshalb brauchen wir so schnell wie möglich die Ausbildungsplatzumlage. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Herr Kollege, ich nehme an, Sie möchten keine Zwischenfrage mehr beantworten? Der Kollege Wiedenhaupt aus der AfD-Fraktion hätte sonst das Begehr, eine zu stellen.

Nein, vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Dr. Bahar Haghanipour (GRÜNE)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Arbeit und Soziales. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 39

Berlins Städtepartnerschaften weiterentwickeln – für eine Städtepartnerschaft mit Tel Aviv

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD Drucksache 19/2312

Der Kollege Cywinski für die CDU-Fraktion fängt an.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Solidarität – unsere Stadt hat diese in Zeiten von Teilung und Kaltem Krieg vielfach erfahren. Auch dank des Beistands unserer internationalen Freunde leben wir heute in Frieden in einer wiedervereinigten Stadt. Die Berlinerinnen und Berliner haben das nicht vergessen. Heute kann unsere Stadt ihrerseits internationale Solidarität üben. Zur Verfügung hierfür steht das Mittel der Städtepartnerschaften, und der Senat hat dieses über zwei Jahrzehnte etwas vernachlässigte Instrument neu belebt. Ein starkes Zeichen der Solidarität mit Israel wollen wir heute mit Ihnen gemeinsam setzen.

Das Land hat sich noch nicht von den barbarischen Terrorattacken vom 7. Oktober 2023 erholt. Über 1 000 Zivilisten wurden zum Teil bestialisch massakriert. Die Terroristen der Hamas halten noch immer verschleppte Menschen unter unmenschlichen Bedingungen gefangen. Unser Mitgefühl und unseren Beistand wollen wir durch den Abschluss einer Städtepartnerschaft mit einer israelischen Stadt zum Ausdruck bringen, und welche Stadt würde sich dafür besser eignen als Tel Aviv?

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der Frühlingshügel, wie die Stadt auf Deutsch übersetzt heißt, wurde 1909 von 66 jüdischen Familien gegründet. Während der Nazityrannei in Deutschland und in weiten Teilen Europas entwickelte sich Tel Aviv zum Zentrum jüdischer Einwanderung. Heute haben Berlin und Tel Aviv viele Gemeinsamkeiten. Beide sind vielfältige, bunte, diverse und kulturell lebendige Metropolen. Beide Städte sind stark in den Bereichen Wissenschaft und Forschung. Sowohl Berlin als auch Tel Aviv verfügen über eine große Start-up-Szene. Auch bestehen zwischen beiden Städten bereits vielfältige kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen, die man mit der Städtepartnerschaft noch weiter vertiefen kann. Ich möchte zudem noch darauf hinweisen, dass sich unter den 18 Partnerstädten Berlins noch keine israelische Stadt befindet – ein Zustand, den der Senat ändern will. Wir wollen dies mit unserer parlamentarischen Initiative unterstützen.

Konkret hat unsere Heimatstadt in den letzten zwei Jahren schon beispielhaft internationale Solidarität geübt. Besonders deutlich wurde das auch in der vergangenen Sitzung des Ausschusses Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien. Der aktuelle Stand der Städtepartnerschaft mit Kiew stand auf der Tagesordnung. Wenige Monate nach dem Amtsantritt unterzeichnete Kai Wegner mit Vitali Klitschko eine Städtepartnerschaft zwischen den beiden Hauptstädten. Seit über drei Jahren leidet die vom russischen Diktator Putin völkerrechtswidrig überfallene Ukraine unter dem Krieg. Ein verbrecherischer Raketenkrieg Russlands auch gegen die Bevölkerung ukrainischer Städte fordert dabei zahlreiche Opfer. Allein die Zahl der Amputationsverletzungen in der Ukraine wurde Mitte vergangenen Jahres auf 30 000 bis 50 000 Menschen geschätzt. Im Rahmen eines Abkommens vereinbarten beide Städte daher auch gegenseitige humanitäre Hilfe. Ein Beispiel hierfür ist das Städtepartnerschaftsprojekt Prothesenzentrum Berlin-Kiew. Im Rahmen des Projekts wurden ukrainische Prothesentechnikertrainees in Berlin in der Herstellung von Prothesen geschult. Ziel ist es, in Kiew die Versorgung verwundeter Soldaten und Zivilisten dauerhaft zu verbessern.

Städtepartnerschaften – am Beispiel Kiews wurde es vor zwei Wochen besonders deutlich – sind eben dann erfolgreich, wenn sich aus dem symbolischen Akt der Unterzeichnung eines Vertrags auch konkretes, vielschichtiges und solidarisches Handeln entfaltet. Mit dem heutigen Antrag wollen wir die von unserer Heimatstadt gepflegte internationale Solidarität nahtlos fortsetzen. Dabei hat der Antrag auch eine besondere Dringlichkeit. Städte wie das belgische Lüttich schließen Beziehungen zu Israel aus. Das spanische Barcelona hatte sogar eine Städtepartnerschaft mit Tel Aviv zeitweise ausgesetzt. Antisemitische Straftaten in unserem Land nehmen zu, auch und in erschreckendem Maß in unserer Heimatstadt. Lassen Sie uns heute und hier gemeinsam ein solidarisches Zeichen gegen den Hass setzen! Stimmen Sie dem Antrag zu!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Omar.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tel Aviv und Berlin verbindet eine lange und tief verwurzelte Beziehung mit vielen Gemeinsamkeiten. Beide Städte sind dynamische, vielfältige Metropolen mit einer offenen und lebendigen Zivilgesellschaft, die Vielfalt und Toleranz lebt. Als jemand, der vor einigen Jahren in Tel Aviv war und mit vielen Menschen und Initiativen gesprochen hat, kann ich sagen, dass diese Stadt mit ihrer Innovationskraft, Dynamik und Vielfalt in vielen Bereichen ein wertvoller Partner für Berlin sein kann, sei es in

(Vizepräsident Dennis Buchner)

der Start-up-Szene, in der Kultur oder in der Technologie. Diese Städtepartnerschaft darf aber nicht nur eine symbolische Geste der Solidarität mit Israel sein. Sie bietet vielmehr die Chance, die bereits bestehende Verbindung zwischen den beiden Städten weiter zu stärken und der Zivilgesellschaft gerade in Israel, in Tel Aviv nach den furchtbaren Terroranschlägen der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober 2023 ein starkes Signal der Unterstützung zu senden.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD]

Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Menschen in Tel Aviv auch in den letzten anderthalb Jahren mit großer Entschlossenheit für die Freilassung der Geiseln und einen nachhaltigen Frieden in Israel, in Palästina gekämpft haben. Erst letzten Samstag sind mehr als 100 000 Menschen in Tel Aviv auf die Straße gegangen und haben für einen Frieden mit den Palästinensern demonstriert, ja, gegen die eigene rechte Regierung von Premierminister Netanjahu. Was mir persönlich in dieser Woche auch Hoffnung gegeben hat, ist, dass auch die Menschen in Gaza zu Tausenden auf die Straße gegangen und gegen Hamas aufgestanden sind und für einen Frieden mit Israel demonstriert haben.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Menschen in Tel Aviv und im Gaza-Streifen sehnen sich nach nichts mehr als einem dauerhaften Frieden. Wir sollten Sie tatkräftig unterstützen. Sie sehnen sich nach einem Leben ohne Terror und Kriege, die bereits das Leben von Tausenden von Menschen auf beiden Seiten gekostet haben, unschuldige Menschen, Kinder und Frauen.

Herr Regierender Bürgermeister Kai Wegner! Städtepartnerschaften sind keine Pokalsammlung, sie sind Werkstätten der Zukunft. Deshalb dürfen sie nicht nur als politische Symbole verstanden werden. Der Senat hat in der Vergangenheit leider zwar Städtepartnerschaften verkündet und gegründet, aber zu oft versäumt, sie mit Leben zu füllen. Deshalb dürfen wir sie nicht nur als politische Symbole verstehen. Eine echte Städtepartnerschaft schafft nachhaltige Dialoge durch konkrete Projekte und Ideenaustausch. Es geht darum, gemeinsam etwas in den Gesellschaften zu bewegen. Es geht darum, dass wir dieselbe kulturelle und gesellschaftliche Zusammenarbeit stärken. Berlin sollte diese Städtepartnerschaft mit Tel Aviv nutzen, um die Beziehung zu Israel zu vertiefen und das Modell der Städtepartnerschaft generell neu zu beleben. Deshalb fordern wir den Senat auf, den Worten auch Taten folgen zu lassen.

Diese Städtepartnerschaft sollte insbesondere folgende Punkte in den Vordergrund stellen: Friedensarbeit stärken, Kooperation zwischen israelischen und palästinensischen NGOs aus Berlin und Tel Aviv fördern, denn die Menschen in beiden Städten kämpfen für einen dauerhaf

ten Frieden durch Dialog, Zivilgesellschaft stärken, Austauschprogramme für Aktivistinnen und Aktivisten, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzen, in beiden Städten stärken und nicht zuletzt Klimaschutz voranbringen, Tel Avivs innovative Wassertechnologie mit Berlins Energiewende verbinden und weiterentwickeln. Ich bin überzeugt, diese Städtepartnerschaft kann ein wichtiger Schritt zu einem friedlicheren und innovativeren Dialog zwischen unseren Städten werden, wenn wir auch die richtigen Maßnahmen auf den Weg bringen. Wir als Grünenfraktion jedenfalls unterstützen Sie und werden auch dafür sorgen, dass diese lebendig und nachhaltig wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Für die SPD-Fraktion spricht die Kollegin KühnemannGrunow.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege von der CDU Tom Cywinski hat es schon gerade angesprochen: Im Zuge der Koalitionsvorhandlungen haben wir uns bereits Gedanken gemacht, wie wir die Städtepartnerschaften Berlins weiterentwickeln können. Berlin ist 23 Jahre lang keine Städtepartnerschaft mehr eingegangen. Während die Partnerschaft mit Moskau gerade ruht, war es angesichts des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine eine Herzensangelegenheit von uns und eine wirkliche Geste der Solidarität, eine neue Partnerschaft mit Kiew einzugehen, eine Partnerschaft, darüber konnten wir uns gerade im Übrigen im Ausschuss ein Bild machen, in einer völligen Ausnahmesituation, aber voller gelebter Solidarität. Ich bin sehr dankbar dafür, was beispielsweise die Charité leistet, aber auch Berlin bei der Versorgung der vielen Verletzten und auch bei der Ausstattung mit Prothesen. Das ist mitunter schwer zu ertragen, aber Berlin steht da ganz deutlich an der Seite Kiews.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN]

Das Land Berlin unterhält insgesamt mit 18 Städten auf der ganzen Welt Partnerschaften, größtenteils unmittelbar vor oder nach der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 abgeschlossen. Die meisten Partnerschaften stehen im Zusammenhang mit unserer eigenen Geschichte und sind vor allem durch den Wunsch des wiedervereinigten Deutschlands nach Aussöhnung mit der Welt geprägt. In unserer globalisierten Gesellschaft gewinnen international vernetzte Metropolen als Knotenpunkte von Wirtschaft, Infrastruktur und Wissenschaft zunehmend an Bedeutung. Sie stehen hinsichtlich ihrer Infrastruktur, aber auch in vielen gesellschaftlichen Bereichen vor ähnlichen komplexen Herausforderungen wie Berlin, die nach vielschichtigen Antworten verlangen.

(Jian Omar)

Im Gegensatz zu Berlin unterhalten im Übrigen die meisten unserer Bezirke auf kommunaler Ebene schon sehr lange Städtepartnerschaften mit Städten in Israel, mein eigener Bezirk Tempelhof-Schöneberg seit 1970 mit der kleinen Küstenstadt Naharija im Norden Israels. Was ich aus dem eigenen Erleben kenne, ist, dass diese Partnerschaften sehr intensiv gelebt werden und sehr mit Leben gefüllt werden.

Warum nun ausgerechnet Tel Aviv? – Wir haben es hier schon gehört, Tel Aviv und Berlin sind seit Langem miteinander verbunden. Angesichts der Shoah, dem systematischen Völkermord an etwa 6 Millionen europäischen Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus, trägt Deutschland, aber auch insbesondere Berlin – hier ist der Völkermord geplant worden – eine besondere Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk und dem Staat Israel. Diese Verantwortung gilt es angesichts des weltweit zunehmenden Antisemitismus mit einem starken Zeichen der Solidarität in das Bewusstsein der Stadtgesellschaft zu rücken.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Bahar Haghanipour (GRÜNE)]

Ich möchte aber noch ein paar Worte mehr zu Tel Aviv sagen und warum ich mich freue, dass es ausgerechnet eine Partnerschaft mit Tel Aviv ist, die wir anstreben. Für Berlin bildet eine Städtepartnerschaft mit Tel Aviv natürlich eine zusätzliche Möglichkeit unseres starken Bekenntnisses zu unserer Haltung. Nach der Shoah wurde der deutsch-jüdische Dialog schon in den frühen Nachkriegsjahren aufgenommen. Tel Aviv und Berlin sind aber in nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in einem vitalen Austausch verbunden. Durch eine Städtepartnerschaft könnte dieser Austausch eine neue Grundlage bekommen und noch weiter intensiviert werden.

Ich schaue jetzt mal zur Wirtschaftssenatorin hinüber, die nicht da ist, aber wäre sie im Raum, ihr müsste ich nicht erklären, dass beide Städte, insbesondere die starken Start-up-Szenen beider Städte von einer intensivierten Zusammenarbeit profitieren könnten. Tel Aviv und Berlin gelten in ihren Ländern als Zentren für Kultur, Technologie und Innovation. Ein verstärkter Austausch beider Städte könnte auch hier Synergien schaffen und in den jeweiligen Bereichen befruchtend wirken.

Tel Aviv passt aber auch noch aus einem anderen Grund perfekt zu Berlin. Man könnte fast sagen, jetzt mal salopp, Arsch auf Eimer. Tel Aviv ist bunt, manchmal genauso verrückt wie Berlin, aber vor allem wie Berlin eine Stadt der Vielfalt und Toleranz mit einer riesigen queeren Community. Tel Aviv und seine Bürgerinnen und Bürger, der Kollege Omar hat es gerade gesagt, stehen eben gerade nicht für die Regierung Netanjahu,

[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN]

das beweisen die Menschen, die Demonstrationen sind angesprochen worden, immer wieder eindrucksvoll, wenn sie beispielsweise gegen den Krieg in Gaza oder die Siedlungspolitik und für das Selbstbestimmungsrecht und die Zweistaatenlösung auf die Straße gehen. Diese Haltung zu Frieden und Toleranz teilen Berlin und Tel Aviv.

Nach dem Besuch des Regierenden Bürgermeisters in Tel Aviv im Februar 2024 sehen wir nun eine günstige Situation, möglichst bald die 19. Berliner Städtepartnerschaft zu gründen. Ich hoffe, dass Sie alle diesem Antrag hier zustimmen, und ich sage es einmal auf Iwrit: Toda raba!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN]

Für die Linksfraktion hat Kollege Schatz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die, die es nicht verstanden haben: Die Kollegin KühnemannGrunow hat am Ende ihrer Rede „Vielen Dank“ gesagt.

Ich will vorwegschicken: Wir als Linksfraktion unterstützen natürlich die Städtepartnerschaft mit Tel Aviv.

[Beifall von Anne Helm (LINKE)]