Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Konzept einer Aktuellen Stunde muss diese Koalition, glaube ich, noch verinnerlichen. Auch der Rückblick des Kollegen Stroedter hat nicht erhellt, welches akute, drängende Problem der vielen in diesem Bereich hier behandelt werden soll.
Ich hoffe, Frau Senatorin, es geht heute nicht nur darum zu berichten, wen Sie inzwischen in Berlin und Paris, New York und Dubai getroffen, welche Projekte Sie besucht und welche Preise Sie verliehen haben. Das haben wir oft genug gehört. Denn, Frau Senatorin, Sie sind vor zwei Jahren in einem Ressort gestartet, in dem man glänzen kann, wie das auch Ihren Vorgängerinnen und Vorgängern gelungen ist.
Aber es sind halt auch ziemlich große Fußstapfen. Eine Senatorin, die meint, sich als Sonnenkönigin, als Verkünderin guter Nachrichten einrichten zu können, steht halt als Königin ohne Land da, wenn die Zeiten härter werden. In Krisenzeiten dürfen die Unternehmen und die Beschäftigten eine proaktive, eine ernsthafte Wirtschaftspolitik erwarten, die bei den Berlinerinnen und Berlinern ankommt. Es braucht gute Arbeit, es braucht faire Löhne, es braucht neue Erwerbschancen, damit die Menschen aus der Armutsfalle herauskommen. Es braucht Konjunktur mit sinkenden CO₂-Emissionen. Es braucht die Ausrichtung der Berliner Wirtschaft auf zukunftsfähige Märkte.
Frau Senatorin! Was waren denn Ihre großen wirtschaftspolitischen Linien der letzten beiden Jahre, die die Berliner Wirtschaft krisenfest gemacht haben? 20 Jahre – – Gut, Herr Stroedter, aber wie geht es denn weiter? Viele Unternehmen blicken mit spürbarer Skepsis in die Zukunft. Das zeigen nicht nur die Konjunkturprognosen, das zeigt auch die Realität vor Ort. Stichwort Wirtschaftswachstum! Von 5 Prozent in 2021 auf knapp unter 1 Prozent in 2024, das ist eine heftige Vollbremsung. Das alles schönzureden, verkennt den Ernst der Lage.
Berlins Wirtschaft verliert dramatisch an Schwung. Da heißt es nicht wegzumoderieren, sondern anzupacken. Das ist jetzt die Stunde, Frau Senatorin, um Pflöcke einzuschlagen und hier uns darzulegen, wie Sie die wirtschaftliche Entwicklung in Berlin gestalten wollen. Denn Ihre Haushaltskürzungen haben die Berliner Wirtschaft schon genug gehemmt. Sie verstolpern bei der Förderpolitik ja auch noch das, was nach Ihrem Haushaltchaos davon noch übrig ist. Die Unternehmen und auch die Beschäftigten haben ein verdammtes Recht darauf zu wissen, ob sie mit Unterstützung des Landes rechnen können. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten braucht es klare Kommunikation und Verlässlichkeit.
Eine der Ursachen des politischen Stillstands ist, dass die schwarz-rote Koalition in wesentlichen Punkten uneinig ist. Das fängt bei den Sonntagsöffnungen an und hört bei der Einführung einer solidarischen Ausbildungsumlage noch lange nicht auf. Diese Koalition kann sich nicht darauf einigen, Ausbildungsbetriebe zu unterstützen. Ein echtes Armutszeugnis!
Aber Sie haben es ja auch wirklich nicht leicht mit Ihrem Koalitionspartner, Frau Senatorin. Die CDU hat mit ihrer jahrzehntelangen Sparpolitik im wahrsten Sinne des Wortes einen Trümmerhaufen hinterlassen, auch in Berlin. Es sieht nicht so aus, Herr Stroedter, als wollte die CDU jetzt in die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt investieren – und damit ist nicht der nächste Bauabschnitt der A100 gemeint oder irgendwelche Schwebebahnen, sondern Investitionen, die Berlin sozial gerecht und klimaneutral machen. Die Berliner Unternehmen und die Beschäftigten können das. Frau Senatorin, geben Sie ihnen die Chance! – Vielen Dank!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss ganz ehrlich sagen, Herr Wapler, dass die Grünen, diejenigen, die Stadträte und Bezirksbürgermeister in dieser Stadt stellen – – Dieses Parlament wollte nach der Energiekrise, nach der Coronakrise mit eindeutigen Beschlüssen die Sondernutzungsgebühren für Einzelhändler, für kleine und mittelständische Unternehmen, für Schausteller, für Gewerbetreibende abschaffen. Dass Ihre Dezernenten es nicht hinbekommen und sich weigern, für diese kleinen
und mittelständischen Unternehmen die Gebühren zurückzuzahlen – was dieses Parlament beschlossen hat – und Sie sich hier ernsthaft hinstellen und von Wirtschaftspolitik sprechen, ist wirklich eine Farce der Grünen.
Ich erwarte von Ihrer Fraktionsführung, dass sie ihre Bezirksbürgermeister und Dezernenten einlädt und ihnen erklärt, wie man Wirtschaftspolitik macht. Ich sage das übrigens als jemand, der tief davon überzeugt ist, dass wir Bezirksämter brauchen. Sie schaffen sich mit dem, was Ihre Dezernenten da machen, selbst ab. Es ist eine Schande!
Keine Zwischenfragen, schon gar nicht von den Grünen! Das brauchen wir heute nicht. Vielen Dank! – Natürlich brauchen wir eine funktionierende Messe und neue Formate, die die Wirtschaftssenatorin nach Berlin geholt hat. Und natürlich brauchen wir einen funktionierenden Flughafen, übrigens mit mehr europäischen Destinationen, denn aus den europäischen Ländern kommen die meisten Menschen zu uns. Ich glaube, mit den Langstreckenverbindungen wird das eine große Herausforderung bleiben.
Aber am Ende des Tages geht es uns – das hat Herr Kollege Stroedter schon gesagt – um die Unternehmen, die hier die meisten Arbeitsplätze schaffen, die die meisten Menschen in Lohn und Brot bringen. 2,2 Millionen Menschen arbeiten bei uns im Dienstleistungssektor. Natürlich unterscheiden wir uns da von Ländern wie Bayern oder Baden-Württemberg, die einen starken industriellen Kern haben. 2,2 Millionen Beschäftigte sind es insgesamt und 1,96 Millionen direkt in Dienstleistungen. Deswegen möchte ich auf drei ganz konkrete Punkte eingehen, die ich mir jedenfalls noch wünschen würde und die wir uns gemeinsam als Koalition auch in den nächsten Monaten noch wünschen würden für genau die Menschen, die jeden Tag den Laden am Laufen halten im Einzelhandel, Hotels, Gaststätten und Gastronomie – Menschen, um die Sie sich nicht scheren und um die Sie sich als Opposition nicht kümmern.
Erstens: Hotel und Gaststätten, DEHOGA. Staatssekretär Biel war ja am Anfang der Koalitionsverhandlungen noch nicht ganz so überzeugt. Ich bin total froh, dass die Senatorin und die Staatssekretäre jetzt davon überzeugt sind, dass wir einen DEHOGA-Campus in Berlin brauchen, dass wir einen DEHOGA-Campus schaffen müssen, an dem wir Ausbildungsplätze schaffen können, weiterentwickeln können, an dem auch gerade kleine und mittel
ständische Unternehmen, die das alleine vielleicht nicht können, die die Kapazitäten dafür nicht haben, Menschen – übrigens auch Menschen mit Migrationsgeschichte – in Berufen ausbilden können, die der DEHOGA anbietet. Deswegen ist der DEHOGA-Campus für uns ein ganz wichtiger Faktor, den wir in den nächsten Monaten umsetzen möchten. Ich glaube, auch die Arbeitssenatorin hat daran ein ganz hohes Interesse.
Zweitens – wir haben es erst gestern wieder bei den Stadtentwicklungsthemen besprochen, die das Thema Einzelhandel, Laden- und Geschäftsstraßen betreffen –: der stationäre Einzelhandel, der es nach der Coronakrise, nach der Energiekrise so schwer hat und natürlich in einem existenziellen Wettbewerb steht, da so viele Menschen mit dem Internet beschäftigt sind. Herr BuschPetersen hat es gestern noch mal gesagt, er hat es auch bei uns im Wirtschaftsausschuss gesagt: Zwei von den zehn größten chinesischen Plattformanbietern haben größere Umsätze als der gesamte deutsche stationäre Einzelhandel, nur in Deutschland. – Das macht doch den existenziellen Wettbewerb des Einzelhandels deutlich. Deswegen ist es aus meiner Sicht so wichtig, dass das Hutgeschäft auf der Schönhauser Allee die gleichen Bedingungen hat wie der Späti nebenan. Dieses Parlament hat ein Gesetz beschlossen unter Rot-Rot, wohlwollend, ausgeglichen, in dem das Ladenschlussgesetz klar sagt: In Berlin gibt es acht verkaufsoffene Sonntage, nicht „bis zu“ oder nicht „möglicherweise“, sondern acht. Und ich erwarte selbstverständlich, dass der stationäre Einzelhandel im Wettbewerb mit dem Internet gestärkt wird und dass sich dieses Parlament und selbstverständlich auch die Exekutive an Recht und Gesetz hält und wir den Unternehmen die Möglichkeit geben, wenigstens an diesen acht Sonntagen zu öffnen. Oder wir schalten das Internet ganz ab.
Drittens: das Handwerk. Nichts, aber wirklich gar nichts von dem, was wir in Berlin vorhaben, wird ohne das Handwerk gelingen. Und natürlich haben es die Unternehmen schwer, in dem Fall weniger wegen Corona, aber gerade das Thema Energiekrise hat ihnen wirklich zugesetzt. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das Berliner Vergabegesetz noch einmal anzufassen. Ich glaube, uns auf den Weg zu machen, ein Berliner Vergabe- und Mittelstandsgesetz zu beschließen, hier im Parlament – – Ich habe mir die Wertgrenzen jedes einzelnen Bundeslands noch einmal angeschaut. Wir haben mit Abstand – ich glaube, da sind wir uns einig – die größte Bürokratie bei der Vergabe und die niedrigsten Wertgrenzen. Wie wollen wir es denn schaffen, dass sich gerade die kleinsten und mittelständischen Unternehmen – jetzt halte ich mal die Großen außen vor, die haben große Abteilungen, Rechtsabteilungen und Abteilungen im Vertrieb, die sich mit dem Thema Ausschreibungen beschäftigen – beim Thema Vergabe überhaupt noch
bewerben und den Aufwand eingehen, vielleicht auch das Risiko, dass sie bei der öffentlichen Hand ihr Geld ein bisschen später bekommen, wenn wir diese Wertgrenzen nicht anheben und das Thema öffentliche Vergabe nicht einfacher machen? Ich würde mir parteiübergreifend wünschen, dass wir das gerade für kleine und mittelständische Unternehmen noch angehen und auf den Weg bringen und dem Handwerk noch in dieser Legislaturperiode die Hand reichen.
Ich sage es bei dieser Gelegenheit auch noch einmal: Natürlich hat der Kollege Raed Saleh vollkommen recht, indem er sagt: Das, was vom Bund kommt, brauchen wir beim Thema Wohnungsbauförderung. – Alle Themen der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Stadt, die wir miteinander besprechen, hängen davon ab, ob wir den Wohnungsbau in dieser Stadt hinbekommen, ob wir neue Quartiere entwickeln, ob wir nachverdichten. Da habe ich ehrlicherweise bei der Opposition, bei Grünen und Linken, meine großen Sorgen, ob sie das verstanden haben. Ich glaube nicht, dass sie das verstanden haben. Und natürlich werden wir den Wohnungsbau, gerade in den Entwicklungsgebieten, nur mit einem bestmöglichen öffentlichen Personennahverkehr hinbekommen.
Das wird nicht gelingen, indem man aus Karow oder aus Buch oder auch aus dem Süden unserer Stadt mit dem SUV in die Stadt kommt. Das wird nur gelingen mit einem bestmöglichen öffentlichen Personennahverkehr. Da möchte ich mal an eine ganz aktuelle Diskussion anschließen. Das muss man sich mal vorstellen! Vor diesem Hintergrund laden die Grünen zu einer Pressekonferenz ein, weil drei Poller in der Stadt nicht mehr kommen. Kommen Sie doch endlich mal aus Ihrem intellektuellen Tief raus! Es ist doch abenteuerlich, was die Grünen da machen.
Es geht doch gar nicht mehr um Verkehr. Es geht nicht um die bestmöglichen Lösungen für die Berlinerinnen und Berliner, sondern nur darum, Personen zu diskreditieren und zu zerstören. Das muss enden.
Für all diese Themen, für gute Infrastruktur, guten ÖPNV, Wohnungsbau, den Aufbau dieser Stadt, eine DSL-Leitung, für das, was Frau Giffey und viele andere auch in den letzten Monaten und Jahren vorbereitet haben, brauchen wir die Unternehmen. Wir brauchen sie. Und wir brauchen im Übrigen Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften. Das ist natürlich Teufelszeug für Linke und Grüne. Aber ohne Gewinne bekommen Sie keine Kredite, und ohne Kredite werden Sie Projekte nicht stemmen können. Das ist, glaube ich, der Kern der Wirtschaftspolitik, für die dieser Senat steht.
Ich bin extrem dankbar, dass Kai Wegner als Regierender Bürgermeister und Franziska Giffey das Rad gedreht haben, weil natürlich unter Rot-Rot-Grün irgendjemand immer aus der letzten linken Ecke, der letzten linken Bank gesagt hat: Nein, aber so geht es nicht, das können wir doch auch staatlich machen! – Das ist der Kern dieses Senats, dass privates Engagement, dass Unternehmen vom kleinen Einzelhändler in der Schönhauser Allee bis zu dem großen Unternehmen, das in der Stadt Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft schafft, einen Platz haben, dass sie willkommen sind. Sie sind nicht einfach nur notwendiges Übel. Ich glaube, das ist etwas, was diese Koalition und diesen Senat auszeichnet, den Regierenden Bürgermeister, die Wirtschaftssenatorin, die Senatorinnen und Senatoren und alle, die daran mittun, dass das gelingt und ein Klima entstanden ist, das eben anders ist.
Ich hoffe auch, dass es dabei bleibt, dass Unternehmen und private Investitionen in dieser Stadt willkommen sind und natürlich auch Arbeitsplätze schaffen und ihren Teil dazu beitragen. Das unterscheidet uns von dieser Opposition. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie nicht anders zu erwarten, haben wir von der Koalition bisher das übliche Schöngerede gehört, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht. Der Kollege Stroedter musste sogar bis ins Jahr 2006 zurückgehen, um die wirtschaftlichen Zahlen, die wir haben, einigermaßen erträglich zu machen. Aber ich glaube, es ist Zeit, Klartext zu reden, denn das erwarten die Menschen da draußen.
Das wirtschaftliche Wachstum in Berlin bricht ein. Alle wichtigen Kennzahlen deuten nach unten. Da reicht es auch nicht zu sagen: In anderen Teilen der Republik sieht es noch schlechter aus. – Frau Wirtschaftssenatorin Giffey wird uns sicherlich gleich sagen, dass wir eine Superentwicklung bei den Start-ups haben, dass gerade eine tolle Start-up-Messe in Berlin stattfindet. Da frage ich mich: Merken Sie überhaupt noch, was da draußen in der Stadt gerade los ist? – Die Menschen haben Angst um ihre Arbeitsplätze, weil in Berlin gerade reihenweise kleine und mittlere Betriebe dichtmachen. Da erwarten wir eine Reaktion und eine Antwort des Senats auf diese Entwicklung.
Ich will Ihnen mal ein paar Beispiele nennen, nur aus der Berliner Metallindustrie: HASSE & WREDE in Marzahn, die bauen Schwingungsdämpfer, gehören zu einem Knorr-Bremse Konzern, der Milliardengewinne macht, soll dichtgemacht werden; 120 Arbeitsplätze weg. Fluke baut Hightechprozessoren, soll dicht gemacht werden. HELLA Aglaia in Tempelhof macht dicht; in naher Zukunft: 170 Arbeitsplätze weg. G – ELIT, Spezialwerkzeughersteller in Reinickendorf, da soll in zwei Wellen abgebaut werden; es geht um 300 Arbeitsplätze.
Das sind eher kleine Betriebe, aber wir haben vor Kurzem bei Stadler gesehen, wie schnell es gehen kann, dass auch unsere Großbetriebe betroffen sind. Da ist es an der Zeit, dass der Senat klare Antworten und klare Gegenkonzepte präsentiert. Davon sehe ich bisher überhaupt nichts, sondern nur Schöngerede und Gerede über die Sonntagsöffnungszeiten. Das ist doch wirklich peinlich!