Zu oft haben Sie bewiesen, dass Sie die Zustände in unserem Land eben nicht korrigieren können oder wollen. Mit diesem Vertrauensentzug durch die Wähler können Sie aber nicht umgehen. Sie wollen nicht akzeptieren, dass Sie gescheitert sind.
Doch anstatt einmal in sich zu gehen und über mögliche eigene Fehler nachzudenken, wollen Sie die unliebsame Konkurrenz in Gestalt der AfD verbieten. Sie wollen den Menschen, den Wählern ihre Projektionsfläche für ihre Hoffnungen und Sehnsüchte nehmen. Ich sage Ihnen aber: Das wird nicht funktionieren!
Denn Ihr Handeln demaskiert Sie mehr, als jede Kritik es jemals könnte. Sie beweisen mit Ihrem nicht einmal halbseitigen Antrag nur eines: Sie wollen den demokratischen Wettbewerb aushebeln. Sie wollen die Meinungsfreiheit aushebeln. Sie sind die Antidemokraten!
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Dr. King einen Redebeitrag angemeldet. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch ein. Worauf sich das Verdikt stützt, sollte die Öffentlichkeit aber nicht erfahren. Das Gutachten, das der Einstufung zugrunde liegt, wurde zunächst unter Verschluss gehalten. Trotzdem begann sofort eine Debatte über ein Verbotsverfahren gegen die AfD – eine typisch deutsche Diskussion. Mal ganz abgesehen davon, dass ich die Argumente derjenigen schon stichhaltig finde, die sagen, dass diese Zitatesammlung möglicherweise gar nicht für so ein Verfahren ausreicht: In keinem anderen Land der EU käme man auf die Idee, überhaupt nur darüber zu diskutieren, die größte Oppositionspartei zu verbieten, egal wie grausig sie ist, und die ist grausig. Da gäbe es viele Beispiele, von der FPÖ bis zu den polnischen rechtsextremistischen Monarchisten.
Diese ganze Diskussion ist in vielerlei Hinsicht machtpolitisch instrumentalisierbar. Das haben gerade die Vorgänge in Brandenburg gezeigt. Eine Querfront von CDU über Grüne und Linke bis zu den Jusos drängte eine hochverdiente Sozialdemokratin alter Schule, Frau Lange, aus dem Ministeramt, eine beliebte Politikerin, die ihr Ohr an den Menschen hat
„Ich bin nicht für einen weicheren Umgang mit der AfD, sondern für einen besseren und wirksameren …“
Auf der anderen Seite: Ausgerechnet Die Linke und die Grünen stellen sich voll hinter den Verfassungsschutz, den sie früher mal abschaffen wollten,
Wohlgemerkt: Wir reden über den Verfassungsschutz, den Verfassungsschutz, den Geheimdienst, dessen Geheimgutachten
letztlich doch komplett geleakt wurde und bei Spiegel und Bild-Zeitung landete, den Geheimdienst, der jahrelang dem Morden der NSU-Terroristen zugesehen hat und der so eng mit der NPD verstrickt war,
und der vermutlich auch die AfD massiv infiltriert hat. Mir fielen da schon einige Kandidaten ein, die bei Ihnen eingeschleust wurden.
Die AfD allerdings muss sich vorwerfen lassen, und auch Sie, Frau Dr. Brinker, müssen sich damit konfrontieren, dass Ihre Partei mittlerweile wirklich zu einem Vehikel für Rechtsradikale und Nazis geworden ist. Aus der Zitatensammlung des Verfassungsschutzes, die durchgesickert ist, geht doch hervor, dass es längst nicht mehr nur versprengte Einzelmeinungen von Außenseitern in Ihrer Partei sind. Einiges wurde auch öffentlich zitiert, auch aus Ihrem eigenen Beritt, aus Ihrer Berliner Fraktion – vorhin war die Rede davon –, wirklich abstoßende, dumme Aussagen. Es wäre wirklich interessant gewesen, muss ich sagen, wenn Sie hier mal dazu Stellung genommen hätten; leider kein Wort dazu in Ihrer Rede vorhin.
Ich halte die Verbotsdiskussion nicht nur für hilflos im Umgang mit der AfD, sondern auch für antidemokratisch. Sie zeigt eine gefährliche Tendenz in der Politik auf, Verlust an eigener Glaubwürdigkeit durch Repression zu kompensieren.
Offenbar trauen sich einige Parteien gar nicht mehr zu, AfD-Wähler von ihrer Politik zu überzeugen und zurückzugewinnen.
Das ist doch ein Problem, stattdessen auf Stigmatisierung und Verbote zu setzen. Letztlich stellt man sich damit selbst ein Armutszeugnis aus.
[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Tobias Schulze (LINKE): Da gibt es Applaus dafür! – Thorsten Weiß (AfD): Fleisch von eurem Fleische! – Heiterkeit bei der AfD]
Auch der fraktionslose Abgeordnete Brousek hat einen Redebeitrag angemeldet. – Herr Abgeordneter, bitte schön, Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Ich fange zum wiederholten Male mit einem Zitat von Bertolt Brecht an.
[Lachen bei der AfD – Elif Eralp (LINKE): Brecht würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass Sie ihn zitieren!]
Es ist so: Nach dem 17. Juni sagte die Regierung, das Volk hätte das Vertrauen der Regierung verscherzt und müsste doppelt so viel arbeiten, um das Vertrauen wiederzugewinnen. Wäre es da nicht besser, „die Regierung löste das Volk auf“ und wählte sich ein neues? –
Man sollte sich überlegen, ob man es nicht paraphrasieren kann: Wäre es nicht besser, die Regierung löste eine Partei auf und verböte den Menschen, diese Partei zu wählen, wenn ihnen diese Partei nicht passt? – Das ist doch das, worüber wir reden. Das ist keine juristische Frage, das ist eine Frage politischer Kultur und eines politischen Kulturkampfes. Ich finde es eigentlich ganz ungewöhnlich, dass die AfD, zu der ich übrigens auch kritisch stehe, was mir die Herrschaften drüben nicht abnehmen, da sie mich selbst auf der Toilette nicht grüßen, dass hier – –