Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Zillich! Der ganz alte Gerechtigkeitsskandal, denn Sie hier gerade skizziert haben, ist so groß, dass Sie sechs Jahre in Ihrer Regierungszeit das überhaupt nicht aufgegriffen haben.
Das ist natürlich schon erstaunlich, wenn man hier so ein Geschütz auffährt und dann einfach mal sechs Jahre regiert und dann irgendwie gesagt hat: Ist jetzt aber auch egal.
Damit wird auch schon deutlich, worum es Ihnen in der Sache geht. Das ist wieder mal ein Griff in die sozialistische ideologische Mottenkiste und kein wirklicher Beitrag für die Beseitigung von vermeintlichen Gerechtigkeitslücken und schon gar kein
Beitrag, hier tatsächlich die Einnahmesituation des Staates zu verbessern. – Ich will auch noch mal, trotz allem, auch wenn es eine Shownummer ist, die Sie hier wieder abziehen – – Wie gesagt, als Sie regiert haben, war es kein Thema, jetzt sind Sie in der Opposition, jetzt müssen Sie sich hier dringend positionieren. Das ist schon erstaunlich.
Aber es gibt tatsächlich ein paar Argumente, die hier auch in der Sache dagegensprechen. Zum einen muss man natürlich sagen, wir reden hier von einer doppelten Besteuerung, nämlich hier wird Vermögen besteuert, das schon aus versteuertem Einkommen kommt. Es ist natürlich auch eine Gefahr der Kapitalflucht. Das sieht man auch in den Ländern, in denen es eine Vermögensteuer gibt, wenn sie zu hoch ist. Es ist ungeklärt, wie hoch der Verwaltungsaufwand sein würde.
Das hängt davon ab, was man tatsächlich hier heranziehen würde. Es hat natürlich auch eine negative Auswirkung auf Investitionen. Es ist mittelstandsfeindlich
und belastet Familienunternehmen, und es ist tatsächlich auch die internationale Erfahrung, die dagegenspricht.
Wenn Sie sich im europäischen Rahmen die Länder angucken, die so etwas gemacht haben: In Frankreich musste man es wieder in weiten Teilen revidieren, weil es tatsächlich zu einer Kapitalflucht geführt hat, und in den Ländern, in denen es ist, Sie haben die Schweiz angesprochen, da ist es eine sehr niedrige Vermögensteuer, also kein richtig großer Beitrag, sodass man sich von der Relevanz dieses Themas her auch die Frage stellen kann, ob das etwas bringt.
Auch in Spanien sind die Schwellenwerte sehr niedrig, und in Norwegen gibt es hohe Freibeträge. Also alle, die das haben, sind tatsächlich keine guten Vorbilder für Sie. Ich finde es richtig, man guckt sich vielmehr insgesamt die Abgabenlast an, die die einzelnen Steuerpflichtigen in unserem Land tragen, und da, muss man tatsächlich sagen, ist die Steuerquote bei uns im internationalen Vergleich eher hoch als niedrig.
Um das abschließend zu sagen, und das haben Sie auch gesehen, da haben Sie teilweise selber regiert: Wir haben über viele Jahre, von 2012 bis Corona, teilweise 1 Milliarde Euro Steuerüberschüsse gehabt, und die haben wir auch ohne Vermögensteuer gehabt. Die haben wir gehabt, weil die Wirtschaft gewachsen ist, weil die Leute Beschäftigung hatten, weil sie Steuern gezahlt haben, weil Firmen gegründet wurden, weil Firmen erfolgreich wirtschaften konnten, und deswegen setzen wir auf eine soziale Marktwirtschaft, darauf, dass die Wirtschaft wächst, dass die Leute Arbeit haben, dass sie Steuern zahlen, und damit können wir die öffentlichen Ausgaben finanzieren und den sozial Schwachen helfen.
Also zunächst einmal, Kollege Goiny! Dass wir uns in der Zeit, in der wir an der Regierung beteiligt waren, nicht um die Vermögensteuer gekümmert haben, ist einfach großer Quatsch! Wir hatten es in Koalitionsverträgen stehen. Dass wir dafür keinen Antrag stellen mussten, lag daran, dass wir die Regierung schon darauf verpflichtet hatten. Das kennen Sie vielleicht nicht aus Ihrer Regierungszeit.
Natürlich geht es dabei darum, eine Debatte anzufachen – und diese Debatte ist richtig. Mich wundert, ehrlich gesagt, dass Sie eine gerechte Besteuerung für einen Gegensatz zur sozialen Marktwirtschaft halten. So revolutionär ist das alles nicht. Das Problem ist, dass wir eben genau keine hohen tatsächlichen Steuersätze insbesondere bei den Superreichen haben, sondern dass sie im Verhältnis
zu ihren Einkommen unterdurchschnittlich zum Gemeinwesen beitragen. Das ist der Punkt, um den es geht.
Wenn Sie die Steuerüberschüsse ansprechen, die wir in Rot-Rot hatten: Na, Sie wissen doch auch, weshalb wir da Überschüsse hatten! Weil wir nicht in der Lage waren, die notwendigen Investitionen umzusetzen.
Nehmen Sie einmal Ihre lustigen Bäder, die Sie damals in das SIWA geschrieben haben: Die sind immer noch nicht gebaut. Der Punkt ist doch, dass wir die notwendigen Investitionen auch in den Zeiten, in denen es uns gut ging, immer noch nicht geschafft haben, ausreichend zu machen. Der Finanzierungsbedarf der öffentlichen Hand liegt, glaube ich, auf der Hand, und es bleibt unser Programm, dass alle dazu beitragen wollen. Wenn Sie dagegen sind, dann sagt das etwas über Sie aus!
Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Zillich! Das war ja nun eine etwas schwache Ausrede, warum Sie in Ihrer Regierungszeit da nichts hinbekommen haben – weder als Parlament noch als Senat.
Im Ergebnis waren wir damit einverstanden, dass Sie da nichts gemacht haben, weil es auch Unfug gewesen wäre. Ich wollte nur noch eine Sache richtigstellen: Ich habe von den Haushaltsüberschüssen gesprochen und nicht davon, was aus dem SIWA abgeflossen ist. Natürlich sind wir zu langsam bei der Verausgabung von Investitionen. Das haben wir an anderer Stelle hier schon hinreichend diskutiert. Aber die Haushaltsüberschüsse, die wir erzielt haben, haben uns ja erst in die Lage versetzt, das SIWA mit diesen Überschüssen zu füllen.
Dort ist nicht hinreichend abgeflossen, da gebe ich Ihnen recht, aber die Haushaltsüberschüsse waren natürlich da. Davon haben wir in Berlin besonders profitiert, aus einer Zeit wirklich bedeutenden Wirtschaftswachstums in der gesamten Bundesrepublik, in Europa. Das hat sich auch bei uns in den Kassen niedergeschlagen. Daraus konnten wir nicht nur 5 Milliarden Euro Schulden tilgen, sondern auch tatsächlich dieses SIWA-Sondervermögen anlegen.
Wenn Ihnen dazu also weiter nichts einfällt und Sie jetzt irgendein Thema brauchen, um noch einmal so eine Debatte anzuzählen,
dann sei es Ihnen nachgesehen, aber ein richtig guter Beitrag zur Problematik ist es eigentlich nicht.
Dann folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Schulze. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nur eine Bemerkung: Ich finde es schon ein bisschen amüsant, wenn man hier anderen vorwirft, wie viel sie in ihrer Regierungszeit hinbekommen haben, wenn ich in den letzten zwei Jahren schwarz-roter Regierung vor allen Dingen ein großes Haushaltschaos erlebt habe, aber wenig produktive Gesetzgebung.
Unser Steuersystem ist aus den Fugen geraten, denn noch nie gab es in Deutschland so viele Milliardärinnen und Milliardäre und Multimilliardärinnen und -milliardäre wie heute. Gleichzeitig ist jedes fünfte Kind in Deutschland armutsgefährdet, der Kollege Zillich hat darauf schon hingewiesen. Dem Staat fehlt seit Jahren das Geld für Investitionen in Busse, Brücken und Bibliotheken.
Während die extreme Vermögensungleichheit weiter wächst, verlieren immer mehr Menschen ihr Vertrauen in Staat und Politik. Erst erodiert die Infrastruktur, dann der soziale Zusammenhalt und irgendwann unsere Demokratie. Genau deshalb brauchen wir ein soziales, ein solidarisches und ein gerechteres Steuersystem.