Und deshalb fordern wir: Steuern und Abgaben senken, Tarifautonomie stärken, unternehmerische Freiheiten fördern –
Nein, danke schön! – Wir lehnen diesen Antrag ab – ich glaube, das ist deutlich geworden –, weil er wirtschaftlich unvernünftig, sozial unausgewogen und finanzpolitisch heuchlerisch ist.
Berlin braucht keine immer neue Mindestlohnverordnung, Berlin braucht endlich wieder Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und Respekt vor dem Mittelstand.
Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung hat einen Redebeitrag angemeldet. – Bitte sehr, Frau Senatorin Kiziltepe, Sie haben das Wort!
Senatorin Cansel Kiziltepe (Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Berlin steht für soziale Verantwortung, und soziale Verantwortung zeigt sich nicht in Sonntagsreden, sondern im konkreten Handeln, und genau darum geht es hier heute.
Das Dritte Gesetz zur Änderung des Landesmindestlohngesetzes stellt sicher: Gute Arbeit wird in Berlin fair bezahlt, verlässlich, nachvollziehbar und gerecht, denn wir wollen die Arbeitsbedingungen in dieser Stadt dort verbessern, wo wir als Land direkten Einfluss haben. Wir sagen ganz klar: Öffentliches Geld gibt es nur für Gute Arbeit. Das ist und bleibt unsere politische Leitlinie.
Der Berliner Landesmindestlohn liegt seit dem 1. Mai 2024 bei 13,69 Euro und damit spürbar über dem bundesweiten Mindestlohn. Das ist ein starkes Signal von Berlin aus in die ganze Republik. Sie wissen sicherlich, dass es nur in zwei Bundesländern einen Landesmindestlohn gibt, das sind Bremen und Berlin, und das ist auch ein starkes Signal von Berlin aus.
Aber Stillstand wäre Rückschritt, deshalb schaffen wir mit diesem Gesetz auch eine Grundlage dafür, den Landesmindestlohn zukünftig dynamisch, sozial und praxisnah weiterzuentwickeln. Ein Kernpunkt dieser Reform ist die neue Definition des Landesmindestlohns. Künftig zählt allein der Grundstundenlohn ohne Zuschläge oder Zulagen. So haben wir es ja auch in den Richtlinien unserer Regierungspolitik festgehalten. Das war im April 2024. Warum ist das wichtig? – Weil wir damit sicherstellen wollen, dass Zuschläge für Nachtarbeit, Feiertagsdienste oder besonders belastende Tätigkeiten nicht einfach in die Mindestlohnberechnung eingespeist werden und damit Arbeit entwertet wird. Wer im Niedriglohnbereich arbeitet, verdient nämlich unsere Anerkennung und unsere Wertschätzung.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Sebastian Walter (GRÜNE), Christoph Wapler (GRÜNE) und Damiano Valgolio (LINKE)]
Und das will ich auch sagen: Die Zahl der Menschen in Berlin, die vom Landesmindestlohn und vom Mindestlohn profitieren, ist nicht unerheblich. Es sind immerhin über 350 000 Beschäftigte hier in Berlin, die von einer Erhöhung des Landesmindestlohns und des gesetzlichen
Deshalb ist das Ziel dieses Gesetzes, dass der Landesmindestlohn auch künftig als untere Grenze verlässlich bleibt und nicht ausgehöhlt werden kann, und darum geht es heute. Alles andere würde den Sinn und die Glaubwürdigkeit dieses Instruments infrage stellen. Das ist nicht nur fair, sondern es zeigt Respekt; Respekt vor getaner Arbeit in dieser Stadt. Zugleich schaffen wir mit diesem Gesetz Transparenz und Berechenbarkeit. Künftig wird sich der Berliner Landesmindestlohn an der prozentualen Empfehlung der bundesweiten Mindestlohnkommission orientieren. Das heißt, steigt der gesetzliche Mindestlohn, steigt auch unser Landesmindestlohn. Das soll nachvollziehbar, verhältnismäßig, aber auch verlässlich sein. Der Berliner Landesmindestlohn kann den Bundesmindestlohn auch künftig um bis zu 1,50 Euro pro Stunde übersteigen. Das ist die Balance, die wir brauchen: sozialpolitischer Anspruch und Vernunft. Das verfolgen wir gleichzeitig.
Unser Ziel ist klar: Wer in Berlin 45 Jahre Vollzeit arbeitet, soll im Alter von seiner Rente auch leben können, ohne Angst, ohne Abhängigkeit, ohne Anträge stellen zu müssen. Das ist ein klares Signal gegen Altersarmut.
Der Berliner Landesmindestlohn ist mehr als eine Zahl. Er ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Versprechens, dass Leistung anerkannt und fair entlohnt wird und dass der Staat dort, wo er Geld in die Hand nimmt, Standards setzt. Mit diesem Gesetz schaffen wir also die Grundlagen dafür, dass der Landesmindestlohn auch in Zukunft ein verlässliches, gerechtes und wirksames Instrument bleibt. Ich bitte Sie daher um breite Unterstützung für diesen Gesetzentwurf. – Danke schön!
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Katina Schubert (LINKE) und Damiano Valgolio (LINKE)]
Nach dem Redebeitrag des Senats besteht die Möglichkeit einer zweiten Rederunde. Wird hierfür das Wort gewünscht? – Das sieht mir nicht so aus. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich dazu nicht, dann verfahren wir so.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vergangene Woche waren fast 40 Grad. Das war nicht einfach nur Sommer, das war gefährlich für die Gesundheit und die Funktionsfähigkeit unserer Stadt. Das war Vorbote dessen, was wir im Klimawandel in der Stadt noch zu erwarten haben, und vielleicht auch ein Weckruf dafür, dass wir heute mit Ihnen „Hitzeschutz sofort!“ beraten.
Die Hitze trifft uns alle, aber manche besonders: Sie trifft vor allem die Seniorinnen und Senioren in überhitzten Wohnungen. Sie trifft Menschen in Krankenhäusern. Sie trifft wohnungslose Menschen mit voller Wucht, Menschen, die im Freien arbeiten, Menschen mit hellerer Hautfarbe, Menschen, die Sport machen, die Kinder auf Straßen und Spielplätzen ohne Schatten und auch die Tiere, die, wie die Eichhörnchen, teils tot von den Bäumen fallen.
Die nächste Hitzewelle wird kommen, das ist sicher. Klimakatastrophen rücken näher und sind eine Bedrohung für unsere Stadt. Heute geht es meiner Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aber darum, einfach, pragmatisch und sofort und leicht umsetzbar folgende Forderungen vorzuschlagen. Erstens: Genug trinken! Trinkwasser für alle! Wir brauchen mehr Trinkbrunnen in dieser Stadt. Sie wurden gut angenommen. Sie wurden unter grüner Beteiligung an der Regierung mit aufgebaut. Sie müssen weiter ausgebaut werden. Es muss in dieser Stadt Standard sein, dass man überall ein Glas Wasser bekommt, ob in der Gastronomie oder im Handel. Es muss die Kultur des Trinkwassers für alle geben, und auch den Tieren muss ein Wassernapf hingestellt werden. Das ist doch kein großer Akt.