Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

Im Jahr 2000 spricht flächendeckend im Land niemand von einer aktuell bestehenden Wohnungsnot.

(Abg. Schmiedel SPD: Aber die Bauwirtschaft hängt durch! Bei uns war sie beschäftigt!)

Das ist der entscheidende Unterschied zwischen der Zeit, in der Sie regiert haben, und der Zeit, in der wir jetzt hier Regierungsverantwortung tragen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir sollten uns wenigstens gegenseitig bestätigen, was die Faktenlage hergibt, dass nämlich die Wohnungsmängel aus den Neunzigerjahren jetzt beseitigt sind.

(Abg. Schmiedel SPD: Dank SPD!)

Lassen Sie mich weitermachen. Ich habe ja gerade gesagt, wie die Zahlen zur Zeit der großen Koalition waren.

Wir haben laut Statistischem Landesamt für die nächsten zehn Jahre einen prognostizierten Bedarf von jährlich 33 000 Wohnungen. Die Kommission zur Untersuchung der Wohnungsversorgung in Baden-Württemberg – danke für die Anerkennung, dass auch von einer von der Regierung eingesetzten Kommission kritische Worte kamen – kommt in ihrem Bericht unter dem Strich zu dem Ergebnis: Die Wohnungsversorgung ist aktuell insgesamt gut.

Eine weitere Untersuchung durch das Pestel-Institut kommt zu dem Ergebnis, dass ein Neubaubedarf von 44 000 Wohnungen besteht, empirica kommt auf einen Bedarf von 60 000 Wohnungen. Man kommt insgesamt auf einen Bedarf von etwa 50 000 Wohnungen pro Jahr.

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Im Jahr 2000 haben wir also eine insgesamt gute Wohnungsversorgung in Baden-Württemberg. Wir haben die Prognose, dass wir wohl etwa 50 000 Wohnungen pro Jahr in den nächsten Jahren brauchen. Wir haben bisher im Jahr 2000 – das wird offen eingeräumt, und ich weiß gar nicht, warum man von Ihrer Seite kritisiert wird, wenn man Sachverhalte nüchtern und fachlich sachlich darstellt –

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

in Baden-Württemberg etwa 44 000 Wohnungen zum Bau freigeben.

(Minister Dr. Döring)

(Abg. Schmiedel SPD: Wir reden über das Pro- gramm für 2001!)

Jetzt warten Sie doch einmal ab.

Gehen wir einmal zu weiteren Zahlen. Wenn wir jetzt sehen – Kollege Fleischer und Kollege Hofer haben darauf hingewiesen –, dass in den ersten zehn Monaten dieses Jahres in Baden-Württemberg 17 % weniger Wohnungen zum Bau freigegeben worden sind als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres, dann ist es verantwortungsbewusste Politik, darauf zu reagieren, wie wir drei das hier jetzt tun,

(Abg. Schmiedel SPD: Ihr reagiert doch gar nicht!)

indem wir sagen: „Momentan ist die Wohnungsversorgung ausgeglichen, aber der Bedarf wird zunehmen. Wir müssen dann mehr machen.“ Dann sind konkrete Vorschläge gekommen, was man mehr machen muss. Darum geht es.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Sie reagieren doch im Jahr 2000 gar nicht!)

Warum wird eigentlich jemand kritisiert, der in den vergangenen Jahren mit dazu beigetragen hat, dass wir eine ausgeglichene Wohnraumversorgung haben, jetzt aber sieht, dass wir, um dieses Ergebnis zu halten, in den nächsten Jahren ein bisschen mehr machen müssen? Sie stellen sich hin und kritisieren denjenigen, der sagt: „Das Ergebnis ist heute gut, aber morgen werden die gleichen Aufwendungen nicht mehr ausreichen.“ Da werden wir mehr machen müssen. Das verstehe ich unter verantwortungsbewusster Politik

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! Sehr gut!)

und vor allen Dingen unter Politik, die auch an morgen und übermorgen denkt. Das geht Ihnen offensichtlich völlig ab.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP)

Sie müssen sich auch einmal die nächsten Zahlen anschauen. Sie vergleichen nicht einmal Äpfel mit Birnen, Herr Schmiedel, wenn Sie sagen: „Wir haben damals um 1 Milliarde DM Mittel gehabt.“ Bei 300 000 fehlenden Wohnungen braucht man natürlich mehr Mittel, als wenn keine Wohnungsnot besteht.

Für 2001 stehen uns 116 Millionen DM zur Verfügung. Vom Bund stehen uns für 2001 – Herr Hofer hat darauf hingewiesen – noch ganze 43 Millionen DM zur Verfügung. Das ist das Minimum dessen, was gemacht werden muss.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist der Zustand von 1956!)

Sie haben vorhin gesagt, wir würden nur komplementär finanzieren. Das Land stellt aber 72,6 Millionen DM zur Verfügung. Das sind fast 30 Millionen DM, fast 80 % mehr als die Summe, die der Bund gerade noch zur Verfügung stellt. Also wir tun mehr. Deswegen können Sie hier nicht sagen, wir würden uns hinter dem Bund verstecken. Wir tun ja mehr, weil das, was uns der Bund gnädigerweise hier noch zur Verfügung stellt, völlig unzureichend ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ein weiterer Punkt kommt hinzu: Von der Bundesebene haben wir im Jahr 2000 58 Millionen DM gehabt. 1999 waren es noch 108 Millionen DM, und 1998 waren es noch 127 Millionen DM. Jetzt, wie gesagt, 2001 haben Sie nicht um ein Drittel, sondern auf ein Drittel reduziert. So dreist war bisher wirklich noch niemand. Sie haben auf ein Drittel reduziert. Sie haben als Letzter Grund, hier hinzustehen und zu sagen, die Wohnungsbaupolitik im Land sei falsch. Sie haben als Letzter einen Grund dafür, hier etwas anzumahnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sie verändern und verschlechtern sämtliche Rahmenbedingungen für den privaten Investor. Warum soll sich ein privater Investor unter den steuerlichen Rahmenbedingungen und bei der Änderung des Mietrechts, die Sie jetzt auf den Weg bringen, eigentlich noch im Wohnungsbau engagieren? Das kann man eigentlich nicht nachvollziehen. Anstatt dass Sie die Rahmenbedingungen verbessern und Anreize geben, um das zu erreichen, von dem Sie auf der anderen Seite sagen, dass es notwendig wäre, dass nämlich im Wohnungsbau wieder mehr passiert, verschlechtern Sie die Rahmenbedingungen fortwährend und meinen dann, hier klagen zu können. Deswegen noch einmal: Sie haben als Letzter Grund, sich hier hinzustellen und die Wohnungsbaupolitik der Landesregierung zu kritisieren. Das läuft einfach voll daneben.

(Beifall der Abg. Lieselotte Schweikert FDP/DVP)

Der Kollege Schmiedel hat auch ausgeführt, im Bereich des sozialen Wohnungsbaus machten wir gar nichts mehr. Ich sage Ihnen: Ich halte es für richtig, dass wir 1996 die Eigentumsförderung in den Mittelpunkt gestellt haben. Es gibt gar keine wichtigere, bessere und erfolgreichere Altersversorgung, als Eigentum zu schaffen und in die eigenen vier Wände hineinzugehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deswegen ist die Betonung der Eigentumsförderung nach wie vor richtig. Sie können doch nicht hier hinstehen und nur einseitig sagen, wir förderten jetzt nur noch 300 Mietwohnungen. Für ein Land mit 10,5 Millionen Einwohnern hört sich das natürlich außerordentlich dramatisch an, so, als ob da gar nichts mehr geschähe. Das ist auf den ersten Blick richtig. Es gibt aber auch noch einen zweiten Blick. Herr Kollege Schmiedel, warum verschweigen Sie eigentlich, dass wir beim Wohngeld im Jahr 2001 60 Millionen DM mehr zur Verfügung stellen –

(Abg. Fleischer CDU: Eben!)

Bund und Land zusammen 120 Millionen DM; das sind 60 Millionen DM mehr als bisher – und dass wir über Jahre hinweg rund um die Uhr an die Bundesregierung appellieren mussten – zugegebenermaßen auch an die Vorgängerregierung, aber auch an die jetzige –, das Wohngeld endlich zu erhöhen? Jetzt gibt es beim Wohngeld 120 Millionen DM. Eine Erhöhung des Wohngelds um 60 Millionen DM ist eine Verbesserung gerade für die finanziell eher schwächer Gestellten bei uns, damit sie sich Wohn

(Minister Dr. Döring)

raum leisten und diesen finanzieren können, der für sie dringend notwendig ist. In diesem Bereich gibt es 60 Millionen DM mehr. Auch dies muss doch fairerweise mit erwähnt werden, bevor man hier hinsteht und alles nur herunter kritisiert.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grü- nen)

Gleich. – Nehmen Sie einen anderen Punkt, den wir für wichtig halten. Einer meiner Vorredner hat das gerade auch schon angesprochen: Eigentum schaffen. Wohnungsbau anzureizen heißt auch Verbesserung der Wohnungseigentumsförderung. Das passiert bei Ihnen nicht. Bei der privaten Altersvorsorge fliegt ausgerechnet dieser zentral wichtige Bereich heraus. Er muss hinein, weil Sie sonst keine sinnvolle private Altersvorsorge machen können, meine Damen und Herren. Dieser Bereich muss dabei doch dringend hinein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ingrid Blank CDU: So eine familienfeindliche Ge- schichte! – Abg. Brechtken SPD: Wie willst du das denn machen?)

Dann wurde uns gerade eben auch noch der Vorwurf gemacht, wir machten überhaupt nichts zum ökologischen Bauen, zum Energiesparen, um dort sinnvoll zu bauen. Herr Kollege Witzel hat richtig gesagt und herausgegriffen, dass wir bei der Holzbauweise – –

(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Es gibt kein Programm „Ökologisches Bauen“ mehr! Holzfeuerung wird nicht mehr gefördert! Das ist Fakt!)

Darf ich auch geschwind etwas sagen, weil ich gerade am Rednerpult bin?

(Abg. Brechtken SPD: Aber nur deshalb!)

Sie haben ja in diesem Zusammenhang Recht, Herr Witzel, was die Holzbauförderung angeht. Da haben Sie ja Recht.

(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Gut!)

Aber dass alle in Baden-Württemberg seit 1996 geförderten Neubaumaßnahmen Niedrigenergiebauweise-Ansprüchen entsprechen müssen, ist doch auch klar.

(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Das war unser Antrag, richtig! Das waren wir hier, Herr Döring!)