Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Das war unser Antrag, richtig! Das waren wir hier, Herr Döring!)

Das ist doch eine sinnvolle Maßnahme. – Das machen wir doch. Aber Sie sagen ständig, da würde nichts passieren. Das ist doch aber eine Grundvoraussetzung. Jede Förderung, die wir in diesem Bereich gewähren, hat als Grundbedingung, dass Niedrigenergiebauweise-Anforderungen erfüllt werden. Also passiert doch im Grund genau das, was zwingend notwendig ist, um tatsächlich einer ökologischen Bauweise, einer energiesparenden Bauweise zu entsprechen.

Es bleibt unter dem Strich dabei: Die Wohnungsversorgung 2000/2001 ist ausreichend, insgesamt gut. Jetzt haben die Sprecher der Regierungsfraktionen ausgeführt: Wir

werden 2002/2003 mehr machen müssen, weil wir in die Katastrophe mit 300 000 fehlenden Wohnungen in BadenWürttemberg nicht mehr hineinkommen wollen. Das ist unsere Wohnungsbaupolitik, die gut, vernünftig und erfolgreich ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Halt, halt, halt! – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Nachfrage des Herrn Abg. Schmiedel?

Er hat zwar mit Sicherheit nichts Freundliches mit mir vor, aber ich beantworte auch seine Fragen.

Herr Abg. Schmiedel.

Nein, ich habe nur eine Frage. Ich will zunächst einmal damit beginnen: Wir stimmen ja überein, dass 116 Millionen DM für die nächsten Jahre zu wenig sind und dass man mittelfristig ein höheres Niveau braucht.

Meine Frage, Herr Wirtschaftsminister, lautet: War es denn notwendig, auf diesen absoluten Tiefpunkt zu fahren, weil das ja auch bedeutet, dass viele Unternehmen in der Bauwirtschaft in Baden-Württemberg in die Pleite getrieben wurden? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, vorher die Bremse zu ziehen und sich von oben diesem Niveau anzunähern, anstatt von unten wieder nach oben zu starten?

Soll das denn heißen, verehrter Herr Kollege Schmiedel, dass wir Wohnungen auf Halde hätten bauen sollen? Was soll denn dieser Unsinn?

(Abg. Schmiedel SPD: Modernisieren von mir aus! Wir haben Modernisierungsbedarf!)

Wir haben Wohnungen gebaut, um dem Bedarf zu entsprechen, und das ist der entscheidende Punkt. Das haben wir gemacht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung. Die Großen Anfragen – Buchstaben a und b dieses Tagesordnungspunkts – sind durch die Aussprache erledigt.

(Abg. Brechtken SPD: Wir auch!)

Zu der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 12/5775, liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 12/5816, vor. Ich lasse über diesen Änderungsantrag vorweg abstimmen. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse damit jetzt abstimmen über die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 12/5775, von der Mitteilung des Wirtschaftsministeriums Kenntnis zu neh

(Stellv. Präsident Birzele)

men. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Es ist einstimmig so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 2 abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Sozialministeriums – Novellierung des Landesgleichberechtigungsgesetzes (LGlG) – Drucksache 12/5371

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Haußmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf den Tag genau heute vor fünf Jahren, am 13. Dezember 1995, hat der Landtag das baden-württembergische Landesgleichstellungsgesetz beschlossen. Für die SPD ist dieses Jubiläum Anlass, um zum einen zurückzublicken und Bilanz zu ziehen und zum anderen nach vorn zu blicken und aus den gewonnenen Erfahrungen mit dem Gesetz die notwendigen politischen Konsequenzen zu ziehen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, einen Moment bitte!

Ich bitte um etwas mehr Ruhe, insbesondere auch auf der Tribüne.

Bitte schön, fahren Sie fort.

Nach fünf Jahren ist offenkundig, dass das Landesgleichberechtigungsgesetz novelliert werden muss, und für die SPD ist das nicht erst seit heute offenkundig. Doch die Koalitionsfraktionen waren trotz wiederholter Ankündigungen und Versprechungen nicht zum Handeln bereit.

(Abg. Braun SPD: So ist es!)

Am Ende dieser Legislaturperiode ist es Zeit, dass CDU und FDP/DVP nun endlich frauenpolitisch Farbe bekennen.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Was? – Heiterkeit des Abg. Rech CDU)

Die Wählerinnen und Wähler, Herr Glück, haben nämlich einen Anspruch darauf, vor der Wahl zu erfahren, ob es CDU und FDP/DVP mit der Gleichberechtigung von Frauen ernst meinen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Brechtken SPD: So ist es!)

Meine Damen und Herren, am Anfang des Gesetzes stand die Erkenntnis, dass der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch nicht verwirklicht ist. Auch im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg, so die Gesetzesbegründung vor fünf Jahren, würden Leitungspositionen überwiegend von Män

nern eingenommen. Im höheren Dienst und in den Spitzenpositionen des gehobenen Dienstes sowie in den entsprechenden Angestelltenbereichen seien Frauen trotz gleichwertiger Qualifikationen noch immer deutlich geringer vertreten als Männer. So weit die damalige Gesetzesbegründung, die – daran möchte ich an dieser Stelle erinnern – auch von der CDU mit unterschrieben wurde.

Blickt man aber auf die Umsetzung dieses Gesetzes zurück, so ist die Erfolgsbilanz eher ernüchternd. Zwar leisten die rund 1 000 Frauenvertreterinnen unter diesen unzureichenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eine überaus engagierte Arbeit, für die ich mich namens meiner Fraktion an dieser Stelle ausdrücklich bedanken will,

(Beifall bei der SPD)

aber vom Ziel der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und dem Abbau von Benachteiligungen ist der öffentliche Dienst in Baden-Württemberg immer noch weit entfernt.

Hier die Fakten: Obwohl in der Landesverwaltung 28 % der Beschäftigten des höheren Dienstes und sogar 52 % der Beschäftigten des gehobenen Dienstes Frauen sind, ist der Anteil der Frauen in Führungspositionen völlig unzureichend. Im Bereich der obersten Landesbehörden ist seit 1996 der Frauenanteil bei Abteilungsleitungsstellen mit nur 1,6 % und bei stellvertretenden Abteilungsleitungsstellen mit nur 3,3 % unverändert geblieben. Im Bereich der Referatsleitungsstellen ist der Frauenanteil lediglich um kümmerliche 1,7 Prozentpunkte auf gerade mal 7,8 % gestiegen und im Bereich der stellvertretenden Referatsleitungsstellen sogar nur um 0,8 Prozentpunkte auf 8,4 %.

(Abg. Haas CDU: Man kann die Männer ja nicht erschießen, oder?)

Ein weiteres Manko ist die Freistellungsregelung. In weiten Bereichen der Landesverwaltung sind die Frauenvertreterinnen immer noch nicht im notwendigen Umfang zur Erfüllung ihrer Aufgaben von ihren dienstlichen Aufgaben freigestellt. Lediglich 4 der rund 1 000 Frauenvertreterinnen sind zu 100 % freigestellt, 5 zu 75 % und 21 zu 50 %. Insgesamt 67 Frauenvertreterinnen haben eine Freistellung, die zwischen 16 und 2 Stunden liegt, die Mehrzahl, insgesamt 560 Frauenvertreterinnen, sind entweder überhaupt nicht freigestellt, oder ihr Freistellungsumfang liegt unter 2 Stunden.

Auch im kommunalen Bereich ist die Gesetzesumsetzung völlig ungenügend. Obwohl nach den Vorschriften des Gesetzes Frauenförderpläne erstmals zum 31. Dezember 1997 erstellt werden sollten, hatten bis zur Jahresmitte 2000 nur 26 der 35 Landkreise und nur 92 der 292 Gemeinden über 8 000 Einwohnerinnen und Einwohner Frauenförderpläne erstellt. Das sind keine berauschenden Zahlen; Frau Blank, da müssen Sie mir Recht geben.

(Abg. Haas CDU: Wieso die Frau Blank? – Ge- genruf der Abg. Ingrid Blank CDU: Weils auf ih- rem Zettel steht!)

Weil das die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion ist, Herr Haas.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Brecht- ken SPD: Der lernt das auch noch!)

In 169 Gemeinden – das ist mit 58 % die Mehrzahl – ist ein Frauenförderplan weder erstellt noch in Bearbeitung.

Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern fehlt in der baden-württembergischen Gemeinde- und Landkreisordnung eine Verpflichtung zur Einrichtung der Stelle einer hauptamtlichen Frauenbeauftragten. Es gibt bundesweit 1 732 kommunale Gleichstellungsstellen; in Baden-Württemberg gibt es gerade mal 46 hauptamtlich besetzte Stellen in den Städten, Gemeinden und Landkreisen. Nur 17 davon sind Vollzeitstellen, 29 sind Teilzeitstellen. Damit ist Baden-Württemberg bei der kommunalen Frauenförderung bundesweit Schlusslicht.