Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

Sie wehren sich gegen die Quote, aber Sie bieten auch keine Qualität. Was wir wollen, ist kein Feigenblatt. Wir wollen auch keine bürokratischen Fesseln, aber wir wollen eine vernünftige Basis für ein Personalmanagement der Zukunft in der Landesverwaltung. Diese Grundlage sehen wir nicht gegeben. Wir brauchen ein vernünftiges Gesetz und die politische Autorität zur Durchsetzung.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Bei beidem, meine Damen und Herren, ist hier Fehlanzeige.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Dr. Schlierer REP: Sie haben wieder dasselbe wie im letzten Jahr erzählt!)

Das Wort erhält Frau Abg. Schweikert.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte es mir heute eigentlich leicht machen und auf meinen Redebeitrag vom 27. Oktober des vergangenen Jahres verweisen,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Seither ist nichts passiert! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grü- nen: Das könnten Sie tatsächlich machen!)

in dem ich zum Zwischenbericht der Landesregierung zur Umsetzung des Landesgleichberechtigungsgesetzes Stellung genommen habe. Das will ich aber nicht tun, obwohl das, was ich damals gesagt habe, heute noch uneingeschränkt Gültigkeit hat und seitdem auch keine wesentlichen neuen Aspekte hinzugekommen sind. Ich beziehe diese damaligen Äußerungen daher ausdrücklich in meine heutige Rede mit ein.

Ich frage mich nur, was außer Wahlkampfgetöse die SPDFraktion bei diesem Aktionismusantrag „geritten“ hat. Am 27. Oktober 1999 forderte die Kollegin Haußmann von hier aus eine Novellierung. Im Juli 2000 stellte die SPDFraktion dringenden Bedarf zur Novellierung fest, sage und schreibe neun Monate später!

(Abg. Christine Rudolf SPD: Wir geben Ihnen im- mer die Chance, dazuzulernen! – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es, und es passiert nichts!)

Man muss daran erinnern, dass das Landesgleichberechtigungsgesetz 1995 von SPD und CDU verabschiedet wurde.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! Nach har- tem Ringen!)

Man muss auch daran erinnern, dass einige der im vorliegenden Antrag vorgebrachten Änderungsvorschläge bereits damals im Gesetzgebungsverfahren diskutiert und vom Gesetzgeber eben nicht in das Gesetz aufgenommen wurden.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Aber da standen Sie noch auf der anderen Seite!)

Man muss darauf hinweisen, dass andere Punkte, die in dem Antrag enthalten sind, bereits Gegenstand parlamentarischer Anträge waren. Überhaupt: Warum legen Sie nicht endlich einen Gesetzentwurf vor?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das haben wir!)

Befürchten Sie, er könnte in der Umsetzung möglicherweise genau solche handwerklichen Schwächen haben wie derjenige Entwurf von Ihnen, der heute Gesetz ist? Ich sage es Ihnen: Sie legen deshalb keinen Gesetzentwurf vor, weil nur 20 Mitglieder Ihrer Fraktion bereit sind, einen Antrag einzubringen, und ihr die Gewerkschaftsforderungen und wirklichkeitsfremden Vorstellungen zu weit gehen.

(Beifall des Abg. Kluck FDP/DVP)

Es ist also klar, für welche Hälfte der Fraktion Sie heute hier gesprochen haben, Frau Haußmann.

(Zuruf des Abg. Nagel SPD)

Bei Herrn Maurer wissen wir das ja schon seit einiger Zeit.

Zu Ihrem ersten Punkt, den hauptamtlichen kommunalen Frauenbeauftragten: Erstens: Wenn Sie 1993 unserem Gesetzentwurf zugestimmt hätten,

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ja, das hätte man machen können!)

gäbe es die kommunalen Frauenbeauftragten bereits seit sieben Jahren.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Wa- rum schreibt ihr sie denn jetzt nicht hinein? Ihr seid doch seit vier Jahren in der Regierung!)

Zweitens: Machen Sie doch bitte im Interesse der Frauen und nicht der Gewerkschaften und der Frauenbeauftragten eine realitätsbezogene Politik.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das ist die mündliche Begründung dafür, warum die FDP/DVP überflüssig ist!)

Was nützt den Frauen der Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Kommunen durch Gesetz verpflichtet werden können, hauptamtliche Frauenbeauftragte zu bestellen? Sie wissen doch, dass dies trotzdem von der CDU als Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung abgelehnt wird. Sie fordern Regelungen, die zu einer Verkürzung der Amtszeiten der Frauenvertreterinnen und zu einer Vervielfachung von Wahlen führen würden. Sie fordern gesetzliche Regelungen, obwohl für die Umsetzung Ihres Anliegens eine Gesetzesänderung nicht erforderlich ist. Was soll das?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wovon reden Sie?)

Halten Sie das ernsthaft für sinnvoll?

Nun zum wiederholten Mal zu den alten Hüten der SPD. Die SPD will die Vergabe öffentlicher Aufträge an soziale und beschäftigungswirksame Standards binden. Statt Standardabbau ist aber, meine ich, Standardaufbau angesagt. Keine Frau wird durch diese Regelungen auch nur eine Sprosse auf der Karriereleiter nach oben steigen.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Sie waren wohl noch nie in Amerika!)

Es kann auch gar nicht Aufgabe einer Landesregierung sein, Firmen in die Personalentscheidungen hineinzureden.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ein Quatsch!)

Aus guten Gründen sind diese wirren Pläne bisher im Land zurückgewiesen worden. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe müssen objektive Kriterien wie fachliche Eignung, Qualifikation und Wirtschaftlichkeit zum Tragen kommen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie haben über- haupt nichts begriffen! Reden Sie schon zum nächsten Punkt, oder was?)

Andernfalls muss der Steuerzahler die höhere Zeche bezahlen.

(Abg. Rech CDU: Genau!)

Die öffentliche Hand ist nicht dazu da, die Probleme des Arbeitsmarkts zu lösen. Frauenarbeitsplätze werden in der Wirtschaft und wesentlich vom Mittelstand geschaffen. Entlasten Sie also endlich die mittelständische Wirtschaft, und befreien Sie sie von den neuen Gängelungen. Drücken Sie dem Mittelstand nicht auch noch zusätzliche Bürokratie auf.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dass es auch ohne Bürokratie geht, hat kürzlich der Justizminister dargestellt. Der Frauenanteil unter den Juristen, die in Baden-Württemberg ihr zweites juristisches Examen abgelegt haben, ist stark gestiegen. Er erreichte mit insgesamt 49 % einen neuen Höchststand. Das wird natürlich auch eine höhere Einstellungsquote zur Folge haben. Das ist ein wichtiges und erfreuliches Zeichen für die Realisie

rung von mehr Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft. Für diese Entwicklung ist allein die Leistung der Frauen ausschlaggebend und nicht irgendeine gesetzliche Vorschrift.

Auf lange Sicht

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie lange Sicht? Noch länger?)

bringen der Aufbau von Netzwerken, Mentoring und die Freiwilligkeit in Behörden und Betrieben wesentlich mehr als gesetzgeberische Vorgaben. Ein wichtiger Ansatzpunkt für eine erfolgreiche und sinnvolle Frauenpolitik ist die Beseitigung konkreter Barrieren, wie insbesondere das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist und bleibt ein Schwerpunkt unserer liberalen Familien- und Frauenpolitik.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Kar- rierefreies Bauen!)

Wenn es richtig ist, wovon wir immer reden, dass Frauenpolitik eine Querschnitts- und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, dann gehören auch Männer dazu,

(Abg. Ingrid Blank CDU: Ganze Männer wie Herr Pfister!)

nicht vorrangig, aber wir sollten sie nicht vergessen!

Ich wiederhole noch einmal meinen Vorschlag, die Frauenvertreterinnen in Gleichstellungsbeauftragte umzubenennen. Ich sage Ihnen auch, warum. Sie sehen ihre Aufgabe zu eng. Ein Beispiel von vielen: Ein allein erziehender Vater zweier Töchter schrieb über seine alltäglichen Probleme – wörtlich –:

Daraufhin habe ich versucht, mich bei der Frauenbeauftragten des Arbeitsamts zu beschweren. Wie erwartet, sagte sie, dass sie für mich nicht zuständig sei, denn sie sei ja schließlich nur für Frauen zuständig, die wegen ihrer Zeit als Alleinerziehende nur benachteiligt seien.