Birgitt Bender
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum guten Schluss komme ich mir hier fast vor wie im falschen Film. Ich lese in der Zeitung, dass CDU-Generalsekretär Kauder die Rentenreform als d a s Wahlkampfthema im Land bezeichnet. Das ist schon einmal interessant, weil Sie sich offensichtlich nicht trauen, mit Landespolitik in den Wahlkampf zu gehen.
Das zeigt ein gewisses Maß an Wertschätzung Ihrer eigenen Leistungen.
Das liest man jetzt.
Als Nächstes erfährt man, die CDU beantrage eine Debatte, gleich am Morgen, Tagesordnungspunkt 1. Da denkt man: Oh, dann werden Sie das jetzt wohl wahr machen.
Die Debatte wird an einem Tag beantragt, von dem man weiß, dass sowohl der Ministerpräsident als auch der Sozialminister etwas Besseres vorhaben. Da fragt man sich schon: Nun denn, wie wird dann wohl dieses Wahlkampfthema bedient?
Dann kommt Herr Mayer-Vorfelder. Herr Mayer-Vorfelder, ich hätte Ihnen ja hier einen guten Abgang gegönnt, wirklich aus Respekt vor einem alten Schlachtross, mit dem mich politisch wenig verbindet.
Aber leider muss ich sagen: Ich fürchte, Sie haben sich keinen Gefallen getan. Es reicht halt doch nicht ganz, eine Rentendebatte zu führen, wenn man nur ein Interview meines grünen Bundestagskollegen gelesen hat.
Deswegen ist es tatsächlich schwierig, hier in der Debatte Stellung zu nehmen. Soll ich Ihnen jetzt hier den Grundkurs geben? Offensichtlich ist der für die CDU-Fraktion nötig.
Wozu soll ich etwas sagen? Okay, reden wir über Frauen. Gute Idee, Herr Haasis. Wir reden über Frauen in der Rentenreform. Dann reden wir zunächst einmal darüber,
dass im Jahr 1999 im Westen die durchschnittliche Rente eines Mannes 1 891 DM betrug, die eigenständige Rente einer Frau im Durchschnitt 854 DM.
Das alles ist unter einem Rentensystem entstanden, für das immerhin 16 Jahre lang die Regierung Kohl Verantwortung getragen hat.
Gleichzeitig wissen wir, dass nicht nur ein Problem der strukturellen Ungerechtigkeit in der Rentenversicherung zulasten von Frauen besteht, Herr Haasis, sondern dass es überdies die erfreuliche Tatsache gibt, dass sich von 1960 bis 1996 die Lebenserwartung von Männern um vier Jahre und die von Frauen um acht Jahre verlängert hat. Das heißt also, man muss ein neues Verhältnis zwischen den Beiträgen, die die junge Generation leistet,
und dem, was die Alten zu Recht an Existenzsicherung erwarten können, finden. Herr Blüm ist so etwas schon mit dem demographischen Faktor angegangen, aber er hatte völlig vergessen, dass dabei nicht nur die Frauen noch schlechter gestellt worden wären, sondern dass es alle nötig gehabt hätten, zusätzliche private Vorsorge zu treiben, und dies hätten Sie nicht unterstützt. Bei Herrn Blüm war da nichts. Dagegen gibt es jetzt für Leute, die sich eine private Altersvorsorge nicht leisten können, eine Förderung.
Jetzt kommen wir wieder zu den Frauen, Herr Haasis, da sollten Sie vielleicht zuhören.
Ich komme auch noch zur Witwenrente. – Vielleicht wissen Sie ja – ich hoffe es –, dass es nun eine kindbezogene erhöhte Förderung der privaten Vorsorge gibt. Deswegen erhält beispielsweise eine allein erziehende Verkäuferin, die 2 000 DM verdient und zwei Kinder hat, bei einem monatlichen Beitrag – Eigenleistung 10 bis 15 DM – über 1 000 DM im Jahr an Unterstützung zum Aufbau einer privaten Vorsorge. Jetzt sagen Sie mir mal, wo die Frauen da benachteiligt sein sollen.
10 bis 15 DM Beitrag im Monat kann sie auch bei einem Einkommen von 2 000 DM leisten.
Jetzt kommen wir noch zur Witwenrente, weil das Ihr Lieblingsthema ist. Sie wird von 60 auf 55 % herabgesetzt, wohl wahr.
Sie wird aber für jedes Kind wiederum um ein Beitragsjahr erhöht. Also ist es doch so, dass gerade für die Frauen, die langjährig Kinder erzogen haben – wir reden jetzt von jungen Frauen, denn das tritt überhaupt nur für Frauen, die jetzt unter 40 sind, in Kraft – und deswegen auf die Wit
wenrente angewiesen sind, diese Aufwertung in Kraft tritt, zusätzlich zur kindbezogenen Förderung der privaten Vorsorge.
Obendrein – auf diese Idee sind Sie auch nie gekommen – wird die Rentenanrechnung für die Menschen – das sind im Zweifelsfall Frauen, die Kinder unter zehn Jahren erziehen und deswegen gar nicht oder nur in geringem Umfang erwerbstätig sind – auch noch erhöht.
Das heißt, es sind gerade die Frauen, die in der Rentendebatte gut wegkommen. Die Grundsicherung – Herr Maurer hat es gesagt – ist ein Schritt, um die verschämte Altersarmut von Frauen zu beseitigen. Es stände Ihnen gut an, wenn Sie das positiv würdigten, anstatt hier einfach nur herumzustänkern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist ja schon finster, was für Argumente hier fallen.
Herr Rapp von den Reps schürt den Sozialneid auf die Russlanddeutschen. Ich wusste gar nicht, dass Sie gegen die jetzt auch schon was haben. Lassen Sie sich mal ein bisschen Sachkenntnis vermitteln. Sogar Herr Mayer-Vorfelder weiß, dass der Steuerzuschuss zur Rentenversicherung inzwischen – die Zahl, die er genannt hat, war nicht ganz richtig – 127,5 Milliarden DM beträgt.
Das ist mehr als ein Drittel der Ausgaben und deckt mithin mehr als alle nicht beitragsfinanzierten Ausgaben ab, also auch die Renten der Russlanddeutschen wie im Übrigen auch die Kindererziehungszeiten. Das dazu.
Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Kollege Noll.
Dass sich ein FDP/DVP-Abgeordneter hier auf einmal in populistischer Manier über die Abgeordnetenrenten verbreitet,
das finde ich schon erstaunlich. Zu Zeiten, zu denen Sie noch gar nicht dem Landtag angehörten, haben wir angestoßen
und auch erreicht, dass sowohl der Grundbetrag als auch die Steigerungsraten bei den Abgeordnetenrenten abgesenkt wurden. Wenn Sie finden, das Niveau sei immer noch zu hoch,
frage ich mich, warum die Regierungsfraktionen keinen Gesetzentwurf vorgelegt haben, um die Abgeordnetenrenten zu senken.
Stattdessen haben Sie hier eine große „Gosch“, um sich Beifall von der Zuhörertribüne zu sichern. Das ist doch eine Unverschämtheit!
Jetzt mache ich weiter, weil ich noch zu Aussagen vonseiten der CDU kommen will.
Nein, ich will mir zuerst die CDU vornehmen.
Herr Mayer-Vorfelder – –
Nein, ich will mir jetzt die CDU vornehmen. Dafür brauche ich meine Redezeit noch.
Herr Mayer-Vorfelder, Sie sagen auf der einen Seite, es gebe immer mehr Leute, die Rente beziehen, und immer weniger, die einzahlen. Das ist richtig. Deswegen muss man etwas tun. Insoweit sind wir uns immerhin schon einig.
Dann warnen Sie vor stetig steigenden Steuerzuschüssen zur Rentenversicherung. Das passt Ihnen nicht. Schließlich sagt der Herr Finanzminister: Es ist aber gemein, wenn das Rentenniveau abgesenkt wird. Da kann ich Sie nur fragen: Wie hätten Sie es denn gern? Wenn die Quadratur des Kreises das Konzept der Opposition im Bundestag ist, dann sage ich: Na dann, gute Nacht!
Herr Stratthaus, Sie haben das Bundesverfassungsgericht als Argument angeführt. In der Tat, es wird demnächst über die Besteuerung der Renten entscheiden. Wenn es zu einem Konzept der nachgelagerten Besteuerung kommt, wird man eine entsprechende Änderung vornehmen.
Stellen Sie sich einmal vor, man hätte im Bundestag gesagt: Wir tun jetzt erst einmal nichts, wir warten auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Dann wären Sie doch die Ersten gewesen – in diesem Fall zu Recht –, die gesagt hätten:
„Es kann doch wohl nicht sein, dass in der Politik Stillstand einkehrt, weil alle auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts warten. Wo gibt es denn so etwas?“
Jetzt zum Argument mit den Immobilien.
Dieses halte ich gerade für interessant. Denn Sie, meine Damen und Herren von der CDU, wissen genau, dass es in der Frage der Anerkennung von Wohneigentum als Alters
vorsorge zwischen Ihnen und uns, den Grünen, keinen Dissens gibt.
Aber man muss sich doch mit dem Problem auseinander setzen, dass man mit Wohnungseigentum a) Pleite gehen kann – sprich Zwangsversteigerung –,
dass man es b) verkaufen
und c) vererben kann.
Dies alles muss man zunächst einmal lösen, wenn man will, dass es eine mit staatlichen Zuschüssen geförderte, sichere Altersvorsorge sein soll.
Dafür könnten Sie doch einmal ein Konzept vorlegen. Ein solches habe ich noch nicht gesehen.
Bitte schön.
Ja, aber es gab darüber schwierige Verhandlungen zwischen Rot und Grün. Das wissen Sie auch.
Wenn Sie ein gescheites Konzept vorgelegt hätten, hätten Sie uns bei der Durchsetzung behilflich sein können. Das haben Sie aber nicht getan.
Jetzt komme ich noch einmal zum Thema Frauen, Herr Mayer-Vorfelder. Sie kritisieren, dass Frauen, die jetzt unter 40 Jahre alt sind und keine Kinder haben, bei der Witwenrente schlechter gestellt würden.
Dagegen werden Frauen mit Kindern – ich erinnere daran – durch die Rentenreform in vielfältiger Weise besser gestellt.
Wir erkennen nach unserem Rentenreformkonzept die Kindererziehung – sie wird ja vorwiegend immer noch von den Frauen geleistet –
ständig als einen förderungswürdigen Tatbestand an und tun damit etwas für die eigenständige Alterssicherung der Frauen. Herr Mayer-Vorfelder,
vielleicht ist das Ihr Problem, dass die Frauen jetzt eine eigenständige Alterssicherung aufbauen können und damit nicht mehr in gleicher Weise wie früher von ihrem Mann abhängig sind.
Das widerspricht Ihrem Frauenbild. Da kann ich nur sagen: Das Frauenbild eines Gerhard Mayer-Vorfelder kann im Jahr 2001 für politische Reformen nicht erkenntnisleitend sein.
Danke schön.
Herr Kollege Reinhart, darf ich Sie fragen, welche Gewalttaten Sie welchen Grünen vorzuwerfen haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als parlamentarisches Motto zu dieser Debatte könnte man schon das Thema „same procedure as every year“ ausrufen. Denn es ist doch so: Jedes Mal, wenn das Thema wieder auf die Tagesordnung kommt – natürlich sind es in erster Linie die Oppositionsfraktionen, die es immer wieder auf die Tagesordnung setzen –, sagt die CDU: „Ha ja, es isch noch schwierig; ha ja, es wird noch besser; ha ja, und jetzt warte ma noch a weng; ha ja, nächscht Jahr...“ Und inzwischen heißt es: in der nächsten Legislaturperiode.
Ja, es kann sein, dass mein Schwäbisch verbesserungsbedürftig ist.
Aber dafür ist Ihre politische Kunst in Sachen Gleichberechtigungsgesetz auch nachbesserungsbedürftig, Herr Kollege Wieser.
Man ist es schon langsam leid, Ihnen das jedes Mal aufs Neue vorzutragen,
weil man denkt, jedenfalls Sie müssten das wissen. Das Publikum weiß das vielleicht nicht ganz. Aber immer wieder dasselbe sagen zu müssen, ist nicht sehr ermutigend.
Ich unterschätze das Publikum keineswegs, Frau Blank. – Ich will natürlich noch etwas sagen, was Ihnen vielleicht doch wehtut.
Es ist ja wahr, was die Landesregierung sagt: Man bekommt jetzt einen Gesetzentwurf, eine Novellierung kaum noch zustande. Das ist wohl wahr. Wahr ist auch, dass es kleinste Verbesserungen gibt. Sie haben darauf hingewiesen, Frau Blank, dass wir jetzt endlich, endlich auch Frauenvertreterinnen an den Staatlichen Schulämtern bekommen,
weil 98 % der Grund-, Haupt- und Realschulen de facto überhaupt nicht in das Gesetz einbezogen waren. Das haben selbst Sie als unbefriedigend empfunden.
Aber was ist denn sonst passiert? Kann es wirklich sein, dass Sie jetzt wieder sagen: „Demnächst wird alles noch besser“? Frau Kollegin Haußmann hat die Zahlen schon vorgelesen, ich will sie nicht wiederholen. Die Frau Staatssekretärin hat noch im letzten Jahr zum Zwischenbericht gesagt, es habe Anlaufschwierigkeiten gegeben. Da kann man nur sagen: Ja, wo laufen sie denn? Wo läuft es denn jetzt mal?
Es läuft doch gar nichts, es verändert sich nichts. Man kann immer nur wieder die Mängelliste herunterbeten:
dass es nach wie vor an der Absicherung kommunaler Frauenbeauftragter fehlt, was den Geltungsbereich des Gesetzes angeht – im Hinblick auf die Gemeinden und auf die Größe der Behörden –, dass die Rechte der Frauenvertreterinnen nicht genügend ausgestaltet sind und die Frauenförderpläne nicht genügend verbindlich sind, dass es keine Sanktionen gibt und nichts konkret getan wird, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer zu organisieren. Ich sehe da reichlich wenig.
Wenn Sie, Frau Lichy, immer als Argument ins Spiel bringen: „Wir sind weniger für bürokratische Gängelung und mehr für Anreize“, dann frage ich auch wieder: Ja, wo sind sie denn? Wir haben dies schon vor ein paar Jahren gemeinsam ins Hochschulgesetz geschrieben; das ist gut so, das haben wir schon lange vorgeschlagen. Aber wo sind denn nun wieder die Anreize? Ich finde, wenn man sie geben will – das ist in der Tat ein gutes Instrument –, muss man das auch ins Gesetz hineinschreiben. Wenn man das schon nicht tut, müsste ich jetzt einmal konkrete Schritte sehen, wo das in der Verwaltungsreform denn Platz hat. Ich sehe davon nichts, sondern auch hier: same procedure as every year. Es wird jedes Jahr aufs Neue angekündigt, dass es schön wäre, wenn man es einmal hätte, und dass man es auch bald machen möchte. Aber davon sehe ich nichts.
Dann muss ich schon, Frau Blank, zum Thema „Schnellschüsse aus Berlin“ sagen: Sie könnten sich ein Beispiel an Berlin nehmen,
denn da gab es ja schon länger ein Gleichberechtigungsgesetz unter Ihrer Regierung, das eben zahnlos war, und heute wird in Berlin eine Novellierung dieses Gesetzes verabschiedet.
Da wird nämlich nachgebessert, damit endlich mehr passiert.
Es wird ein ordentliches Gesetz zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst, in den Verwaltungsbehörden des Bundes geben. Das heißt, Rot-Grün in Berlin macht die Hausaufgaben, aber Sie hier machen Ihre nicht.
Sie wehren sich gegen die Quote, aber Sie bieten auch keine Qualität. Was wir wollen, ist kein Feigenblatt. Wir wollen auch keine bürokratischen Fesseln, aber wir wollen eine vernünftige Basis für ein Personalmanagement der Zukunft in der Landesverwaltung. Diese Grundlage sehen wir nicht gegeben. Wir brauchen ein vernünftiges Gesetz und die politische Autorität zur Durchsetzung.
Bei beidem, meine Damen und Herren, ist hier Fehlanzeige.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir legen heute eine Große Anfrage zum Thema „Gesundheit von Kindern und Jugendlichen unter den Aspekten Umwelt und Lebensstile“ vor. Dafür gibt es gute Gründe; denn Experten und Expertinnen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, seien es nun Kinderärztinnen oder Pädagogen oder auch sonstige Forscher, schlagen Alarm. Sie weisen darauf hin, dass der Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen immer schlechter wird und dass es hier dringenden Handlungsbedarf gibt.
Wir ersehen beispielsweise aus einer Untersuchung, die – nicht in Baden-Württemberg – an Erstklässlern stattfand, dass jedes sechste Kind sich als übergewichtig erwies, jedes dritte Kind einen kontrollbedürftigen oder erhöhten Blutdruck und jedes vierte Kind zu hohe Cholesterinwerte hat. Gleichzeitig ist die Rede von der Erziehung zu Sitzmenschen in der Schule. Wir wissen, dass es mittlerweile nicht nur die ökologischen Gefährdungen sind, die die Kinder beeinträchtigen, sondern dass es auch Risikofaktoren sind, die etwas mit Bewegungs- und Freizeitgewohnheiten zu tun haben. Oder anders gesagt: Die Probleme sind Bewegungsmangel, einseitige Ernährung, Verhäuslichung, weil allein schon die Zunahme des Verkehrs den Kindern kaum noch Möglichkeiten bietet, sich gefahrlos in ihrem Wohnumfeld zu bewegen.
Danke, Herr Präsident.
Auf diese Weise kommen eben viele Gesundheitsstörungen zustande. Das ist ein Problem für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, die daran leiden. Das Problem wird größer, wenn sie erst einmal erwachsen werden. Es ist natürlich auch ein Problem für das Gesundheitswesen und die öffentlichen Haushalte, weil dadurch auch Kosten und Folgekosten entstehen. Deswegen gibt es hier politischen Handlungsbedarf, auf den wir aufmerksam machen wollen.
Die Landesregierung bezeichnet in ihrer Antwort den Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen in BadenWürttemberg als befriedigend bis gut. Anders gesagt: Das Ergebnis ist durchaus verbesserungsbedürftig. Das Ziel ist bei weitem nicht erreicht.
In einer Hinsicht gibt es offenbar Positives zu vermelden. Die Landesregierung sagt uns, dass Atemwegserkrankungen und Allergien bei Kindern in Baden-Württemberg rückläufig sind, und dies entgegen einem bundesweiten Trend. Dieses Ergebnis haben offenbar die Untersuchungen und Beobachtungen der Gesundheitsämter erbracht. Wenn dies so ist, dann ist es gut. Dann wäre aber auch zu fragen: Was zeichnet eigentlich Baden-Württemberg aus, dass es hier besser ist?
Dann könnte man auch daraus Handlungsstrategien ableiten.
Im Wasser und auch im Grundwasser sind zunehmend Arzneimittelrückstände festzustellen. Wie sich das auf den Gesundheitszustand der Menschen und insbesondere von Kindern und Jugendlichen auswirkt, ist bisher weitgehend unerforscht.
Die Datenlage zu diesen lebensstil- und sozial bedingten Risikofaktoren gleicht im Grunde einem Flickenteppich. Es
gibt einige Untersuchungen, aber keine bevölkerungsbezogene und in Intervallen abfragende Erhebung. Diese wäre aber in Baden-Württemberg nötig.
Auch die Landesregierung sieht Anlass zur Sorge in der Zunahme von Störungen, die man bei Kindern und Jugendlichen beobachten kann, insbesondere so genannten psycho- und soziosomatischen Störungen, das heißt Störungen, bei denen die Balance zwischen Körper, Psyche und Umwelt nicht mehr im Gleichgewicht ist.
Besonders betroffen – und das halte ich für einen sehr wichtigen Punkt – sind auch nach Aussage der Landesregierung Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Bevölkerungsschichten. Das heißt, die Gesundheitsfrage bei Kindern und Jugendlichen ist auch und gerade eine soziale Frage, und das, meine Damen und Herren, muss uns beschäftigen. Das hat auch etwas mit sehr engen Haushaltsbudgets zu tun, die schlicht nicht für eine gute Ernährung reichen; es hat aber auch damit zu tun, dass Leute, die es nicht besser wissen, häufig gerade an der Ernährung sparen, wenn sie insgesamt wenig Geld haben.
Wir haben weiterhin aus einer Untersuchung einer Krankenkasse das Problem entnommen, dass Kindern und Jugendlichen zunehmend Medikamente, insbesondere Psychostimulanzien, verschrieben werden, darunter auch ein Mittel gegen die Aufmerksamkeitsstörungen – das ist das so genannte Ritalin –, und das offenbar häufig ohne die dazu notwendige psychotherapeutische Begleitung.
Das haben wir dieser Studie entnommen, Herr Kollege Noll. – Da finde ich es schon ein bisschen dünn, wenn die Landesregierung einfach sagt: „Wir gehen davon aus, dass die Ärzte sich an die gängigen Richtlinien halten.“ Ich finde, dem müsste man schon mal nachgehen.
Wiederum einig sind wir uns darüber, dass bei der so genannten J 1, also der Vorsorgeuntersuchung der Jugendlichen ab zehn Jahre, nur noch 15 % überhaupt mitmachen. Ein Problem ist: Die Landesregierung spricht da als Zitat der kassenärztlichen Vereinigungen von „Sprach- und Imagebarrieren“ zwischen Ärzteschaft und Jugendlichen. Das wird wohl so sein, meine Damen und Herren, aber dabei sollte es nicht bleiben.
Deswegen sehen wir eine Reihe von Ansatzpunkten zum Handeln für die Politik und auch für die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen.
Zunächst einmal erfordern effektive Taten eine bessere Datenlage in Baden-Württemberg.
Zum Zweiten sollte der Gesundheitsbericht für Kinder, den es jetzt verdienstvollerweise gibt, zukünftig auch Jugendliche einbeziehen und Perspektiven aufzeigen. Es macht ja keinen Sinn, wenn einfach Daten und Projekte aneinander gereiht werden, wie es jetzt in diesem Kinderbericht der Fall ist, sondern es muss auch ein Gesamtkonzept erkennbar werden, und dieses sollte sich insbesondere – Herr Minister, das möchte ich Ihnen mitgeben – in dem von Ihnen angekündigten Bericht zur Ernährung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen realisieren.
Wir sind uns einig, wenn die Landesregierung sagt, man brauche eine soziale und ökologische Gesundheitsförderung. Dies ist in der Tat die notwendige Präventionsstrategie. Nur muss man diese ökologische und soziale Gesundheitsförderung auch mit Inhalten füllen. Es werden in der Antwort auf unsere Anfrage eine Reihe von Projekten genannt, die sicher alle gut und verdienstvoll sind, aber uns fehlt die Gesamtstrategie zu der Frage: Was fördert das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen? Oder anders gesagt: Wie mache ich sie stark, damit sie mit Lebens- und Gesundheitskrisen besser zurechtkommen?
Dazu könnte eine Beteiligung an den Netzwerken wie „Gesunde Stadt“ oder „Gesunde Schule“ beitragen. Da ist leider in Baden-Württemberg nicht viel zu vermelden. Es sind nur wenige Städte und nur zwei Schulen, die dabei mitmachen. Der Ausstieg des Landes aus der Förderung der regionalen Arbeitsgemeinschaften für Gesundheitsförderung ist auch nicht gerade ein Ruhmesblatt in diesem Sinne.
Wenn es, wie die Landesregierung sagt, richtig ist, dass die Gesundheitsförderung vor allem auf die soziale Lage schauen muss und Strategien dort ansetzen müssen, dann müssen wir auch Taten fordern. Deswegen haben wir heute auch einen Antrag vorgelegt mit dem Ziel, sich insbesondere der Frage sozialer Benachteiligung und der Folgen für die Gesundheit zu widmen.
Sie haben sich in den Vorgesprächen bereit erklärt, im Ausschuss darüber ausführlich zu sprechen. Deswegen bin ich auch bereit, diesen Antrag an den Ausschuss – wir haben ja immerhin noch eine Sitzung – überweisen zu lassen,
wenngleich ich natürlich hoffe, dass eine andere Regierung Gelegenheit haben wird, das dann umzusetzen.
Wo wir mit der Antwort der Regierung gar nicht zufrieden sind, ist die Frage Medikamenteneinnahme von Kindern und Jugendlichen. Wenn es stimmt, dass sich im Lande beispielsweise die Verschreibung des Medikaments Ritalin seit den Achtzigerjahren um das Vier- bis Fünffache erhöht hat – so nämlich die Studie der Krankenkasse –, dann ist Zuwarten nicht die richtige Leitidee. Wir wollen hier ja keine Verhältnisse wie in den USA, wo bereits 10 % der Kinder und Jugendlichen Psychopharmaka einnehmen. Das kann nicht der richtige Weg sein.
Hier geht es auch um Strategien der Qualitätssicherung, und das heißt der Vermeidung von Medikamenteneinnahme oder jedenfalls der richtigen Begleitung dabei. Deswegen sollte die Landesregierung das Thema Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, wie der Landesärztekammer, zu ihrem Anliegen machen.
Auch zu diesem Thema legen wir einen Antrag vor und sind ebenfalls bereit, darüber im Ausschuss zu sprechen. Wir hoffen, dass sich auf diese Weise wenigstens eine
Grundlage vorbereiten lässt, der ein entsprechendes Handeln, vielleicht auch das einer anderen Regierung, folgen wird.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich spreche zunächst zum Landesjugendbericht. Meine Kollegin Rastätter wird sich später mit der Jugendenquete und der gemeinsamen Initiative der Jugendsprecher befassen.
Wir haben erstmals einen solchen Landesjugendbericht auf dem Tisch liegen, so wie es das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes vorsieht. Ich möchte daran erinnern, was dort in § 10 Abs. 2 steht:
Folgerungen – davon ist die Rede. Was haben wir jetzt in der Hand? Wir haben 1 500 Seiten Papier, und die Landesregierung sagt, das sei ein Gesamtgefüge – ich könnte jetzt lästern und sagen: wohl ein Gesamtkunstwerk.
Nicht nur wir im Sozialausschuss haben uns damit beschäftigt, sondern das haben inzwischen auch andere Fachleute getan. Der Bericht war Gegenstand der Besprechung im Landesjugendhilfeausschuss des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern am 12. Oktober. Was man dort als Würdigung beschlossen hat, lohnt sich auch vorzulesen:
Die Erstellung des ersten Jugendhilfeberichtes war ein anspruchsvolles und mit manchen Schwierigkeiten behaftetes Pilotprojekt, das aus den gegebenen Rahmenbedingungen das Beste gemacht hat und eine Fülle von Informationen, statistischen Daten, Überblicken und Denkanstößen für Politik, Praxis und Forschung liefert.
Meine Damen und Herren, niederschmetternder kann man es eigentlich kaum ausdrücken. Denn wenn eine Landesregierung aus etwas „das Beste gemacht“ hat, dann ist das so, wie wenn man einer Arbeitnehmerin ins Zeugnis schreibt: „Sie hat sich bemüht“, und das ist bekanntlich ein vernichtendes Urteil.
Uns reicht es nicht, dass sich die Landesregierung bemüht hat. Ich kann wiederum nur diesem Jugendhilfeausschuss zustimmen, der zu dem Fazit kommt:
Völlig unbefriedigend bleibt die Tatsache, dass das Land keinerlei Aussagen über konkrete Konsequenzen macht.
Das heißt, hier ist schlicht und ergreifend der gesetzlichen Vorschrift nicht Genüge getan worden. Man kann auch sagen: Jugendpolitik – Fehlanzeige. Wir haben hier eher so etwas wie einen Bericht des Statistischen Landesamts, und selbst dafür sind die Zahlen nicht aktuell genug, denn sie stammen zum Teil aus dem Jahr 1994.
Schauen wir uns einige Beispiele an. Da ist zum einen die Jugendhilfeplanung. Der Bericht – ich erinnere an die Formulierung im Gesetz – soll anhand der vorliegenden Jugendhilfeplanungen erstellt werden.
Das war nicht möglich. Das ist zunächst einmal ein Defizit der Kommunen; denn wir stellen fest, dass von 49 Jugendämtern gerade mal sieben Gesamtpläne für die Jugendhilfe erstellt haben, dass sieben Jugendämter noch gar nichts getan haben und bei den anderen nur Teilplanungen existieren.
Nun verweist der Landesjugendbericht auf die Hoffnung, dass von dem Bericht ein starker Impuls zur Jugendhilfeplanung ausgeht. Meine Damen und Herren, auf Hoffnung kann man in der Politik nicht setzen. Gewiss ist hier das Land nicht par ordre du mufti in der Lage, die Kommunen anzuweisen. Denn die Jugendhilfeplanung fällt in deren Zuständigkeit. Aber wir haben ja die Landesjugendämter, die auch dazu da sind, die Jugendämter zu begleiten. Man könnte hier doch ein Projekt starten, wonach mit finanzieller Unterstützung eine solche Begleitung bei einer integrierten Jugendhilfeplanung in Szene gesetzt wird. Ich denke, das wäre ein richtiger Schritt.
Es gäbe viele andere Beispiele zu nennen, bei denen das Land aus den vorgestellten Zahlen keine Konsequenzen zieht. Denken Sie an die Tagesbetreuung für Kinder, insbesondere für die unter Dreijährigen. Heute können Sie in Bezug auf die Situation in Stuttgart wieder in der Zeitung lesen, welches Defizit da herrscht.
Die Landesregierung ist sich nicht einmal darüber klar, welche Zahlen sie eigentlich hat. In diesem Jugendbericht stehen andere als in der Stellungnahme zu einem Antrag von uns. Beide berufen sich aber auf dieselbe Quelle. Da geht es schon einigermaßen drunter und drüber.
Immerhin sind ja mehrere Ministerien zuständig. Das Kultusministerium fördert zusammen mit den beiden Landesjugendämtern ein Qualitätsentwicklungsprojekt des Landesjugendrings und der AGJF. Das Sozialministerium wiederum hat unseren Antrag, sich an der Qualitätsentwicklung nach dem entsprechenden Bundesprogramm zu beteiligen – das hätte „lumpige“ 100 000 DM gekostet –, abgelehnt. Also auch hier Fehlanzeige, weil man glaubt: Wenn etwas aus Berlin kommt, taugt es ohnehin nichts. Ich kann nur sagen: Hätten Sie da einmal mitgemacht.
Zum Thema Schulsozialarbeit: Die Landeswohlfahrtsverbände, insbesondere der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern, haben das einmal angestoßen und 11 Millionen DM investiert. Als Folge der Jugendenquete gab es nun eine Förderung von 6,2 Millionen DM. Aber es gibt nach wie vor keine verlässliche Finanzierung, keinen verlässlichen Anteil des Landes. Wir meinen, meine Damen und Herren: Es wird höchste Zeit, dass das Land endlich zusagt: „Wir zahlen hier ein Drittel.“ Dann können sich die Kommunen auch darauf verlassen.
Damit ich meiner Kollegin Rastätter noch genügend Redezeit übrig lasse, will ich zum Abschluss nur sagen: Wir haben auch eine Anregung für die zukünftige Erstellung des Landesjugendberichts: Ähnlich wie im Bund sollte man auch einmal im Land Experten anhören und Expertisen vergeben, also nicht nur auf Zahlen der familienwissenschaftlichen Forschungsstelle zurückgreifen. Dann könnte man auch problem- und lösungsorientierter vorgehen.
Im Ganzen gesehen – damit es auch einmal zur Umsetzung im Bereich der Jugendpolitik kommt –, halten wir die Bündelung der Zuständigkeiten in einem Ministerium für sinnvoll.
Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens ist festzustellen, dass man über Lebensstile nicht abstimmen kann. Nicht ein Parlament hat zu entscheiden, ob Menschen heterosexuell oder homosexuell sind,
und Gott sei Dank sind die Versuche, die es ja bis vor wenigen Jahren noch gab, die Menschen in ihrem persönlichen Verhalten zu reglementieren – ich erinnere daran, dass männliche Homosexualität lange strafbar war –, jetzt zu den Akten gelegt worden. Das ist gut so.
Wenn es so ist, dass man über Lebensstile nicht beschließen kann, dann geht es nur um die Frage gesetzlicher Rahmenbedingungen. Inwieweit ist eine Demokratie bereit und hält sie es für angemessen, den unterschiedlichen Lebensstilen in dieser Gesellschaft Rechnung zu tragen? Inzwischen nimmt es ja eine Mehrheit der Menschen – das zeigt sich immer wieder an den Umfragen – nicht nur zähneknirschend hin, sondern hält es für völlig normal und akzeptabel, dass es lesbische und schwule Menschen gibt. Aber wenn wir die Gesetze anschauen, dann sehen wir, dass sie dem nicht Rechnung tragen; denn lesbische und schwule Paare werden behandelt wie Fremde.
Das, meine Damen und Herren, kann nicht richtig sein. Deswegen haben wir jetzt in Berlin mit der rot-grünen Mehrheit dieses Gesetz über die eingetragene Partnerschaft vorgelegt. Es soll lesbischen und schwulen Paaren möglich sein, das Füreinander-Einstehen und die Verantwortung, die sie füreinander übernehmen wollen, nicht nur nach außen zu dokumentieren, sondern auch mit Rechten zu verbinden,
mit Rechten etwa im Krankenhaus, im Prozess, mit Rechten beispielsweise auch, wenn es um gemeinsames Vermögen und das Erben geht.
Meine Damen und Herren, es ist aber festzuhalten, dass damit niemand anderem etwas weggenommen wird. Wenn in der Diskussion gelegentlich das Argument auftaucht, man wisse ja nicht, ob dann nicht weniger Leute heirateten,
kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Welches Misstrauen gegen die Ehe muss man haben, wenn man solche Argumente ins Feld führt!
Der Gesetzentwurf ist von einem solchen Misstrauen nicht getragen, sondern er schafft nach dem Vorbild der Ehe ein eigenes Rechtsinstitut für die Verbindung von zwei Menschen.
Jetzt werden – bei manchen sicher eher als Vorwand; aber einigen will ich glauben, dass sie das auch ernst meinen – gegen den Gesetzentwurf verfassungsrechtliche Argumente vorgebracht. Es sind in etwa zwei.
Die einen sagen: Hier entsteht eine neue Benachteiligung nicht ehelicher heterosexueller Lebensgemeinschaften; warum tut man nicht für alle etwas? Dazu muss man sagen, meine Damen und Herren: Dem steht der Schutz von Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes entgegen. Eine Lösung wie in Frankreich mit dem Pacte civil kann es in Deutschland nicht geben, weil wir sonst in der Tat eine Art Ehe zweiter Klasse hätten, und das lässt unsere Verfassung nicht zu.
Das zweite Argument ist, hier werde der Schutz von Ehe und Familie beeinträchtigt. Dazu kann ich nur sagen: Das ist in keiner Weise der Fall. Niemand wird daran gehindert, zu heiraten oder eine Familie zu gründen. Keiner Ehe und erst recht keiner Familie wird etwas weggenommen. Deswegen ist Artikel 6 der Verfassung in keiner Weise beeinträchtigt.
Die Debatte hier im Parlament war ja bisher ruhig. Aber man wundert sich, meine Damen und Herren, doch über die etwas merkwürdige Leidenschaft, die bei Regierungsmitgliedern, zum Beispiel beim Justizminister dieses Landes, ausbricht, wenn es darum geht, das Projekt zu verhindern. Die Überschrift eines Interviews mit dem Justizminister des Landes vom letzten Samstag hieß: „Land will Gesetz zur Homoehe nicht umsetzen“. Herr Justizminister, meine Damen und Herren, da frage ich: Welches Rechtsverständnis und welches Verfassungsverständnis stecken eigentlich dahinter, wenn das Land meint, Baden-Württemberg zum bundesrechtsfreien Raum ausrufen zu können? Das kann ja wohl nicht sein.
Selbstverständlich, Herr Justizminister, werden Sie ein Bundesgesetz umzusetzen haben. Man kann im Vermittlungsausschuss noch nach Kompromissen suchen – dagegen spricht überhaupt nichts –; aber was verabschiedet ist, wird auch in Baden-Württemberg gelten. Ich kann Ihnen nur sagen: Lassen Sie es nicht darauf ankommen, dass man für die Umsetzung erst das Bundesverfassungsgericht bemühen muss.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seien wir doch einmal ehrlich: Die CDU hat sich im letzten Jahrzehnt bei diesem Thema ganz weit bewegt. Vor zehn Jahren wäre doch hier kein Vertreter der CDU hingestanden und hätte gesagt: Wir wollen keine Diskriminierung. Vor zehn Jahren wäre kein Vertreter der CDU hier hingestanden und hätte gesagt: Ja, wir wollen gesetzliche Änderungen, damit Schwule und
Lesben in dieser Gesellschaft mehr Rechte haben. Das ganze Getöse, auch die ständige Drohung mit dem Bundesverfassungsgericht, dient doch mehr oder weniger nur dazu, dies etwas zu bemänteln, weil Ihnen noch nicht so hundertprozentig wohl in Ihrer Haut ist, dass Sie diesen Weg zurückgelegt haben.
Ich denke aber: Es ist gut so, dass auch die CDU inzwischen den gesellschaftlichen Wandel, die Öffnung dieser Gesellschaft, die Vielfalt der Lebensformen anzuerkennen bereit ist.
Jetzt sprechen wir über das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft. Dieses ist umstritten. Ich kann nur sagen: Wer behauptet, dass durch die eingetragene Partnerschaft die Institution Ehe gefährdet werde, der sehe sich doch einmal heterosexuelle Menschen an, die sich entschließen, ohne Ehe zusammenzuleben oder ohne Ehe eine Familie zu gründen. Wenn jemand die Institution Ehe infrage stellt, dann sind das doch diese Menschen, die heiraten könnten, sich aber anders entscheiden, aber, bitte schön, doch nicht eine Minderheit von Menschen, die gar nicht heiraten dürfen und können. Was soll denn diese Minderheit an der Institution Ehe ändern? Gar nichts.
Wenn das Argument angeführt wird, man bräuchte das nicht, ein privatrechtlicher Vertrag täte es doch auch, dann lassen Sie mich daran erinnern, meine Damen und Herren, dass man natürlich in einem Vertrag festlegen kann, was man füreinander tun will, aber nicht mit Wirkung gegenüber Dritten und der Gesellschaft. Das wissen alle. Deswegen geht der FDP-Gesetzentwurf, Herr Kollege Noll, ja auch den Weg, mit diesem Vertrag doch noch zum Standesamt zu marschieren. Das nenne ich eine Mogelpackung.
Dann kann man auch gleich so ehrlich sein und die Leute sich beim Standesamt eintragen lassen.
Jetzt reden wir einmal über Politik und den politischen Prozess. Wir sind ja hier im Landtag von Baden-Württemberg, und demnächst steht die Entscheidung im Bundesrat an.
Tatsache ist doch, dass das Gesetz, das diese eingetragene Lebenspartnerschaft schafft, beschlossen ist. Das ist Gesetz. Daran kommen Sie gar nicht vorbei. Es wird eine Eintragung geben; es wird die Möglichkeit des gemeinsamen Namens geben; es wird die Unterhaltspflicht füreinander geben. Es ist völlig richtig, dass das abgespalten wurde. Aber der Kollege Bebber hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das gängige Praxis und im Übrigen auch verfassungsrechtlich längst anerkannt ist. Ich weiß nicht, was Ihre Leute, Herr Goll, Ihnen da aufgeschrieben haben. Sie scheinen nicht ganz auf dem neuesten Stand zu sein.
Natürlich gibt es einen Teil dieses Gesetzes, der zustimmungspflichtig ist. Dabei geht es um die Frage, ob tatsächlich geleisteter Unterhalt, für den es ja nun die Pflicht gibt, auch steuerlich absetzbar ist. Darum werden Sie schon aus verfassungsrechtlichen Gründen gar nicht herumkommen. Dabei geht es auch um die Frage, ob dem Erbrecht ein entsprechendes Erbschaftsteuerrecht folgt. Es ist kaum zu begründen, wie Sie das anders machen wollen.
Und schließlich geht es darum, ob Sie die Tatsache, dass in einer solchen Lebensgemeinschaft eine Unterhaltspflicht besteht, auch bei der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe berücksichtigen, nämlich zur Entlastung der öffentlichen Kassen.
Sind Sie allen Ernstes dagegen, meine Damen und Herren von der FDP und der CDU? Das kann ja wohl nicht wahr sein.
Herr Kollege Noll, wenn Sie hier von Konsenssuche sprechen, dann kann ich das unterstützen. Einen Konsens in diesen Fragen sollte man suchen. Das Wort „Konsenssuche“ verträgt sich aber nicht mit der Kraftmeierei, die Ihr Justizminister hier betreibt. Da kann ich nur sagen: Fangen Sie ihn mal wieder ein.
Herr Kollege Noll, Sie haben nach den sozialpolitischen Wirkungen gefragt. Halten wir fest: Wenn man sich entscheidet, die Familienmitversicherung für Ehepartner ohne Kinder abzuschaffen, dann wird man das natürlich bei der eingetragenen Partnerschaft genauso regeln.
Im Übrigen mache ich darauf aufmerksam, dass nur in den Genuss dieser Mitversicherung kommt, wer unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen selber verdient. Da Sie in der Regel bei schwulen und lesbischen Paaren beiderseits Erwerbstätigkeit haben, wird das in der Praxis kaum zum Tragen kommen,
es sei denn, einer ist zum Beispiel krank. Da könnte es gute Gründe geben, jedenfalls, wenn man es bei der Ehe so lässt.
Zum Zweiten scheinen Sie den Gesetzentwurf noch nicht so genau gelesen zu haben,
denn Sie wissen offenbar nicht, dass für eingetragene Partnerschaften kein Ehegattensplitting eingeführt wird.
Es gibt vielmehr lediglich die Möglichkeit, den tatsächlich geleisteten Unterhalt bis zu einer bestimmten Grenze abzusetzen. Das entspricht in etwa der Regelung, die es für geschiedene Eheleute gibt. Dann zu sagen, das sei ehewidrig, dazu braucht man schon Fantasie.
Herr Minister, Sie berufen sich auf das Verfassungsrecht. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass bei der Sachverständigenanhörung im Bundestag nur einer der geladenen Experten verfassungsrechtliche Bedenken erhoben hat, während sich die große Mehrheit der Experten mit einzelnen Bestimmungen auseinander gesetzt und einen Verstoß gegen die Verfassung gerade nicht gesehen hat?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frauengruppen haben den Oktober zum internationalen Aktionsmonat gegen den Brustkrebs erklärt. Seit dem letzten Jahr gibt es dazu erstmals auch in Deutschland größere Aktivitäten. Dafür gibt es – leider, muss man sagen – auch guten Grund. Deswegen haben wir auch einen Antrag zu dem Thema gestellt, um dem Problem des Brustkrebses mehr politische, insbesondere mehr gesundheitspolitische Aufmerksamkeit zu verschaffen und damit Präventionsstrategien wie auch die Qualität von Früherkennung und Therapie voranzutreiben.
Meine Damen und Herren, jede Krebserkrankung ist schlimm für die Betroffenen. Aber Brustkrebs ist nicht einfach irgendein Tumor. Er ist für die Betroffenen besonders belastend. Nicht zuletzt ist Brustkrebs die häufigste Todesursache für Frauen zwischen 35 und 50 Jahren. Deswegen ist es höchste Zeit, diese Krankheit aus der Tabuzone herauszuholen.
Immerhin hat sich auch etwas getan. Wir haben auf der einen Seite zwar steigende Krankheitsraten, aber auf der anderen Seite sehen wir auch, wenngleich es keine Heilung im eigentlichen Sinne gibt, dass die Zeit des Überlebens über den Fünfjahreszeitraum nach erstmaliger Diagnose hinaus jetzt immerhin für drei Viertel der betroffenen Frauen gegeben ist. Das war vor 20 Jahren noch deutlich weniger. Das ist immerhin schon ein Fortschritt.
Trotzdem, meine Damen und Herren, gibt es auch gravierende Mängel. Sie betreffen zum einen die Forschung. Nach Schätzungen wird nur ungefähr 1 % der Gelder der Forschung im Bereich des Brustkrebses ausgegeben. Das ist angesichts der Zahlen, die ich vorhin nannte – die häufigste Todesursache von Frauen in einem bestimmten Alter –, doch sehr wenig. Deswegen wissen wir auch fast nichts über die Entstehungsbedingungen dieser Krankheit und daher auch so gut wie nichts über die Möglichkeiten der Verhütung dieser Krankheit.
Die Stellungnahme der Landesregierung zur Forschung halte ich auch nicht für zufriedenstellend, denn, Herr Sozialminister – er ist ja gar nicht da, sondern Sie, Frau Staatssekretärin –, der Verweis auf das Geld, das die Universitäten bekommen, reicht nicht.
Wir brauchen hier Forschung, über die nicht nur die Chefärzte entscheiden – womöglich werden die Ergebnisse auch gar nicht veröffentlicht –, wir brauchen projektbezogene Forschung, und es muss eine öffentliche Diskussion über öffentlich geförderte Forschungsschwerpunkte geben, auch unter Einbeziehung der Selbsthilfegruppen. Wir meinen, dass sich hier etwas tun muss.
Zum Zweiten brauchen wir mehr Qualitätsmanagement in der Früherkennung. Da sind wir beim Stichwort Mammographien. Die Qualitätsmängel in diesem Bereich in Deutschland und auch und gerade in Baden-Württemberg sind inzwischen ja wohl unbestritten. Deswegen will ich sie auch nicht weiter benennen. Sie sind erschreckend genug.
Mich wundert allerdings, Frau Kollegin Stanienda, dass jetzt die Regierungsfraktionen mit einem Antrag auftreten, in dem sie dem Bund und dann auch dem Bundesgesetzgeber auf einmal die Verantwortung für die Qualitätssicherung in diesem Bereich zuweisen wollen. Zum einen frage ich mich, warum Sie nicht die Landesebene nutzen wollen. Schauen Sie einmal nach Bayern. Die bayerische Gesundheitsministerin kümmert sich sehr wohl darum.
Zum anderen frage ich mich, warum auf einmal der Gesetzgeber für die Qualitätssicherung zuständig sein soll, wo es doch sonst immer zu Recht heißt, das sei eine Sache der Selbstverwaltung. Das heißt ja nicht, dass sich die Politik völlig heraushält. Aber jetzt plötzlich nach dem Bundesgesetzgeber zu rufen, wo Sie ja wissen, dass Sie keine Mehrheit haben, das riecht, mit Verlaub, nach politischem Opportunismus und nicht so sehr danach, dass Sie sich wirklich dem Problem zuwenden.
Jetzt will ich auch etwas zum Stichwort Screening sagen. Für die nicht so ganz Eingeweihten: Es steht der Vorschlag im Raum, für Frauen ab 50, weil dann die Betroffenheit steigt, eine Reihenuntersuchung durch Mammographie ein
zuführen. Das ist von der Selbstverwaltung auch schon beschlossen, aber man hat gesagt, es muss erst einmal Modellversuche dazu geben. Es wird jetzt von den daran interessierten Leistungsanbietern, aber auch von einem Teil der Selbsthilfegruppen gefordert, man möge dies möglichst schnell umsetzen und womöglich gar nicht die Ergebnisse der Modellversuche abwarten. Davor will ich warnen.
Meine Damen und Herren, ich verstehe gut, dass man nach einem Instrument sucht, um den betroffenen Frauen zu helfen, ihnen zu ermöglichen, dass man die Krankheit möglichst früh erkennt, und damit ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Aber die Studien, die bei Screenings in den USA, Kanada, Schottland und Schweden gemacht wurden, belegen nach Ansicht einiger Wissenschaftler eben nicht, dass die Frauen, die dann eher behandelt werden, auch bessere Überlebenschancen haben. Das war zuletzt im „Ärzteblatt“ vom Mai 2000 nachzulesen.
Deswegen müssen wir aufpassen, dass die Politik unter dem Druck von Leistungsanbietern hier nicht einem sinnlosen Aktionismus aufsitzt. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat 1996 beschlossen, es möge ein Screening geben, dass aber erst Modellversuche gemacht werden sollten. Davon laufen inzwischen mehrere im Bundesgebiet. Wir sollten jetzt schon noch die Ruhe haben, deren Ergebnisse abzuwarten, um entscheiden zu können, ob dies tatsächlich das Mittel der Wahl ist. Wenn wir sehen, dass dies den Frauen hilft, muss man es machen. Wenn es aber tatsächlich nicht hilft, dann wollen wir, bitte schön, die Frauen nicht unnötig dieser Strahlenbelastung und den Ängsten, die damit verbunden sind, aussetzen.
Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren: Ein wichtiger Gesichtspunkt beim Thema Brustkrebs ist für mich, die Patientinnen zu stärken. Wir erleben doch, dass sich gerade in diesem Bereich Frauen, die sich mit der Diagnose oder auch nur dem Verdacht konfrontiert sehen, vor einer völlig unüberschaubaren Informationslage über die Therapien befinden. Neulich hat auch die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet, dass sich Frauen in dieser Situation schlecht beraten fühlen.
Ich will daran erinnern, dass bereits im letzten Jahr die Gesundheitsministerkonferenz beschlossen hat, es möge auf Landesebene neutrale Patienteninformationssysteme mit regelmäßigen Patientenbefragungen und unabhängige Patientenberatungsstellen geben. Meine Damen und Herren, im Verhältnis dazu finde ich die baden-württembergische Landesregierung zu passiv. Hier möchte ich Sie auffordern, meine Damen und Herren aus den Regierungsfraktionen und insbesondere die Frau Staatssekretärin im Sozialministerium, die Gestaltungsmöglichkeiten der Politik im Lande auch zu nutzen. Das wäre besser als der wohlfeile Ruf nach Bundesgesetzen.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für meine Fraktion kann ich die Begeisterung meines Vorredners und meiner Vorrednerin über die Einrichtung einer Kammer in diesem Bereich nicht so ganz teilen. Man kann nämlich mit Fug und Recht bezweifeln, dass das Kammerwesen für die freien Berufe im Allgemeinen und für die Gesundheitsberufe im Besonderen der Weisheit letzter Schluss ist.
Denn die Befugnis zum Erlass der Standesregeln geht doch sehr oft mit Standesdenken bis hin zum Standesdünkel einher.
Diese Tendenz wollen wir eigentlich nicht befördern, Herr Kollege Noll.
Auf der anderen Seite ist es so, dass Alternativen schwer zu finden sind. Wir wollen keine umfassende staatliche Regulierung der Berufsausübung. Bisher ist nicht recht erkennbar, wie Zusammenschlüsse auf freiwilliger Basis mit Verbindlichkeit für alle Betroffenen diesen Regelungsbereich übernehmen könnten. Immerhin hat das Kammerwesen den Vorteil, dass hier eine Selbstverwaltung stattfindet. Deswegen sehen wir im Moment keinen anderen Weg.
Wünschenswert wäre allerdings – wissend, dass auch dies nicht sofort erreichbar ist – wenigstens eine berufsübergreifende Kammer der Heilberufe, in der nicht nur Ärzte und Apotheker, Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, sondern auch Physiotherapeuten und Pflegeberufe vertreten wären. Dann, Herr Kollege Döpper, fände Kooperation nämlich in der Kammer statt anstelle von Segmentierung und möglicherweise Kampf untereinander in den Gesundheitsberufen. Das wäre ein guter Schritt.
Aber ich gebe zu: Im Moment ist die Bereitschaft der Betroffenen nicht erkennbar, auch nicht in weiter Ferne am Horizont. Deswegen wird es gegenwärtig wohl keine andere Lösung geben, als die von der Landesregierung vorgeschlagene Landeskammer einzurichten.
Ich sehe darin auch positive Punkte. Sehr gut finde ich, dass wenigstens ein gemeinsamer Beirat mit der Landesärztekammer eingerichtet werden soll. Auf diese Weise kann Kooperation nämlich stattfinden.
Unterstützen möchte ich auch, dass bei der Weiterbildung und der Kompetenz zur Erweiterung der Berufsbezeichnungen Zurückhaltung geübt wurde. Hier sollten in der Tat zunächst einmal die Grundlagen auf Bundesebene geschaffen werden,
damit es einheitliche Regelungen und damit auch Transparenz im Interesse des Patientenschutzes gibt.
Wir sehen auch gewissen Korrekturbedarf. Erwähnt wurde schon der Name. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand irgendwann einmal den Namen „Landeskammer der...“ – ich erspare mir den Rest – vollständig aussprechen wird. Auch im Wissen darum, dass dieser Name unter den Beteiligten umstritten ist, meine ich, dass die Kurzbezeichnung „Psychotherapeutenkammer“ gescheit wäre. Sie würde praktischen Bedürfnissen entsprechen. Ich denke, dass die Bevölkerung die Psychologischen Psychotherapeuten durchaus von den ärztlichen wird unterscheiden können.
Nach der Anhörung wurde ja noch eine Nachbesserung vorgenommen: Als Vertreter von Forschung und Lehre soll nunmehr ein Vertreter der Universitäten mitwirken. Das halten wir für richtig. Aber man sollte auch berücksichtigen, dass die Ausbildung in diesem Bereich nicht nur an den Universitäten, sondern zu einem ganz wichtigen Teil auch an den staatlich anerkannten Weiterbildungsinstituten stattfindet. Dann, meine Damen und Herren, macht es Sinn, auch diese mit aufzunehmen, damit auch sie ihr Wort zu Forschung und Lehre einbringen können.
Zusammengefasst: Angesichts dessen, was gegenwärtig erreichbar scheint – eine berufsübergreifende Kammer eben leider nicht –, sind wir im Grundsatz für dieses Gesetz. Den Korrekturbedarf werden wir im Ausschuss einbringen.
Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In einem sind wir uns einig, Frau Kollegin Blank: Das Leben mit Kindern braucht Unterstützung. Nur: Die Worte höre ich gerne, aber wir müssen über Taten reden. Was war denn in 16 Jahren schwarzer Bundesregierung?
Seit 1986 wurde das Erziehungsgeld nicht erhöht.
Es gab nach wie vor keinen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit ergänzend zum Erziehungsurlaub.
Frau Blank, es gab auch niemals die Möglichkeit einer gleichzeitigen Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub durch beide Elternteile – so es die gibt –, obwohl Sie angeblich selbst auch immer dafür sind, dass Väter sich in die Erziehungsarbeit einklinken.
Sie sind die entsprechenden Rahmenbedingungen schuldig geblieben.
Gleichzeitig waren in Ihrer Regierungszeit das Kindergeld und die Freibeträge für Eltern verfassungswidrig zu niedrig.
Es musste erst Rot-Grün kommen, Rot-Grün musste die Verfassungspflichten einlösen und die familienpolitischen Hausaufgaben machen, während Sie während Ihrer Regierungszeit immer nur Sonntagsreden gehalten haben.
Jetzt passiert endlich etwas. Durch die Steuerreform werden Familien entlastet, bereits durch die erste Stufe. Das Kindergeld und die Freibeträge sind erhöht worden. Jetzt werden beim Erziehungsgeld die Einkommensgrenzen erhöht, es wird ein Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit geschaffen, und endlich können beide Elternteile gemeinsam eine Erziehungsfreistellung in Anspruch nehmen.
Jetzt ist also die Landesregierung im Zugzwang.
Was liest man dann heute, beispielsweise in einer Zeitung auf der ersten Seite in einer Überschrift? „Landesregierung erhöht Landeserziehungsgeld“.
Ja wie schön, Frau Blank! Es würde mich ja freuen, wenn es denn stimmen würde. Aber alles, was jetzt passiert ist, ist doch, auf gut schwäbisch gesagt, nur, dass der Sozialminister „a große Gosch ghett hat“, sonst aber gar nichts.
Das Landeserziehungsgeld wird nämlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nicht erhöht. Sonst hätten Sie nämlich vorhin bei der Ersten Beratung des Nachtragshaushalts darlegen müssen, dass Sie das dafür notwendige Geld einstellen und wie Sie es finanzieren wollen. Frau Blank, das tun Sie aber gar nicht.
Also erzählen Sie uns doch nichts.
Sie machen Ankündigungen für die Jahre 2003 ff., also für einen Zeitpunkt, zu dem Sie hoffentlich gar nicht mehr an der Regierung sind.
Das ist doch nichts anderes als ein ungedeckter Scheck auf die Zukunft und eine Aufgabe der nächsten Landesregierung. Auch der heute vorgelegte Antrag der CDU-Fraktion ist nichts anderes.