Protokoll der Sitzung vom 19.07.2000

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 91. Sitzung des 12. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Döpper, Kleinmann, Dr. Mauz und Teßmer erteilt.

Krank gemeldet sind die Herren Abg. Brinkmann und Herbricht.

Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung der Landesregierung vom 11. Juli 2000 – Information über Staatsverträge (Fünfter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) – Drucksache 12/5358

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

2. Mitteilung des Rechnungshofs vom 6. Juli 2000 – Denkschrift 2000 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes BadenWürttemberg mit Bemerkungen zur Landeshaushaltsrechnung 1998 – Drucksache 12/5324

Überweisung an den Finanzausschuss

3. Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 13. Juli 2000 – Energiebericht 1999 – Drucksache 12/5362

Überweisung an den Wirtschaftsausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2000/2001 – Drucksache 12/5339

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Finanzminister Stratthaus.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung lege ich Ihnen heute den Gesetzentwurf über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan für die Jahre 2000 und 2001

vor. Es ist ein Haushalt, der die geringste Neuverschuldung seit 13 Jahren aufweist. Seit 1987 hatten wir keine geringere Neuverschuldung, als in diesem Haushaltsplan vorgesehen. Wenn Sie die Kreditfinanzierungsquote nehmen, also die Neuverschuldung auf das Haushaltsvolumen beziehen, stellen Sie fest, dass dieser Nachtragshaushalt sogar noch solider als der Haushalt des Jahres 1987 finanziert ist.

Der Nachtrag konzentriert sich auf drei Punkte. Diese sind erstens die Beseitigung der Orkanschäden, zweitens zusätzliche Lehrerstellen und drittens die Zukunftsvorsorge für die Steuerreform und, soweit diese Vorsorge nicht notwendig ist, die Verwendung der Mittel zur Absenkung der Nettoneuverschuldung.

Den letzten Aspekt, meine Damen und Herren, die Absenkung der Nettoneuverschuldung, können Sie gerne auch als die vierte Säule sehen, als eine besonders wichtige Säule in diesem Haushalt, weil sie die Zukunft unseres Landes sichern hilft.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung legt einen Eilnachtrag vor. Ich möchte Ihnen daher zunächst darlegen, warum dieser Schritt notwendig wurde.

(Abg. Birzele SPD: Eine neue Kategorie: „Eilnach- trag“!)

Konkreter Anlass für den Zeitdruck sind die Folgen des Orkans Lothar.

Für die Behebung der Orkanschäden in den Wäldern sind noch vor der Sommerpause weitere Mittel in Höhe von 130 Millionen DM notwendig. Nur wenn wir die Sturmholzaufbereitung ohne Verzögerung fortsetzen, kann eine Entwertung dieses wertvollen Holzes durch eine drohende Borkenkäferplage vermieden werden.

Nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen darf das Finanzministerium bzw. der Finanzminister überplanmäßige Ausgaben lediglich bis zur Höhe von 10 Millionen DM bewilligen. Für die Bewilligung darüber hinausgehender Beträge bedarf es eines Nachtrags, sofern der Landtag über einen Nachtrag rechtzeitig entscheiden kann. Die Regierungsfraktionen haben signalisiert, dass sie in der Lage seien, rechtzeitig über einen Nachtrag zu entscheiden. Deswegen hat die Landesregierung diesen Eilnachtrag vorgelegt.

Damit er auch abschließend vor der Sommerpause beraten werden kann, umfasst der Nachtrag nur drei Schwerpunkte,

(Minister Stratthaus)

die aber von allerhöchster landespolitischer Bedeutung sind. Es sind dies, wie ich bereits angedeutet habe, die Schwerpunkte Orkanschäden, zusätzliche Lehrerstellen und Steuerreform.

Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass mit dem letztgenannten Schwerpunkt, der Steuerreform, beginnen.

Meine Damen und Herren, in teuren Anzeigen bekommen wir zurzeit überall mitgeteilt, dass wir nun Gewissheit hätten und die Steuerreform beschlossen sei. Das kam für uns alle überraschend; das gebe ich gerne zu.

(Lachen bei der SPD – Beifall bei der CDU)

Das kam für uns überraschend, aber das Ergebnis ist nicht so, wie es sein könnte,

(Lachen bei der SPD)

und das werde ich Ihnen zu Ihrem hämischen Lachen nun beibringen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte, meine Damen und Herren, dies nicht vertiefen. Aber was da geschehen ist, ist schon ein Tiefpunkt in der Moral beim Umgang mit Verfassungsorganen.

(Widerspruch bei der SPD – Beifall bei der CDU)

Es geht nicht nur um das, was Schröder gemacht hat, sondern der Höhepunkt ist für mich das Interview von Rezzo Schlauch, das heute in der „Stuttgarter Zeitung“ veröffentlicht wird.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was sagt er denn da?)

Er wirft uns vor, wir hätten uns nicht bestechen lassen. Stellen Sie sich das einmal vor!

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Was? Was? Was?)

Er wirft uns vor, wir hätten die Chance nutzen müssen, um auch etwas herauszuholen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Unglaublich!)

So mag Rezzo Schlauch denken. Die Landesregierung von Baden-Württemberg ist aber nicht bestechlich.

(Beifall bei der CDU – Abg. Birzele SPD: Wie sieht es bei Herrn Diepgen aus?)

Ich muss offen sagen: Vor vielen Jahren habe ich die Grünen manchmal bewundert, weil sie anders waren als andere. Die Grünen sind aber in der Zwischenzeit, was den moralischen Tiefpunkt und die Klammerung an die Macht betrifft, die Allerschlimmsten geworden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, aber nun zur Sache selbst. Es ist gut, dass überhaupt eine Steuerreform kam. Das ist überhaupt keine Frage.

(Beifall des Abg. Pfister FDP/DVP)

Was jedoch auf den ersten Blick wie ein Triumph von RotGrün aussieht, zeigt, wenn es näher betrachtet wird, dass unsere Vorstellungen beinahe mehr als die der SPD und der Grünen in diese Steuerreform eingegangen sind.

(Lachen bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der SPD)