Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Meine Damen und Herren, der Vorstoß der Sachsen hat gezeigt, dass in einigen Bundesländern Nachholbedarf hinsichtlich der Transparenz des Finanzgebarens der Rundfunkanstalten besteht. Mit § 4 des Gesetzes zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland, nach dem die Landesregierung gemeinsam mit dem Intendanten jährlich berichtet, und mit § 35 des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk, der eine Prüfung des SWR durch die Rechnungshöfe und die Berichterstattung dieser in die Landtage vorsieht, haben wir zumindest in Baden-Württemberg, wie ich denke, eine sehr weit reichende Regelung, die von der Arbeit unserer Gremienmitglieder zusätzlich flankiert wird.

Von einer Kommission, wie sie in Sachsen vorgeschlagen wurde, halten wir, ehrlich gesagt, nicht viel. Das ist nicht der ideale Weg. Wir könnten uns aber eine Berichterstattung vorstellen, die länderübergreifend auf den Raum der Mehrländeranstalten bezogen ist. Vierteljährliche Haushaltsvollzugsberichte wären aus unserer Sicht eine weitere sinnvolle Alternative zur Verbesserung der Transparenz.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns schon Gedanken über die Zukunft der Rundfunkgebühr machen. Sie ist in ihrer jetzigen Form – so hoffe ich, und dies mahne ich an – zum letzten Mal in diesem Verfahren und in dieser Form erhöht worden, weil sie vor dem Hintergrund der Konvergenz der Medien eben so nicht mehr haltbar ist und die Akzeptanz beliebiger weiterer Gebührenerhöhungen nicht nur in Sachsen nicht mehr gegeben ist.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Fauser.

Das Moratorium – darauf möchte ich noch hinweisen – für internetfähige PCs läuft im Jahr 2004 aus. Wir plädieren aber dafür, über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks so bald wie möglich Klarheit zu schaffen und nach einer Alternative zu suchen. Die CDU-Landtagsfraktion plädiert ganz entschieden für eine Einwohnerabgabe als Grundlage für das duale System in Deutschland.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Auch das noch!)

Einwohnerabgabe, meine Damen und Herren Kollegen.

Ich wollte – aber die Redezeit ist fast schon abgelaufen – noch auf folgende Punkte hinweisen, die mir mit Blick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wichtig sind, nämlich: Die Programmvermehrung über die derzeit bestehende Gesamtheit aller Programme und Dienste hinaus lehnen wir ab, und die damit verbundene Belastung des Gebührenzahlers muss vermieden werden. Der Finanzbedarf der Rundfunkanstalten muss sich strikt nach der Funktionserforderlichkeit richten.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag ermöglicht den ARD-Anstalten, dem ZDF und dem Deutschlandradio, ihrem Auftrag gerecht zu werden. Gleichwohl haben die Debatten hier und in den anderen Landtagen sehr deutlich gemacht, dass der Fünfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag wirklich der letzte der hergebrachten Art gewesen sein dürfte. Wir alle sind aufgerufen, an der Schaffung einer neuen Medienord

nung mitzuwirken. Dies ist ganz sicher eine spannende und anspruchsvolle Aufgabe. Machen wir uns endlich daran, unseren Auftrag diesbezüglich auch zu erfüllen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Brechtken SPD)

Das Wort hat Frau Abg. Kipfer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion – das haben wir schon in der ersten Lesung gesagt – stimmt dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu. Kein Mensch ist begeistert, wenn Gebühren erhöht werden, aber man muss auch sehen, dass die Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk etwa 1 DM pro Tag betragen. Dafür bekommt der Bürger eine Menge an Hörfunk- und Fernsehprogrammen, an Information und Unterhaltung. Wir halten das für angemessen.

(Abg. Dagenbach REP: Da guckt doch kein Mensch!)

Auch wir sind nicht für die Automatisierung. Herr Rech, Sie wissen ganz genau, dass hier überhaupt nie von einer Automatisierung die Rede sein kann, denn das Haushaltsgebaren der Rundfunkanstalten wird von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs intensiv geprüft. Auch diese Kommission geht ja beileibe nicht auf die Anträge der Rundfunkanstalten ein, sondern kürzt sie erheblich, sodass gar nicht die Erwartungen erfüllt werden können, die die Rundfunkanstalten selber anmelden.

Ich möchte noch auf Ihren Einwand eingehen, die Landesparlamente seien keine Notare. Das sind sie sicherlich nicht. Aber sie haben nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, wie Sie wissen, nicht die Möglichkeit, politisch einzugreifen, sondern sie können die Gebührenerhöhung, die von der KEF vorgeschlagen wurde, nur nach sozialen Gesichtspunkten beurteilen. Dies hat Herr Palmer in der ersten Lesung hervorgehoben.

Auch wir sind der Auffassung, dass sich in dieser medienpolitischen Landschaft so viel erheblich ändern wird, dass wir in der kommenden Legislaturperiode enormen Diskussionsbedarf darüber haben werden, wie die Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer modernen Medienlandschaft zu sichern ist.

Ich möchte aus einem Vortrag von Werner Lauf von der Firma Bertelsmann zitieren – –

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich darf bitten, Gespräche mit der Regierungsbank einzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bei einer Rede anlässlich eines Workshops der Firma Bertelsmann zu Überlegungen zu Konvergenz und Konkurrenz sagte Werner Lauf:

Die Nutzung von Inhalten wird anders sein. Das Aussehen von Inhalten wird anders sein. Die Produktion von Inhalten wird anders sein. Die Endgeräte, die In

halte zu uns bringen, werden anders sein. Die Orte, wo wir die Inhalte nutzen, werden anders sein. Publizieren von Inhalten wird auch anders sein.

Kurz: Es wird sich alles ändern, und es wird wichtig sein, die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in dieser neuen Medienlandschaft zu definieren, aber auch ihre Entwicklung und ihren Standort in einem neuen Rundfunkstaatsvertrag festzumachen. Es gibt bereits Kommissionen der Landesregierungen, die sich damit auseinander setzen.

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der in der Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen wird: Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration hat kürzlich einen Bericht abgegeben und darauf hingewiesen, dass es bei den neuen Medien bereits zu erheblichen Konzentrationen kommt. Es ist von einer multimedialen Meinungsmacht die Rede, die beileibe nicht so ist, wie viele den Eindruck haben, dass jetzt die Vielfalt der Meinungen in unserer Medienlandschaft offene Tore habe, sondern es ist so, dass die Konzentration besorgniserregend ist. Auch deshalb hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig eine entscheidende Rolle zu spielen.

Zunächst so weit. Wir werden ausreichend Gelegenheit haben – so hoffe ich –, uns – auch außerhalb von Kommissionen – hier im Parlament, wo eine solche Diskussion hingehört, und im Ständigen Ausschuss mit diesen Entwicklungen auseinander zu setzen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Jacobi.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir freuen uns, dass die CDU zum dualen System steht. Das ist eine bemerkenswerte Aussage, die es durchaus verdient, wiederholt zu werden.

(Abg. Rech CDU: Habe ich das gesagt?)

Man hatte in den letzten Jahren ab und zu Zweifel, Herr Rech, inwieweit die CDU wirklich zum dualen System steht. Ich erinnere mich zum Beispiel an verschiedene Diskussionen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, an die Diskussion damals bei der Gebührenfestsetzung – ich weiß das Jahr nicht mehr, es ist schon ungefähr fünf, sechs Jahre her –, als die CDU in Baden-Württemberg die Gebührenerhöhung erst mal verhindert hat – politisch motiviert –,

(Abg. Brechtken SPD: Da war der Rech doch nicht dabei!)

um den Rundfunk in eine andere Position zu bringen. Dass die CDU erklärt, sie stehe zum dualen System, finde ich schon mal Klasse.

Zweiter Punkt: Der jetzt vorgelegte Rundfunkänderungsstaatsvertrag stabilisiert und reformiert – –

(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: So ein billiges Lob!)

Man wird ja bescheiden, man freut sich auch über Kleinigkeiten. Aber es ist von der Sache her nicht nur eine Kleinigkeit, sondern es ist wirklich eine ganz wichtige Aussage gewesen.

Aber zurück zum zweiten Punkt. Dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag stabilisiert und reformiert den Finanzausgleich zwischen den ARD-Anstalten. Das ist aus meiner Sicht eine weitere bemerkenswerte Tatsache, die mit diesem Staatsvertrag verbunden ist. Erinnern wir uns daran, dass der Ministerpräsident, der zuständige Minister, aber auch die CDU-Abgeordneten noch vor gar nicht langer Zeit öffentlich erklärt haben, dieser Finanzausgleich gehöre abgeschafft, es werde nie wieder einen Staatsvertrag geben, der einen Finanzausgleich beinhalte, und was alles noch gesagt wurde. Also: Der Staatsvertrag reformiert diesen Finanzausgleich. Es wird weniger Geld umgeschichtet, aber es wird weiter umgeschichtet.

(Zuruf des Abg. Rech CDU)

Dies ist notwendig. Wir finden dies ausdrücklich richtig. Diese Reform, nämlich dass jetzt ein paar kleine Sender etwas sparen müssen, weil sie weniger Geld aus dem Finanzausgleich bekommen, ist auch in unserem Sinne. Dies ist verkraftbar und vertretbar und garantiert deren Existenz. Ich glaube, dass der Finanzausgleich damit nicht nur über eine Runde gerettet worden ist, sondern auch dauerhaft gesichert werden konnte.

Wir haben über den Finanzausgleich nicht mitverhandelt, aber ich kann sagen, wenn wir mitverhandelt hätten, hätten wir ihn genauso gestaltet.

Meine Damen und Herren, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmt dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu.

(Beifall des Abg. Brechtken SPD und bei Abge- ordneten des Bündnisses 90/Die Grünen – Abg. Brechtken SPD zum Bündnis 90/Die Grünen: Ihr seid vielleicht ein lahmer Haufen! Ihr klatscht erst, nachdem ich geklatscht habe! – Gegenruf des Abg. Rech CDU: Da könnt ihr euch auf etwas gefasst machen!)

Das Wort hat Herr Abg. Kluck.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben schon bei der ersten Lesung Zustimmung signalisiert. Wir haben die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, kurz KEF genannt, eingesetzt. Wenn sie dann ermittelt – ich habe den Eindruck, dass sie wirklich sorgfältig prüft, was möglich und notwendig ist –, dann müssen wir jetzt, nachdem wir A gesagt haben, auch B sagen. Nachdem sich auch die CDUFraktion im Sächsischen Landtag dazu durchgerungen hat, nachdem sie Dinge, die bei uns schon Usus waren, jetzt auch beim MDR eingeführt hat, werden wir diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag insgesamt durchbekommen.

Ich kann Ihnen noch sagen, auch der VPRT – das ist der Verband der privaten Rundfunk- und Fernsehveranstalter – ist dafür, dass man diesem Staatsvertrag zustimmt; also gibt es keine Hürden mehr.

Bei dem, was Kollege Jacobi zum Finanzausgleich gesagt hat, habe ich ein bisschen gemeint, er hätte gesagt, wir hätten zu laut geschrien und hinterher sei nichts dabei herausgekommen. Das ist nicht so.

(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Habe ich nicht gesagt!)

Immerhin sind die Zahlungen halbiert worden. Wenn uns solches auch sonst gelingt, beispielsweise beim Länderfinanzausgleich, dann können wir uns glücklich schätzen, und dann werden wir viel politischen Handlungsspielraum zurückgewinnen.