Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

Ja, ich signalisiere es Ihnen jetzt.

Deshalb, Herr Präsident, nutze ich noch die Gelegenheit, um einen abschließenden Satz vorzutragen.

Meine Damen und Herren, die Grundschule ist für unsere Kinder die wichtigste Schulart überhaupt, denn sie setzt die Maßstäbe, sie stellt die Weichen für die weitere Entwicklung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Der Satz ist zu En- de!)

Deshalb muss die Grundschule im Mittelpunkt unseres bildungspolitischen Interesses stehen und die notwendige Unterstützung bekommen. Die bekommt sie von Ihnen nicht. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sie diese Unterstützung erhält.

Ich bedanke mich, allerdings nicht für die unqualifizierten Zwischenrufe.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie haben nicht die Zwischenrufe zu qualifizieren, Frau Kollegin.

Das Wort hat Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Kindgerecht“, wie die Überschrift zu der Großen Anfrage sagt, ist eine richtige Anforderung an die Grundschule. Uns Liberalen ist allerdings wichtig, dass die Grundschule zielführend sein muss. In den letzten Wochen konnte man vermuten, diese Schulart sei vor allem für Betreuung zuständig.

(Abg. Renate Rastätter Bündnis 90/Die Grünen: Bei Ihnen schon!)

In Wahrheit kommt der Grundschule in vielerlei Hinsicht eine besondere Bedeutung zu, weil diese Einrichtung die Einstellung eines Menschen zu Bildung und Kultur lebenslang prägt. Dort werden Arbeitshaltung und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit gelernt, und es werden Grundlagen für die persönliche Wertorientierung gelegt. Mein Einsatz für einen festen zeitlichen Ordnungsrahmen bei der verlässlichen Grundschule – nur darum ging es und nicht um irgendeine Erweiterung, sondern um die Konzentration des Unterrichts auf täglich gleiche Zeiten, die Kindern auch Halt und Festigkeit innerhalb eines zeitlichen Rahmens geben – zielt in genau diese Richtung.

Insofern ist es schon stellenweise herzerwärmende didaktische Lyrik, mit der in der Antwort auf diese Anfrage die Vielfalt der Angebote dargestellt wird. Ich frage mich: Ist diese Anhäufung von nicht unbedingt aufeinander abgestimmten Einzelprogrammen auf Dauer der richtige Weg? Vermitteln wir dadurch nicht einen Scheinanspruch und wecken Schuldgefühle bei allen denen, die solche Programme nicht anbieten?

(Abg. Dr. Caroli SPD: Die müssten Sie haben!)

Binden diese Projekte nicht viel Zeit und Kraft in Ministerien, in der Schulverwaltung und an den Schulen selbst? Und besteht nicht die Gefahr, dass durch den intensiven Blick auf Besonderheiten die Konzentration auf das Wesentliche verloren geht, nämlich auf die Grundaufgaben der Grundschule, die eben in der Grundqualifikation hinsichtlich der sprachlichen Entwicklung sowie im ersten Zugang zu einer Fremdsprache liegen? Hierzu nenne ich noch einmal ausdrücklich unsere Forderung, bei der flächendeckenden Umsetzung des Fremdsprachenlernens nicht auf die Wahrung selbst gesetzter Stichtage zu pochen, sondern die

Einführung in dem Maße zügig auszuweiten, in dem ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dass die Beherrschung der deutschen Sprache ein allererstes Ziel der Schulbildung sein muss, sei der Vollständigkeit halber angefügt, ebenso wie die sichere Vermittlung der zweiten Grundfertigkeit, des Rechnens – ich sage bewusst nicht Mathematik –, sowie das fachübergreifende Einüben in den sinnvollen Umgang mit neuen Medien.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sprechen Sie mal mit Ihrem Koalitionspartner!)

Dass zusätzlich kulturelle Grundlagen in Kunst und Musik vermittelt werden, dass bei Heimat- und Sachkundeunterricht, HuS, naturwissenschaftliches Interesse geweckt wird, dass auch Ernährungs- und Bewegungserziehung dazugehört und dass Grundschulkinder vor allem „Lernen lernen“ müssen, also früh zu eigenständigem Lernen hingeführt werden müssen: Das sind wichtige Aufgaben.

(Zuruf von den Republikanern: Bei denen ist alles leere Menge!)

Eigenständiges Lernen von und mit Gleichaltrigen sei ebenso erwähnt. Konzentration und Fleiß sind als später bedeutsame Schlüsselqualifikationen einzuüben. Wir müssen darauf achten, dass es nicht zur Hauptaufgabe der Grundschule wird, sich um Defizite zu kümmern. Das Benennen immer neuer „Schwächen“ zeigt das Risiko, das hier besteht.

Unterricht muss so gestaltet sein, dass er Leistungsmöglichkeiten für den breiten Kreis der Schülerinnen und Schüler bietet, andererseits aber auch Herausforderungen für besonders Begabte. Wir brauchen auch Ergänzungsangebote, die dort, wo es nötig ist, Aufholmöglichkeiten bieten. Ich möchte die Schulen allerdings bitten, die hierfür zur Verfügung gestellten Deputate nicht wieder in den allgemeinen Topf fließen zu lassen.

Baden-Württemberg geht mit dem Projekt „Schulanfang auf neuen Wegen“ zukunftsorientiert vor. Es gilt, bald dessen breite Einführung umzusetzen. Wir brauchen auch mehr Ganztagesschulen und mehr Schulen, in denen Behinderte über Außenklassen integriert werden.

Klar ist: Zur Umstellung all dieser Punkte sind Ressourcen erforderlich. Bei den in nächster Zeit sinkenden Schülerzahlen sollte es uns eigentlich gelingen, für kleinere Klassen zu sorgen. Bevor Neidgefühle anderer Schularten aufkommen: Fundiert vorbereitete Schüler erleichtern später auch dort den Unterricht.

In der Antwort werden auch die vielfältigen Anforderungen aufgezeigt, die an Grundschullehrer gestellt werden. Sie müssen in stark heterogen zusammengesetzten Klassen unterrichten. Sie brauchen eine breite Allgemeinbildung für fächerübergreifenden und auch fachfremden Unterricht, und sie haben in puncto Erziehung und Persönlichkeitsbildung und vielem anderen mehr eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe. In der Wirtschaft werden solche Fähigkeiten heute gut honoriert. Gibt es da einen Nachholbe

darf beim Staat? Bei sachgerechter Bewertung müsste es gelingen, wieder mehr männliche Lehrkräfte in Grundschulkollegien zu holen.

(Beifall der Abg. Lieselotte Schweikert FDP/DVP)

Dies ist aus pädagogischer Sicht dringend nötig. Ich möchte allerdings anfügen, dass ewiges Wehklagen mit Sicherheit nicht der Imageverbesserung dieses Berufs dient.

Unser Handeln im 13. Landtag muss auch die Ernsthaftigkeit an der Grundschule herausstellen.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir wollen ein Projekt „Eigenverantwortliche Schule“ entwickeln und an der Grundschule damit anfangen, um es anschließend in weiteren Schularten konsequent weiterzuführen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Ursu- la Haußmann und Helga Solinger SPD – Zuruf von den Republikanern)

Das Wort hat Herr Abg. König.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Große Anfrage der CDU reiht sich nahtlos in die Reihe der

(Zuruf von der CDU: Großen Anfragen!)

Auftragsarbeiten an die Landesregierung ein, die dieser die Chance geben sollen, all das Gute, das sie tut, auch darzustellen.

(Abg. List CDU: Jawohl!)

Ich habe dies bisher etwas angeprangert. Auch hier handelt es sich um eine solche Arbeit. Aber heute bin ich ganz anderer Meinung. Bei dieser Großen Anfrage kann man nämlich noch eine zweite Fliege mit derselben Klappe schlagen: Nach all den mündlichen Versuchen, dem Kollegen Zeller die Situation an unseren Grundschulen und auch an anderen Schulen wirklichkeitsnah darzustellen, was über den Gehörgang anscheinend nicht möglich gewesen ist, haben wir jetzt die Chance, dies Herrn Zeller – zumindest für das Grundschulwesen – auch einmal schwarz auf weiß vorzulegen.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Hans- Michael Bender CDU: Damit er es getrost nach Hause tragen kann! – Heiterkeit)

Vielleicht könnte man hier noch eine Verbesserung vornehmen. Für Verbesserungsvorschläge wird das Ministerium sicher offene Ohren haben. Wenn Sie die Lettern auf 18 bis 20 mm vergrößern, ist viel eher die Gewähr gegeben, dass es auch Herr Zeller lesen kann und versteht.

(Beifall bei den Republikanern – Heiterkeit)

Aber jetzt Spaß beiseite: Frau Kollegin Rastätter und Herr Kollege Zeller, Sie sprechen immer davon, dass Sie mit Eltern, Schülern, Lehrern und allen möglichen Leuten reden und diese Ihr Szenario untermauern oder vielleicht erst entwickeln. Dazu muss ich Ihnen sagen: Ich rede auch mit

Leuten, vielleicht sogar mit viel mehr, und zwar nicht bloß mit solchen, die einen Doktortitel vor dem Namen stehen haben, sondern mit Leuten aus dem Volk. Da höre ich immer ganz andere Sachen.

Deshalb möchte ich Sie einfach einmal nach Dobel einladen, Frau Rastätter. Sie haben ja nicht weit bis dorthin. Herr Zeller, Sie verlassen auch einmal Ihre Sonderschule am Bodensee und kommen einen Tag in den Nordschwarzwald nach Dobel, wo ich seit 29 Jahren Gemeinderat bin und die Gemeinde Dobel als Schulträger eine Grundschule unterhält. Da dürfen Sie einmal einen Tag hineinschauen, damit sich Ihr Weltbild realistischer gestaltet. Ich bin gern bereit, Sie dorthin zu begleiten.

(Abg. Zeller SPD: Arme Kinder!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt zur Großen Anfrage selbst: Wir haben in Baden-Württemberg durch die Politik des Kultusministeriums und auch durch den Landtag, der diese Politik bildungspolitisch immer wieder unterstützt, sehr gute Verhältnisse.

(Zurufe von der CDU: Sehr gut!)

Das ist einfach so. Das muss ich als Politiker der Oppositionsfraktion Die Republikaner bestätigen. Ich bin ganz überrascht, dass man hier immer wieder gravierende Fehler sieht.

Was mich ganz besonders erfreut hat, ist die lange Passage in der Antwort über die Förderung von Schülern, und zwar sowohl der schwachen als auch der begabten Grundschüler. Es war immer ein großes Anliegen von mir, dass man nicht nur die schwachen Schüler fördert, sondern auch die hoch begabten, und vor allem, dass man deren Begabung erkennt, damit man sie überhaupt fördern kann. Auch hier wird bereits in der Lehrerbildung sehr viel getan. Darüber bin ich sehr froh.

Auch hinsichtlich der Integration – da sind wir eigentlich immer gegenteiliger Meinung zu Rot und Grün gewesen – bin ich der Auffassung, dass das hier im Land bestens funktioniert, weil wir nicht auf Pflichtintegration, sondern auf freiwillige Integration von Behinderten setzen, und zwar hauptsächlich in Form der Außenklassen. Das hat sich bewährt. Dies zu fördern und auszubauen ist auch unsere Intention. Da wir in der 13. Legislaturperiode hier noch stärker vertreten sein werden,