Ich fahre fort. Wir haben überhaupt nichts dagegen, wenn Frau Künast sagt, Verbraucherschutz stehe an erster Stelle. Ganz im Gegenteil. Das ist auch unser Bestreben.
Der große Unterschied, meine Damen und Herren, besteht darin: Wir sind davon überzeugt, dass dieser Verbraucherschutz, der für den Absatz auch im landwirtschaftlichen Bereich notwendig ist, nur gemeinsam mit den Erzeugern funktioniert und nicht solitär irgendwo im Raum stehen kann.
Denn sonst haben Sie einen optimal geschützten Verbraucher, aber keinen mehr, der die Flächen bei uns im Land bewirtschaftet. Das ist das Problem.
Wir haben auch nichts dagegen, wenn Frau Künast sagt: Klasse statt Masse. Ich kann nur sagen: Willkommen im Klub! Auch gegen eine offene Deklaration bei Futtermitteln ist nichts zu sagen, auch nichts dagegen, dass die EUMittel umverteilt werden sollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Rot-Grün kommt nur ein Jahr zu spät. Im letzten Jahr, bei der Agenda 2000, hätte man beweisen können, dass man für die Umverteilung ist, als Fischler die naturgemäße Landwirtschaft stärker puschen wollte. Wir in Baden-Württemberg waren mit im Boot; die Blockierer waren damals Funke, Schröder, Fischler und andere, die auf der französischen Seite saßen. Das ist die Wahrheit, und das müssen Sie erkennen.
Meine Damen und Herren, ein Weiteres kommt hinzu. Jetzt komme ich zur Frage der Bewältigung der BSE-Krise. Sie sagen: Kein neues Geld; Eichel macht gerade 100 Millionen DM locker. Wir wissen alle, dass das in die Milliarden geht. Sie nehmen das Geld aus dem Topf für benachteiligte Gebiete. Und wer muss dran glauben? Das sind genau die Grünlandbewirtschafter, die heute schon extensiv bewirtschaften. Denen streicht man die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete. Die sind davon doppelt und dreifach betroffen.
(Abg. Teßmer SPD: Jetzt gehts los! – Abg. Dr. Ca- roli SPD: Wer hat denn die Ausgleichszulage ge- strichen? Sie!)
Meine Damen und Herren, ein Weiteres kommt hinzu. Frau Künast sagt: Die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes trägt dazu bei, auch die Wende in der Agrarpolitik zu verfestigen. Das mag aus grüner und roter Sicht so sein. Das ist wohl wahr.
Aber das bestätigt nur unseren schon immer gehegten Vorbehalt, dass Sie alles über die Exekutive und mit Gesetzen und Auflagen und Vorschriften regeln wollen, aber den Menschen keinen Freiraum geben, den Verbrauchern nicht und den Landwirten auch nicht. Darin liegt der Misserfolg Ihrer Politik begründet, meine sehr verehrten Damen und Herren. Eines ist klar: Dort werden sich eklatante Eingriffe in das Eigentum abspielen, wenn all das wahr wird, was Trittin beabsichtigt und derzeit verkündet.
Nachdem Fischler in Europa durchaus Bereitschaft signalisiert hat, etwas Neues zu machen, wundert es mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Frau Künast sagt, das sei ein Affront gegenüber Deutschland. Das Ganze gipfelt in dem Satz: We are not amused. Ich kann Sie nur fragen, Frau Künast: Why? Warum sind Sie nicht amused, Frau Künast? Das ist die Frage.
Ich habe nichts dagegen, dass die EU den Viehbesatz beschränken wird, und ich habe nichts dagegen, dass die EU nur noch maximal 90 Rinder in einem Bestand fördern und
Wir würden gerne noch etwas draufsatteln, wenn man uns ließe und wenn uns der Bund dafür via Europa mehr Geld zur Verfügung stellen würde. Wir würden gern mehr umweltbewusstes Betriebsmanagement machen. Wir würden gern mehr für die extensive Grünlandbewirtschaftung tun. Wir würden gern mehr für den Naturschutz in der Landwirtschaft, für den Vertragsnaturschutz, für den Verzicht auf chemisch-synthetische Produktionsmittel, für eine extensive und umweltschonende Pflanzenerzeugung, für Mulchsaat, für den Verzicht auf Herbizide und dergleichen mehr ausgeben. Alle diese Maßnahmen sind bereits im MEKA enthalten, und da ist ein Teilausgleich möglich. Da könnten wir noch sehr viel ausbauen, wenn man uns nur ließe.
Wenn die Wende in der Agrarpolitik von Berlin in diese Richtung geht und für diese Dinge mehr Geld zur Verfügung steht, können wir mit dieser Wende gut leben und sagen: Willkommen im Klub! Vor allem anderen muss man warnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst zu meinen Ausführungen über die Regierungserklärung von Frau Künast zurückkommen und möchte feststellen, dass Frau Künast zwei neue Labels einführen will, zum einen das Öko-Label – dazu sage ich: Okay, machen Sie das! – und zum anderen auch ein Label für die konventionelle Landwirtschaft. Ich bin gespannt, was da anders sein soll als beim MEKA. Da lasse ich mich überraschen; darauf bin ich wahnsinnig gespannt.
(Abg. Teßmer SPD: MEKA ist doch kein Siegel! – Abg. Dr. Caroli SPD: Seit wann ist MEKA ein Zeichen? – Weitere Zurufe von der SPD)
Entschuldigung! Ich habe mich versprochen; ich habe das HQZ gemeint. Beim HQZ gibt es Produktbeiräte, und Sie tun heute alle so, als wäre das seit der Einführung schon immer dasselbe.
Hier muss alles auf den Prüfstand, und man muss untersuchen, in welchem Bereich es nach dem jetzigen Erkennt
nisstand optimal ist und in welchen Bereichen man das HQZ noch ein Stück weiterentwickeln sollte. Ich bin auf jeden Fall dafür, das HQZ beizubehalten.
Die Frau Ministerin Künast will ja auch etwas Ähnliches wie wir mit unserem MEKA machen. Dazu braucht sie aber „fresh money“.
Frisches Geld. – Ich sehe aber weit und breit kein Geld für ihre Vorstellungen. Sie braucht frisches Geld im Haushalt, damit sie ihre Vorstellungen auch umsetzen kann. Es ist ja gut, Dinge anzukündigen. Aber wenn man Dinge ankündigt, sollte man sie auch durchziehen.
(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Wenn ihr die EnBW-Erlöse ordnungsgemäß versteuern würdet, wäre „fresh money“ da! – Abg. Birgit Kip- fer SPD: 27 Milliarden DM gehen in die Landwirt- schaft!)
Hier wäre es wichtig, dass ein Programm aufgelegt wird, wie wir es in Baden-Württemberg mit unserem Umweltprogramm, mit MEKA, haben.
Ich muss noch eines sagen. Ich finde es ja gut, dass Sie ein Bundesamt für Verbraucherschutz machen. Aber wir in Baden-Württemberg haben die Lebensmittelüberwachung vor der BSE-Krise in einem Ministerium gebündelt. In der großen Koalition ist das nach einem großen Streit zwischen Harald B. Schäfer und Gerhard Weiser nicht gelungen. Sie sind ja nicht zusammengekommen. In dieser Legislaturperiode haben wir den Verbraucherschutz in einem Ministerium gebündelt. Wir haben vier integrierte Ämter eingeführt. Aus diesem Grund muss ich sagen: Die Bündelung, die jetzt im Bundesministerium erfolgt ist,
haben wir in Baden-Württemberg schon vor zwei Jahren vollzogen. Deshalb sage ich Ihnen eines: Bei der Entwicklung von neuen Zeichen müssen wir natürlich aufpassen, dass wir nicht zu viele Zeichen bekommen. Deshalb bin ich auch dankbar, wenn jetzt das Ökosiegel kommen soll, weil die AGÖL ja zerschlagen ist und man in diesen Bereich hineinproduziert. Ob von Naturland oder von Bioland, kann man im Endeffekt – – Vor lauter Wirrwarr mit Siegeln kann der Verbraucher dann
(Abg. Teßmer SPD: Herr Kollege, Bioland und Demeter brauchen doch kein Siegel! Das wissen wir doch!)
Herr Kollege Teßmer! – Wer jetzt aus ideologischen Gründen ökologische und konventionelle Landwirtschaft gegeneinander ausspielt, handelt grob fahrlässig.