Protokoll der Sitzung vom 21.02.2001

Ich komme schon zu den Punkten. Glauben Sie nur nicht, dass ich mich davor drücke.

Etwaigen Gefahren durch Wegfall des Devolutivrechts der Naturschutzbeauftragten kann durch Einflussnahme der führenden Leute begegnet werden. Das Devolutivrecht wird zum Vorlagerecht.

Schließlich möchte ich in dieser Hinsicht auch auf das hinweisen, was Sie, Herr Caroli, gesagt haben: Wenn durch die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes die Verbandsklage für Naturschutzverbände eingeführt wird – und das begrüße ich, wie Sie ja wissen, ausdrücklich –, dann wird noch einmal ein Riegel dagegen vorgeschoben, dass Dinge passieren, die gegen die Natur oder gegen die Denkmalpflege gerichtet sind.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Ähnliches gilt auch beim Denkmalschutz. Ich finde, es ist schon entlarvend, wenn vonseiten der SPD gesagt wird, es sei eine üble Strategie der Deregulierung. Ja, wir sind für die Deregulierung.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Caroli?

Wenn ich mit dem Satz fertig bin, gern, Herr Präsident.

Es ist meines Erachtens eine Dekuvrierung, wenn man feststellt: eine üble Strategie der Deregulierung. Nein, Popper sagt: Wir müssen deregulieren.

Und jetzt bin ich gespannt auf Ihre Frage, lieber Herr Kollege.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Kollege Kiel, geben Sie mir Recht, dass all diese Dinge, die Sie jetzt auch erwähnt haben, wie zum Beispiel die Einführung der Verbandsklage, zusätzliche Aufgaben für die Naturschutzverwaltung mit sich bringen, die gebündelte Kraft erfordern, was ja dann gerade für die Beibehaltung einer starken Bezirksstelle für Naturschutz spricht?

Ich kann Ihnen bestätigen, dass es richtig ist, dass wichtige Aufgaben auf die Naturschutzbehörden zukommen. Ich finde es auch richtig, dass sie ihre Arbeit darauf konzentrieren können und die – ich sage es mal in Anführungsstrichen – „Kleinarbeit“ nach unten verlagert wird. Sie vergessen dabei, dass für den Naturschutz nicht Stellen gestrichen werden,

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

sondern 22 neue Stellen geschaffen werden

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

und dass die Aufgaben, die wirklich von großer Bedeutung sind – Sie haben sie genannt; ich könnte noch einige hinzufügen –, auch in Zukunft dort konzentriert und sehr engagiert durchgeführt werden und dass sozusagen „Kleinvieh“ woanders gehalten wird.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Die Tagesarbeit! – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Die Tagesarbeit wird weiter unten durchgeführt.

Meine Damen und Herren, die Arbeit im Landtag – meine Zeit ist abgelaufen; darum möchte ich das kurz noch sagen – hat mir Freude gemacht,

(Abg. Schmiedel SPD: Was ist mit den Risiken?)

in der Regierung meist mehr als in der Opposition, um das hinzuzufügen. Aber es war für mich ein Gewinn, beide Seiten kennen gelernt zu haben und deshalb auch Verständnis für beide Seiten aufbringen zu können.

Mit über 66 Jahren wollte ich freilich nicht mehr kandidieren. Allen wahren Demokraten, gleich welcher Couleur, die wieder kandidieren, wünsche ich, dass ihnen am 25. März Erfolg beschieden ist.

Ich bedanke mich bei denen, die konstruktiv und heftig mitgemacht haben. Da haben Sie bei mir immer einen Partner gefunden, der dies durchaus als wohltuend empfunden hat. Ich danke allen, und ich sage, ein bisschen Wehmut geht in dieser Stunde auch mit mir heim. Ein wenig werden Sie, wird dieses Parlament mir schon fehlen.

(Beifall bei der FDP/DVP, bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Brechtken SPD – Abg. Brecht- ken SPD: Beifall nur für die letzten drei Sätze!)

Das Wort hat Herr Abg. Eigenthaler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ihre so genannte Neuorganisation der Naturschutzverwaltung, Frau Ministerin, ist doch ohne Frage mit einer quantitativen und qualitativen Schwächung Ihres Ministeriums im Bereich des Naturschutzes – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich habe sehr viel Sympathie dafür, dass Sie sich von Herrn

Kollegen Kiel verabschieden wollen. Aber jetzt hat Herr Abg. Eigenthaler das Wort, und ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit.

(Abg. Rapp REP: Jawohl! – Beifall der Abg. Rapp und König REP)

Das gilt auch für Herrn Abg. Wieser.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ausdrücklich!)

Frau Ministerin, die so genannte Neuorganisation ist doch ohne Frage mit einer quantitativen und qualitativen Schwächung Ihres Ministeriums im Bereich des Naturschutzes und der Förderung des ländlichen Raumes verbunden. Ziele dieser Neuorganisation beinhalten aber auch eine empfindliche Demontage der Bezirksstellen für Naturschutz und Landschaftspflege.

Mit der Negativauswirkung beim Denkmalschutz habe ich mich bereits ausführlich bei der ersten Lesung befasst; das ist für jedermann im Protokoll nachzulesen.

Es ist bedauerlich, dass Sie, Frau Staiblin, in Ihrer eigenen Fraktion nicht die nötige Unterstützung zur Stärkung des Natur-, Tier- und Landschaftsschutzes für Ihr Ministerium gefunden haben. Es berührt schon peinlich, wenn angesichts BSE und des damit ausgelösten beschleunigten Bauernsterbens die dringend anstehenden Umstrukturierungen in der Landwirtschaft verzögert werden, einhändig und einäugig...

Ich darf die Abgeordneten der Republikaner bitten, ihrem Kollegen zuzuhören.

(Abg. Zeller SPD: Das müssen sie nicht!)

... abgearbeitet werden müssen oder gänzlich unterbleiben. Wollen Sie das angesichts des sich ausweitenden Schweinemastskandals, der existenzvernichtenden Seuche für Züchter, für Erzeuger, für Verarbeiter, für das Metzgerhandwerk, für das Gaststättengewerbe bis hin zur letzten Würstchenbude? Wollen Sie das angesichts größter Ernährungsprobleme vieler Mütter und Väter und von Familien mit Kindern, die nicht in der Lage sind, von heute auf morgen höhere Preise für Ökoprodukte zu bezahlen?

Wir brauchen dringend neue und naturnahe Programme für die Aufzucht von Schlachttieren, wobei der Natur- und Tierschutzgedanke in vielen Bereichen stärker beachtet und kontrolliert werden muss. Es schmerzt, wenn durch eine verzögerte Umsetzung der FFH-Richtlinie der Artenschutz versagt, wenn der Tierschutz anlässlich der zunehmenden Lebendtiertransporte leidet und wenn das Ministerium trotz heftiger Reaktion auf die Kampfhundunfälle ohne Not von der eigenen Ministerin selbst demontiert werden muss.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, Frau Ministerin Staiblin, dass Sie gerade jetzt den existenzbedrohten Landwirten, Milchbauern und Viehzüchtern wie den zahlreichen total verunsicherten Verbrauchern mit einem geschwächten Ministerium aufwarten wollen. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die CDU in dieser kritischen Situation unverzichtbare Kompetenz aus Ihrem ohnehin überforderten

Ministerium herausbrechen will. Oder glauben Sie im Ernst – auch Sie, Herr Präsident –, dass Sie mit einem naturschutzamputierten Ministerium mehr für die Landwirtschaft tun können? Wollen Sie Ihre Bauern ohne ministerielle Beratung in Sachen Entschädigung und Förderung von Ausgleichsmaßnahmen gerade jetzt im Regen stehen lassen?

Ihr Ansatz ist zwar richtig, kompetente Fachkräfte hinter den Schreibtischen des Ministeriums und der Bezirksstellen hervorzuholen und sie an der grünen Front bei den unteren Landesbehörden in Stadt- und Landkreisen einzusetzen. So weit, so gut. Aber glauben Sie im Ernst, Frau Ministerin, dass Sie die zügige Umstrukturierung in der Landwirtschaft unter Verzicht auf Ihre hoch qualifizierten Mitarbeiter in den Abteilungen Naturschutz und Tierschutz bewältigen können? Glauben Sie im Ernst, die verschleppte Umsetzung der sensiblen FFH-Richtlinie auch im Sinne der Kommunen und im Konsens mit ihnen jetzt im Hauruckverfahren ohne die 22 Fachkräfte durchziehen zu können? Kann ein Umweltminister Müller angesichts der katastrophalen Klimaentwicklung auch in unserem Land ersatzlos auf 22 Fachleute bei der LfU verzichten?

(Abg. Keitel CDU: Was? Von was schwätzt der?)

Bedrohte Pflanzen und Tiere müssen zwar in der freien Natur an ihren natürlichen Standorten beobachtet, kartiert und geschützt werden. Es ist unstrittig, dass Haus- und Schlachttiere in Wohnungen, in Ställen, auf Weiden, bei Transporten und in Schlachthäusern, aber auch in Zoos, Zoogeschäften, im Tierkäfig, im Hundezwinger und auf dem Hühnerhof inspiziert werden müssen. Es bestehen keine Zweifel darüber, dass die Wasser- und Singvögel, die Lauf- und Raubvögel, die Fische und Krebse sowie Kleinlebewesen auf den Felsen und Wacholderheiden der Alb, in den Klammen und Schluchten des Schwarzwalds, auf den Feuchtwiesen und Auen an Rhein und Donau, an Neckar und Fils und an den vielen kleinen Nebenflüssen aus den Höhenzügen und Mittelgebirgen unserer Heimat vor Ort von Naturschützern beobachtet, betreut und geschützt werden müssen. Aber die Zusammenführung und die wissenschaftliche Auswertung, die zentrale Aufarbeitung und Umsetzung in neue Schutzmaßnahmen und deren Kontrollmechanismen müssen an zentraler Stelle erfolgen.

Herr Abgeordneter, ich darf Sie darauf hinweisen, dass Sie Ihre Redezeit bereits überschritten haben.

(Abg. Herrmann CDU: Das ist auch eine Ab- schiedsrede!)

Regionale, gebietsscharf abgegrenzte, jedoch großflächig vernetzte Schutzräume müssen neu ausgewiesen werden, beispielsweise in einem Naturschutzgebiet Schwäbische Alb. Die Natur- und Umweltschutzverbände sowie der Schwäbische Heimatbund, dessen Vorstellungen wir Republikaner weitgehend unterstützen – –

Ich weise nochmals darauf hin: Ihre Redezeit ist zu Ende, und zwar schon längst.

(Unruhe)

Ich bin gleich zu Ende.