Protokoll der Sitzung vom 21.02.2001

Nun hat die aktuelle Entwicklung teilweise auch uns Liberale überrascht,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie in vielen Be- reichen!)

hatte doch das Kultusministerium immer wieder versichert, man sei gut auf die Personalentwicklung der nächsten Jahre vorbereitet. Man muss allerdings zugeben, dass die momentane Enge zwei Ursachen hat, die schwer abzusehen waren.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Alles vom Himmel ge- fallen!)

Die eine ist die wirklich erfreuliche hervorragende wirtschaftliche Situation in unserem Land, deren großer Arbeitskräftebedarf zur Einstellung auch vieler Pädagogen geführt hat. Verschärft hat sich die Situation an den beruflichen Schulen aber vor allem durch die Verschiebung weg von der Teilzeitbeschulung im dualen System hin zu weit mehr beruflichen Vollzeitschülern.

Ich bin überzeugt, dass die Maßnahmen, die wir an den Hauptschulen ergriffen haben und noch ergreifen werden, dazu führen, dass es auch hier wieder zu einer Entlastung kommt. Das muss auch sein, weil sich Unterrichtsausfälle an Berufsschulen negativ auf die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe auswirken.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Nun malt die SPD erneut ein Menetekel an die Wand und verunsichert Eltern und Wirtschaft. Das führt nicht zu der Imagehebung für den Lehrerberuf, die wir dringend brauchen.

(Abg. Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Das verwundert mich allerdings auch nicht bei einer Partei, die das Geld der Steuerzahler möglichst gleichmäßig verteilen, ansonsten aber vor allem Besitzstände sichern will.

(Abg. Drexler SPD: Wer hat denn die Schulden in Bonn hinterlassen?)

Die Punkte, die in dem von SPD und Grünen vorgelegten Antrag zur Großen Anfrage enthalten sind, sind im Wesentlichen in Arbeit. Sorgen Sie in Berlin doch bitte dafür, dass endlich die Regelung zur Gewährung von Anwärtersonderzuschlägen verabschiedet wird. Diese Regelung brauchen wir ganz dringend.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Die Maßnahmen, die ansonsten wichtig sind, werden über den zur Großen Anfrage vorgelegten Antrag der Koalitionsfraktionen zuverlässig abgesichert. Mir ist wichtig: Wir müssen bei der Berechnung der Springerreserve immer die durchschnittlichen Abwesenheitszeiten wegen Krankheit und Weiterbildung berücksichtigen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Im Übrigen, meine Damen und Herren, bringt die aktuelle Situation aber auch eine historische Chance zur Innovation mit sich. Wir müssen Seiteneinsteiger einstellen. Das wird

ganz automatisch zu der von der FDP/DVP schon lange geforderten besseren Vernetzung von Schule und Wirtschaft führen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das wird auch zu einer Verbesserung des naturwissenschaftlichen Unterrichts führen, wenn dort mehr anwendungsorientierte Beispiele gebracht werden, die unsere Jugend wieder für die Naturwissenschaften begeistern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Zwei wichtige Voraussetzungen muss die Schulverwaltung sicherstellen, wenn sie Seiteneinsteiger einstellt. Ich bitte dringend, darauf zu achten, dass eine wirklich sorgfältige Auswahl der Bewerber erfolgt. Sie müssen Begabung dafür mitbringen, anderen Personen Inhalte überzeugend zu vermitteln.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Wir brauchen zweitens eine ganz gezielte Grund- und Fortbildung dieser Schulneulinge für ihren pädagogischen Einsatz.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Diese muss auf die Vorkenntnisse und Erfahrungen der Bewerber zurückgreifen und darauf aufbauen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Für die Gewinnung der richtigen Bewerber wird es allerdings wichtig sein, Schule nicht ewig schlecht zu jammern. Wir müssen in der Öffentlichkeit vor allem deutlich herausstellen, dass der Lehrerberuf zwar besondere Herausforderungen mit sich bringt, sich aber auch in etlichen Bereichen positiv von anderen Arbeitsverhältnissen abhebt. So sind unsere Schulen – Sie wollen das nicht so richtig wahrhaben; aber es ist so – zum Beispiel auf dem deutlichen Weg, sich zu einem innovativen Arbeitsplatz zu entwickeln. Auch ist die Arbeitszeit der Lehrkräfte zwar nicht geringer als in vergleichbaren Berufen, aber es gibt hinsichtlich der Einteilung und der Gestaltung weit mehr Freiräume. Schließlich muss wieder einmal gesagt werden, dass es wirklich Freude und Befriedigung verschafft, junge Menschen auf ein erfolgreiches Leben vorzubereiten.

Auch unser Dank gilt allen engagierten Lehrerinnen und Lehrern, den Eltern- und den Schülervertretern. Wir werden auch in der nächsten Legislaturperiode all diejenigen, die sich in unserem Land für Schule und eine gute Bildung engagieren, mit voller Tatkraft unterstützen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. König.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben heute eine Debatte, die Wahlkampf pur ausstrahlt. Ich fordere die Bürger, die jetzt vor dem Fernsehgerät sitzen und die Debatte verfolgen, einfach einmal auf, sich all die Zahlen zu merken, die heute hier versprochen werden.

Für die Fraktion Die Republikaner im Landtag von BadenWürttemberg möchte ich einmal eines klar darstellen: Es muss gewährleistet sein, dass der vorgesehene Pflichtunterricht an unseren Schulen zu 100 % gehalten wird. Darüber hinaus müssen auch im erweiterten Bildungsbereich – ich nenne einmal Chor, Musik – noch Angebote gemacht werden können. Vorrang hat aber die Versorgung im Pflichtbereich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Deuschle REP: Sehr richtig!)

Jetzt werden hier „Klubs“ mit 5 000 bzw. 5 500 neuen Lehrerstellen gebildet. Die Spitzenkandidatin der Sozis hat ja gesagt, wenn sie mit der SPD an die Regierung käme, würde sie in der nächsten Legislaturperiode 5 000 neue Lehrerstellen schaffen. Daraufhin hat der Ministerpräsident gesagt: „Ja, willkommen im Klub! Ihr wollt nur 5 000, wir machen 5 500.“ Da meint man, man sei irgendwo bei einer Zwangsversteigerung oder bei irgendeinem Versteigerungstermin, wo einer den anderen zu überbieten hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie viel Lehrer wir im Einzelnen brauchen, das muss korrekt und nicht populistisch in Wahlkampfzeiten errechnet werden, und die entsprechenden Lehrer müssen dann auch eingestellt werden.

(Beifall bei den Republikanern)

Die Frage ist, wo wir die einzustellenden Lehrer eigentlich künftig hernehmen. Wenn wir einmal auf die Drucksache mit der Überschrift „Zukunft der Unterrichtsversorgung“ zurückgreifen, die ja Grundlage der heutigen Debatte ist, dann merkt man, dass es ganz katastrophal aussieht. Wenn wir die ganz normale Fluktuation durch Pensionierungen und Frühpensionierungen und auch den Teilzeitbereich nehmen, dann reichen die Lehramtsbewerber, die derzeit an unseren Pädagogischen Hochschulen und an den Universitäten das Lehramt studieren, bei weitem nicht aus. Das ist das größte Problem. Wir haben ja errechnet, dass man unter ganz normalen Umständen, ohne dass zusätzliche Lehrerstellen geschaffen werden, durch die Altersstruktur der Lehrerschaft derzeit jedes Jahr knapp 4 000 Lehrer braucht, die die ausscheidenden Lehrer ersetzen, also ohne Neustellen. Wenn ich dann schaue, wie viel derzeit an unseren Pädagogischen Hochschulen eingeschrieben sind, stelle ich fest, dass es 3 300 sind. Da haben wir schon ein Defizit von 600 Lehrern. Also müssen wir uns doch fragen, wie wir wieder junge Leute mit Hochschulberechtigung dazu bringen, das Lehramt zu studieren. Das ist nämlich die entscheidende Antwort zum Thema „Zukunft der Unterrichtsversorgung“.

Also muss man sich einmal überlegen, warum das Interesse am Lehramt zurückgeht. Zum einen ist klar: Wir haben eine Lehrerschwemme gehabt, und jetzt haben wir einen Lehrermangel. Das schwappt immer von hier nach da.

(Abg. Zeller SPD: Wir haben noch genügend Leh- rer! Die muss man nur einstellen!)

Da muss man sich einmal fragen, wie das kommt. Das ist ein Grund.

Ein anderer Grund ist – das muss man ganz deutlich sagen –, dass auch das Image der Lehrer schlecht geredet wurde.

Wenn der ehemalige Bundeskanzler – auch Herr Oettinger hat solche Sprüche gemacht – dieses „faule Pack“ der Lehrer anspricht,

(Abg. Renate Rastätter Bündnis 90/Die Grünen: „Faule Hunde“!)

muss man einfach daran denken, dass sich jemand erst einmal überlegt, ob er sich zu diesem „Haufen“ begeben soll.

(Beifall bei den Republikanern)

Ein weiterer, ganz wichtiger Grund – den muss man auch einmal ansprechen – sind doch die heutigen erschwerten Bedingungen der Lehrer. Ein Lehrer, der heute in der Schulstube steht, hat es doch erheblich schwerer als einer, der zu meiner Zeit, nämlich 1969, eingestiegen ist. Das liegt einmal an den Kindern, bereits an der Erziehung im Elternhaus; aber es liegt auch daran, dass wir die Schulstube immer mehr liberalisieren, das heißt öffnen. Das muss man einmal ganz deutlich sagen. Es liegt drittens daran, dass wir heute in unseren Schulstuben eine total heterogene Schülerschaft haben.

(Beifall bei den Republikanern)

Da können Sie mich jetzt wieder prügeln, wie Sie wollen: Tatsache ist einfach, dass heute in jeder Schulklasse, natürlich insbesondere in der Hauptschule, Schüler sitzen – in der Hauptschule über 50 % –, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Jetzt will ich nicht sagen, dass das alles Ausländer seien, nein, es sind auch Aussiedler und Allochthonen dabei. Meine Damen und Herren, das ist eine Erschwernis für jeden Lehrer, der davor steht. Er hat hier Bremsklötze drin. Das muss man sagen. Deshalb fordern wir Republikaner ja immer, alle diese Schüler,

(Abg. Renate Rastätter Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt sind wir wieder beim Thema, gell!)

auch deutsche, in Sprachklassen zusammenzufassen, damit die Bedingungen in den Klassen wieder besser werden, meine Damen und Herren,

(Beifall bei den Republikanern)