Also hätte ich normalerweise erwartet, dass jede Partei sagt: Wenn ich eine Spende von einem Unternehmen bekomme, an dem der Staat beteiligt ist, nehme ich diese Spende nicht an, weil das de facto eine Umgehung des Rechts ist, das wir im Parteiengesetz festgelegt haben.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas erwähnen. Sie sagten vorhin – und da stimme ich Ihnen zu –, dass die Unschuldsvermutung für jeden gilt, auch für jeden Abgeordneten. Aber so, wie ich es sehe, geht es in diesem Zusammenhang weniger darum, dass man Herrn Kollegen Schaufler vor Abschluss eines Verfahrens irgendetwas unterstellen will. Es geht vielmehr um die Äußerungen von Herrn Schaufler selbst. Wenn er in den Raum stellt, dass da noch anderes Geld geflossen sein soll, dürfen Sie sich nicht wundern, dass nachgefasst wird.
Ich nehme zwar zur Kenntnis, dass es hier einen Widerspruch zwischen der Aussage von Herrn Schaufler und der von Ihnen erwähnten Landtagsdrucksache und zu den Ausführungen des Landesrechnungshofs gibt. Aber ich glaube nicht, dass Herr Kollege Schaufler hier fantasiert hat. Vielmehr muss ich leider davon ausgehen, dass es hier doch noch Zuwendungen gegeben hat. Solange dies nicht abschließend geklärt ist, werden wir nachfassen. Das darf man nicht im Raum stehen lassen.
Nun eine Anmerkung der besonderen Art. Ich fand es hochinteressant, dass sich Herr Kollege Kuhn vorhin wie
Er hat sich in eine der hinteren Bänke gesetzt. Herr Kuhn, vielleicht wissen Sie, warum. Sie haben sich vorhin auf einen Artikel Ihres Kollegen Kretschmann bezogen, haben allerdings nur die erste Spalte dieses Artikels herangezogen. Sie haben bei Ihren Ausführungen vergessen, folgenden Absatz dieses durchaus lesenswerten Artikels mit zu berücksichtigen. Herr Kretschmann schreibt nämlich:
Vor zweieinhalbtausend Jahren hat Sokrates gegenüber seinen wohlmeinenden Freunden begründet, warum man sich in einer Demokratie unbedingt an Gesetze halten müsse. Damit meinte er besonders die Gesetze, die man nicht für richtig hält, die einem nicht passen. Hielte man sich nur an Gesetze, die einem zupass kommen – dann bräuchte es gar keine Gesetze und Regeln.
Genau das ist die Antwort auf Ihre Ausführungen. Hätten Sie den Artikel von Herrn Kretschmann einmal gelesen, was ich eigentlich erwartet hätte, wenn ein Fraktionskollege von Ihnen einen solchen Artikel verfasst, hätten Sie Ihre Ausführungen besser sein gelassen.
Denn Ihr Versuch, den zivilen Ungehorsam nachträglich wieder zu rechtfertigen, steht in glattem Widerspruch zu dem, was Herr Kretschmann hier ausgeführt hat.
Ein dritter Punkt: Herr Ministerpräsident, was mich nach wie vor nicht überzeugt und was Sie heute auch nicht erklären oder als Widerspruch ausräumen konnten, war die Frage des Verkaufs der EnBW-Anteile des Landes. Sie haben die Fusion der verschiedenen Unternehmen mit Landesbeteiligung, die zunächst stattgefunden hat, gelobt. Sie haben die Fusion als ein gutes Ergebnis dargestellt, weil hier auf dem nationalen Markt das viertstärkste Energieversorgungsunternehmen entstanden sei, und dessen Konkurrenzfähigkeit in den Vordergrund gehoben. Nun stelle ich aber die Frage, wenn das eine so gelungene Fusion war, wenn das Unternehmen so konkurrenzfähig ist: Warum wird dann der strategische Nachteil in Kauf genommen, hier jede Möglichkeit der Standortsicherung zu verlieren, und dieser Anteil an die EdF verkauft? Mit dem Argument der Konkurrenzfähigkeit und deren Sicherung können Sie das nicht erklären.
Der Markt ist jetzt weitgehend arrondiert. Alle Fachleute sagen: Diese Fusionswelle ist abgeschlossen. Die EVUs stehen da, sie haben ihre Marktposition. Auch die EnBW hat ihre Position, so wie sie bis zum Verkauf dastand. Ich sehe überhaupt nicht ein, weshalb der Verkauf des Aktienanteils des Landes unbedingt notwendig gewesen sein soll. Die EnBW war konkurrenzfähig, sie wäre es auch mit einer Landesbeteiligung geblieben, und wir hätten uns gerade in
einem Schlüsselsektor die Möglichkeit bewahrt, mit darauf hinzuwirken, dass künftig Interessen des Landes BadenWürttemberg im Vordergrund stehen. Künftig werden die Interessen der EdF im Vordergrund stehen. Ich verstehe bis heute nicht, dass wir die Lehren, die wir aus anderen Vorgängen in der Vergangenheit hätten ziehen müssen – ich erinnere nur an Dual oder an SEL –, bis heute nicht ziehen und hier stattdessen blauäugig in eine Zukunft hineingehen, die eben nicht so rosig ist, wie Sie sie versprochen haben.
Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen, meine Herren Kollegen! „Die Jäger sind los“, schreibt Gabriele Renz im „Südkurier“ vom letzten Samstag. Sie schreibt weiter:
... Als eifrigster Verfolger tut sich in diesen Tagen jedoch die SPD mit ihrem Generalsekretär Wolfgang Drexler hervor. Beinahe täglich vermeldet er aus den Zahlenhalden der CDU-Rechenschaftsberichte neue Funde.
Die Opposition hat zwar nichts Festes in der Hand gegen die CDU, aber mit dem Wenigen hantiert etwa Drexler virtuos.
In der Spendenaffäre konnte der baden-württembergischen CDU bisher nichts Illegales nachgewiesen werden.
Sie haben das Recht, Fragen zu stellen, aber wir haben die Chance, Antworten zu geben. Bislang konnten wir zu allen Fragen Antworten geben und können deswegen behaupten, dass die Landespolitik und die CDU Baden-Württemberg Recht und Gesetz eingehalten haben, einhalten und auch künftig einhalten werden.
Davon nicht unberührt, aber doch zu trennen ist die Aufarbeitung des strafrechtlichen Komplexes auf Bundesebene. Der Rechtsstaat hat dafür Instrumente, aber er braucht Zeit, und wir brauchen Geduld. Die Staatsanwälte brauchen Zeit und Geduld, der Untersuchungsausschuss braucht Zeit und
Geduld, und die Vernehmung des Bundeskanzlers a. D. ist ja von Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt angesetzt worden. Wir respektieren es. Aber Kohl hätte früher Antwort geben können, wenn es nach unserem Zeitplan gegangen wäre. Darüber hinaus gehe ich fest davon aus, dass alle strafrechtlichen Belange auf Bundesebene abgearbeitet und einem Ergebnis zugeführt werden und dass sich dann zeigen wird, dass Politik im Verborgenen nicht möglich ist und dass der, der im Verborgenen arbeitet, nicht begünstigt bleibt.
Meine Damen und Herren, ich gestehe auch zu, dass möglicherweise die Gremienarbeit der CDU auf der Bundesebene nicht dem entspricht, was man als Mitglied und Bürger erwartet hätte. Da halte ich es mit Biedenkopf: Punkt 1 „Bericht des Vorsitzenden“ und Punkt 2 „Verschiedenes“ ist zu wenig. Wenn dem so ist, dann müssen wir uns alle an die Nase fassen, wenn es darum geht, eine offene Debattenkultur zu befördern und nicht zu verhindern, sondern zu aktivieren. Ich schließe mich persönlich darin ein.
Aber hier im Grunde genommen so zu tun, als ob man das, was strafrechtlich relevant gemacht worden ist, automatisch kennen müsse, wenn man im Bundesvorstand war, halte ich für eine Unverschämtheit und weise es deswegen nachdrücklich zurück.
Ich glaube, dass wenige im System des alten Parteivorsitzenden die zweiten Finanzierungswege kannten und nutzten und dass ein Vorwurf gegen Gremienmitglieder schlichtweg abwegig ist.
Deswegen: Entweder Beweise her oder Vorwürfe zurück! Das ist die Alternative: Beweise her oder Vorwürfe zurück!
Kollege Weimer hat dann erwähnt, dass der Regierungspräsident in Tübingen parlamentarischer Berater im Dienst des Landtags, bei der CDU-Fraktion, gewesen war. Das stimmt. Da kann ich nur sagen: Na und? Soll man dann nicht mehr in ein führendes Verwaltungsamt, in eine Behördenleitung kommen können? Ich glaube, dass die Tätigkeit hier beim Landtag ein wichtiger Baustein für eine Beamtenlaufbahn in diesem Sinne ist. Wenn Sie sich einmal – lieber Herr Weimer, Sie sind doch ortskundig – in Tübingen umhören und Ihre Frau Oberbürgermeister oder andere Behördenleiter fragen, erfahren Sie: Wicker hat dieses Amt bisher hervorragend ausgefüllt. Er erfüllt es untadelig, objektiv und unparteiisch, und deswegen verwahre ich mich dagegen, dass Hubert Wicker für dieses Amt in irgendeiner Form nicht geeignet sein soll.
Überhaupt: Hier wird doch der Eindruck vermittelt, dass ein Beamter automatisch funktioniere, wenn von einem Vertreter der Regierung eine Prüfung erbeten wird. Was für ein Zerrbild haben Sie denn von einem Staatsdiener im höheren Dienst, einem Akademiker, einem Staatsbürger? Ich traue unseren Beamtinnen und Beamten – allen! – deutlich mehr zu, und ich traue ihnen zu, dass sie Rückgrat haben, um Recht und Gesetz – und nur Recht und Gesetz – als Grundlage für ihre Ermessensentscheidungen zu neh
men. Wer etwas anderes konkret behaupten will, soll es tun, aber er beleidigt damit im Grunde genommen unsere Staatsbediensteten insgesamt, weil man nachweisen kann, dass unsere Staatsdiener zwar der Regierung dienen, dem Staat dienen, der Gesellschaft dienen, aber dabei nicht beugsam sind und Recht und Gesetz für sie die alleinige Entscheidungsgrundlage ist und bleibt.
Helmut Aurenz, Unternehmer in Baden-Württemberg, Arbeitgeber, einer landeseigenen Universität verbunden, dort als Senator ehrenhalber – nicht von uns – berufen, eine untadelige Persönlichkeit, eine Persönlichkeit, die in BadenWürttemberg und in anderen Ländern Europas investiert. Was würden Sie denn sagen, wenn der Ministerpräsident die Bitte um einen Gesprächstermin abgelehnt hätte? Es wäre eine Amtsverfehlung gewesen, einem Unternehmer, der hier investiert und ihn sprechen will, zu sagen: Nein, kommt nicht infrage.