Unsere sozialpolitische Gestaltungs- und Handlungsfähigkeit wurde auch bei den Änderungsanträgen im Finanzausschuss deutlich. Einen Teil habe ich schon angesprochen. Im Altenhilfebereich nehmen wir Umschichtungen und Erhöhungen vor, die neuen und innovativen Erkenntnissen
entsprechen. Die Förderung der Einsatzleitungen bei Sonderpflegediensten, bei der Haus- und Familienpflege, bei den Nachbarschaftshilfen, aber auch bei Selbsthilfe- und Betreuungsgruppen ist der CDU ein wichtiges Anliegen.
Die zusätzlichen Wettmittel haben wir im ambulanten Bereich, also bei Sonderpflegediensten, Kinderkrankenpflege, der Dorfhilfe, bei der Hospizarbeit, bei der Behindertenarbeit, bei den Tagesmüttern und anderem, eingesetzt.
Allen Unkenrufen zum Trotz, meine Damen und Herren, setzen wir auch neue Signale in der Suchtpolitik: 243 000 DM für die Suchthilfekoordination und 350 000 DM für zehn Fachkräftestellen für die psychosoziale Betreuung in der Methadonbehandlung. Dies sind ganz klare Signale für Innovationen in der Suchtpolitik.
Die außerstationäre Psychiatrie wird durch unsere Beschlüsse – auch ohne ein Psychiatriegesetz – fortentwickelt. Auch dies war eine klare Aussage und Zusage von unserer Seite. Immerhin werden 400 000 DM für den gemeindepsychiatrischen Verbund und die Verzahnung der praktischen Arbeit der sozialpsychiatrischen Dienste eingesetzt. Diese 400 000 DM werden sehr hilfreich sein, auch für Projekte zur psychosozialen Krisen- und Notfallbetreuung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will mit einem herzlichen Dank an alle Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen schließen, die sich in vielfältiger Weise im gesamten Sozialbereich vorbildlich engagieren. Professionelle Sozialarbeit ist genauso wichtig wie ehrenamtliche Arbeit – in vielen Verbänden, Kirchen und Vereinen, in Familien und in Heimen, in der Nachbarschaft und in vielen anderen Bereichen. Wir wollen die Sozialpartnerschaft mit den Ligaverbänden, den Kirchen und der kommunalen Seite, mit den privaten Trägern – kurz: mit allen Beteiligten – fortsetzen.
Schließlich danke ich Ihnen, lieber Herr Sozialminister, für einen Haushalt mit klaren Perspektiven, mit neuen Ansätzen und erstmals auch mit Erhöhungen in Bereichen, die wir zuvor zwar nur ungern gekürzt hatten, aber aus Haushaltszwängen kürzen mussten. Wir danken Ihnen, Ihrer Staatssekretärin und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums und den nachgeordneten Behörden für die gute Arbeit und die unkonventionelle Zusammenarbeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Herr Kollege Haas von der CDU-Fraktion eben schon richtig feststellte, ist der Einzelplan des Sozialministeriums ein Haushalt des Stillstands, der verpassten Chancen und – ich füge noch hinzu, Herr Kollege Haas, das haben Sie vergessen – ein Beispiel
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Brecht- ken SPD: Sehr gut! – Abg. Ingrid Blank CDU: Das ist Ihre Rede von vor zwei Jahren! – Abg. Mühl- beyer CDU: Diese Rede habe ich heute Morgen im Papierkorb gesehen, Herr Kollege!)
Offenkundig ist das Versagen der Landesregierung in der Beschäftigungspolitik. In diesem Haushalt sind – entgegen den Ankündigungen des Ministerpräsidenten – keine Mittel zur Kofinanzierung eingesetzt. Das Argument, es sei zu früh, zieht nicht. Im Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen sind sie längst eingesetzt. Wir sehen die Gefahr, dass wir Mittel in diesem Bereich verlieren. Herr Kollege Nagel wird darauf nachher noch vertieft eingehen.
Auch im sozialpolitischen Zukunftsbereich, der Pflege älterer Menschen, ist dieser Haushalt ein Dokument des Stillstands und des Rückschritts.
Vergeblich sucht man nach neuen, innovativen Konzepten. Vergeblich sucht man nach Ansätzen zur Stärkung der Eigenverantwortung und des Subsidiaritätsprinzips.
Das Statistische Landesamt errechnet bis zum Jahr 2010 eine Zunahme der Pflegebedürftigkeit im Alter um 30 % aufgrund der demographischen Entwicklung. Nach dem Jahre 2020 kommen die besonders geburtenstarken Jahrgänge ins Seniorenalter.
Die pflegebedürftigen Menschen im Lande, die privaten und freigemeinnützigen Träger, die Angehörigen, die Ehrenamtlichen brauchen Unterstützung und Hilfe durch das Land.
Herr Kollege Haas, ich habe gedacht, nach der heutigen Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Sie hätte sich bei Ihnen etwas geändert. Ich muss Ihnen bescheinigen: Sie sind der Alte. Ich weiß nicht, ob das ein Kompliment ist.
Der Sachaufwand für Maßnahmen im Altenhilfebereich sinkt von 600 000 DM auf 250 000 DM. Die Zuschüsse zur
Aufklärung und Information in Höhe von 580 000 DM werden total gestrichen. Die Zuschüsse für Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter in der Altenhilfe werden von 500 000 DM auf 300 000 DM gesenkt. Dabei erfordern die aktuellen Diskussionen, zum Beispiel zum Thema Gewalt in Altenheimen, gerade ein Mehr an Fortbildung.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Natürlich! Es ist unglaublich, wie sich die Landesregierung da ver- hält!)
Dringend notwendige Anpassungen der Förderung an den tatsächlichen Bedarf und die gestiegenen Kosten wurden unterlassen. Ich nenne die Förderung der Einsatzleitungen in der Haus- und Familienpflege, die Förderung der Nachbarschaftshilfen und der mobilen sozialen Dienste und auch die Förderung der Alzheimer-Gruppen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die CDU-FDP/DVP-Regierung in den letzten Jahren in diesem Bereich bereits 70 % der Mittel gekürzt hat.
Dabei hat die Landesregierung nach dem Landespflegegesetz eine originäre Verantwortung für das Vorfeld und Umfeld der Pflege. Das Bild, Herr Kollege Haas, wird vollständig, wenn man daran denkt, dass die Landesregierung auch bei der Finanzierung der Altenpflegeausbildung den Kopf in den Sand steckt.
Fazit: Es fehlen jegliche Linie und jegliches innovative Konzept. Auf anerkannten Mehrbedarf reagiert die Landesregierung mit Mittelkürzung.
Für die SPD-Landtagsfraktion ist Altenhilfe eine ganz wichtige politische Zukunftsaufgabe. Kernstück der Sozialpolitik im Bereich der offenen Hilfen für alte und pflegebedürftige Menschen waren in den vergangenen Jahren die IAV-Stellen. Die Landesregierung hat entgegen der Meinung der Fachwelt und entgegen dem wachsenden Bedarf an Information und Vermittlung die Förderung dieser Stellen total gestrichen.
(Abg. Seltenreich SPD: Pfui! – Abg. Haas CDU: Das ist ein alter Hut! Jetzt schleppen Sie den alten Hut seit Jahren mit sich herum! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sie schlagen alte Schlachten!)
Die SPD-Fraktion schlägt zur Beratung und Unterstützung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen einen neuen, innovativen Ansatz vor, der die frühere, schon damals wichtige Förderung zeitgemäß fortentwickelt. Die zentrale Forderung meiner Fraktion ist, die bisherigen IAV-Stellen zu Beratungsstellen für Pflegebedürftige und deren Ange
Verlässlich. – Dafür beantragten und finanzierten wir jährlich 9,123 Millionen DM. In der künftigen Arbeit dieser Stellen sollten zwei Handlungsfelder stärker berücksichtigt werden.
Erstens: Die Beratung und Unterstützung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen ausgebaut werden. Zweitens: Beratungsstellen müssen als Anwalt für Pflege im örtlichen Gemeinwesen tätig werden. Dazu gehört die Förderung der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Träger, die Mitwirkung an der örtlichen Altenhilfeplanung und die Förderung von Familien, Nachbarschaftshilfen und Gemeinwesenarbeit, insbesondere des bürgerschaftlichen Engagements.
Meine Damen und Herren, nicht nur im Bereich der ambulanten Versorgung, sondern auch in der stationären Versorgung weist dieser Haushalt klare Defizite auf. Im Bericht der Landesregierung zum Staatshaushaltsplan 2000/01 hat die Landesregierung die richtige Erkenntnis. Ich zitiere von Seite 79: Es „ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren die Nachfrage nach stationären Pflegeangeboten deutlich ansteigen wird“.