Protokoll der Sitzung vom 04.02.2000

(Abg. Brinkmann SPD: Sie machen den ersten Spatenstich und suchen dann das Geld! – Abg. Drexler SPD: Sie machen den ersten Spatenstich und haben kein Geld!)

Das ist der Fehler, der gemacht wird. Sie würden mehr Geld mobilisieren – –

(Lebhafte Unruhe und Zurufe, u. a. des Abg. Brechtken SPD)

Ja, Sie kürzen. Ich komme gleich noch darauf zurück.

(Abg. Kretschmann Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt wollen wir endlich einmal wissen, wo der Geld- scheißer steht! – Heiterkeit)

Ja, ja.

(Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen)

Wir brauchen zunächst einmal ein Einverständnis in der Öffentlichkeit, welche Verkehrsprojekte wir überhaupt wollen, und dann findet sich vielleicht in der politischen Diskussion auch das Geld.

(Abg. Brechtken SPD: Macht einmal einen Vor- schlag!)

Jawohl, ich mache es ganz konkret.

Ich sage Ihnen erstens: Unterlassen Sie die Kürzungen im Bundesverkehrshaushalt.

(Abg. Brechtken SPD: Sie wollten uns doch gera- de die Projekte sagen, die vordringlich sind! – Zu- ruf des Abg. Drexler SPD)

Zweitens: Unterlassen Sie die globale Minderausgabe, die Sie das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik auf diesem Gebiet in Milliardenhöhe vorgesehen haben.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Drexler: Wer hat die Milliardenschulden hinterlassen?)

Drittens: Sehen Sie vor, dass die Zweckbindung bei der elektronischen Maut für Lastkraftwagen tatsächlich auch der Verkehrsfinanzierung zugute kommt.

Viertens: Nehmen Sie wenigstens einen Teil der so genannten Ökosteuer, der Mineralölsteuererhöhung und verwenden Sie sie auch für die Verkehrsfinanzierung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Brinkmann SPD)

Es gibt wenig Passagen, bei denen man bei öffentlichen Erklärungen so viel Beifall bekommt, wie dann, wenn man sagt: Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass der Autofahrer auf der einen Seite abkassiert wird, dass also die Belastung steigt, und auf der anderen Seite die Ausgaben für den Verkehr gesenkt werden. Das passt nicht zusammen.

(Abg. Brinkmann SPD: Und bei den hohen Lohn- zusatzkosten kriegen Sie auch Beifall?)

In diesem Kontext sage ich Ihnen: Man kann auch über zusätzliche Finanzquellen sprechen, und in diesem Kontext wird man auch über die Verteilung der Mittel zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland sprechen müssen.

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Das ist alles nebulös!)

(Minister Ulrich Müller)

Jetzt könnte man sagen – das macht ja die SPD ganz gern –: Diese Reduzierung der Mittel hat halt leider sein müssen; wir mussten das auf dem Altar der Sparsamkeit, auf dem Altar des Vaterlands opfern. Ich sage etwas ganz anderes: Sie haben einen Koalitionspartner, der eine andere Verkehrspolitik machen will, der keinen Straßenbau will. Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Brechtken und Brinkmann SPD)

Jetzt sage ich auch noch zu den Grünen etwas. Wenn Sie vonseiten der Grünen wenigstens, was die Schienenverkehrspolitik anbelangt, mehr Geld im Bundesverkehrswegehaushalt durchsetzen würden, könnte man darüber noch reden.

(Lebhafte Unruhe und Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)

Ja, ja, aber Herr Stolz, jetzt einmal ganz konkret: Die 5,4 Milliarden DM, von denen Herr Schlauch im November 1999 gesprochen hat, haben keine einzige Mark bewegt. Sie haben nur vorhandene Ausgaben anders deklariert. Das war ein Betrug an der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben keine Mark bewegt.

Damit zum sechsten kleinen Abschnitt, zum Straßenbau im Land:

(Zurufe von der SPD: Aha! – Zuruf des Abg. Brechtken SPD)

Die Grünen haben beim Straßenbau Kürzungsvorschläge gemacht, und zwar für das Jahr 2000 im Wert von 130 Millionen DM und für das Jahr 2001 von 138 Millionen DM. Also müssten wir zum Schluss wahrscheinlich noch etwas zurückzahlen, damit wir überhaupt noch über die Runden kommen könnten. Die SPD macht den Vorschlag, um 20 Millionen DM zu erhöhen. Einverstanden. Aber ich muss Sie einmal darauf hinweisen, dass Sie im Jahre 1997 – nicht 1897, sondern 1997, also vor drei Jahren – Kürzungsvorschläge im Straßenbau von exakt – ich habe es dabei; wenn Sie es bestreiten, kann ich es Ihnen sofort vorlesen – 42 Millionen DM gemacht haben.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Göschel?

Sofort. Ich stelle es nur dar.

Sie haben 1997 Kürzungsvorschläge in Höhe von 42 Millionen DM gemacht, und Sie haben für den Nachtrag 1999 eine Erhöhung von 11 Millionen DM beantragt, und jetzt haben Sie einen Erhöhungsantrag mit 20 Millionen DM. Das heißt, im Jahr 2002 und im Jahr 2003, beim nächsten Doppelhaushalt, sind Sie dann vielleicht glücklich so weit, wie wir 1997 schon waren. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Brechtken SPD: Wer hat denn im Straßenbau gekürzt?)

Herr Abg. Göschel, bitte.

Herr Minister Müller, sollten Sie sich nicht darüber freuen, dass die SPD-Landtagsfraktion in dieser Frage sehr lernfähig war,...

Jawohl.

... und kritisieren Sie uns eigentlich nur deshalb, weil wir schneller gelernt haben als Sie?

(Lachen bei der SPD)

Sie haben nicht schneller gelernt. Ich habe Ihnen gerade vorgerechnet,

(Abg. Brechtken SPD: Sie haben doch die Straßen- baumittel gekürzt!)

dass Sie im Jahr 2002 oder 2003 erst so weit sind, wie wir schon 1997 waren. Ich freue mich über den Lernprozess, und ich begrüße das ja. Ich stelle – übrigens auch, was die Bundesverkehrspolitik anbelangt – fest, dass Sie langsam merken, dass Sie bei den Themen Straßenbau und Verkehrsfinanzierung mit dem Kopf an die Wand fahren und dass Sie sich deswegen wahrscheinlich irgendwann noch ändern werden. Ich finde das okay und gut, und ich habe dagegen überhaupt nichts.

Aber wenn Sie Erhöhungsvorschläge machen, schlage ich Ihnen vor: Machen Sie sie an der Stelle, wo sie wirklich etwas bringen, und das wäre nicht in Stuttgart, sondern in Berlin.

(Beifall bei der CDU)

Wir machen eine Erhöhung um 70 Millionen DM beim Landesstraßenbau, und wir machen eine Erhöhung durch Umschichtung innerhalb des GVFG von 30 Millionen DM. Das sind immerhin 100 Millionen DM mehr, die wir pro Jahr haben. Das ist ein Wort. Damit können wir noch nicht alles machen, aber einiges.

Konkret: Wir beginnen 95 Projekte im Wert von 250 Millionen DM. Vor allem ist mir dabei wichtig: Wir geben damit ein klares Signal ins Land hinaus, dass diejenigen, die im Moment nicht zum Zug gekommen sind, bei dieser Art von Verkehrspolitik in den Folgejahren eine Chance haben. Diese positive Perspektive ist ganz wichtig. Das ist ein großartiger Erfolg.

Wer die Projekte kritisiert, soll einmal konkret sagen, welche gestrichen werden sollen. Ich sage Ihnen als Umweltund Verkehrsminister auch: Bei keinem der Projekte habe ich ein schlechtes ökologisches Gewissen – überhaupt nicht. Viele der Maßnahmen dienen nicht nur dem Verkehr, sondern auch dem Bürger und der Umwelt.

(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Sie nehmen es aber dem öffentlichen Verkehr weg!)