Protokoll der Sitzung vom 04.02.2000

(Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Maurer hat erklärt, die Wertigkeit des Haushalts stimme nicht. Er hat dies unter anderem mit unserer Ablehnung der Schaffung einer weiteren halben Stelle für die Landeszentrale für politische Bildung begründet. Ich möchte an diesem Beispiel, das hier so intensiv vorgetragen worden ist, den Unterschied deutlich machen. Diese halbe Stelle sollte nämlich vor allem für zweimal jährlich auftretende Spitzenbelastungen geschaffen werden, die auch nach der Auffassung des Rechnungshofs durch geeignete andere Maßnahmen ohne Weiteres abgedeckt werden könnten.

Daraus ersieht man: Die SPD hat eine andere Wertvorstellung als wir. Sie ruft auch bei nur selten vorkommenden Spitzenbelastungen sofort nach weiteren Stellen. Wir wollen mehr Flexibilität, mehr Eigenverantwortung bei der Lösung von kurzzeitigen Belastungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist unsere Pflicht, im Rahmen der Haushalts- und Finanzpolitik nicht nur das Land selbst, sondern genauso auch die Finanzausstattung der Kommunen im Blickpunkt zu haben. Deshalb will ich dazu ein paar Worte sagen.

Mit dem novellierten Finanzausgleichsgesetz verbessert sich die Finanzausstattung der Kommunen in den kommenden drei Jahren um 500 Millionen DM jährlich, wie es seit längerem mit den kommunalen Landesverbänden vereinbart ist. Darauf haben sie auch Anspruch.

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Zudem profitieren die Kommunen von steigenden Steuereinnahmen sowohl direkt als auch über den Finanzausgleich. Die Kürzung in Höhe von 80 Millionen DM durch das Haushaltsstrukturgesetz von 1998/99 wird nicht fortgeführt. Die Mittel stehen damit wieder der Stadterneuerung zur Verfügung und sind ein Äquivalent für die berechtigten Kürzungen im sozialen Mietwohnungsbau. Denn diese Gelder sind dort viel besser eingesetzt.

Wir haben entschieden, die Kosten für die unbegleiteten Flüchtlingskinder nicht an die Landeswohlfahrtsverbände weiterzureichen, sondern durch das Land zu übernehmen. Auch das entlastet die Kommunen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die meisten kommunalen Haushalte werden 1999 deutlich besser abschließen als geplant. Die Abschlüsse kommen ja demnächst. Die Kreisumlagesätze werden in diesem Jahr

auf breiter Front sinken. Die Handlungsspielräume der Kommunen wachsen, ihre Investitionskraft wird deutlich gestärkt. Als wir uns stark gemacht haben, den Streit zwischen dem Land und den Kommunen über die Finanzausstattung mit guten Ergebnissen zu beenden, haben viele daran gezweifelt. Heute können wir feststellen: Wir haben unser Wort gehalten.

Noch ein Wort zu den Grünen. Liebe Frau Erdrich-Sommer, Sie sprachen davon, die Koalition habe „kleine Wahlgeschenkkörbchen“ in den Haushalt eingebaut. Ich habe mich gefragt, was das sein könnte. Ich hoffe, Sie meinen nicht die 1 Million DM für die Frauenhäuser. Nein, im Ernst: Ich weiß, dass Sie zu Recht erreichen wollen, dass dieses Geld zusätzlich zu den kommunalen Mitteln eingesetzt wird, und das ist in Ordnung. Aber wo sehen Sie denn dann die Wahlgeschenke im Haushalt verborgen? Vielleicht flüstern Sie mir das einmal ins Ohr.

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Schließlich noch einige Hinweise zum Einzelplan 06. Es ist eine Tatsache, dass der notwendige Personalabbau auch die Steuerverwaltung nicht ungeschoren lassen kann. Dies ist aber umso schwieriger zu vollziehen, je mehr die Komplizierung des Steuerrechts, Herr Pfister, fortschreitet. Der Durchbruch zu einer nachhaltigen Vereinfachung des Steuerrechts, die doch auch Bestandteil einer großen Steuerreform sein müsste, ist bisher noch nicht in Sicht. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Dennoch ist es gelungen, die Steuerfahndung und die Betriebsprüfung deutlich zu verstärken. Die Zahl der geprüften Betriebe hat sich kräftig erhöht. Dass dabei auch erhebliche Mehrergebnisse erzielt worden sind – ich hoffe, es gehen nicht alle in den Länderfinanzausgleich –, sei nur am Rande erwähnt. Wichtig ist, dass sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, dass der Steuerverwaltung gerade in diesen Bereichen die Kräfte zur Verfügung stehen, die sie zur ordnungsgemäßen Erledigung ihrer Aufgaben braucht. Die Verstärkung von Betriebsprüfung und Steuerfahndung wird deshalb planmäßig fortgesetzt. Nicht außer Betracht darf dabei bleiben, dass künftig freilich mehr Aufstiegsmöglichkeiten in diesem Bereich eröffnet werden müssen. Darauf ist, glaube ich, auch im Gespräch in der Koalition einzugehen.

Ich fasse zusammen: Dieser Doppelhaushalt ist gesellschaftlich deshalb breit konsensfähig, weil er eine ausgewogene, ja geradezu optimale Mischung von investiven und konsumtiven Ausgabeblöcken repräsentiert. Die Koalition aus Liberalen und Christdemokraten legt also ein meisterliches Werk vor.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Huchler.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In den zurückliegenden Wochen wurde der Landeshaushalt für die Jahre 2000 und 2001 im Finanzausschuss intensiv behandelt. Trotz der wiederholten Erklärung der Landesregierung, Baden-Württemberg sei ein wirtschaftlich starkes Land, stellen wir Republikaner fest, dass die Landesregierungen der letzten 40 Jahre unser Land in eine finanzielle Schieflage gebracht haben.

(Beifall bei den Republikanern – Widerspruch bei der CDU)

Der Schuldenstand des Landes wird nach Ablauf des Jahres 2001 bei 60 Milliarden DM liegen. Allein für Zinsen müssen im Jahr 2001 3,5 bis 4 Milliarden DM aufgebracht werden. Dazu kommen ständig steigende Pensionslasten, zunehmende Ausgaben für Leasingraten und privat finanzierten Straßenbau, die die zukünftigen Haushalte immer mehr belasten. Ein Unternehmen, das eine Gesamthöhe an Schulden wie das Land Baden-Württemberg hat, nämlich in der Höhe des Jahresumsatzes, ist pleite.

(Beifall bei den Republikanern)

Für uns Republikaner sind Schulden in dieser Höhe gegenüber nachfolgenden Haushalten und Generationen nicht verantwortbar. Ich frage Sie: Wie sollen nachfolgende Landtage diese Schuldenberge jemals abtragen und gleichzeitig die Probleme ihrer Zeit meistern? Das ist doch unmöglich. Sie werden gezwungen sein, ihre Haushalte weiterhin mit Schulden zu finanzieren oder an der Inflationsund Steuerschraube zu drehen. Die Zeche bezahlt dann wieder der kleine Mann, der Arbeiter, der Handwerker und der Bauer.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner)

Hohe Schulden sind das Grundübel jeder Volkswirtschaft. Die Asienkrise und die Brasilienkrise haben ihren Ursprung in einer überhöhten Verschuldung.

Wir Republikaner haben zum Haushalt 2000/2001 zahlreiche Änderungsanträge eingebracht, die Einsparvorschläge von mehr als 1 Milliarde DM enthielten. Leider wurden unsere Anträge von den anderen Fraktionen dieses Hauses mit einer seltenen Übereinstimmung abgelehnt, obwohl ich behaupten möchte, dass einige ganz gute Vorschläge dabei waren.

(Zuruf von der SPD: So, welche denn?)

Ich habe leider erkennen müssen, dass Haushaltsanträge in diesem Landtag nicht nach ihrer Sachlichkeit, sondern rein parteipolitisch behandelt werden.

(Beifall bei den Republikanern)

Sämtliche Republikaneranträge wurden von Ihnen, meine Damen und Herren, abgelehnt, und zwar nicht deshalb, weil sie schlecht gewesen wären, sondern deshalb, weil sie von den Republikanern stammten.

So kommt es sogar vor, dass ein Republikanerantrag abgelehnt wird, der denselben Inhalt hat wie ein Antrag einer anderen Fraktion dieses Hauses. An diesem Beispiel wird

deutlich, dass in diesem Haus ein Konsens besteht, sämtliche Anträge der Republikaner abzulehnen.

(Beifall bei den Republikanern)

Damit stellen Sie sich aber selbst ein Armutszeugnis aus.

(Abg. Deuschle REP: Das ist richtig! – Abg. Krisch REP: So ist es!)

Meine Damen und Herren, der Finanzausschuss machte im Mai des letzten Jahres eine Studienreise nach Schweden und Irland. Schweden hatte vor 1995 ähnliche Verschuldungsprobleme wie Deutschland und Baden-Württemberg. Im schwedischen Reichstag gab es eine Absprache unter allen Fraktionen, die Staatsausgaben in Zukunft bei 2 % unter den Einnahmen zu deckeln. Der zweiprozentige Überschuss wird dort zur Schuldentilgung und für dringende Investitionen verwendet. Jegliche Kreditaufnahme ist verboten. Diese Selbsteinschränkung wird von einer sozialistischen Regierung und von allen Fraktionen im schwedischen Reichstag getragen. Das Ergebnis ist, dass in Schweden seit 1995 sinkende Arbeitslosenzahlen und steigende Investitionen zu verzeichnen sind.

Wir Republikaner haben im Jahr 1999, also lange bevor die FDP/DVP unseren Vorschlag aufgegriffen hat und als ihren verkaufen wollte – Herr Kiel, gell? –, einen Gesetzentwurf eingebracht, der zum Ziel hatte, dass ab dem Jahr 2006 nur noch Haushalte ohne Nettoneuverschuldung zu verabschieden seien. Wir wollten erreichen, dass diese Schuldenbegrenzung in der Landesverfassung festgeschrieben wird. Wir Republikaner sind der Meinung: Über ein so wichtiges Ziel sollte parteiübergreifend Konsens erzielt werden.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Deuschle REP: Bravo!)

Es ist, wie wir meinen, eine der wichtigsten Aufgaben eines Parlaments, die Finanzierung des Landeshaushalts auf eine solide und zukunftsfähige Basis zu stellen. Sie, meine Damen und Herren, sprechen sich ständig öffentlich für eine Konsolidierung des Haushalts und einen Abbau der Schulden aus. Wenn es aber ernst wird und Ihnen ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt wird, lehnen Sie ihn kurzerhand ab.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Krisch REP: So ist es! – Zuruf der Abg. Stephanie Gün- ther Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben es nicht einmal für nötig gehalten, im Finanzausschuss ernsthaft darüber nachzudenken oder mit uns darüber zu diskutieren, ob die Neuverschuldung verboten werden soll oder nicht. Für die selbst ernannten demokratischen Parteien ist die Ausgrenzung der Republikaner wichtiger als das Schuldenproblem von Baden-Württemberg. Das ist traurig, aber wahr.

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, wer in Baden-Württemberg und in Gesamtdeutschland den Lebensstandard der Bevölkerung sichern will, muss weitsichtige Entscheidungen in der

Finanz- und Wirtschaftspolitik treffen. Wir Republikaner betrachten den Verkauf des Landesanteils an der Energie Baden-Württemberg als einen riesengroßen Fehler. BadenWürttemberg verliert durch den Verkauf seines Aktienpakets Einfluss auf Arbeitsplätze und weit reichende energiepolitische Entscheidungen. Dem französischen Staatsmonopolisten geht es einzig und allein um Marktanteile und Forschungsergebnisse. Für unser Land ist zu befürchten, dass Arbeitsplätze wie so oft nach Firmenkäufen nach einigen Jahren ins Ausland verlagert oder gänzlich gestrichen werden.

(Abg. Deuschle REP: Alcatel!)

Deshalb plädieren wir dafür, Landesvermögen zu behalten. Denn dieses wurde von Generationen vor uns mühsam erwirtschaftet. Wir haben nicht das Recht, den Erlös heute und jetzt kurzfristig zu verbrauchen.

(Beifall bei den Republikanern)

Auch wenn der Erlös aus dem Verkauf des Landesanteils an der EnBW jetzt in eine gemeinnützige Gesellschaft fließt, so ist dies noch lange kein Garant, dass dieses Vermögen als Ganzes erhalten bleibt und nutzbringend für unser Land eingesetzt werden kann. Wir Republikaner werden deshalb die weitere Verwendung des Geldes kritisch beobachten.

Durch den Euro ist dieses Vermögen einer ständigen hohen Inflation ausgesetzt. Es ist zu befürchten, dass ein Währungsschnitt dieses Vermögen weitgehend entwerten kann. Was uns der Euro noch alles beschert, das steht in den Sternen.