Protokoll der Sitzung vom 04.02.2000

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Wir denken in länge- ren Zeiträumen!)

Ein reiner Papiertiger ist bisher geschaffen worden. Hier haben Sie etwas angemeldet, angekündigt und nicht gehalten.

(Abg. Maurer SPD: Er hat einen Plan! – Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen)

Zweites Thema: Klimaschutz. In Kioto haben sich die Industrieländer verpflichtet, den Ausstoß von sechs Treibhausgasen zwischen 2008 und 2012 um insgesamt 5,2 % gegenüber 1990 zu senken. Die Verpflichtung für die EU beträgt 8 %; für Deutschland sind 21 % des EU-Anteils vorgesehen.

Herr Scheuermann,

(Abg. Scheuermann CDU: Ja!)

Sie haben vom Atomausstieg gesprochen. Ich möchte Ihnen eines sagen: Ich kann mich nur an ein einziges Mal erinnern, als Sie für den Atomausstieg plädiert haben, und das war unmittelbar nach Tschernobyl.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Danach: Fehlanzeige. Was die Alternativen zum Atomstrom anbelangt, sind nur dünne Ergebnisse in Ihrem Haushaltsplan enthalten. Über Sensibilisierung hinaus geschieht so gut wie nichts.

Jetzt komme ich einmal auf das von Ihnen vorhin so gerühmte Quotenhandelsmodell. Das Quotenmodell eignet sich allenfalls für die Kraft-Wärme-Kopplung.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Da ist es aber gut!)

In anderen Bereichen ist es sogar schädlich,

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Genau! Sehr gut!)

weil Sie nämlich kleine Betreiber kaputtmachen. Im Übrigen möchte ich Ihnen sagen: Wenn Sie auf diesem Gebiet wirklich mal etwas loben wollen, dann die Bundesregierung für das neue Stromeinspeisungsgesetz, das in Kürze verabschiedet werden soll.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was haben Sie getan? Sie haben ein wichtiges Programm des Landes Baden-Württemberg, nämlich das Breitenprogramm zur Förderung regenerativer Energien, platt gemacht, vollständig platt gemacht

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Dampfwal- ze!)

und haben ein unzureichend ausgestattetes Darlehensmodell an dessen Stelle gesetzt.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Sehr gut!)

Und was haben Sie in den letzten Tagen, als wir über die Energiepolitik gesprochen haben, gemacht, als wir das Doppelte für eine systematische energetische Sanierung des Altgebäudebestandes gefordert haben? Als wir dies gefordert haben, haben Sie dagegen gestimmt.

Positives möchte ich auch einmal vermelden. Den Energiesparcheck, der seit September 1999 läuft, und auch die Arbeit der Klimaschutz- und Energieagentur bewerten wir positiv.

Lassen Sie mich noch einen anderen Punkt ansprechen: die lokale Agenda 21. Meine Damen und Herren, in 161 Gemeinden wird das praktiziert. Das ist eine tolle Sache, und wir haben auch ein Agenda-Büro in Karlsruhe, das gut arbeitet. Wenn Sie aber einmal in den Haushalt schauen, wie viele Mittel wir zur Verfügung stellen, kommen wir auf ungefähr 650 000 DM.

Ich sage Ihnen mal, wie das in anderen Bundesländern aussieht.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Oh weh!)

Bayern zahlt seit 1997 insgesamt rund 2 Millionen DM Haushaltsmittel für den Agenda-21-Prozess auf kommunaler Ebene. Dabei wird eine 45-%-Förderung insbesondere für kleine Gemeinden gewährt. 135 Gemeinden sind zurzeit in der Förderung, über 100 Förderverfahren sind bereits abgewickelt. Es werden zunehmend Pilotprojekte gefördert, zum Beispiel die Einbindung der örtlichen Wirtschaft in den Prozess. Für das Jahr 2000 sind dort 550 000 DM für Projektförderung und 850 000 DM für kommunale Agenda-Prozesse eingestellt. Wenn man alles noch hinzunimmt, was es an Förderung gibt, sind das insgesamt 2 Millionen DM.

Jetzt sage ich Ihnen noch, was in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt wird. 1998 betrug der Ansatz dort 4,975 Millionen DM, und für das Jahr 2000 sind es 6 Millionen DM.

(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Aha!)

Warum unterstützen wir nicht den Prozess, der jetzt in vielen Gemeinden anläuft – wir haben 1 111 Gemeinden in Baden-Württemberg –, mit mehr Geld, als dies bislang geschehen ist?

Zum Thema Abfall: Auch hier zeigen Sie wenig Professionalität. Das wird an der zurzeit stattfindenden Privatisierung der Sonderabfallentsorgung deutlich. Trotz Bauchschmerzen der CDU und trotz unwägbarer finanzieller Risiken bei gleichzeitig unsicherem ökonomischem Nutzen wird ein Weg beschritten, von dem vor allem ein privater Erzeuger profitiert und durch den die öffentliche Kontrolle und Steuerung dieses sensiblen Bereiches leiden wird. Auch wir haben grundsätzlich nichts gegen eine Privatisierung dieses Aufgabenfeldes, wollen aber nicht eine Privatisierung um jeden Preis oder nur, weil sie in einem Koalitionsvertrag steht.

Zur Landschaftspflege und zum Bodenschutz: Meine Damen und Herren, 13 % der Landesfläche Baden-Württembergs sind heute als Siedlungs- und Verkehrsfläche versiegelt. Täglich kommen elf Hektar hinzu. Aber Boden und Fläche sind nicht vermehrbar, wir brauchen ein vernünftiges Flächenmanagement. Das sollte nicht nur diskutiert werden, wie Sie das, Herr Minister, auf Kongressen tun, sondern es muss endlich einmal etwas in die Gänge kommen. Wo bleibt der Landesentwicklungsplan? Wo bleibt eine verbindlichere Landschaftsplanung? Wo bleibt die Kontrolle und Sicherung von Ausgleichsmaßnahmen?

Nächstes Stichwort: Hochwasserschutz. Es geht nicht nur um die Erhaltung natürlicher Ressourcen und die Zukunft unserer Kinder und Enkel; der Hochwasserschutz am Rhein, an der Donau und am Neckar schützt schon heute viele Menschenleben und Wirtschaftsgüter in Milliardenhöhe. Wir haben deshalb auch kein Verständnis dafür, wenn sich ein vergleichsweise reiches Land wie BadenWürttemberg ausgerechnet hier fahrlässig verhält. Das Integrierte Rheinprogramm von 1988 ist viele Jahre im Verzug. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag gestellt. Von 13 Rückhalteräumen ist nur einer einsatzbereit, und die vertraglich vereinbarte Fertigstellung für das dritte Projekt verzögerte sich bis 1992. Dabei wissen wir genau, dass bei Katastrophenhochwasser Schäden bis zu einer Höhe von 12 Milliarden DM zu erwarten sind.

Meine Damen und Herren, zum Grundwasserschutz habe ich vorhin schon gesprochen. Es ist bedauerlich, dass sich das Umweltministerium mit dem Landwirtschaftsministerium auf eine Lösung geeinigt hat, die zulasten des Trinkwassers und des Grundwassers geht. Wir können das nicht hinnehmen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Scheuermann, Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr schätze. Sie sind auch der Einzige in der CDU, der Umweltverstand besitzt.

(Beifall des Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen)

Aber, Herr Scheuermann, was Sie da immer erzählen, ist ein Märchen. Es ist nicht so, dass der Fraktionsvorsitzende Kuhn das Sparen predigt und wir das Geld ausgeben. Schauen Sie sich doch einmal unsere Haushaltsanträge an. Dann wissen Sie, insgesamt sparen wir gegenüber den Vorschlägen der Regierung 127 Millionen DM ein. Also hören Sie mit diesem Märchen auf! Es wird nicht glaubwürdiger, wenn Sie es noch tausendmal sagen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, das ist der letzte Doppelhaushalt vor der Landtagswahl. Erlauben Sie mir deshalb, eine kleine Bilanz nach vier Jahren Umweltpolitik von CDU und FDP/DVP zu ziehen. Schauen wir einmal auf die Akteure in dieser Regierung.

(Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen: Ein Vaku- um!)

Da ist Herr Döring, wenn er mal da ist.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Der läuft durchs Land und sagt, wir brauchen 40 Millionen DM für regenerative Energiequellen. Das verkündet Herr Döring im Land, aber im Haushalt finden wir dazu nichts. Das ist die Realität.

Zu Frau Staiblin haben wir heute Morgen schon einiges gehört: das Trauerspiel um die FFH-Richtlinie, BNL. Wir können das gerade so fortführen. Von einer Ministerin, die den Naturschutz als die größte Gefahr für die Landwirtschaft ansieht, können wir nicht erwarten, dass es in diesem Land beim Naturschutz wirkliche Fortschritte gibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Kommen wir zum Minister selber. Kann sich irgendjemand aus diesem Hause erinnern, dass mit seinem Namen Impulse für die Umweltpolitik verbunden sind? Gibt es irgendwelche Aktivitäten, die man mit dem Namen Müller verbindet?

(Abg. Scheuermann CDU: Ich habe Ihnen welche genannt!)

Mir sind keine bekannt. Selbst bei grünen Themen wie dem großflächigen Naturschutz, wo er sich mal zur Unterstützung seiner Kollegin einsetzen könnte, hören wir von ihm nur das berühmte Schweigen.

(Abg. Döpper CDU: Wie soll man das Schweigen hören?)

Schlagzeilen hat er vor kurzem gemacht, Herr Scheuermann, aber nur deswegen, weil die Grünen einen Brief an die Presse gegeben haben, den der Minister an seinen Spezi Stihl geschrieben hat, um ein grünes Gutachten zu loben. Das waren die einzigen Schlagzeilen im Bereich Umweltschutz, die dieser Minister in den letzten Monaten gemacht hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Beb- ber SPD: Warum habt ihr ihn in die Schlagzeilen gebracht? – Abg. Maurer SPD: Warum habt ihr das gemacht?)