Dritte Bemerkung: Es wird von vielen Risiken gesprochen – richtig. Man muss aber sehen, dass eine Reihe von Risiken so oder so vorliegen: die Mengenfrage, also die Frage, wie sich die Mengen von bis zur Beseitigung deponierbaren Abfällen entwickeln; die Frage, ob die Andienungspflicht die höchstrichterliche Rechtsprechung oder das europäische Recht überleben wird, eine Frage, bei der man wirklich nicht weiß, was dabei herauskommt – aber das Risiko, wenn es zum Wegfall der Andienungspflicht kommt, hätten wir auch dann, wenn wir diesen Vertrag nicht schließen würden –; und die schwierige Grenzziehung zwischen Beseitigung und Verwertung. Auch die Tücken und Ungewissheiten, die darin stecken, hätten wir so oder so, ob wir den Vertrag schließen oder nicht.
Vierte Bemerkung: Im Umwelt- und Verkehrsausschuss ist die Frage gestellt worden, die wir uns selber natürlich auch stellen mussten: Warum tut die HIM etwas, was wir uns selber nicht zutrauen? Warum glauben wir, dass das für die HIM ein Vorteil ist, und wenn es wirklich ein Vorteil wäre, könnten wir ihn dann nicht selber realisieren?
Der Unterschied ist einfach der, dass wir mit der SBW bislang ein Unternehmen hatten, das in öffentlicher Regie betrieben wird und das sich deswegen unter Wettbewerbsgesichtspunkten sehr viel stärker zurückhalten musste, beispielsweise unter geographischen Gesichtspunkten, beispielsweise natürlich auch unter dem Gesichtspunkt, dass wir vermeiden wollten, privaten Entsorgern ins Handwerk zu pfuschen. Deswegen haben wir mit der SBW in Staatsregie nie die Expansionspolitik machen dürfen, machen wollen und machen können, die eine HIM machen kann. Daher kann manches, was für uns nicht sinnvoll und nicht rentabel war, bei der HIM sehr wohl rentabel werden.
Fünfte Bemerkung: Es ist von allen Rednern darauf hingewiesen worden, dass ich in den vergangenen Tagen öffentlich darauf aufmerksam gemacht habe, dass nach meiner Einschätzung und meiner festen Überzeugung eine Nachfolgedeponie für Billigheim nicht mehr kommt. Warum? Ich musste dazu eigentlich keinen besonderen geistigen Aufwand treiben. Ich musste auch nicht ins Kabinett gehen. Ich musste das eigentlich auch mit sonst niemandem abstimmen, weil es schlicht in der inneren Logik der Entscheidung liegt, die wir jetzt treffen. Wenn ich aus dem operativen Geschäft aussteige, wenn ich eine im Betrieb des Landes befindliche Deponie aufgebe, was spricht denn dann noch dafür, in 10 oder 20 Jahren wieder eine neue
einzuführen? Es ist doch völlig klar, dass ich dann sage: Wir verabschieden uns vom operativen Geschäft und beschränken uns auf das hoheitliche Geschäft, auf das Überwachungsgeschäft. Deswegen ist es mir relativ leicht gefallen, die besorgten Bürger auf der Ostalb oder in anderen Teilen des Landes zu beruhigen und ihnen zu sagen: Das wars.
Jetzt muss ich aber gleich an dieser Stelle – weil da schon der eine oder andere Ton aufgekommen ist, beispielsweise von Herrn Kollegen Staiger –, sozusagen auch vorsorglich im Blick auf die Wirtschaft, eines dazusagen: Das wars jetzt wirklich. Wir gehen in der Abfallpolitik in den letzten Jahren manchmal schon „rin in die und raus aus den Kartoffeln“. Aber wenn je eine andere Situation entstehen sollte, haben wir nicht mehr die Möglichkeit – und wir wollen uns den Schuh nicht mehr anziehen –, im operativen Abfallgeschäft tätig zu sein. Wir haben uns jetzt entschieden. Diese Grundsatzentscheidung wird von allen Fraktionen dieses Hauses geteilt.
Wir haben uns für das operative Geschäft in der Regie der Privatwirtschaft entschieden. Dann ist die Suche nach einer Nachfolgedeponie nicht mehr Sache des Landes – Punkt, aus, amen. Deswegen ist es mir, wie gesagt, leicht gefallen, diese Äußerung zu tun.
Ich will im Übrigen noch einmal unterstreichen: Wir bleiben selbstverständlich, was das Befüllen von Billigheim anbelangt, dabei, dass wir eine Überwachungsaufgabe haben. Wir bleiben, was Billigheim anbelangt, genau im Rahmen der Planfeststellung. Das heißt, die HIM kann nichts anderes tun als das, was die bisherige SBW auch hätte tun können. Insofern bekommen wir keine negative Veränderung.
Ich will zum Schluss, meine Damen und Herren, nur mit einigen wenigen Aspekten auf das Thema Risiko aufmerksam machen. Das Grundsätzliche habe ich ja gerade schon angesprochen: Wir haben so oder so eine Reihe von Risiken zu tragen, und wir waren in den Handlungsmöglichkeiten nicht ganz frei, weil wir ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt haben.
Aber ich muss darauf hinweisen: Auch der bisherige Zustand hatte seine Nachteile und seine Risiken. Wir hatten bisher eine Nachschusspflicht von 20 Millionen DM. Wir haben ein Defizit von 7 Millionen DM produziert. Wir hatten beim Hafen in Stuttgart ein laufendes Defizit in der Größenordnung von 1,5 bis 2 Millionen DM. 7 Millionen DM waren es einmal, und wir haben es durch Restrukturierungsmaßnahmen auf 1 bis 2 Millionen DM reduziert. Das wäre uns geblieben.
Wir haben auf der anderen Seite jetzt Pachteinnahmen in nicht unerheblichem Umfang. Wir haben die HIM, die neue SBW dazu gebracht, dass sie ein Stück weit, auch pönalisiert, Lieferverpflichtungen nach Hamburg übernimmt. Wir haben so oder so das Problem, dass wir als Eigentümer dieser Deponie die Nachsorgepflicht haben. Wir bekommen für die Nachsorge eben auch die Pachtzahlungen.
Wenn ich das alles zusammennehme, ergibt sich ein sehr differenziertes und sehr buntes Bild, bei dem man jeden
falls nicht sagen kann – ich bitte um Verständnis, wenn ich mich da jetzt auch klar äußere –: „Alle Vorteile bei der HIM und alle Nachteile beim Land“. Dieser Satz – lieber Kollege Scheuermann, sehen Sie es mir nach – stimmt in dieser Einfachheit nicht. Es gibt auch Nachteile, die möglicherweise das Land zu tragen hat, aber eben nicht nur. Es ist eine differenzierte Abwägung, die wir da vorgenommen haben. Das Ergebnis dieser Abwägung ist, dass wir meinen, den Vertrag so abschließen zu können.
Ich will im Übrigen, weil das auch bei den Beratungen in den beiden Ausschüssen eine Rolle gespielt hat, noch einmal etwas zu der Frage sagen: Hätten wir uns nicht vorher aus dem AVG-Vertrag lösen können? Wenn wir dies hätten tun können, hätten wir es natürlich getan. Das ist keine Frage. Aber erstens sind wir an den Vertrag gebunden und können deswegen nicht ständig sozusagen mit Vertragsbruch drohen. Und zweitens: Das, was wir auf informellem Weg haben versuchen können, um aus dem Vertrag herauszukommen, haben wir versucht. Aber für eine Neuverhandlung besteht zurzeit keine Chance.
Schlussbemerkung, meine Damen und Herren: Ich räume ein, dass das Verfahren, was das Parlament anbelangt, unschön war. Der Zeitdruck war ungehörig. Das ist überhaupt keine Frage. Er hat sich aus der Notwendigkeit ergeben, den Vertrag möglichst schnell abzuschließen. Das war der Wunsch der HIM. Deswegen mussten wir hier erstens im letzten Vierteljahr unter Hochdruck verhandeln – das hat das Finanzministerium im Herbst 1999 getan – und zweitens unter Hochdruck im Parlament zum Ende kommen. Dafür bitte ich um Nachsicht. Das ist vor allem dann unangenehm, wenn es sich um ein wirklich kompliziertes Vertragswerk handelt.
Ich habe den Eindruck, dass mittlerweile die Mehrheitsverhältnisse wieder in der richtigen Relation bestehen, sodass ich tatsächlich zum Schluss kommen kann.
Wir sehen das Ganze ohne Hurrapatriotismus, und ich darf Ihnen sagen: Innerhalb der Regierung war es unser Haus, das die von Ihnen beschriebenen und ausgesprochenen Risiken in der Kabinettsvorlage verankert wissen wollte, damit klar ist, dass wir nicht einfach sagen, dass das ein toller Vertrag ist. Aber wir glauben, es ist ein insgesamt verantwortbarer Vertrag. Man kann vielleicht so sagen, dass der Strategiewandel, nämlich weg vom operativen Geschäft, auch seinen Preis hat. Den Preis, den wir zu zahlen bereit sind, halten wir aber im Interesse des Ziels, dass wir uns eben aus dem operativen Geschäft zurückziehen wollen, für vertretbar. Ich möchte Sie jetzt bitten, unseren Vertragsverhandlungen zuzustimmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung.
Wer der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 12/4823, und damit dem Antrag des Finanzministeriums vom 21. Januar 2000, Drucksache 12/4782, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! –
Beschlussempfehlungen und Berichte des Petitionsausschusses zu verschiedenen Eingaben – Drucksache 12/4515
Beschlussempfehlungen und Berichte der Fachausschüsse zu Anträgen von Fraktionen und von Abgeordneten – Drucksachen 12/4753, 12/4760
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf verweisen, dass wir übereingekommen sind, dass die Abstimmung hier im Plenum, wenn nicht etwas Gesondertes beantragt wird, so festgestellt wird wie die Abstimmung im Ausschuss, damit wir zahllose Einzelabstimmungen vermeiden.