Protokoll der Sitzung vom 22.03.2000

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Deuschle REP: Eben! So ist es! – Zuruf der Abg. Ingrid Blank CDU)

Deshalb müssen wir dringend daran arbeiten, dass Integration stärker auf das Verständnis derjenigen stößt, die integriert werden sollen. Da geht es nicht darum, dass diese Menschen ihre Identität aufgeben sollen. Aber eines ist auch klar: Niemand, der nach Deutschland kommt oder als Kind ausländischer Eltern hier geboren worden ist, kann erwarten, dass wir uns nur nach ihm richten. Ein bisschen muss er sich schon auch noch nach uns richten. Nur im wechselseitigen Geben und Nehmen kann die Integration gelingen. Das ist nämlich Toleranz.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Die müssen Sie erst mal lernen!)

Dann erst kann die Integration gelingen. Alles andere, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist schlicht und ergreifend gelogen.

Eines können Sie an Ihre Adresse gerichtet einfach noch mitnehmen. Die doppelte Staatsangehörigkeit, und zwar jetzt in der Ausprägung, dass die jungen Menschen bereits per Geburt zu der ererbten Staatsangehörigkeit auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, macht uns in unserer praktischen Alltagsarbeit die Integration natür

lich nicht einfacher, sondern schwerer, meine Damen und Herren. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Christine Rudolf SPD: Da haben Sie jetzt schon viel Erfahrung bei den halbjährigen Kindern, oder wie?)

Im Übrigen darf ich einfach sagen: Zur Steuerung gehört auch, dass wir diejenigen, die ausreisepflichtig sind, konsequent ausweisen und abschieben. Da unterscheidet sich Baden-Württemberg wiederum sehr positiv von zum Beispiel SPD-geführten Ländern. In Nordrhein-Westfalen wird nicht einmal erfasst, wie viele Ausweisungen pro Jahr die Ausländerbehörden erlassen, weil man das aus guten Gründen gar nicht wissen will, während wir in Baden-Württemberg seit Jahr und Tag eine klare Politik auch bei der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer betreiben.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Erbsen zählen kön- nen Sie, aber bloß das!)

Diese bezieht sich vor allem auf Straftäter. Ich darf nur darauf hinweisen: Beispielsweise haben wir gestern – das haben Sie ja heute aus der Presse zur Kenntnis nehmen können – 50 Kosovaren von Söllingen aus nach Pristina abgeschoben. Davon waren übrigens die meisten Straftäter, und das ist genau die Gruppe, die wir besonders in ihre Heimat zurückführen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Kurzum: Solange auf der Ebene der Europäischen Union keine Harmonisierung der Ausländer- und Asylpolitik ersichtlich ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir bei unserer konsequenten und richtigen Ausländerpolitik in Baden-Württemberg weiterhin klaren Kurs behalten.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Tagesordnungspunkt 2 ist damit abgeschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 13:45 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:37 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:44 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Die so genannte Greencard der Bundesregierung – schädliche Dominoeffekte für BadenWürttemberg – beantragt von der Fraktion Die Republikaner

Es gelten die üblichen Redezeiten: Gesamtredezeit 50 Minuten ohne Anrechnung der Redezeit der Regierung, jeweils fünf Minuten für die Sprecher in der ersten und der zweiten Runde.

Herr Abg. Deuschle, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Republikaner wollen die Pläne der Bundesregierung, ausländische Computerspezialisten zu importieren, und die schädlichen Folgen für das Land Baden-Württemberg hier debattieren. Für uns ist auch wichtig, die Meinung der Landesregierung zu erfahren, da es hier zwischen Wirtschaftsminister und Ministerpräsident wohl doch fundamentale Unterschiede gibt.

Was ist diese grüne Karte eigentlich? Welche Funktion hat die Karte eigentlich, die ja in Amerika weiß ist und nicht grün? Sie gibt ihrem Besitzer die Erlaubnis, unbegrenzt in den USA zu leben und zu arbeiten, ohne Amerikaner zu werden. In Deutschland soll es sich laut Kanzler Schröder aber um eine begrenzte Arbeitserlaubnis handeln, sowohl zeitlich befristet als auch personen- bzw. branchenbezogen.

Was will die Bundesregierung hier wirklich? Spielt sie vielleicht ein doppeltes Spiel? Einerseits begrenzt Herr Schröder die Zahl der Spezialisten auf 20 000, aber andererseits geht die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung schon weiter. Frau Beck sagt zum Beispiel – ich zitiere die „Frankfurter Rundschau“ vom 3. März dieses Jahres –:

Es wird auch die Frage auftauchen, ob es nicht fließende Übergänge zu einem Bleibe- oder Niederlassungsrecht geben muss.

Das beinhaltet nämlich die Greencard. Sagt Frau Beck das, was der „Kanzler der Bosse“ wegen des Drucks der Gewerkschaften nicht oder noch nicht zu sagen wagt? Hat diese Computerspezialistendiskussion nur eine Art Türöffnerfunktion mit einem anschließenden Dominoeffekt für andere Branchen? Ich denke an Ingenieure, ich denke da aber auch an Pflegekräfte. So wird es ja wohl von der Wirtschaft gesehen. Oder geht es hier um eine Gesamtrevision des Arbeitsgenehmigungsrechts mit dem Ziel, allen Zuwanderern, zum Beispiel auch Asylbewerbern, Arbeitsgenehmigungen zu ermöglichen und notwendige Rückführungen praktisch unmöglich zu machen?

Für uns Republikaner stellt sich hier auch die Grundfrage: Handelt es sich um eine technologische Rückständigkeit Deutschlands – was sehr schlimm wäre –, oder handelt es sich nicht eher um einen momentanen Engpass auf einem Teilarbeitsmarkt, der in einer gemeinsamen Anstrengung zu beheben ist? Ist von Bundeskanzler Schröder nicht eine Art Gespensterdebatte eröffnet worden, obwohl es seitens der Bundesanstalt für Arbeit derzeit keine Strukturübersicht über den Bedarf der deutschen Industrie gibt?

(Beifall bei den Republikanern)

Wo liegen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, eigentlich die Ursachen für diesen Engpass? Ich möchte dazu vier Punkte ansprechen.

Erstens: Es gibt natürlich ein rasantes Wachstum der Informationstechnologie.

Zweitens: Wir müssen den Export von deutschen Fachleuten in die USA ansprechen, erstens wegen besserer Chancen und zweitens, weil in unserem Land seit den Achtzigerjahren leider eine technologiefeindliche Grundstim

mung geherrscht hat, die zum großen Teil von Rot-Grün verursacht worden ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Republikanern)

Auf der einen Seite hat man die besten Leute demotiviert, und nun will man Inder und andere hier ins Land holen. Das ist im Grunde eine perverse Situation, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Republikanern)

Daneben spielen auch Fehler der deutschen Industrie bei der Ausbildung und der Schaffung von Arbeitsplätzen eine Rolle. Dies ist doch ganz eindeutig auch eine Folge dessen, was man uns unter Leanproduction und Leanmanagement, also unter schlanker Produktion und Verwaltung, jahrelang propagiert hat.

Professor Gündner von der Fachhochschule für Technik in Esslingen sagte Folgendes – ich zitiere –:

In der Industrie ist das Kostenargument primär. Jüngere ausländische Kräfte sind schlicht billiger als Bewerber auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Das ist ein Teufelskreis.

Er hat sich, nehme ich mal an, in seinem Zitat nicht auf den Herrn Ministerpräsidenten bezogen. Aber dieser Aussage eines Fachmanns lässt sich eigentlich nichts hinzufügen.

Nachdem jetzt, meine Damen und Herren, ein Bewerberboom an den Hochschulen gerade in diesen Fachbereichen eingesetzt hat, würde zum jetzigen Zeitpunkt ein Import ausländischer Computerspezialisten das Gegenteil bewirken und die Chancen kreativer deutscher Studenten mit Pep und mit Engagement hier begrenzen oder zunichte machen, und das können wir doch nicht wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Republikanern)

Der Kollege Wieser stimmt mir zu. Ich halte doch eine gute Rede, oder nicht?

Sind eigentlich Engpässe bei den Informationstechnologien, meine Damen und Herren, sind Engpässe in Zeiten der weltweiten Vernetzung via Internet nicht anders als durch Zuwanderung zu beheben? Zuwanderung ist doch eine uralte Sache der Siebziger- und Achtzigerjahre. Wir gehen doch ins 21. Jahrhundert und müssen Lösungen des 21. Jahrhunderts suchen. Software-Entwickler können dies auch in ihrer Heimat machen. Wir müssen sie nicht aus ihrem bisherigen Kulturkreis herausnehmen. Wir benötigen – das sagt ja die Wirtschaft auch – in erster Linie Dienstleister mit regionaler Kompetenz, die die Mittelständler beraten können. Hierfür sind Inder oder Osteuropäer nicht geeignet. Rückmeldungen aus der Branche zeigen ja auch, dass indische Software-Entwickler einen hohen Betreuungsbedarf haben: Sprache, Kultur usw. bedingen dies. Dies kann vielleicht in Großunternehmen geleistet werden, kann aber keine Lösung für Kleinbetriebe mit wenigen Leuten sein, was ja für diese sich sehr stark entwickelnde Branche typisch ist.

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange- zeigt.)

Herr Präsident, ich komme noch zu zwei oder drei Vorschlägen.

Die Vorschläge von uns Republikanern sind: erstens eine weitere interne und externe Qualifizierung der gegenwärtigen Mitarbeiter der Unternehmen; zweitens eine zusätzliche Ausbildung zurzeit nicht ausreichend qualifizierter arbeitsloser Ingenieure und Physiker; drittens eine Beschleunigung des Studienabschlusses fortgeschrittener Studenten durch Lehrveranstaltungen auch in der vorlesungsfreien Zeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen. Sie haben Ihre Redezeit bereits erheblich überzogen.

Danke, Herr Präsident. Ja, vielen Dank.

Viertens: Beendigung einer verfehlten Zuwanderungspolitik. Statt Fachleuten wurde ein Sozialhilfeproletariat ins Land geholt.