Protokoll der Sitzung vom 23.03.2000

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Kohle ist die schmutzigste Energie.

(Abg. Wieser CDU: Ist rote Energie!)

Wer also von der Energiewende redet, sollte wenigstens so konsequent sein und die Kohlesubventionen in eine Förderung für erneuerbare Energien umpolen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Da müssten die Grünen eigentlich klatschen! – Demonstrativer Beifall des Abg. Buchter Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf des Abg. Brinkmann SPD)

Auch die Steuerreform zeigt eine unliebsame Auswirkung auf erneuerbare Energien. Ich finde, die Steuerreform geht grundsätzlich in die richtige Richtung, aber ich persönlich hätte das so genannte Uldall-Modell der CDU für noch besser gehalten. Wir wollten alle Abschreibungstatbestände abschaffen. Was war das für ein Zirkus von allen möglichen Lobbyisten! Jetzt kommt etwas Ähnliches mit § 2 b des Einkommensteuergesetzes. Diverse Abschreibungstatbestände gelten ab sofort als Verlustzuschreibungen und sollen nicht mehr zulässig sein. In Ordnung. Aber künftig unzulässig sind auch die Abschreibungen der Windenergieanlagen und der Windfonds.

(Abg. Wieser CDU: Was? – Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Da müssen Sie die Ver- ordnung einmal genau lesen! Das ist nicht pau- schal reduziert!)

Damit Sie mich richtig verstehen: Ich bin sehr dafür, dass dieser Dschungel an Abschreibungen gelichtet wird. Zuschüsse für das, was man für wichtig hält, wären ein klares Konzept, und man wüsste jedes Jahr, welche Summen zur Debatte stehen. Wenn man die Abschreibungen für Windfonds streichen und dafür für eine begrenzte Zeit konkrete Fördersummen in den Haushalt einstellen würde, wäre das in Ordnung. Aber das muss man schleunigst machen, bevor die Windparks völlig zusammenbrechen.

Ich habe schon oft darauf hingewiesen, dass bei kurzfristigem Abschalten der Kernkraftwerke Importstrom nötig sein wird, zum Beispiel aus China, aus Litauen, von dort, wo dann halt die neuen Reaktoren alle stehen, die von der hohen Bundesregierung mittels Hermesbürgschaften gefördert werden –

(Abg. Wieser CDU: Der Joschka fördert sie!)

von Herrn Fischer, unserem gescheiten Außenminister, dem „Fliegenden Joseph“, der jeden Tag die Ozonschicht vom Flugzeug aus küsst und der es oberkrass findet, 10 000 Meter über dem Meer duschen zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Brecht- ken SPD: Der Aschermittwoch ist aber vorbei, Frau Kollegin!)

Da die Genossen in Berlin Atomkraftwerke im Ausland offensichtlich tolerieren, hoffe ich sehr, dass die Hermesbürgschaften an Lieferverträge mit unserer Kraftwerksindustrie gekoppelt sind, damit wenigstens unsere Technologie zum Zuge kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Am blödsinnigsten wäre allerdings die Variante: Die Deutschen zahlen Atomkraftwerke in China, und die russischen „Künstler“ vom Kraftwerk Tschernobyl verkaufen ihre überragenden Sicherheitskenntnisse nach China, weil sie halt so billig anbieten. Ist das geprüft worden oder nicht? Wenn nicht, wäre es eine große Schlamperei.

(Abg. Brechtken SPD: Machen Sie sich mal kun- dig, was eine Hermesbürgschaft ist, Frau Kollegin! Dann beantwortet sich die Frage von selbst!)

Wir haben auch ordentliche Potenziale an Wasserkraft, aber es gibt eine Lücke im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Darin ist eine Förderobergrenze für Wasserkraftwerke bei 5 Megawatt vorgesehen. Nun will das Rheinkraftwerk Rheinfelden neu bauen – was auch schon genehmigt ist –, um seine Produktion auf 650 Millionen Kilowatt zu steigern. Dies spart jährlich 600 000 Tonnen CO2.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Aber Rheinfelden fällt nicht unter das EEG und fliegt aus den Abschreibungen.

(Abg. Brinkmann SPD: Was nicht wirtschaftlich ist, braucht nicht gefördert zu werden!)

Deshalb hat Rheinfelden ein Problem. Dasselbe wird in absehbarer Zeit für die Kraftwerke in Wyhlen und in Laufenburg gelten. Ist das eine Gesetzeslücke oder wieder mal nicht bis zu Ende gedacht?

(Abg. Wieser CDU: Schlamperei!)

Im Falle der Neuinvestition müsste man eine Lösung für große Wasserkraftwerke finden, denn mit denen spart man am meisten CO2. Geben Sie das einfach weiter nach Berlin.

Fazit: Wir können den Anteil an erneuerbaren Energien erhöhen, und wir müssen diese Energien zur Wirtschaftlichkeit bringen. Aber man muss es richtig machen und darf nicht vor lauter Atomausstiegs-Scheuklappen den erneuerbaren Energien hintenherum das Wasser abgraben, weil man Gesetze nicht in allen Auswirkungen durchkalkuliert hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Geben Sie auch das weiter nach Berlin. Sonst wird nämlich Ihre Energiewende an sich zu einer Sternschnuppe der rotgrünen Intelligenz: kaum abgeschossen, schon verglüht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Sternschnuppe würde ich nicht sagen! – Abg. Brechtken SPD: Gut, dass wir gerade eine gescheite Rednerin haben, eine besonders geschei- te!)

Was die Anträge betrifft, werden wir alle konstruktiv begleiten. Wir werden die vorgeschlagenen Möglichkeiten prüfen. Die Gemeindeordnung werden wir vorerst nicht ändern, solange der Energiebereich noch völlig im Umbruch ist. Den Antrag bezüglich der Landesprogramme halte ich für inzwischen überholt. Was wir alles beschlossen haben, ist im Haushalt und in meiner Rede zum Haushalt nachzulesen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Zeller SPD: Die haben wir aber leider nicht gelesen!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Witzel.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 hat zu einem Wirbel auf dem Strommarkt geführt. Herr Brinkmann hat zu Recht gesagt, dass diese Liberalisierung, die vom damaligen Minister Rexrodt eingeführt wurde, als eine „Wildwest“-Liberalisierung zu bezeichnen ist. Wir Grünen haben damals gesagt: Ja zur Liberalisierung, aber nicht in dieser Form.

Wir sagen: Wir brauchen im liberalisierten Markt ökologische Leitplanken, damit die Umwelt nicht unter die Räder gerät. Wir setzen uns insbesondere dafür ein, dass die Kraft-Wärme-Kopplung und die erneuerbaren Energien nicht dem Wettbewerb zum Opfer fallen.

Die alte Bundesregierung hat die Liberalisierung in Kraft gesetzt. Wir Grünen – oder korrekter: die rot-grüne Bundesregierung – setzen uns jetzt auf Bundesebene dafür ein, dass die notwendigen ökologischen Leitplanken Stück für Stück aufgebaut werden.

Die Bundesregierung hat auch schon einiges vorzuweisen. Herr Brinkmann hat schon einiges genannt, ich darf mich deswegen auf Stichworte beschränken.

Das erste war das 100 000-Dächer-Solarstrom-Förderprogramm. Das sind kostenlose Kredite für Solaranlagen. Das ist weltweit eines der größten Förderprogramme. Es ist auf sechs Jahre angelegt und schafft damit die Kontinuität, die die junge Branche der Solarenergie in diesem Bereich dringend braucht.

Die zweite Leitplanke ist das 200-Millionen-DM-Förderprogramm, das im September letzten Jahres aufgelegt wurde. Damit werden marktnahe erneuerbare Energien gefördert. Die 200 Millionen DM, die dafür bereitgestellt werden, sind zehnmal so viel, wie die Regierung Kohl für diesen Bereich reserviert hat. Damit sind jetzt endlich einmal genügend Fördermittel für diese neuen Zwecke – sprich Biogasanlagen, Holzhackschnitzelanlagen, kleine Wasserkraftanlagen und thermische Solaranlagen – vorhanden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Wieser CDU – Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Der dritte und wesentliche Schritt ist das ErneuerbareEnergien-Gesetz. Dieses Gesetz wurde letzte Woche im Bundesrat behandelt. Es kann zum 1. April in Kraft treten. Herr Brinkmann hat die Einzelheiten dieses Programms schon dargestellt.

Ich möchte nur zusammenfassend darauf hinweisen: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG genannt,

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

legt die Grundlage für eine solide, dauerhafte und faire Vergütung für Strom aus erneuerbaren Energien. Es schafft damit die Voraussetzung für ein deutliches Wachstum dieses so wichtigen Segments unserer Energieversorgung und ist gleichzeitig ein wesentlicher Baustein der deutschen Klimaschutzstrategie.

Mit dem EEG wird die Bundesrepublik ihrer internationalen Verpflichtung gerecht und demonstriert, dass sie ernsthaft bereit ist, das Kioto-Protokoll zur Klimarahmenkonvention umzusetzen.

Das EEG ist auch gleichzeitig eine große Chance für die deutsche Exportwirtschaft. Der Schub, den das EEG auslösen wird, wird zur Weiterentwicklung der Technologien der erneuerbaren Energien führen. Es wird dafür sorgen,

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

dass in diesem Bereich weitere, Tausende von Arbeitsplätzen entstehen. Das Vorläufergesetz, das Stromeinspeisungsgesetz, hat im Windkraftbereich ja bereits 15 000 Arbeitsplätze entstehen lassen.

Völlig unverständlich aber – da möchte ich auch Sie, Frau Brenner, fragen – ist hier die Haltung der Landesregierung. Diese hat sich im letzten September das Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln. Das ist ein anspruchsvolles, aber ein realistisches Ziel, das auch wir Grünen unterstützen. Frau Brenner, Sie haben sich hier ja auch dafür eingesetzt.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss man jetzt aber etwas bei der Förderung der erneuerbaren Energien tun. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie legen Förderprogramme auf,

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Steht im Haus- halt!)

oder Sie schaffen bessere Rahmenbedingungen. Hier zeigt sich, dass das schöne Ziel der Landesregierung nur eine riesige Luftblase ist, der keinerlei konkrete Taten folgten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD)