Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zielsetzungen des neuen Energiegesetzes, Herr Abg. Brinkmann, waren vor allen Dingen Senkung der Energiepreise, die bei uns im Vergleich zu anderen Staaten und im Zeichen des Globalisierungsprozesses besonders hoch waren, und Abschaffung von Monopolen. Das sind doch für jemanden, der für die Marktwirtschaft sowie die Erhaltung und Sicherung von Arbeitsplätzen ist, zwei hehre Ziele. Also ich sehe das genau anders als Sie.
Wozu hat dieser Wettbewerb geführt? Er hat genau zu spürbaren Preissenkungen geführt, aber für alle Stromabnehmer, was wir am Anfang nicht alle dachten, sogar bei den Tarifkunden.
(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Aber zu neuen Energiemonopolen! Gucken Sie sich die Zu- sammenschlüsse an!)
Das Wirtschaftsministerium hat im Bereich der Tarifpreise Senkungen bei den privaten Haushalten von bis zu 25 % und im Gewerbebereich von über 40 % festgestellt. Diese Entwicklung war für uns alle überraschend.
(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Da ist die Preisaufsicht wohl vorher nicht auf Zack gewe- sen!)
Der Bundeswirtschaftsminister hat nach dem neuen Energiewirtschaftsgesetz nach wie vor das Recht, eine Bundestarifordnung Elektrizität zu erlassen, aber sie erweist sich heute schon vor diesem Wettbewerb als ein echtes Hindernis im Preiswettbewerb um den Haushaltskunden. Daher hat der Bundesrat auf der Grundlage eines Antrags von Baden-Württemberg bereits im Februar den Bundeswirtschaftsminister einstimmig aufgefordert, die Genehmigungspflicht für die Strompreise zu streichen. Das wäre gleichzeitig ein Beitrag zum Abbau von Bürokratie. Ich hoffe sehr, dass der Bundeswirtschaftsminister möglichst bald dieser Aufforderung nachkommt.
Zu den Stadtwerken. Ich halte fest: Kein einziges Stadtwerk hat beispielsweise den Status eines Alleinabnehmers beantragt. Auch Unbundling und Import ausländischen Stroms sind heute kein Thema mehr. Und dem Örtlichkeitsprinzip stellen wir das Subsidiaritätsprinzip entgegen. Wir wollen, dass die private Wirtschaft hier mehr tätig wird.
Energiekonsensgespräche: Ich möchte noch einmal klar festhalten: Ausstieg aus der Atomenergie – die Position der Landesregierung zu diesem Thema ist klar. Nach unserer Überzeugung und auch nach den Fakten leisten die deutschen Kernkraftwerke heute und auch in Zukunft einen unverzichtbaren Beitrag zu unserer sicheren, preiswerten und umweltfreundlichen Energieversorgung. Stichwort CO2, Stichwort Kohlesubvention.
Dritter Punkt: Höhere Anteile an erneuerbaren Energieträgern. Es ist richtig: Die Landesregierung hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2010 den Anteil der erneuerbaren Energien sowohl bezogen auf den Primärenergieverbrauch als auch bezogen auf die Bruttostromerzeugung zu verdoppeln. Besonders ich weiß sehr genau, dass das sehr großer Anstrengungen bedarf.
Nun ist Ihre Antwort das neue Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien – mit Mehrheit im Bundesrat angenommen. Aus unserer Sicht gibt es da aber trotz der Lobeshymnen eine ganze Reihe von Nachteilen.
Erstens: Die erforderlichen Mittel werden durch eine gesetzliche Abnahme- und Vergütungspflicht erbracht, die primär nur die Versorgungsnetzbetreiber trifft. Letztlich ist zwar eine gleichmäßige Belastung aller Stromverbraucher beabsichtigt, aber ob die Versorger die erhöhten Preise bei dem bekanntlich sehr harten Wettbewerb überwälzen können, ist zumindest fraglich.
Zweitens: Die im Gesetz vorgesehenen festen Vergütungssätze für unterschiedliche Anlagen sind zugegebenermaßen trotz der Bemühungen um eine Differenzierung nach Standortvoraussetzungen meines Erachtens nicht geeignet, verstärkt Anreize zu Effizienzsteigerungen und damit zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu geben. Es gibt die Diskrepanz zwischen der Anlage und dem davon unabhängigen Vergütungssatz. Wo ist da der Ansatz, möglichst wirtschaftlich zu arbeiten?
(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Mög- lichst hohe Profite zu erwirtschaften! Das ist der Anreiz!)
Drittens – darauf hat Frau Abg. Brenner schon hingewiesen –: Warum wird die Förderung nur auf Wasserkraftwerke bis lediglich 5 Megawatt beschränkt?
(Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen: Damit etwas zur Verbesserung übrig bleibt, Herr Mehr- länder!)
Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Mosdorf und die baden-württembergischen Abgeordneten von SPD und Grünen hätten doch um die Bedeutung der Wasserkraftwerke in Rheinfelden, in Wyhlen und in Lauffen wissen müssen, die ja geradezu dazu prädestiniert sind, einen größeren Beitrag der Wasserkraft zur Stromerzeugung und damit zur CO2-Reduzierung zu leisten. Daher kann ich Sie hier nur auffordern, dieses Gesetz in diesem Punkt zu korrigieren.
Es bleibt natürlich die Diskussion darüber, wie die regenerativen Energien weiter stärker eingebaut werden können. Das ist ja auch ein Ziel der Landesregierung.
Da sehe ich mehrere Modellansätze. Einmal ist das das Quotenmodell, wonach den erneuerbaren Energieträgern feste Quoten an der Stromerzeugung zugeteilt werden sollen, zum anderen, insbesondere für mich, der Ansatz über Zertifikate für CO2-Emissionen. Dazu habe ich mit Freude gehört, dass die EU-Kommission gestern erstmalig ein Grünbuch zum Handel mit CO2-Zertifikaten vorgestellt hat. Ich werde mir dieses sehr schnell besorgen, damit wir feststellen können, wie wir das in Baden-Württemberg in der Praxis umsetzen können.
Es gibt die Kombination zwischen den verschiedenen Modellen, und es gibt auch den reinen Haushaltsansatz. Darüber muss weiter diskutiert werden. Das räume ich ein.
Herr Staatssekretär, denken Sie ernsthaft darüber nach, das Stromeinspeisungsgesetz bzw. das Nachfolgegesetz, das ErneuerbareEnergien-Gesetz, zu kippen, um ein anderes Modell, dessen Auswirkungen Sie noch gar nicht kennen, zu installieren, im Gegensatz zu einem Modell, das nachweislich zu einem Zuwachs an Arbeitsplätzen und zu einem Zuwachs bei der Nutzung erneuerbarer Energien geführt hat? Wollen Sie dieses Modell wirklich kippen, um irgendetwas Ungewisses an dessen Stelle zu setzen?
Trotzdem: Die Modellansätze, die ich genannt habe, sind wichtig für eine langfristige Gestaltung des Markts für den grünen Strom.
Zu diesen Ansätzen – wir werden das Grünbuch einbeziehen – wird das Wirtschaftsministerium am 13. April einen Workshop veranstalten, um langfristige Lösungsansätze zu finden, frei von Ideologie.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Brenner, ich freue mich ja über Ihre Zustimmung zum EEG. Nur, das, was Sie über die Wasserkraftwerke mit mehr als 5 Megawatt Leistung gesagt haben, sollte eigentlich Taten nach sich ziehen. Sie hatten – ich habe das eben noch einmal in der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestags nachgelesen – dort auch nicht die Zustimmung Ihrer CDU-Kollegen zum EEG. Vor allem – das fiel mir auf – habe ich den Änderungsantrag der CDU vermisst, Wasserkraftwerke mit über 5 Megawatt Leistung zu fördern. Diesen Änderungsantrag, Herr Mehrländer, habe ich auch vonseiten der FDP vermisst. Ich frage mich, ob die Landesregierung einmal einen Vorstoß machen wird.
(Abg. Hauk CDU: Das haben doch Sie gefragt und nicht die anderen! – Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Wer ist denn an der Regierung in Bonn?)
Wenn Sie sich damit beschäftigt haben, wissen Sie, warum es zu dieser Beschränkung gekommen ist, nämlich weil die großen Wasserkraftwerke viel wirtschaftlicher als kleine arbeiten. Ich sage: Man hätte eine Differenzierung einführen können.
Aber ich habe mich auch nicht durchgesetzt. Trotzdem sind wir mit dem EEG zu einem guten Gesetz gekommen.
(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Ich habe es für die Neuinvestitionen gewollt und nicht für den lau- fenden Betrieb!)
Aber nun im Wesentlichen zu dem, was Sie, Herr Mehrländer, zur Quote gesagt haben. Wir sind dort für die Quote, wo es um Kraft-Wärme-Koppelung geht. Wir sind dort eindeutig gegen die Quote, wo es um Anlagen für regenerative Energien geht. Quote bedeutet, dass ein bestimmter Mindestanteil der Stromproduktion aus dieser besonders förderungswürdigen Art der Herstellung des Stroms kommen muss. Wenn wir das aber zum Beispiel für Wasserkraft machen, bedeutet das, dass die großen Wasserkraftwerke im europäischen Ausland die Quote mehr als übererfüllen. Dies würde den Tod für alle jetzt sinnvollen kleinen Wasserkraftwerke im Schwarzwald und anderswo bedeuten.
Wir brauchen die Quote, und, Herr Kollege, sie wird im Sommer bei der Kraft-Wärme-Kopplung kommen, weil dort die Gefahr, dass die großen Anlagen die kleinen beseitigen, nicht gegeben ist.
Herr Mehrländer, Sie haben als Ziel der Liberalisierung erstens die Preissenkung und zweitens die Abschaffung der Monopole herausgestellt. Sie bilden sich doch bitte nicht ein, die geringen Preise, die wir heute im Strombereich haben, würden ewig fortbestehen. Jeder in der Branche weiß, dass die Liberalisierung zu Fusionen geführt hat. Wenn die einmal von den europäischen und deutschen Kartellbehörden genehmigt sind, werden die Preise sehr schnell steigen; denn sie befinden sich heute unter den Gestehungskosten.
Die Abschaffung der Monopole ist geschehen. Durch die Liberalisierung wurden kontrollierte Monopole abgeschafft. Aber wir wissen heute, dass das nicht zu einem liberalisierten Markt geführt hat, sondern zu unkontrollierten Oligopolen. Der europäische und der deutsche Strommarkt werden künftig von wenigen und dann nicht mehr durch staatliche Preisaufsicht kontrollierten Großunternehmen beherrscht. Ob dies besser ist als das vorher kontrollierte Monopol, wage ich zu bezweifeln.
Aber wir Sozialdemokraten wollen die Liberalisierung nicht rückgängig machen; wir wollen sie positiv gestalten. Dazu dienen alle die Maßnahmen, die ich vorhin beschrieben habe.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung der drei Anträge. Beantragt ist Überweisung an den Wirtschaftsausschuss. – Sie stimmen der Überweisung zu.