Protokoll der Sitzung vom 12.04.2000

(Zuruf des Abg. List CDU)

oder ein krankgemeldeter Mitarbeiter, der sich mit einem rot-weißen Schal ins Gottlieb-Daimler-Stadion schleicht.

(Zuruf des Abg. Weimer SPD)

Solche Bürger haben kein Interesse daran, dass man sie sieht.

Wenn mich nicht alles täuscht, sind hierzu in Regensburg und Leipzig – diese Städte liegen ja ebenfalls in CSU- bzw. CDU-regierten Bundesländern – Pilotprojekte in Gang. Mich würde interessieren, wie der Innenminister des Landes Baden-Württemberg dazu steht.

Abschließend möchte ich sagen: Das, was in der Stellungnahme zu dem Antrag über die Polizei steht, ist korrekt. Die Polizei in Baden-Württemberg ist hoch motiviert, aber dies nicht wegen der CDU, sondern eigenartigerweise trotz der CDU.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – La- chen bei Abgeordneten der CDU – Abg. Rech CDU: Na, jetzt aber!)

Eines möchte ich in diesem Zusammenhang auch sagen: Tun Sie nicht so, als ob dies nur in Baden-Württemberg der

Fall sei. Denn Sie beleidigen jeden Polizeibeamten und jede Polizeibeamtin, die in Berlin, Hamburg oder Köln das Gleiche tun.

Danke schön.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erhält Herr Abg. Rech, wenn er es wünscht.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst ein Wort an Sie, Herr Kollege Hackl. Auch mir hat es persönlich gut getan, dass Sie für Ihre letzte Rede vor dem hohen Haus vorhin den Beifall des gesamten Hauses bekommen haben. Mir war nicht bewusst, dass Sie schon Mitte Mai ausscheiden. Umso mehr bedaure ich dies, weil wir in der Tat vieles auch gemeinsam besprochen haben und besprechen konnten. Wir haben einiges miteinander auf den Weg gebracht. Manches – dies vielleicht zum Trost für Sie, Herr Hackl – realisiert sich oft auch erst eine gewisse Zeit später, wenn ich einmal die Leerstellen für den Erziehungsurlaub ansprechen darf. Da werden Sie auch noch nach Ihrem Ausscheiden aus dem Landtag Freude an der von der CDU mitgetragenen Landesregierung haben. Da bin ich mir ganz sicher.

(Heiterkeit des Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grü- nen)

Auf jeden Fall spreche ich Ihnen persönlich von dieser Stelle aus noch einmal sehr herzlich und sehr ehrlich meinen Dank sowie den Dank des gesamten CDU-Arbeitskreises Innenpolitik und seines Vorsitzenden Manfred List aus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP/DVP – Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen: Dafür bedan- ke ich mich!)

Meine Damen und Herren, es wurde einiges angesprochen, was notwendigerweise zu einer bürgernahen Polizei gehört und was erst zu einer bürgernahen Polizei führt. Ich möchte nur eines noch einmal hervorheben: Dazu gehört unter anderem auch eine dezentrale und basisorientierte Organisationsstruktur der Polizei. Da ist es durchaus gut und richtig, dass wir 177 Reviere sowie fast 600 Posten und 78 Kriminalpolizeidienststellen im Land haben. Diese Struktur hat sich bewährt. Deswegen bin ich und sind wir alle froh, dass wir sie jetzt so haben. Die Reorganisation wird ein Weiteres leisten. Sie wird das umsetzen, was wir wollen, nämlich eine weitere Verbesserung in der Bürgerorientierung, eine Kompetenzverlagerung vor Ort, eine personelle Verstärkung der Basisdienststellen.

Meine Damen und Herren, wenn ich es richtig sehe, wurde die kommunale Kriminalprävention von allen Rednern angesprochen. Dies ist zweifellos auch ein ganz wesentlicher Baustein einer bürgernahen und in die Bürgerschaft integrierten Polizei.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Nur: Dazu gehört für uns neben den zahlreichen Jugendsachbearbeitern in unseren Polizeidienststellen, die – nebenbei bemerkt – schon seit Jahren und Jahrzehnten eine

ganz hervorragende Arbeit leisten und deren Dienst nicht hoch genug eingeschätzt werden kann – –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen)

Häufig geht es in der Tat nicht so sehr um die Bestrafung eines erstmals auffällig gewordenen Jugendlichen. Vielmehr geht es darum, welchen Eindruck diese Jugendlichen haben – oft sind es ja eigentlich noch Kinder –, welcher Erstkontakt es tatsächlich ist, den ein junger Mensch mit der Polizei, mit dem Staat an sich hat. Dies bleibt häufig über Jahre hinweg tief sitzen. Dies hinterlässt Eindruck. Deswegen ist die Arbeit der Jugendsachbearbeiter umso wichtiger. Ich habe durchweg äußerst positive Erfahrungen mit diesen jungen Sachbearbeitern gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Zu einem beispielhaften bürgerschaftlichen Engagement im Bereich der inneren Sicherheit zählen für mich auch die Polizeifreiwilligen. Auch sie sind in meinen Augen ein unverzichtbares Bindeglied zur Bürgerschaft. In welcher Weise wir die Polizeifreiwilligen künftig mit Aufgaben belasten oder sie entlasten,

(Zuruf des Abg. Redling SPD)

ist eine Frage, über die wir – auch noch nach Ihrer Zeit, Herr Kollege Hackl – intensiv miteinander diskutieren müssen.

(Abg. Redling SPD: Das machen Sie doch gerade nicht, Herr Rech!)

Vieles von dem, was Sie zu diesem Thema gesagt haben, habe ich nicht vergessen, und ich werde es einbringen. Aber, wie gesagt: Grundsätzlich stehen wir auch dazu.

Natürlich müssen wir auch an neue Formen und an neue Instrumente denken, die die Polizei haben muss. Weil die Redezeit abgelaufen ist, will ich nur beispielhaft erwähnen, dass ich da an ein neues Wegweisungsrecht nach österreichischem Vorbild denke. Auch dies kann zu einer Deeskalation im sozialen Nahbereich führen. Wir müssen über neue Formen, neue Instrumente, neues Handwerkszeug und neue rechtliche Rahmenbedingungen für die Polizei reden. Die CDU ist dazu bereit. Ich bin mir ganz sicher: Wir werden zeitnah sehr gute Lösungen hinbekommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. List CDU: Bravo, gut gemacht!)

Das Wort erhält Herr Innenminister Dr. Schäuble.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie spüren, ich bin angesichts des großen Lobs der Regierungsfraktionen – das ich an sich auch erhofft hatte –, aber auch des Lobs der Opposition zur inneren Sicherheit und zu der Situation in unserem Lande ein klein bisschen verlegen. Ich hätte mir gewünscht, Herr

Kollege Redling, dass neben den zweifellos vorhandenen Verdiensten meines Vorgängers, des gerade amtierenden Präsidenten, auch meine Rolle gebührend hervorgehoben worden wäre.

(Abg. Redling SPD: Das hat doch Herr Rech ge- macht!)

Das hätte mir die unangenehme Aufgabe des Eigenlobs etwas leichter gemacht, obwohl wir ja immer im Kopf haben müssen, dass Schopenhauer in seinen Aphorismen Eigenlob zwar grundsätzlich nicht zulässt, bei einer einzigen Berufsgruppe aber eine Ausnahme zulässt, nämlich bei den Politikern – nach dem bekannten Satz „Es bleibt immer etwas hängen...“, diesmal nicht im bösen, sondern im guten Sinne. Also: Vielen Dank für die gute Darstellung der inneren Sicherheit in unserem Lande. Wenn Sie meine Rolle dabei nicht erwähnt haben, dann darf ich in aller Bescheidenheit feststellen: Ich habe die gute Entwicklung der inneren Sicherheit zumindest nicht behindert.

(Lachen bei Abgeordneten aller Fraktionen – Bei- fall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Wieser CDU: Das ist schon viel in der Politik! Wenn die Bundesregierung so handeln würde, wäre es gut!)

Das ist heutzutage auch schon nicht wenig.

Herr Kollege Hackl, ich darf mich dem Dank, der an Ihre Adresse gerichtet wurde, sehr herzlich anschließen. Sie haben ja immer gespürt, dass Sie meine besondere Zuneigung haben. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich Sie mit meiner Sympathie förmlich erdrückt habe.

(Heiterkeit des Abg. Rech CDU – Abg. Moser SPD: Jetzt aber keine Umarmungen!)

Jedenfalls danke ich für das gute Miteinander und wünsche Ihnen persönlich alles Gute. Wenn Sie in späteren Zeiten vielleicht einmal – wie es Ihrem Sprachgebrauch entspricht – Opfer oder – in meinem Sprachgebrauch – Gegenstand einer verdachtsunabhängigen Polizeikontrolle oder gar einer persönlichen, privaten Videoüberwachung werden sollten,

(Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen: Dann werde ich winken!)

dann denken Sie in aller Freundlichkeit an die gemeinsame Zeit im Landtag von Baden-Württemberg zurück. Noch einmal alles Gute für Sie persönlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hackl Bündnis 90/Die Grünen: Dann schicken Sie mir das Video, genau!)

Nach dem, was gesagt worden ist, bemühe ich mich, die Situation aus meiner Sicht zusammenzufassen. Wir haben eine gute Ausgangsposition. Ich leugne nicht, dass auch ich eine gute Ausgangsposition übernommen habe, wie übrigens auch mein Vorgänger. Wir haben offensichtlich das Glück, dass in Baden-Württemberg die Schwierigkeiten aufgrund verschiedener Umstände nicht so groß sind wie in anderen Bundesländern. Nur – ich habe Verständnis, dass Sie dies nicht, jedenfalls nicht öffentlich, unterstreichen

(Minister Dr. Schäuble)

können, aber einfach für Ihr persönliches Bewusstsein und für Ihr persönliches Denken –: Es ist schon auffallend, dass sich auch bei der inneren Sicherheit eine eindeutige Tendenz von Norden nach Süden, und zwar zum Positiven ergibt. Bayern und Baden-Württemberg liegen vorn. Wir haben, wie alle wissen, die niedrigste Kriminalitätsbelastung und die zweithöchste Aufklärungsquote, Bayern hat die höchste Aufklärungsquote und die zweitniedrigste Kriminalitätsbelastung. Ich vermute, dass neben allen Verdiensten der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, wofür wir alle dankbar sind, dies auch ein klein wenig mit der richtigen Politik zu tun hat, die Gott sei Dank hier in BadenWürttemberg schon traditionell, und zwar über den Tag hinaus, betrieben wird.

(Beifall bei der CDU)

Ich vermerke auch dankbar – und wenn das künftig so bleibt, ist das ein Wert für alle –: Wir profitieren vermutlich alle, vor allem aber die Bürgerinnen und Bürger, davon, wenn bei manchmal so emotionsgeladenen Themen wie der inneren Sicherheit es immer wieder gelingt, einen möglichst breiten Konsens herzustellen. Dass einige Themen da sein müssen, Herr Kollege Redling und Herr Kollege Hackl, bei denen man sich auch streiten muss – ich komme noch ein bisschen darauf zurück –, ist ja selbstverständlich. Sonst wäre es im Landtag von Baden-Württemberg langweilig, und wir wissen ja alle, dass es im Landtag von Baden-Württemberg nicht langweilig ist, sondern dass jede Debatte, jeder Plenartag von morgens bis abends regelrecht mit Spannung erfüllt ist.

(Heiterkeit bei der CDU)