(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Schlierer REP – Abg. Deuschle REP: Das war ja der Fehler! – Weiterer Zuruf von den Republikanern: Schütte- rer Beifall!)
Wahr ist ferner, dass unsere Politik, wenn sie früher von Ihnen mitgetragen worden wäre – Stichwort: Änderung des Asylrechts –, dazu beigetragen hätte, die Republikaner am besten zu bekämpfen. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Puchta SPD: Von wegen! – Abg. Deuschle REP: Herr Minister, das wäre doch schade, denn dann gäbe es keine so in- teressanten Debatten wie heute!)
Ich habe heute den Mut, Ihnen das zu sagen. Auch künftig werde ich Ihnen das immer wieder sagen, wenn es denn einfach notwendig ist.
Wir haben im Grunde genommen die Frage der Bosnier nicht mehr. Sie stellt sich nicht mehr. Es wird meines Erachtens auch unwahrscheinlich sein, dass sich die Innenministerkonferenz, wenn wir uns in zwei oder drei Wochen treffen werden, überhaupt noch einmal mit der Rückführung der Bosnier befassen wird.
Der Bosnier. Entschuldigung, Sie haben vorhin von den Bosniern gesprochen. Alle, die gesprochen haben, haben von den Bosniern gesprochen.
Ich komme noch auf die Kosovaren. Von den Kosovaren hat außer mir, glaube ich, noch gar keiner gesprochen. Sie haben alle von den Bosniern gesprochen.
(Abg. Brinkmann SPD: Wir haben uns an die Ge- schäftsordnung gehalten! – Zuruf des Abg. Haasis CDU – Abg. Deuschle REP: Das Thema heißt ja Bosnier!)
Die Innenministerkonferenz, verehrte Damen und Herren dieses hohen Hauses, wird sich nach meiner Einschätzung nicht mehr mit den Bosniern befassen. Sie sind zurückgeführt.
Wir haben in Baden-Württemberg – von über 50 000 – inzwischen auch die Bosnier bis auf einen Restbestand von 5 000 in ihre Heimat zurückgeschickt.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wie reden Sie denn von Menschen? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist ja unglaublich: „Restbestand“! Wo sind wir denn hier? – Zuruf des Abg. Deuschle REP)
Von diesen 5 000 Menschen sind noch etwa zweieinhalbtausend auf dem Arbeitsmarkt. Herr Kollege Hofer, sie sind nicht deshalb, weil Sie als Oberbürgermeister die Akten immer nach unten gelegt haben – ich könnte Ihnen sofort sagen, wie viele Bosnier Sie in Weinstadt noch haben, nämlich nicht mehr viele –, noch bei uns, sondern diese 5 000 bzw. zweieinhalbtausend sind deshalb noch da, weil wir ihren Aufenthalt in Deutschland, und zwar in BadenWürttemberg, immer wieder verlängert haben, um eben dem Mittelstand zu helfen, weil mich der Wirtschaftsminister wie auch Firmen des Mittelstands darauf aufmerksam gemacht haben. Ausschließlich deshalb sind diese Menschen noch da. Das muss man einfach wissen. Dieses Entgegenkommen gegenüber dem Mittelstand wird nicht dazu führen, dass sich die Innenministerkonferenz noch einmal mit dem Thema Bosnier befassen wird.
Jetzt will ich auf einen Gesichtspunkt aufmerksam machen, den ich auch für die Zukunft für ganz wichtig halte: Bürgerkrieg. Wir haben damals die Menschen kommen lassen, eingeladen oder auch uneingeladen, wenn ich so sagen darf und Sie nicht gleich wieder einen Verstoß gegen die Political Correctness sehen, weil die Not so groß war. Wir haben damit als Bundesrepublik Deutschland und vor allem als Land Baden-Württemberg – wir hatten ja fast 55 000 Bosnier – einen ganz wertvollen humanitären Beitrag erbracht, auf den alle Bürgerinnen und Bürger stolz sein dürfen.
Folgendes war immer unstreitig: Wir helfen diesen Menschen in ihrer Existenznot nicht aus Eigennutzgründen, sondern aus Gründen der menschlichen Nächstenliebe, auch Altruismus genannt.
Wir haben aber auch immer hinzugefügt, weil es immer wieder Konfliktsituationen auf der Welt geben wird – die nächste wird so sicher kommen wie das Amen in der Kirche –, dass wir den Menschen während des Krieges oder des Bürgerkrieges helfen, dass sie aber nach dem Ende des Bürgerkrieges in einem zumutbaren zeitlichen Abstand – also nicht von einem Tag auf den anderen – in ihre Heimat zurückkehren müssen. Die Diskussion, die wegen der Sorgen in der Wirtschaft aufgekommen war und durch die Diskussion über die Greencard auch noch einmal angestachelt wurde
hat jetzt eine ganz andere Wendung genommen. Jetzt geht es nämlich um die Frage: Sollen wir – ich vermeide das Wort „egoistisch“ – aus Eigeninteressen heraus bestimmte
Bürgerkriegsflüchtlinge auf Dauer in Deutschland belassen? Das hat aber nichts mehr mit der ursprünglichen Erwägung zu tun, warum die Menschen überhaupt zu uns kommen und bleiben konnten.
Da bitte ich, bei der Diskussion als einen wichtigen Gesichtspunkt – meinetwegen nicht als den alleinigen Gesichtspunkt – zu sehen: Wenn Sie eine solche schwierige Aufgabe wie die Rückführung von über 50 000 Menschen – ich komme jetzt noch ein paar Mal darauf zurück – als Innenminister verantworten müssen, dann ist es aus verschiedenen Gründen, nicht zuletzt aus moralischen Gründen, völlig undenkbar, nur die Kranken und die Alten zurückzuführen. Sie müssen im Grunde genommen alle zurückführen. Sie müssen vor allem auch die Leistungsfähigen zurückführen, die in dem zerstörten Land für den Wiederaufbau dringend benötigt werden. Alles andere halten Sie nicht durch.
(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der FDP/DVP und der Republikaner – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! Das müssten gerade Liberale ma- chen! – Abg. Haas CDU: Wiederholen Sie den Satz noch einmal, Herr Innenminister! – Abg. Deuschle REP: Er hält jetzt wieder meine Rede! Und ich kriege nicht einmal ein paar Mark dafür! – Weitere Zurufe)
Jetzt kommt der große Unterschied zu dem, was sich hinter der Diskussion über die Greencard verbirgt. Bei der Diskussion über die Greencard geht es, wenn ich sie richtig bewerte, einfach darum: Haben wir in einem bestimmten Segment unserer Wirtschaft aufgrund von Versäumnissen auch der Wirtschaft selbst einen gravierenden Mangel an hoch qualifizierten Arbeitskräften? Bei der Diskussion, ob nun die paar Bosnier, die überhaupt noch da sind, oder vermutlich demnächst die Kosovaren ein Bleiberecht auf Dauer in Deutschland bekommen sollen, geht es nicht darum, dass wir uns einbilden, mit ihnen – von ganz seltenen Ausnahmefällen abgesehen – Mängel bei hoch qualifizierten Arbeitsplätzen schließen zu können, sondern um die Frage: Sollen sie dableiben, weil wir Arbeitskräfte für Tätigkeiten brauchen, die auf dem einheimischen Arbeitsmarkt niemand machen will? Das ist der Punkt und der entscheidende Unterschied.
Wenn Sie so weit sind, dann müssen wir in der Gesamtdiskussion neben den anderen Gesichtspunkten, die der Wirtschaftsminister zu Recht vorgetragen hat, auch folgende Gesichtspunkte mit in die Gesamtabwägung einbringen:
Der erste Gesichtspunkt ist der: Ich bin mir nach aller Lebenserfahrung sehr sicher – ich weiß, wovon ich rede; denn meine Frau kommt aus einer Familie aus der Gastronomie, und meine Schwiegermutter ist vermutlich deshalb mit Anfang 40 gestorben, weil sie überschafft war –
das ist kein sehr nettes Thema, Kollege Wieser –, dass sich diese Menschen, die wir jetzt auf Dauer hier lassen wollen – weil wir auf dem einheimischen Arbeitsmarkt einfach nicht genügend Menschen finden, die noch solche unbequemen und harten Tätigkeiten wahrnehmen wollen –, wenn sie auf Dauer in Deutschland bleiben können, nicht sofort, aber Schritt für Schritt auch von diesen unbequemen Arbeitsplätzen mit ungünstigen Arbeitszeiten weg orientieren werden und andere Arbeitsplätze anstreben werden. Das kommt wie das Amen in der Kirche.
Sie werden es nicht schaffen – und so, wie ich die Kollegen gerade von der FDP/DVP-Fraktion einschätze, auch gar nicht wollen –, dass wir am Schluss einen Arbeitsmarkt bekommen, der sozusagen aus denen besteht, die die etwas angenehmeren Tätigkeiten anstreben dürfen, und aus denen, die wir in einer gewissen Abhängigkeit halten wollen, die immer das tun, was die anderen nicht machen wollen. Das wird auf Dauer erstens nicht gelingen und wäre zweitens unverantwortlich.
Den zweiten Gesichtspunkt hat der Kollege Walter schon angesprochen, aber ich möchte ihn im Gegensatz zu ihm in aller Sachlichkeit aus meiner Sicht jedenfalls in die Abwägung, die wir vornehmen müssen, einbringen.
Wir haben unbestrittenermaßen über 4 Millionen Arbeitslose. Meines Erachtens muss genauso unbestritten sein, dass von diesen über 4 Millionen Arbeitslosen jedenfalls ein nicht unerhebliches Potenzial diese ungeliebten Arbeitsplätze, derentwegen wir jetzt die Bosnier da lassen wollen, einnehmen könnte.
Wenn dies unbestritten ist, dann unterstellen diejenigen, die sagen: „Die müssen alle dableiben“, im Grunde genommen, wenn man es mal auf den Punkt bringt, unseren über 4 Millionen Arbeitslosen jedenfalls zu einem ganz erheblichen Teil Arbeitsunwilligkeit.