Protokoll der Sitzung vom 13.04.2000

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Deuschle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man sich die jetzige Debatte angehört und sich daran beteiligt hat, hatte man manchmal den Eindruck, dass es eine ganz absurde Situation gibt. Es sollen geringfügig Qualifizierte in ein Hochlohnland hereingeholt werden, obwohl es gerade bei diesen geringfügig Qualifizierten schon eine hohe Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg und in Deutschland gibt. Darüber hat auch der Herr Wirtschaftsminister kein Wort verloren, obwohl ja seine eigene Landesregierung dies doch erst vor kurzem auf eine Anfrage von uns bestätigt hat. Ich möchte Sie schon fragen – da hat Herr Brinkmann nicht Unrecht –, in welcher Funktion Sie, Herr Döring, hier gesprochen haben. Vielleicht können Sie oder auch der Herr Innenminister nachher sagen, wie Sie die Situation einschätzen oder wie er sie einschätzt.

Ein großes Manko dieser Debatte war und ist, dass sich der Herr Ministerpräsident hier drückt. Er müsste sich in seiner Gesamtverantwortung für dieses Land und für die Regierung hier hinstellen und sagen, ob er die Auffassung von Herrn Döring vertritt oder die von Herrn Oettinger oder die von Herrn Schäuble. Hier ist die Landesregierung gespalten. Da muss der Chef der Landesregierung her, wenn er noch die Kraft hat, zu regieren, und uns klar sagen, in welche Richtung es in Baden-Württemberg weitergehen soll.

(Beifall bei den Republikanern)

Natürlich haben Sie, Herr Wirtschaftsminister, die Frage der Gleichbehandlung der Klein- und der Großbetriebe angesprochen. Aber ich habe Ihnen vorhin gesagt, dass Sie nicht diese Greencard-Diskussion führen dürfen, die hauptsächlich von den Großbetrieben kommt. Wenn Sie da weich werden und bei der Greencard nachgeben, haben Sie keine Möglichkeit mehr, bei Kleinbetrieben zu sagen: Liebe Leute, das geht aus staatspolitischen Gründen nicht.

Was nun die Wirtschaft und die Aussagen der Wirtschaft betrifft: Seit Jahren hören wir, dass die Lohnnebenkosten, die Lohnzusatzkosten zu hoch seien. Die gehen ja zum Teil gerade auf die hohe Arbeitslosigkeit gering Qualifizierter zurück, ob es nun Deutsche oder viele Ausländer sind. Um die Arbeitslosigkeit abzubauen, müssen wir ja die Leute nach Hause bringen.

(Beifall bei den Republikanern)

Sie haben auch zu Recht das Altersproblem angesprochen. Nur, in welcher Gesellschaft leben wir denn, wenn 40- und 45-jährige Deutsche zu alt sind? Das gibt es doch nicht. Dann müssen wir halt den Betrieben sagen: Liebe Leute, ihr müsst mit den Leuten arbeiten und sie weiterqualifizieren; setzt euch da ein. Aber es kann nicht sein, dass Menschen, Familienväter in diesem Alter keine Perspektive mehr haben. Die Wirtschaft darf nicht dominieren, sondern die Politik muss sagen, in welche Richtung es geht. Meine Damen und Herren, dazu sind Sie aufgefordert.

(Beifall bei den Republikanern)

Schon Bundesinnenminister Schily, SPD, hat doch davon gesprochen, dass die Belastungsgrenze erreicht, wenn nicht sogar überschritten sei.

(Zuruf des Abg. Kluck FDP/DVP)

Ja hat er das nur so gesagt? Er hat doch sicher Erkenntnisse darüber, dass es in unserem Land so aussieht.

Meine Damen und Herren, Herr Hofer, wir müssen ganz offen die Debatte über Nutzen und Kosten der Ausländerbeschäftigung führen. Leider ist dieses Thema in Deutschland jahrelang tabuisiert worden. Jeder, der diese Debatte geführt hat – und wir haben sie in den letzten Jahren ja geführt –, wurde gleich als Ausländerfeind bezeichnet. Man konnte diese Debatte dann ja gar nicht mehr führen.

(Beifall bei den Republikanern)

Dabei haben wissenschaftliche Untersuchungen Schweizer Professoren – vielleicht kennen Sie die nicht, von Blattner oder Schwarz – schon Mitte der Neunzigerjahre gezeigt,

dass eine größere Zurückhaltung bei der Beschäftigung von Ausländern zu besseren wirtschaftlichen Ergebnissen geführt hätte. Warum nimmt man das nicht zur Kenntnis? Warum sollen diejenigen, die seit Jahren in der Politik der Zuwanderung und Masseneinwanderung versagt haben, im Grunde noch einmal einen zweiten verhängnisvollen Anlauf nehmen können? Dazu sagen wir Republikaner: Nein, Sie haben eine Chance gehabt, dies vernünftig zu regeln, und dabei haben Sie total versagt. Belasten Sie unsere Bevölkerung und uns jetzt nicht noch einmal mit solchen falschen Meinungen!

(Beifall bei den Republikanern)

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, Herr Innenminister: das rechtswidrige Verhalten einiger Oberbürgermeister, ob die jetzt leider schwarz sind – Herr Renner – oder ob sie rot sind – Herr Zieger in Esslingen – oder ob sie grün sind – Herr Frank in Konstanz. Sagen Sie uns nachher hier doch in aller Form, ob Sie das auch als rechtswidrig einschätzen, wie das die Regierungspräsidien in aller Form und in aller Deutlichkeit getan haben. Sie erwarten doch von allen anderen Bürgern, dass sie sich rechtstreu verhalten. Wir haben ja als Partei schon erlebt, wie man uns betrachtet.

(Abg. Kluck FDP/DVP: Davon verstehen Sie doch nichts!)

Hier lassen Sie aber Rechtswidrigkeiten von Oberbürgermeistern durchgehen. Das darf doch nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Republikanern)

Rufen Sie die „jungen Wilden“, ob von Schwarz, Grün oder von Rot, zur Raison! Das ist Ihre Aufgabe als Landesinnenminister.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erteile ich Herrn Innenminister Dr. Schäuble.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist doch eigentlich für die Verhältnisse dieses hohen Hauses eine ganz muntere Debatte. Ich glaube, wir haben auch die Chance, am Schluss Stück für Stück

(Abg. Wieser CDU, auf einem SPD-Platz sitzend: Dazuzulernen!)

voranzukommen und wirklich dazu beizutragen, dass die ganz komplizierte Problematik auf einen guten und noch besseren Weg gebracht wird. Das zeigt sich auch, wenn Sie isoliert – –

(Abg. Weimer SPD: Der Anfang klingt schon ein- mal gut!)

Die Zwischenrufe aus den Reihen der SPD in Person des Kollegen Wieser haben mich jetzt etwas irritiert. Aber man lernt auch hier dazu.

(Unruhe)

Es zeigt sich aber offensichtlich auch – und da finde ich als ein Mensch, der wie kaum jemand immer auf Konsens aus

ist, einen roten Faden in der Debatte –: Alle sagen doch, wenn ich es richtig verstanden habe, man dürfe die gesamte Problematik nicht nur isoliert betrachten, also nicht einfach nur unter dem Gesichtspunkt der Greencard. Wir müssen vielmehr eine Gesamtkonzeption entwickeln auch bei dem Thema, das wir gestern zum x-ten Mal besprochen haben: Zuwanderungsbegrenzungsgesetz einerseits und Asylrechtsänderung andererseits.

(Abg. Brinkmann SPD: Das hat nichts miteinander zu tun!)

Ich denke – das kam beim Kollegen Hofer doch auch stark zum Ausdruck –, wir müssen auch den Zusammenhang zwischen Ausländerpolitik einerseits und Arbeitsmarktpolitik, Herr Kollege Bender, andererseits künftig noch stärker beachten. Da liegen gewisse Bruchstellen. Wenn sich das hier herauskristallisiert und wir dazu auch einen Beitrag leisten können, dann lohnt sich die Debatte auf jeden Fall.

Ich darf an die verehrte Opposition gerichtet sagen: Es wird Ihnen nicht gelingen, die Regierung, den Wirtschaftsminister und meine Wenigkeit, auseinander zu dividieren. Das will ich eindeutig feststellen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie, Herr Kollege Brinkmann, haben etwas nett gefragt – ich bin Ihnen ja schon viele Jahre verbunden –, ob der Innenminister wohl den Mut habe.

(Unruhe)

Gut, ich bin an sich schon ein furchtsamer Mensch, aber heute habe ich mich einmal getraut.

(Heiterkeit)

Aber bei aller Freundlichkeit will ich Ihnen jetzt einmal eindeutig etwas ins Stammbuch schreiben.

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grü- nen)

Ich empfand es als einen Schlag unter die Gürtellinie, wie Sie am Ende Ihres im Übrigen sachlichen Beitrags in die übelste und tiefste Kiste der Polemik gegriffen haben, als Sie gesagt haben, die CDU –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

und damit haben Sie auch mich gemeint – habe sozusagen nur noch die Republikaner und die PDS als Verbündete und arbeite mit diesen Kräften zusammen.

(Zuruf des Abg. Brinkmann SPD – Abg. Deuschle REP: Das sind doch keine schlechten Verbünde- ten! Warum sind das schlechte Verbündete?)

Wahr ist, dass die SPD mit der PDS Koalitionen auf Landesebene geschlossen hat. Dies ist wahr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

(Minister Dr. Schäuble)

Wahr ist, dass die CDU – gerade im Landtag von BadenWürttemberg – seit 1992 jede Zusammenarbeit mit den Republikanern ablehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Schlierer REP – Abg. Deuschle REP: Das war ja der Fehler! – Weiterer Zuruf von den Republikanern: Schütte- rer Beifall!)