Ich hoffe, dass dies angesichts der Wichtigkeit dieses Themas kein Affront ist, denn sonst wäre dieser Antrag wohl nicht gestellt worden.
Neben der Informationstechnologie und der Informatik wird, wie ich meine, die Bio- und Gentechnologie für die jetzige Zeit und auch für die nächsten Jahrzehnte mit eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien sein. Das eine ist die Anwendung und die Forschung in der Bio- und Gentechnologie, das andere die gesellschaftliche Diskussion über die Bio- und Gentechnologie und vor allem auch die gesellschaftliche Akzeptanz.
Ich denke, in den letzten fünf, sechs, sieben Jahren haben sich die gesellschaftliche Akzeptanz und auch die Möglichkeiten der Bio- und Gentechnologie in unserem Land wesentlich verbessert. Wir hatten in der Bundesrepublik noch vor zehn, zwölf Jahren die Situation, dass relativ viele gentechnologische Unternehmen abgewandert sind, weil wir sehr starre Regelungen hatten. Sie sind in die Schweiz, nach Frankreich oder in die USA abgewandert.
Wir hatten in der Bundesrepublik die relativ schizophrene Situation, dass im Bereich der Medizin gentechnologisch produzierte Medikamente angewandt und eingesetzt wurden, dass sie aber nicht in Deutschland produziert werden sollten, weil den Deutschen das Risiko zu hoch war. Eines der besten Beispiele dafür ist Humaninsulin, das heute routinemäßig angewandt wird. Früher gab es nur Schweineund Rinderinsulin. Viele haben diese Insuline nicht vertragen; sie haben nicht immer gewirkt. Das Humaninsulin musste im Ausland produziert werden, weil man bei uns nicht bereit war, das Risiko zu tragen – es ist ein relativ geringes Risiko bei der Produktion –,
Wir haben nun zum Glück eine veränderte Situation. Wir haben mehr Forschungsprojekte in Baden-Württemberg und in der Bundesrepublik.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie darum bitten, Unterredungen zwischen der Regierungsbank und dem Plenum einzustellen.
Wir haben mehr Forschungsprojekte. Wir haben Bioparks in Baden-Württemberg. So, wie die Landesregierung dies dargestellt hat, ist auch vermehrt Venture-Capital vorhanden, wenngleich ich das VentureCapital im Land Baden-Württemberg immer noch als relativ gering empfinde. Ich denke, man kann hier noch einiges tun.
Insgesamt hat sich der Wissenschaftstransfer von den Universitäten in die Wirtschaft verbessert. Es gibt hier viele beispielhafte Initiativen, zum Beispiel auch von der Industrie- und Handelskammer Reutlingen, die den Wissenschaftstransfer verbessert hat.
Wir haben eine zentrale Genehmigungsbehörde für gentechnische Anlagen und Arbeiten – das ist ganz wichtig – beim Regierungspräsidium Tübingen, die die Anträge relativ zügig bearbeitet, damit die Forschungsprojekte auch in Gang kommen. Letztendlich haben wir in Baden-Württemberg auf diesem Gebiet fast ein Viertel aller Forschungsprojekte in der ganzen Bundesrepublik.
Ich glaube, das ist eine Auszeichnung für unser Bundesland. Aber wir brauchen noch mehr Forschung in diesem Bereich, und wir brauchen auch noch mehr wirtschaftliche Verwertung. Ich denke, dass dies in Zukunft ein ganz wichtiges Standbein vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung auch in Baden-Württemberg sein wird. Deswegen brauchen wir eine Infrastruktur an Hochschulen und an Fachhochschulen. In verschiedenen Studiengängen müssen noch vermehrt gentechnologische Praktika eingeführt werden, vor allem auch Pflichtpraktika in bestimmten Studiengängen, die bisher noch nicht vorhanden sind.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, manche unserer Mitbürger und auch Politiker unterscheiden gute und schlechte Gentechnik. Sie machen es sich relativ einfach dabei. Gute Gentechnik ist das, was im Bereich der Medizin passiert. Gute Gentechnik ist vielleicht auch das, was der Umwelt nützt. Schlechte Gentechnik ist dann die so genannte grüne Gentechnologie. Sie heißt nicht so, weil sie etwa von den Grünen käme – die wären gar nicht in der Lage dazu –,
In der Medizin ist das klar: Da kann man Medikamente herstellen. Da kann man zum Beispiel in ferner Zukunft an Organersatz denken.
Für die Nahrungsmittelproduktion kann man Pflanzen züchten, die vielleicht unter veränderten klimatischen Bedingungen noch wachsen. Man kann resistente Pflanzen züchten etc. Ich denke, wir sollten solche Projekte nicht ablehnen. Das heißt nicht, dass alles umgesetzt werden muss. Aber es muss geforscht werden. Das ist auch eine Chance, um den Hunger in der Dritten Welt vielleicht besser bekämpfen zu können.
Von den Grünen wird das auf eine etwas andere Art und Weise diskutiert. Das geschieht nicht mit dem Kopf, sondern mit Plattfüßen und Birkenstocklatschen. Damit zertrampeln sie dann die Kulturen auf Maisfeldern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Bebber SPD: Der Kollege meint, bes- ser als auf der Motorhaube eines Polizeiautos!)
Die Chancen, die die Gentechnologie bietet, sind das eine; das andere ist, die Gefahren zu erkennen. Deshalb brauchen wir auch eine ethische Diskussion über die Möglichkeiten der Gentechnologie. Wir brauchen einen ethischen Konsens in der Gesellschaft. Wir können aber – das müssen wir wissen – die Forschung nicht verhindern. Selbst wenn wir noch so scharfe Gesetze schaffen, kann es Menschen geben, die vielleicht nichts Gutes im Sinn haben und trotzdem in bestimmten Bereichen forschen werden, ob dies verboten ist oder nicht.
Wir haben Lehrstühle für Ethik in der Medizin. Wir haben Lehrstühle für Ethik in den Biowissenschaften. Alle einschlägigen Projekte an Universitäten müssen von Ethikkommissionen genehmigt werden. Ich glaube, es ist auch wichtig für die Forscher, dass ihre Projekte unter ethischen Gesichtspunkten geprüft werden.
Letztendlich haben wir in Baden-Württemberg eine gute Bilanz. Wir haben aber dieses Thema in der Bundesrepublik jahrelang verschlafen und durch gesetzliche Vorgaben behindert.
Ich erwarte von der neuen Bundesregierung, dass sie sich bei der Diskussion über das Thema Gen- und Biotechnologie vom Kopf leiten lässt und nicht von den Füßen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Bebber SPD: Das ist gut! Auch nicht vom Hintern auf der Motorhaube!)
Meine Damen und Herren, ich muss auf Folgendes hinweisen: Zunächst konnte Herr Kollege Dr. Glück nicht wissen, dass die Fragestunde in 20 Minuten erledigt sein würde. Außerdem haben wir Punkt 5 der Tagesordnung mit Punkt 6 getauscht.
(Abg. Buchter Bündnis 90/Die Grünen: Sonderbe- handlung! – Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Sehr gut! Das ist im Sinne der Debatte!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben wieder bewiesen, dass dieses Haus seiner Zeit deutlich voraus war, mindestens 15 Minuten.
Ich bedanke mich für die freundlich-spöttischen Worte meines Kollegen Mauz. Als ich als Neuling ins Parlament kam, war er der Erste und bislang Einzige, den ich erlebt habe, der zu seinem Redebeitrag zu spät kam. Jetzt steht es in unserem Wahlkreis wirklich 1 : 1.
(Heiterkeit des Abg. Dr. Mauz CDU – Minister Dr. Döring: Ihr habt Sorgen! – Abg. Bebber SPD: Auf der Ebene streitet ihr euch!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wertigkeit der Naturwissenschaften für die Gesellschaft und für die ganze Erde hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten mehrfach grundlegend gewandelt. Nach der Physik kam der Schwerpunkt Chemie, und jetzt sind wir in das Zeitalter der Biologie vorgedrungen.
Anders – schlaglichtartig, möchte ich sagen –: Die Rolle der Mechanik, der Elektrizität und der Optik wurde ergänzt, nicht abgelöst durch die Synthese neuer Substanzen, die Veränderung von Stoffen in einer Art und Weise, wie sie bisher noch nicht da gewesen ist.
Zwischenzeitlich müssen wir uns mit den Methoden der Bio- und Gentechnologie auseinander setzen. Diese Technologie bietet neue Chancen und, wie ich meine, auch Notwendigkeiten, uns ihr zu stellen. Es gilt, nicht nur die Risiken zu beschreiben und anzuprangern, sondern es geht auch darum, diese Risiken zu beherrschen. Neue Dimensionen erfordern eine neue Verantwortung.
Die Ethik kann nicht als Alibi für den Slogan „Verbietet Gentechnologie“ dienen, wie wir es noch vor wenigen Jahren gehört haben. Wir müssen uns mit dieser Technik auseinander setzen. Die Ethik wurde auf diesem Gebiet ohnehin schon erheblich strapaziert. Wie will man einem Diabetiker, der gentechnisch hergestelltes Insulin braucht, weil er auf das tierischer Herkunft allergisch reagiert, plausibel machen, dass ihm dies aus ethischen Gründen verwehrt werden soll?
Diese Diskussion ist Gott sei Dank etwas leiser geworden. Die Gentechnologie hat in der Medizin, also im so genannten roten Bereich, deutlich Einzug gehalten und ist auch von der Bevölkerung in weiten Teilen akzeptiert. Impfstoffe, Medikamente und viele andere Dinge, die gentechnisch hergestellt werden, sind heute nicht mehr wegzudenken.
Heiß diskutiert wird heute noch der so genannte grüne Bereich. Wir wollen uns nicht mit Hurra auf alles stürzen, was gemacht werden kann. Vielmehr geht es um eine gewissenhafte Abwägung zwischen Nutzen und Gefahr, zwischen dem Wert eines einzelnen Produkts und dem Eingriff in ein System oder, vereinfacht formuliert, um eine Abwägung zwischen Sinn und Unsinn.
Wir brauchen diese neue Technologie. Wir können an ihr nicht vorbei, und wir wollen uns positiv mit ihr auseinander setzen. Auch diese junge Wissenschaft muss lernen, ihre Möglichkeiten und Grenzen auszuleuchten. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Anwender. Begreifen wir diese Technologie also als Chance.
Ich bin froh, dass Baden-Württemberg innerhalb Deutschlands eine ganz führende Rolle einnimmt, was die Zahl junger Existenzgründer, der Arbeitsplätze und der angemeldeten Patente angeht.