Paul-Stefan Mauz
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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich empfehle zunächst unserem Koalitionspartner, in Zukunft die Redemanuskripte einfach auf den Abgeordnetenbänken liegen zu lassen, damit sie zumindest ein anderer Redner vortragen kann.
Ich begrüße jetzt auch den Herrn Kollegen Glück, der vermutlich zu dem Thema noch sprechen wird.
Ich hoffe, dass dies angesichts der Wichtigkeit dieses Themas kein Affront ist, denn sonst wäre dieser Antrag wohl nicht gestellt worden.
Neben der Informationstechnologie und der Informatik wird, wie ich meine, die Bio- und Gentechnologie für die jetzige Zeit und auch für die nächsten Jahrzehnte mit eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien sein. Das eine ist die Anwendung und die Forschung in der Bio- und Gentechnologie, das andere die gesellschaftliche Diskussion über die Bio- und Gentechnologie und vor allem auch die gesellschaftliche Akzeptanz.
Ich denke, in den letzten fünf, sechs, sieben Jahren haben sich die gesellschaftliche Akzeptanz und auch die Möglichkeiten der Bio- und Gentechnologie in unserem Land wesentlich verbessert. Wir hatten in der Bundesrepublik noch vor zehn, zwölf Jahren die Situation, dass relativ viele gentechnologische Unternehmen abgewandert sind, weil wir sehr starre Regelungen hatten. Sie sind in die Schweiz, nach Frankreich oder in die USA abgewandert.
Wir hatten in der Bundesrepublik die relativ schizophrene Situation, dass im Bereich der Medizin gentechnologisch produzierte Medikamente angewandt und eingesetzt wurden, dass sie aber nicht in Deutschland produziert werden sollten, weil den Deutschen das Risiko zu hoch war. Eines der besten Beispiele dafür ist Humaninsulin, das heute routinemäßig angewandt wird. Früher gab es nur Schweineund Rinderinsulin. Viele haben diese Insuline nicht vertragen; sie haben nicht immer gewirkt. Das Humaninsulin musste im Ausland produziert werden, weil man bei uns nicht bereit war, das Risiko zu tragen – es ist ein relativ geringes Risiko bei der Produktion –,
aber die Vorteile von solchen Produkten in der Anwendung wollten wir selbstverständlich haben.
Wir haben nun zum Glück eine veränderte Situation. Wir haben mehr Forschungsprojekte in Baden-Württemberg und in der Bundesrepublik.
Wir haben mehr Forschungsprojekte. Wir haben Bioparks in Baden-Württemberg. So, wie die Landesregierung dies dargestellt hat, ist auch vermehrt Venture-Capital vorhanden, wenngleich ich das VentureCapital im Land Baden-Württemberg immer noch als relativ gering empfinde. Ich denke, man kann hier noch einiges tun.
Insgesamt hat sich der Wissenschaftstransfer von den Universitäten in die Wirtschaft verbessert. Es gibt hier viele beispielhafte Initiativen, zum Beispiel auch von der Industrie- und Handelskammer Reutlingen, die den Wissenschaftstransfer verbessert hat.
Wir haben eine zentrale Genehmigungsbehörde für gentechnische Anlagen und Arbeiten – das ist ganz wichtig – beim Regierungspräsidium Tübingen, die die Anträge relativ zügig bearbeitet, damit die Forschungsprojekte auch in Gang kommen. Letztendlich haben wir in Baden-Württemberg auf diesem Gebiet fast ein Viertel aller Forschungsprojekte in der ganzen Bundesrepublik.
Ich glaube, das ist eine Auszeichnung für unser Bundesland. Aber wir brauchen noch mehr Forschung in diesem Bereich, und wir brauchen auch noch mehr wirtschaftliche Verwertung. Ich denke, dass dies in Zukunft ein ganz wichtiges Standbein vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung auch in Baden-Württemberg sein wird. Deswegen brauchen wir eine Infrastruktur an Hochschulen und an Fachhochschulen. In verschiedenen Studiengängen müssen noch vermehrt gentechnologische Praktika eingeführt werden, vor allem auch Pflichtpraktika in bestimmten Studiengängen, die bisher noch nicht vorhanden sind.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, manche unserer Mitbürger und auch Politiker unterscheiden gute und schlechte Gentechnik. Sie machen es sich relativ einfach dabei. Gute Gentechnik ist das, was im Bereich der Medizin passiert. Gute Gentechnik ist vielleicht auch das, was der Umwelt nützt. Schlechte Gentechnik ist dann die so genannte grüne Gentechnologie. Sie heißt nicht so, weil sie etwa von den Grünen käme – die wären gar nicht in der Lage dazu –,
sondern es geht dabei um die Produktion von Nahrungsmitteln, die gentechnologisch verändert sind.
In der Medizin ist das klar: Da kann man Medikamente herstellen. Da kann man zum Beispiel in ferner Zukunft an Organersatz denken.
Für die Nahrungsmittelproduktion kann man Pflanzen züchten, die vielleicht unter veränderten klimatischen Bedingungen noch wachsen. Man kann resistente Pflanzen züchten etc. Ich denke, wir sollten solche Projekte nicht ablehnen. Das heißt nicht, dass alles umgesetzt werden muss. Aber es muss geforscht werden. Das ist auch eine Chance, um den Hunger in der Dritten Welt vielleicht besser bekämpfen zu können.
Von den Grünen wird das auf eine etwas andere Art und Weise diskutiert. Das geschieht nicht mit dem Kopf, sondern mit Plattfüßen und Birkenstocklatschen. Damit zertrampeln sie dann die Kulturen auf Maisfeldern.
Ich denke, Gentechnologie sollte man eher mit dem Kopf diskutieren als mit den Füßen.
Die Chancen, die die Gentechnologie bietet, sind das eine; das andere ist, die Gefahren zu erkennen. Deshalb brauchen wir auch eine ethische Diskussion über die Möglichkeiten der Gentechnologie. Wir brauchen einen ethischen Konsens in der Gesellschaft. Wir können aber – das müssen wir wissen – die Forschung nicht verhindern. Selbst wenn wir noch so scharfe Gesetze schaffen, kann es Menschen geben, die vielleicht nichts Gutes im Sinn haben und trotzdem in bestimmten Bereichen forschen werden, ob dies verboten ist oder nicht.
Wir haben Lehrstühle für Ethik in der Medizin. Wir haben Lehrstühle für Ethik in den Biowissenschaften. Alle einschlägigen Projekte an Universitäten müssen von Ethikkommissionen genehmigt werden. Ich glaube, es ist auch wichtig für die Forscher, dass ihre Projekte unter ethischen Gesichtspunkten geprüft werden.
Letztendlich haben wir in Baden-Württemberg eine gute Bilanz. Wir haben aber dieses Thema in der Bundesrepublik jahrelang verschlafen und durch gesetzliche Vorgaben behindert.
Das war nicht in den 16 Jahren unserer Regierungszeit.
Ich erwarte von der neuen Bundesregierung, dass sie sich bei der Diskussion über das Thema Gen- und Biotechnologie vom Kopf leiten lässt und nicht von den Füßen.
Vielen Dank.
Habe ich schon. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach diesem Highlight von Fragestunde aus der Luft wieder zurück auf den Boden der Hochschulmedizin. Wir haben jetzt zwei Jahre Erfahrungen mit dieser Reform. In der Koalitionsvereinbarung wurde 1996 festgelegt, die Reform der Hochschulmedizin anzugehen. Das ist ein relativ großes Vorhaben. Es geht um 25 000 Beschäftigte und um 3 Milliarden DM Umsatz.
Warum war diese Reform notwendig? Weil zum einen der Kostendruck auf die Krankenhäuser, auch die Häuser der Maximalversorgung, zugenommen hat, und zum anderen natürlich die Ertragsorientierung in der Medizin einen Druck auf Forschung und Lehre bedeutet, mit nachteiligen Folgen.
Außerdem haben wir zunehmend private Krankenhäuser, private Institutionen, die sich Rosinen aus dem Kuchen der Medizin herausgepickt haben und nur bestimmte Leistungen anbieten, die sie billiger anbieten und so auch in Konkurrenz zu unseren Hochschulkliniken treten.
Was ist die Bilanz der Reform? Nach zwei Jahren kann es eigentlich nur eine Zwischenbilanz sein. Ich meine, die Bilanz ist durchweg positiv ausgefallen, und zwar ganz einfach deshalb, weil alle Beteiligten, die Klinika, die Fakultäten, die Rektorate und auch die Ministerien, gut mitgearbeitet und konstruktiv zusammengearbeitet haben, um unsere Klinika voranzubringen. Ich denke, dies ist das wichtigste Fazit nach diesen zwei Jahren.
Was waren Kernpunkte für diese Reform? Einer der wichtigsten Punkte für uns war, Forschungsmittel nach Leistungskriterien zu vergeben. Bisher sind Forschungsmittel mit der Gießkanne über die Fakultäten, über die einzelnen Abteilungen ausgeschüttet worden, ohne dass es Anreize für die leistungsbezogene Vergabe dieser Mittel gab. Diejenigen, die mit Universitätsklinika zu tun haben, wissen, dass sicherlich in manchen Abteilungen die Forschungsleistung mit zunehmendem Alter der Lehrstuhlinhaber nachlässt und man sich manchmal um etwas andere Dinge als um die Forschung kümmert
und trotzdem dann das Geld an die Abteilung ausgeschüttet wird.
Dies wollen wir nicht, und deswegen haben wir einen Anreiz geschaffen, sich vermehrt Forschungsmittel durch Leistung zu erwerben, zum Beispiel durch die Drittmittelbezogenheit von 10 % der Forschungsgelder. Wir sind der Meinung, dass dieser Prozentsatz noch erhöht werden sollte. Er soll, glaube ich, in diesem Jahr auf 15 % erhöht werden. Unsere Forderung ist – ich glaube, da sind wir mit dem Ministerium einig –, dass bei der Vergabe dieser Mittel auch zunehmend der Faktor Lehre einbezogen werden sollte. Wir sollten anstreben, auf 30 % leistungsbezogene Mittelvergabe zu kommen.
Aus unserer Sicht ist vor allem wichtig, die Lehre einzubeziehen. Sie ist manchmal an den medizinischen Fakultäten noch etwas ein Stiefkind; denn sie wird dort nicht so gerne wahrgenommen.
Ein wesentlicher weiterer wichtiger Punkt waren neue Leitungsgremien. Wir haben moderne Strukturen geschaffen: mit einem Aufsichtsrat, mit einem neu strukturierten Klinikumsvorstand. Ich höre aus den Klinika, dass die Aufsichtsräte hervorragend arbeiten und die Hinzuziehung von externen Sachverständigen unterschiedlich gehandhabt wird. Es gibt Klinika, die die Anzahl der externen Sachverständigen verdoppelt und sehr gute Erfahrungen damit gemacht haben, und es gibt andere Klinika, die sich in diesem Punkt eher konservativ verhalten haben.
Man muss aber auf der Grundlage dessen, was man aus den Klinika hört, sagen: Vor allem das Ministerium hat sich konstruktiv verhalten und die Klinika eigentlich ab dem ersten Tag nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an der langen Leine gelassen und nur noch dort, wo es zwingend notwendig ist, mitgemischt. Wer die Ministerien aus langjähriger parlamentarischer Erfahrung kennt, hätte dies ei
gentlich primär nicht vermutet, aber nach dem, was man aus den Klinika hört, muss man wirklich sagen: Das Ministerium hat eigentlich das getan, was im Gesetzentwurf drinstand, und die Klinika im Grunde genommen ein Stück weit in die Freiheit entlassen.
Das hat auch ohne Nachhilfe geklappt, Herr Kollege.
Neu strukturiert wurde der Vorstand der Klinika. Das heißt, die Verwaltung hat einen stärkeren Einfluss auf die einzelnen Abteilungen der Klinika, und die Pflege hat ein stärkeres Standbein im Vorstand. Dies hat sich, wie man aus den Klinika hört, eigentlich sehr gut bewährt, auch wenn vielleicht manche Abteilungsleiter jetzt meinen, die Verwaltung würde ihnen zu sehr in Verwaltungsangelegenheiten hineinreden. Aber ich glaube, letztendlich ist dies zum Wohl der Klinika und der einzelnen Abteilungen.
Nächster Punkt: Insgesamt hat sich das Image, die Außendarstellung der Klinika wesentlich verbessert. Das, was es für Uniklinika vor wenigen Jahren noch nicht gab – Imagepflege, Kundenbetreuung, Marketing etc. –, wird jetzt groß geschrieben. Jeder, der seit dem Inkrafttreten des Reformgesetzes in einer der Klinika war, hat feststellen können, dass sich die Klinika als Einrichtungen des Staates um Kunden, um Patienten bemühen, wie es auch private Träger von Krankenhäusern machen. Ich denke, dies ist auch ein wesentlicher Gewinn für die Patienten, die in die Klinika kommen.
Die Verwaltungsabläufe haben sich vereinfacht. Wir haben jetzt die Budgetierung in den einzelnen Abteilungen, das heißt, die Stellen sind nicht mehr festgeschrieben. Man kann zwischen Sach- und Personalmitteln hin- und herschieben und so versuchen, eine vernünftige Krankenversorgung, Forschung und Lehre zu verwirklichen.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte – und dies war ja damals, Herr Kollege Weimer, in der Diskussion hier in diesem Hause der Hauptpunkt –, ist die Überleitung des Personals in die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder. Wir haben es trotz heftigen Widerstands von sozialdemokratisch regierten Ländern am Anfang der Diskussion – es gab einen Finanzminister aus Nordrhein-Westfalen, der den Vorsitz hatte und der sich gewehrt hatte;
den gibt es jetzt nicht mehr –, trotz anfänglicher Probleme mit sozialdemokratisch regierten Ländern nach langem Hin und Her geschafft, das umzusetzen, was wir mit dem Gesetzentwurf versprochen haben, nämlich in die Tarifgemeinschaft einzutreten und damit die ganzen Unsicherheiten bei der Personalüberleitung auszuräumen. Bei vielen tausend Beschäftigten haben, glaube ich, letztendlich nur 200 oder 300 der Überleitung widersprochen. Dieser Punkt, der uns auch in diesem Hause sehr viel Ärger gemacht hat, war einer der Punkte, die pflichtgemäß und wahrheitsgemäß relativ zügig erledigt wurden.
Es gibt sicherlich auch noch einige Probleme. In diesem Gesetzentwurf sind noch nicht alle Punkte umgesetzt: Entwicklungspläne der Klinika, Zusammenarbeit, Fakultätsvorstände, Fakultätsräte usw. Da gibt es sicherlich noch einiges, was wir in den nächsten Jahren überprüfen müssen, wenn wir noch ein paar Jahre mehr Erfahrung haben.
Sicherlich mit ein Gewinn war die Bauhoheit bei Klinika bis 9 Millionen DM. Nicht ganz unumstritten war, auch nicht zwischen den Ministerien, dass sie jetzt frei vergeben können. Wenn man die Bautätigkeit an den Klinika, was kleinere Projekte betrifft, anschaut, so ist seit dem Inkrafttreten des Reformgesetzes einiges mehr passiert.
Letztendlich glaube ich, die Zukunft unserer Uniklinika ist mit diesem Gesetzentwurf gesichert worden. Wir werden in Zukunft einen noch stärkeren Wettbewerb zwischen einzelnen Krankenhäusern haben, wir werden mehr Wettbewerb zwischen Hochleistungsmedizin, Forschung und Lehre haben, und wir müssen in zwei, drei Jahren sicherlich auch noch einige Strukturen überprüfen, die meines Erachtens zurzeit noch etwas zu kompliziert sind, zum Beispiel das Nebeneinander von Fakultätsvorständen und Klinikumsvorständen.
Man kann sich vielleicht einmal vorstellen, nur einen Vorstand zu haben und getrennte Budgets und getrennte Kontrollmechanismen – oder einen Wirtschaftsplan Fakultät. Bis jetzt muss ein vom Fakultätsrat festgestellter Wirtschaftsplan noch durch das Rektorat und den Hochschulrat. Das sind relativ lange Verwaltungsabläufe. Ich bin der Meinung, in zwei, drei Jahren müssen wir die Strukturen noch einmal daraufhin überprüfen, ob es nicht noch Vereinfachungen geben kann.
Insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir mit diesem Gesetzentwurf etwas Vernünftiges auf den Weg gebracht. Die Klinika und das Ministerium haben es angenommen. Andere Bundesländer, auch sozialdemokratisch regierte, Herr Kollege Weimer, sind auf ähnlichem Weg wie Baden-Württemberg. Insofern glaube ich, es war ein guter Gesetzentwurf, es war eine gute Leistung, die wir erbracht haben, und es war ein guter Weg, den wir beschritten haben.
Vielen Dank.