Sie wollen jetzt den Weg wählen, rechte Themen verbal zu besetzen, sie aber politisch nicht einzulösen, um auf diese Art und Weise die Leute zu täuschen.
Verlassen Sie sich darauf: Wir werden dieses Kalkül durchkreuzen und den Leuten ganz deutlich machen, was die CDU in Hessen vorher versprochen und was sie nachher gehalten hat. Wir werden ihnen zeigen, welche Sprüche Herr Rüttgers vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen geklopft hat und was die CDU jetzt macht.
Wenn Sie glauben, hier das gleiche Spiel noch einmal wiederholen zu dürfen, werden Sie damit scheitern.
(Beifall bei den Republikanern – Abg. Dr. Salo- mon Bündnis 90/Die Grünen: Wo er Recht hat, hat er Recht, der Schlierer!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung wird ihre Entscheidung zu einer Rechtsverordnung der Bundesregierung über zusätzliche Einwanderung – fälschlicherweise als „Greencard“ bezeichnet – im Rahmen der Vorbereitung der diesbezüglichen Bundesratssitzung in einigen Wochen treffen. Bislang hat die Bundesregierung dazu keine Verordnung zustande gebracht, sonst könnte darüber morgen im Bundesrat beraten werden. Keinem der 16 Bundesländer liegt eine solche Verordnung vor. Bislang hat nicht einmal das Bundeskabinett über die angesprochene Frage beraten. Aber die SPD im Landtag von Baden-Württemberg fordert im Voraus blinde Zustimmung. So unseriös mag die SPD handeln, wir tun das nicht.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Hildebrandt Bündnis 90/Die Grü- nen: Sie wissen nicht, worum es geht!)
Die einleuchtendste Begründung für die Haltung der SPD Baden-Württemberg hat bisher Fritz Kuhn gegeben.
Er sagt, die Greencard gebe der SPD Baden-Württemberg die Möglichkeit, aus dem Ausland einen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl einfliegen zu lassen.
(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist aber nicht „Greencard plus“, sondern „Greencard minus“! – Abg. Herrmann CDU: Wo er Recht hat, hat er Recht! – Abg. Nagel SPD: Herr Teufel hat ein Späßle gemacht! – Abg. Maurer SPD: Toll! – Abg. Braun SPD: Wo lassen Sie Ihre Späßle schreiben?)
Meine Damen und Herren, ich lasse mich in der Situation des derzeitigen Fachkräftemangels der deutschen Wirtschaft von vier Prioritäten leiten.
Erste Priorität: Die für Baden-Württemberg besonders wichtige IT-Branche – Information, Kommunikation, Internet, Software – ist eine Spitzenbranche Baden-Württembergs.
700 von 8 000 Ausstellern aus 60 Nationen auf der CeBIT kamen aus Baden-Württemberg: große Weltunternehmen, mittelständische Betriebe, Existenzgründer.
Die Landesregierung war dort vertreten. Ich habe auf der CeBIT aber in den letzten Jahren keinen SPD-Vertreter aus Baden-Württemberg gesehen.
Die IT-Branche ist keine Branche neben anderen. Es handelt sich hier um Querschnittstechnologien, die für sämtliche Bereiche von außerordentlicher Bedeutung sind. Deswegen gelten dieser Branche seit Jahren die ganze Aufmerksamkeit der Landesregierung und mein persönliches Bemühen. Ich denke daran, dass wir alle Unternehmen dieser Branche in Baden-Württemberg unter „Baden-Württemberg: Connected“ zusammengefasst haben. Ich denke daran, dass mich Vertreter dieser Industrie eingeladen haben, im Gremium der Initiative D 21 mitzuarbeiten.
Aber nun zum entscheidenden Punkt. Das, was fälschlicherweise als Greencard bezeichnet wird, ist nicht die Lösung des Problems, sondern eine Problemanzeige, die deutlich macht, dass wir in dieser Branche einen gewaltigen Fachkräftemangel in Baden-Württemberg haben.
Während der Bundeskanzler vor wenigen Wochen auf der CeBIT 2000 von diesem Fachkräftemangel erfahren hat, obwohl er in den letzten Jahren in Hannover – die CeBIT findet ja in Hannover statt – eigentlich nahe dran war, habe ich auf der CeBIT vor vier Jahren von diesem Fachkräftemangel erfahren.
(Anhaltende Zurufe von der SPD und vom Bünd- nis 90/Die Grünen, u. a. Abg. Renate Thon Bünd- nis 90/Die Grünen: Was haben Sie gemacht?)
Ja, das ist wahr. Auf jedem Stand, ob von einem großen, einem mittleren oder einem kleinen Unternehmen, wurde dies vor vier Jahren, vor drei Jahren – ich gehe jedes Jahr auf die CeBIT – als ein Hauptproblem geschildert. Das müssen Sie aber mit sich ausmachen, wenn Sie es vor vier
Ich bin zurückgekommen und habe mich mit den Spitzen der baden-württembergischen Wirtschaft zusammengesetzt und mit ihnen einen Brief an alle Abiturientinnen und Abiturienten vereinbart, weil nämlich seinerzeit die Studienplätze nicht nur im Ingenieurbereich, sondern auch im Informatikbereich an unseren Hochschulen noch gar nicht ausgeschöpft waren. Deswegen war die erste Aufgabe, die man überhaupt vornehmen musste, für das Studium dieser Fachrichtung zu werben und den jungen Leuten aufzuzeigen, dass es in diesem Bereich gewaltige Beschäftigungschancen in Zukunftsindustrien in unserem Land gibt. Das haben wir gemacht.
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Dann sollten Sie aber auch die Informatik an den Schulen stärken!)
Wissen Sie, wenn Sie das rechtzeitig erkannt hätten, hätten Sie vielleicht auch ein gescheites Studium absolviert, Herr Kollege, in dem Sie selber berufliche Chancen gehabt hätten.
(Heiterkeit – Große Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Im Gegen- satz zu Ihnen habe ich eines absolviert!)
Ja, groß im Austeilen, schwach im Einstecken, Herr Kollege. Sie möchten nicht hören, dass wir in Baden-Württemberg mit Erfolg, und zwar Landesregierung und Wirtschaft Hand in Hand, für das Studium dieses Bereichs geworben haben, dass wir seit zwei Jahren...
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Man kann auch mit mittlerer Reife etwas werden! – Gegenruf des Abg. Haasis CDU: Es ist keine Schande, nicht studiert zu haben! – Gegenruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nein, ich sage ja: Man kann auch mit mittlerer Reife et- was werden! – Gegenruf des Abg. Haasis CDU: Dann müssen Sie solche dummen Bemerkungen unterlassen! – Gegenruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Er hat heute noch mittlere Reife! – Weitere Zurufe und große Unruhe – Abg. Oettinger CDU: Herr Präsident, können Sie einmal für Ordnung sorgen! – Abg. Haasis CDU: Der Prä- sident schläft!)
Meine Damen und Herren, können Sie sich etwas beruhigen, damit der Herr Ministerpräsident fortfahren kann?
... aufgrund dieser Initiativen eine Vollauslastung haben. Dann haben wir in unserem Land die Informatik ausgebaut, und zwar durch Einrichtung einer neuen Informatikfakultät an der Universität Freiburg, an der Universität Mannheim und an der Fachhochschule in Esslingen und durch Ausbau aller bestehenden Informatikfakultäten an den Universitäten, an den Fachhochschulen und an den Berufsakademien. 1996 waren an den Hochschulen Baden-Württembergs 2 216 Studienanfänger im Informatikbereich. In diesem Jahr sind es 4 572. Das heißt, wir haben eine Steigerung der Studienanfängerzahl auf mehr als das Doppelte in Baden-Württemberg, also nicht nur Vollauslastung, sondern Verdoppelung der Zahl der Studienplätze in Baden-Württemberg, dies aber seit mehreren Jahren. Das heißt doch: Während man sich jetzt im Augenblick auf Bundesebene und in den anderen Ländern Gedanken über einen Ausbau des Informatikbereichs macht, kommen nach drei Studienjahren an der Berufsakademie und vier Studienjahren an den Fachhochschulen in Baden-Württemberg bei uns die ausgebildeten Diplomanden bereits in die Wirtschaft unseres Landes, wenn andere anfangen. Das ist der Vorsprung, den BadenWürttemberg hat.
Bei einer Bevölkerung von 12,5 % der Bundesrepublik haben wir 17 % der Studienplätze im Informatikbereich in Baden-Württemberg.
Meine Damen und Herren, wir haben an den Berufsschulen und im dualen Ausbildungssystem im gleichen Zeitrahmen von vier Jahren die Ausbildungsplätze in der Wirtschaft und an den Berufsschulen unseres Landes mehr als versechsfacht. Kein Land stellt dieser Branche in Deutschland mehr Fachkräfte zur Verfügung als Baden-Württemberg.
Wir schaffen an den Pädagogischen Hochschulen unseres Landes das Fach Mediendidaktik. In allen Bereichen unserer Hochschulen richten wir die Ausbildung auf die Bedürfnisse unserer Wirtschaft in der IT-Branche in diesem Land aus. Das ist der baden-württembergische Weg. Er lautet: Chancen für die eigenen jungen Leute in dieser Zukunftsbranche, qualifizierte Fachkräfte für alle Unternehmen der IT-Branche.
Jetzt rechnen Sie selber einmal aus: Verdoppelung der Zahl der Studienplätze bzw. Versechsfachung der Zahl der Ausbildungsplätze im dualen System. Wenn das alle anderen 15 Länder in der gleichen Quantität und Qualität gemacht hätten wie Baden-Württemberg, dann hätten wir die 20 000 Fachkräfte. Dann bräuchten wir keine Einwanderung, sondern dann hätten eigene junge Leute eine Chance in dieser Zukunftsbranche.