Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Salomon soll in dieser Debatte von Lüge und von Lügnern geredet haben.
Ich möchte diesen Tatbestand klarstellen. Ich konnte leider an dieser Phase der Debatte nicht teilnehmen, weiß also nicht, worin der Vorwurf im Detail besteht. Ich weiß aber sehr gut, um welchen Vorgang es geht, und ich denke, es ist im Interesse des Hauses, dass er klargestellt wird.
Herr Abg. Dr. Salomon, Sie wollten keine Zwischenfrage stellen, sondern Sie haben sich zu einer persönlichen Erklärung zu Wort gemeldet.
Ich habe mich wiederholt öffentlich mit den wechselnden Auffassungen der Wirtschaft in dieser Frage kritisch befasst und bringe dabei regelmäßig zwei Beispiele. Ich verweise zum einen auf die Expertenkommission „Fächerspektrum der Fachhochschulen“ im Jahr 1993, als die Wirtschaftsvertreter gegen eine Erweiterung der Kapazitäten in der Informationstechnologie waren.
Mein zweites Beispiel ist das, was hier offenbar eine Rolle gespielt hat. Bei der CeBIT 1995 sprach nämlich eine sehr renommierte Firma unseren Ministerpräsidenten an und teilte ihm mit, dass bei 30 Einstellungen 1 500 Bewerbungen eingegangen seien und damit die Frage zu stellen sei: Ist dies so eigentlich in Ordnung? Der Ministerpräsident hat mich über diesen Vorgang informiert und mich dazu um eine Stellungnahme gebeten. Diese Stellungnahme habe ich am 11. April 1995 abgegeben. Ich will Ihnen daraus zitieren. Da heißt es – und nicht jedes Papier kann man nach fünf Jahren noch zitieren –:
Die Arbeitsmarktchancen von Absolventen der beruflichen Bildung sind also derzeit auch nicht besonders günstig, sodass es bei reiner Orientierung am augenblicklichen Arbeitsmarkt konsequent erscheinen könnte, wenn die Unternehmen Ausbildungsplätze abbauen. In Wirklichkeit ist ein solches Verhalten der Unternehmen nach meiner Auffassung kurzsichtig, weil die Heranbildung des beruflichen Nachwuchses eben nicht an einer Augenblickssituation gemessen werden darf, sondern sich an einer mittelfristigen Entwicklung orientieren muss. Die gleichen Unternehmen, die heute Arbeitsplätze abbauen, werden sich nicht scheuen, in wenigen Jahren das Fehlen von Nachwuchs zu beklagen.
Dies habe ich dem Ministerpräsidenten mitgeteilt. Die Konsequenz war: Wir haben nie abgebaut. Im Gegenteil, wir haben ausgebaut,
und zwar ganz unabhängig von allen Tageserwägungen und von den aktuellen Arbeitsmarktchancen, weil wir die Informatik für eine Kulturtechnik halten, die in einer hoch technisierten Region eine zunehmende Bedeutung hat.
Herr Salomon, ich kenne Ihre Formulierung nicht. Möglicherweise wäre jetzt eine Entschuldigung angebracht.
Aber ich wäre voll damit zufrieden – und ich vermute, dass es der Ministerpräsident auch wäre –, wenn Sie anerkennen würden, dass wir entgegen dem damaligen Zeitgeist die einzig richtige Politik betrieben haben, und zwar in einer Konsequenz wie niemand anders. Wir vergleichen uns nicht mit Mecklenburg-Vorpommern, Herr Maurer, sondern wir vergleichen uns mit jedem anderen Land, und wir haben mehr getan als alle anderen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausführungen von Minister von Trotha haben genau das bestätigt, was ich gesagt habe. Der Herr Ministerpräsident hat im Verlauf der Debatte vorhin gesagt, dass er im Gegensatz zum derzeit amtierenden Bundeskanzler schon 1996 gesagt habe, man müsse hier ausbauen.
(Ministerpräsident Teufel: Nicht nur gesagt, son- dern getan! – Gegenruf der Abg. Christine Rudolf SPD)
Gesagt und getan. Daraufhin habe ich ihm in einer Zwischenfrage genau den Sachverhalt, den Herr Minister von Trotha gerade geschildert hat, vorgehalten,
dass Sie 1995 von der CeBIT zurückgekommen sind und gesagt haben, Sie seien von Unternehmen angesprochen und gefragt worden, ob es in diesem Bereich in BadenWürttemberg nicht zu viele Studienplätze gebe, weil sie so viele Bewerbungen auf so wenige Stellen hätten.
Daraufhin haben Sie – jetzt kommt der eigentliche Punkt – geantwortet, das, was ich unterstellen würde, entspreche nicht der Wahrheit; genau das Gegenteil sei richtig.
Dann habe ich gesagt – das möge man einmal im Protokoll nachlesen –: Dann muss aber Herr von Trotha gelogen haben, wenn das, was ich gesagt habe, nicht stimmt. Ich habe Sie nicht als Lügner bezeichnet, weil ich ja wusste, was Sie gesagt haben. Ich habe nur auf den Widerspruch hingewiesen, dass der Herr Ministerpräsident – –
Der Herr Ministerpräsident hat mich dadurch, dass ich Herrn von Trotha zitiert habe und er gesagt hat, das entspreche nicht der Wahrheit,
indirekt der Unwahrheit bezichtigt. Ich habe nur auf den Widerspruch hingewiesen und habe gesagt: Dann muss der Herr Wissenschaftsminister die Unwahrheit gesagt haben. Das war alles.
Wenn Sie glaubten, ich hätte Sie als Lügner bezeichnet – das tun Sie, glaube ich, nicht –, würde ich mich dafür gern entschuldigen. Aber ich habe Sie nicht als Lügner bezeichnet.