Protokoll der Sitzung vom 18.05.2000

Und dann noch eine Rüge bekommt und angeschnauzt wird, wenn er sich zu einer Seitenzahl zu Wort meldet, die schon zehn Seiten zurückliegt. Was ist das für eine Art, für ein Stil einer Beratung? Auf welches Niveau sinken wir bei der Beratung, wenn wir so vorgehen?

(Abg. Moser SPD: Welcher Ausschuss ist das denn? Was ist das denn für ein komischer Aus- schuss? – Abg. Haas CDU: Was hat das jetzt mit Datenschutz zu tun?)

Herr Haas, auch für Sie, der Sie das nicht verstehen, erkläre ich es: Das hat mit Datenschutz

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

etwas zu tun, weil es im Ständigen Ausschuss stattfindet.

Wenn dann bei der Beratung auf die Frage, inwieweit der Landesdatenschutzbeauftragte Vorgänge bei der Justiz datenschutzrechtlich überprüfen darf oder nicht, der Innenmi

nister antwortet: „Das sollen dann die Gerichte klären“, halte ich das nicht für gut. Ich halte es für richtiger, sich bei solchen Beratungen darüber abzustimmen, wie weit die Rechte des Datenschutzbeauftragten gehen sollen.

Allein das Argument der Unabhängigkeit des Richters kann ja wohl nicht verhindern, dass der Datenschutzbeauftragte die Technik, die im Rechtswesen, an den Amtsgerichten, den Landgerichten, in den Notariaten und Grundbuchstellen verwendet wird, daraufhin überprüfen darf, ob es unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ordnungsgemäß zugeht. Das kann ja nicht ernsthaft gemeint sein. So habe ich Sie auch nicht verstanden. Nur: Wenn man darauf verweist, das sollten die Gerichte klären, ist das meines Erachtens keine sinnvolle Zusammenarbeit.

Wir schlagen deshalb vor, dass die Ausschusssitzungen zukünftig öffentlich stattfinden sollen. Wir schlagen deshalb vor, zukünftig

(Lachen bei Abgeordneten der Republikaner – Abg. Hans-Michael Bender CDU: Damit Sie Ihr Theaterstück fortsetzen können!)

hören Sie doch einmal mit der Maulerei auf! – die wichtigen, zentralen Probleme des Datenschutzrechts getrennt zu diskutieren. Es soll nicht einfach die ganze Liste der Beanstandungen heruntergerasselt werden, sodass man hinterherhechelt, um da oder dort etwas zu beanstanden und darüber zu diskutieren. Wir fordern also eine getrennte Beratung nach Schwerpunkten, und das öffentlich. Ich glaube, das wäre heilsam für Sie.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Jacobi.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen damit beginnen, dass ich im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg dem Landesdatenschutzbeauftragten und allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diesen Bericht Dank sage. Es ist der 20. Tätigkeitsbericht. Er zeigt wiederum eine Fülle von Einzelfällen und eine ganze Reihe von Schwachpunkten in einer sehr anschaulichen, sehr lesbaren und sehr informativen Weise auf. Dieser 20. Bericht tut dies in einzelnen Themenbereichen zum wiederholten Male.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es sind zum Teil wirklich Dauerbrenner, die in diesem Bericht dargestellt werden. Es sind eine ganze Reihe von Punkten, und wir wissen um die große Breitenwirkung dieses Berichts, der den Behörden, den Ämtern und auch den Kommunen wertvolle Hilfe im Umgang mit Daten gibt.

Zweiter Punkt: Diesmal hat im Unterschied zu vergangenen Jahren die Regierung in vielen, man kann sagen, in fast allen Fällen die Verstöße und die zu beanstandenden Punkte eingeräumt. Ich kann mich noch gut erinnern, dass in vergangenen Jahren immer wieder Konflikte zwischen den Auffassungen des Datenschutzbeauftragten und den Stellungnahmen der einzelnen Ministerien auftraten. Es gibt auch hier – Beispiel Justizministerium – einige daten

schutzresistente Äußerungen. Also es ist nicht alles 100 %, und man kann da schon Unterschiede zwischen den einzelnen Ministerien ausmachen. Aber wenn man einfach einmal unter dem Strich vergleicht, wie dieser Datenschutzbericht im Gegensatz zu Berichten aus den vergangenen Jahren aufgenommen wurde, dann stellt man fest, dass sich da schon einiges positiv verändert hat. Es gibt nicht mehr die harte, konfrontative Gegnerschaft zwischen den Ministerien und dem Datenschutzbeauftragten, sondern eher eine kooperative Zusammenarbeit. Ich glaube, dass dies der Sache nützt.

Drittens: Es ist sicherlich richtig, dass die Beratungen im Ausschuss, man kann sagen, in rekordverdächtiger Weise abgelaufen sind. Aber man darf nicht vergessen, meine Damen und Herren, dass in derselben Ausschusssitzung unmittelbar vor der Beratung des Datenschutzberichts der aus meiner Sicht wichtigere Punkt, nämlich das Landesdatenschutzgesetz, über das wir vorhin hier beraten und abgestimmt haben, ausführlich diskutiert wurde. Bei dieser Beratung im Ausschuss wurden die politischen Unterschiede deutlich. Es gab eine ganze Reihe von Änderungsanträgen, die von der Mehrheit abgelehnt wurden. Ich glaube, da wurde schon klar, in welcher Weise die Parteien des Landtags von Baden-Württemberg den Datenschutz verstehen.

In diesem 20. Tätigkeitsbericht ist vergleichsweise wenig Datenschutzpolitisches festzustellen. Darin ist wenig Prinzipielles, jedenfalls wesentlich weniger als in den vergangenen Jahren, zu finden. Ich möchte die Arbeit des Datenschutzbeauftragten, Herr Schneider, in keiner Weise abwerten und will auch die Verstöße, die Sie genannt haben, nicht bagatellisieren. Aber man kann schon sagen, dass eine Sitzung nicht nur dann eine gute Sitzung ist, wenn man das nicht Strittige miteinander diskutiert. Ich glaube, dass es richtig war, hier in doch beschleunigter Weise vorzugehen, wenn ich auch ausdrücklich einräume – da schließe ich mich den Ausführungen von Herrn Bebber an –, dass es unbefriedigend war, wie dieser Bericht diskutiert wurde.

Vielleicht sollten wir in der Tat über ein neues Verfahren nachdenken. Vielleicht wäre es ein guter Vorschlag, neben diesem Bericht, der ja an die Öffentlichkeit, an die Behörden und an die Kommunen gerichtet ist, eine Art Vorbericht oder einen zweiten Bericht als Anhang – oder wie auch immer dann tituliert – im Parlament in den Ausschussberatungen zu diskutieren, in dem mehr die tatsächlichen politischen Dinge im Vordergrund stehen. Ich denke beispielsweise an die Anmerkungen des Landesdatenschutzbeauftragten zu einzelnen Gesetzen. Wir wissen ja, dass er regelmäßig zu den Gesetzen Stellung nimmt, die mit Datenschutz zu tun haben. Wir könnten uns über die Themen speziell und konzentriert unterhalten und darüber diskutieren, dass neben den politischen Notwendigkeiten, die gesehen werden, beispielsweise bei der Reform des Landesdatenschutzgesetzes, die Konflikte zwischen Datenschutz und Ministerien eine Rolle spielen. Dabei könnte man vielleicht einmal speziell zu dem Thema „Justizministerium und Datenschutz“ reden. Das geht beim jetzigen Verfahren einfach unter. Das hielte ich für wesentlich interessanter, als diese Fülle von Einzelfällen aufzurufen, die sicherlich alle richtigerweise bilanziert werden. Das muss sein; das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber ich

glaube, dass sich die Landespolitiker, dass sich Landtagsabgeordnete eher über die politischen, die grundsätzlichen oder die prinzipiell konfliktbehafteten Themen unterhalten sollen

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Das ist richtig!)

und nicht über Einzelfälle, die ich, wie gesagt, nicht bagatellisieren möchte.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich meinen Dank wiederholen. Der Datenschutzbericht ist unverzichtbar. Er hat eine große Breitenwirkung. Wir wissen, dass er in vielen Behörden und vielen Kommunen sehr genau zur Kenntnis genommen wird, dass er Hilfestellung gibt und auch immer wieder Anleitungen nach dem Motto aufnimmt: Wie ist mit Daten umzugehen? Dieser Bericht und seine wichtigen Impulse sind für die Arbeit der Behörden und der Kommunen im Land, wie gesagt, unverzichtbar.

Vielen Dank.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Herr Abg. Kiesswetter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auch heute wieder die Gelegenheit nutzen, Ihnen, Herr Schneider, sowie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihre Arbeit im letzten Berichtszeitraum zu danken. Sie haben kürzlich dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses geschrieben, dass das Thema Datenschutz heute nicht mehr die Brisanz hat, wie das vor Jahren noch der Fall war. Damit haben Sie sicher Recht. Auch im Datenschutz ist mittlerweile „business as usual“ eingetreten.

Sie haben in dem Brief aber auch Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Beratungen im Ausschuss geäußert und zugleich die Diskussion über eine Änderung des Verfahrens eingeleitet. Ich sage hier ganz deutlich: Wir sehen zwar keinen unmittelbaren Änderungsbedarf, werden uns aber den Gesprächen mit Ihnen nicht verschließen.

Auch der Landesdatenschutzbeauftragte muss respektieren, dass frei gewählte Abgeordnete im Ausschuss Schwerpunkte setzen, die möglicherweise andere sind als die des Beauftragten. Ich finde es sehr erfreulich, dass Herr Kollege Jacobi mit seiner Kritik anders vorgegangen ist als der Kollege Bebber. Herr Bebber hat einen Frontalangriff gemacht,

(Heiterkeit des Abg. Bebber SPD)

während Herr Kollege Jacobi durchaus sinnvoll darüber nachgedacht hat, ob wir im Ausschuss vielleicht anders vorgehen sollten und ob der Datenschutzbeauftragte einen anderen Bericht vorlegen sollte.

(Abg. Bebber SPD: Das war mein Vorschlag! – Weitere Zurufe)

Sie haben nur die Forderung nach Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen gebracht. Sie haben ja im Ausschuss auch kaum Fragen gestellt.

(Abg. Bebber SPD: Das ist unglaublich! Sie haben voll gepennt!)

20 Minuten hat das Ganze gedauert.

(Abg. Bebber SPD: Sie haben voll gepennt!)

Ich habe genau zugehört, was Sie gefragt haben. Das war nicht sehr erhellend, und es ist richtig, dass man fast eingeschlafen wäre – aber nur wegen Ihrer langweiligen Fragen.

(Abg. Bebber SPD: Sie haben gepennt!)

Ich meine, es ist durchaus sinnvoll – diese Anregung ist richtig –, im Ausschuss nur die Punkte zu behandeln, die politisch wirklich brisant sind. Wenn die Landesregierung fast allen Beanstandungen nachkommt, können wir das zur Kenntnis nehmen, müssen darüber aber nicht diskutieren. Das betrifft den größten Teil des Berichts. Die drei, vier anderen Punkte sollten dafür ausführlich diskutiert werden. Das wäre viel sinnvoller, als nach der Öffentlichkeit zu rufen, was ja mehr populistisch als inhaltlich ist, Herr Bebber. Sagen wir das doch einmal ganz deutlich.

(Abg. Bebber SPD: Das diszipliniert ungeheuer!)

Das glaube ich kaum. – Wir werden im Ausschuss darüber beraten, wie wir es im nächsten Jahr machen, ob der Bericht tatsächlich zweigeteilt werden soll, wobei er in einem Teil politisch für uns Brisantes bringt. Selbstverständlich können wir dann aber auch zu anderen Bereichen noch Nachfragen stellen.

Der jährliche Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz ist nach wie vor eine elementar wichtige und nützliche Einrichtung. Zum Beispiel ist es für uns interessant, wenn wir jedes Jahr lesen, dass es bezüglich der Speicherfristen in der zentralen Personenauskunftsdatei der Polizei immer wieder Verstöße gibt. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen,

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Aber es ist trotzdem nicht in Ordnung!)

obwohl die Landesregierung immer sagt: Ja, wir stellen das ab. Dass es immer wieder der Fall ist, ist bedenklich.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Das muss aufhören!)

Hier muss es zu Änderungen kommen, und das ist etwas, was wir diskutieren müssen.

Die Polizei muss sich auch bei der künftigen Videoüberwachung darauf einstellen, die vorgeschriebenen Zeiträume einzuhalten.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Sehr richtig!)

Das ist ein Essential, auf dem wir bestehen müssen, und das ist gar nicht so schwierig. Wir fragen uns, was eigentlich so schwierig daran ist, Fristen zu überwachen.