Protokoll der Sitzung vom 28.06.2000

Deswegen, Kollege Maurer und Kollege Salomon, fordere ich Sie auf, heute für Klarheit zu sorgen,

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Kein Problem!)

und zwar in folgender Frage, die für die Struktur BadenWürttembergs wichtig ist:

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ich fordere Sie auf, sich zu informieren!)

Wir wollen, dass Obrigheim länger am Netz bleiben kann. Wir setzen uns für eine Betriebszeit für Obrigheim über das Jahr 2002 hinaus und für eine lange Laufzeit dieses sicheren Kraftwerks ein.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Und warum? Das muss sich doch rechnen!)

Und Sie wähnen sich am Ziel; denn Obrigheim war immer Ihr Skalp.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nein, nein, nein!)

Bei Obrigheim ist die ganze Generation von Hasenclever, von Schlauch und von Kuhn mit dem Kopf durch die Wand gerannt.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ach was! Da müssen Sie einmal die Protokolle lesen!)

Und jetzt hoffen Sie erstmals, dass Obrigheim abgeschaltet wird. Aber der Vorstandsvorsitzende der Energie BadenWürttemberg sagt: Die Laufzeit kann länger sein. Deswegen stellen wir die Frage an die Sozialdemokratie:

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ja, wer lügt hier eigentlich?)

Stimmt es denn, dass Schröder in einer Zusatzvereinbarung mündlich zugesagt hat, dass Obrigheim auch beliebig länger laufen kann? Und, wenn ja, was sagen die Grünen dazu?

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen: Nein!)

Wir fordern für Obrigheim Klarheit ein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen)

Deswegen nochmals: Mit dieser Vereinbarung ist dem Standort Deutschland nicht gedient. Mit dieser Vereinbarung fügen Sie dem Land Baden-Württemberg besonderen Schaden zu. In der Vereinbarung steht kein Wort darüber, wie die Stromproduktion in Zukunft umweltverträglich aussehen soll.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Da steht kein Wort, das Sie reingeschrieben haben, und das ärgert Sie!)

Und zu Obrigheim gibt es keine Klarheit. Die muss aber von Ihnen geschaffen werden.

Die CDU-Fraktion hat diese Debatte beantragt, weil gegen das Interesse unseres Landes, gegen das Interesse der Arbeitsplätze in Philippsburg, Neckarwestheim und Obrigheim und gegen das Interesse der Wirtschaft Baden-Württembergs diesem Land mit dieser Vereinbarung besonderer Schaden zugefügt werden soll.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Der Kampfhund!)

Das kommt im Tagesordnungspunkt 2.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Zitat beginnen:

Zwei Positionen, meine Damen und Herren, erscheinen mir nach Tschernobyl unvertretbar.

Die erste: Wir stellen alle Kernkraftwerke bei uns ab und steigen aus der Kernenergie sofort aus.

Die zweite: Wir machen so weiter wie bisher und bauen jährlich ein neues Kernkraftwerk.

Beide Positionen – ich sage es noch einmal – halte ich für unvertretbar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Schlierer REP: Sehr gut!)

Das sagte 1986 der jetzige Ministerpräsident, Herr Teufel, in diesem Landtag.

(Abg. Weimer SPD: Hoppla!)

Da hat er nachgedacht. Das war eine gute Geschichte.

(Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU)

Genau das machen wir jetzt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Kollege Oettinger, für mich ist es völlig unverständlich, dass die CDU eine solche Debatte für heute beantragt hat. Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung wollen die Atomenergie nicht. Nach einer neuesten Umfrage tragen 30 % den Kompromiss, der jetzt ausgehandelt wurde; 36 % wollen sogar schneller aussteigen. Mehr als zwei Drittel der deutschen Bevölkerung wollen den Ausstieg.

(Zurufe von der CDU – Zuruf: Suggestivum- fragen!)

Wir haben noch kein einziges Endlager für den Atommüll, und Sie plädieren für ein „Weiter so!“ bei der Kernenergie! Sie in der CDU müssen sich auch einmal einigen. Sie sagen: eine Kapitalvernichtung gigantischen Ausmaßes.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Die CSU hat gestern erklärt, es sei ein Begünstigungsprogramm für Stromkonzerne. Was ist es denn jetzt,

(Heiterkeit bei der SPD)

eine Kapitalvernichtung oder ein Begünstigungsprogramm? Sie sollten sich da schon einmal einig werden.

Ich sage Ihnen: Die CDU in Baden-Württemberg samt dem Ministerpräsidenten sollte raus aus der Verweigerungshaltung, raus aus dieser Ecke, immer „Nein, nein, nein“ zu sagen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

und die Chancen für Baden-Württemberg durch diesen Kompromiss wahren. Der Wirtschaftsminister hat die Kurve vor zwei Tagen schon gekriegt. Er hat gesagt: „Man muss nicht auf neue Mehrheiten warten. Man muss jetzt von dem ausgehen, was vereinbart ist, und da hat BadenWürttemberg Chancen.“ So sehen wir das auch.

Wir sind ein innovatives Land. Wir haben die besten Köpfe in der Forschung.

(Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU)

Alle Menschen, die sich mit Kernkraft beschäftigt haben, haben gesagt, 10 Jahre bis 20 Jahre könne es dauern. Genau diese Zeit haben wir jetzt vor uns. Warum gehen Sie nicht raus aus der Ecke und machen mit uns einen Wettbewerb dazu, wie wir als innovatives Land mit dem Ausstieg am besten fertig werden?

Deshalb wollen wir von der Landesregierung jetzt Antworten – sie muss arbeiten –: Erstens: Wann wird welches Kernkraftwerk abgeschaltet?

(Unruhe bei der CDU)